Antrag: | Zukunft ländlicher Raum 4.0 |
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Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 18.08.2021) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 18.08.2021, 11:54 |
V-2-140: Zukunft ländlicher Raum 4.0
Antragstext
Von Zeile 140 bis 166:
- Bodenschutzstrategie, Flächenmanagement und Bauland-Monitoring: Der Flächenfraß geht in NRW seit der Aufhebung des 5-ha-Grundsatzes im Landesentwicklungsplan (LEP) durch die CDU-FDP-Koalition ungesteuert weiter. Treiber des Flächenverbrauchs ist hier seit Jahren der ländliche Raum, bzw. die politischen Entscheidungsträger*innen vor Ort. Die in Flächenkonkurrenz stehenden Kommunen beschleunigen den Verbrauch durch Unterbietungswettbewerbe für neue Gewerbe- und Wohngebiete enorm. Wenn wir so weiter machen, verfügen wir in NRW in rund 200 Jahren über keinen Grund und Boden mehr als Ernährungsgrundlage. Wir Grüne wollen Instrumente für einensparsameren Flächenverbrauch (kurzfristig 5-ha-Ziel und mittelfristig – noch vor 2050 - 0 ha) und eine Flächenkreislaufwirtschaft entwickeln. Dazu brauchen wir eine Neuausrichtung von Raumordnung bzw. Raumplanung, Baurecht und Wohnbauförderung mit dem Ziel, Flächen zu sparen und den Bodenverbrauch pro Tag zu beschränken. Es braucht geeignete rechtliche Grundlagen, um die bessere Nutzung von bestehenden bebauten Flächen zu ermöglichen. Wir fordern ein Bauland-Monitoring, womit die Verfügbarkeit von Flächen sowie der Entwicklungs- und Realisierungsstand bei Flächenmobilisierungen überprüft werden. Für den Schutz vor allem wertvoller landwirtschaftlicher Fläche brauchen wir ein Planzeichen landwirtschaftliche Fläche und ein gezieltes Flächenschutzmanagement. Dazu gehört die Erhebung von Baulücken (Baulückenkataster) und Leerstand. Wir fordern steuerliche Anreize und Förderungen zur Revitalisierung alter, leerstehender Bausubstanzen im Gegensatz zu einer Verbauung auf der grünen Wiese, z.B. durch steuerliche Änderung der Eigenheimförderung - weg von Neubau hin zum Kauf und Umbau von Altimmobilien. Sämtliche Ausgleichsflächen aus der Bauleitplanung der Kommunen sind zukünftig wie die privaten Maßnahmen in einem Kataster öffentlich darzustellen.
- Bodenschutzstrategie, Flächenmanagement und Bauland-Monitoring: Der Flächenfraß geht in NRW seit der Aufhebung des 5-ha-Grundsatzes im Landesentwicklungsplan (LEP) durch die CDU-FDP-Koalition ungesteuert weiter. Treiber des Flächenverbrauchs ist hier seit Jahren auch der ländliche Raum, bzw. die politischen Entscheidungsträger*innen vor Ort. Die in Flächenkonkurrenz stehenden Kommunen beschleunigen den Verbrauch durchÜberbietungswettbewerbe für neue Gewerbe- und Wohngebiete enorm. Wenn wir so weiter machen, würdenwir in NRW in rund 200 Jahren über keinen Grund und Boden mehr als Ernährungsgrundlage verfügen. Wir Grüne wollen Instrumente für einensparsameren Flächenverbrauch (kurzfristig 5-ha-Ziel und mittelfristig – noch vor 2050 - 0 ha) und eine Flächenkreislaufwirtschaft entwickeln.
Ökologisch nachhaltig, sozial gerecht und zukunftsfähig!
In Nordrhein-Westfalen werden bis 2030 fast eine halbe Million Menschen weniger
leben als heute. Das zeigen demografische Prognosen[1]. Städte wie Köln oder
Münster werden trotzdem wachsen. Verlierer wird der ländliche Raum sein, vor
allem Südwestfalen und Teile von Ostwestfalen-Lippe. Denn dort kommt zum
demografischen Wandel noch die Landflucht dazu. Junge Menschen ziehen in die
Metropolen, um dort die Vielfalt der Bildungs-, Berufs-, Freizeit- und
Entwicklungsmöglichkeiten zu nutzen. Dies führt zwangsläufig zu einer
allmählichen Überalterung der betroffenen ländlichen Gebiete. Schon bald könnte
in einigen Regionen jede/r dritte Einwohner*in älter als 65 Jahre sein.[2] Den
Unternehmen stehen dann nicht mehr genug Fachkräfte zur Verfügung.
Steuereinnahmen würden sinken und damit wiederum die Investitionsmöglichkeit der
Kommunen in die Infrastruktur. Dabei beklagen heute schon viele ländliche
Regionen Mängel in der Infrastruktur: Unzureichende Angebote in der
Nahversorgung und im ÖPNV, Funklöcher, niedrige Bandbreiten und auch die
gesundheitliche Versorgung gerät immer mehr unter Druck - ein Mangel an
Hausärzt*innen und dezentralen Gesundheitsversorgungsstrukturen ist bereits
jetzt schon vorhanden. Neben der demographischen Entwicklung stehen die
ländlichen Regionen aber auch durch Klimakrise und Artensterben vor enormen
Herausforderungen. Dürren und Wetterextreme bedrohen Ernten und Natur.
Die sozial-ökologische und digitale Transformation der Gesellschaft bietet große
Entwicklungschancen für den ländlichen Raum. Gehen wir diesen Umbauprozess jetzt
ganzheitlich und mit Weitblick an, so werden die ländlichen Regionen davon enorm
profitieren.
Eine bürgerorientierte dezentrale Energiewende bietet große Chancen für mehr
Wertschöpfung und zusammen mit klimaneutralem Tourismus wird die Klimawende auf
dem Land eine Erfolgsgeschichte. Die Mobilitätswende ermöglicht eine gute
Anbindung an die Metropolen und mehr Unabhängigkeit vom eigenen Auto. Die
sozial-ökologische Transformation der Land- und Ernährungswirtschaft führt durch
die Wiederbelebung regionaler Wirtschaftskreisläufe zu mehr Wertschöpfung. Und
die Digitalisierung bewirkt, dass Büroarbeit, Bildung und Teilhabe von überall
möglich ist – aus dem Homeoffice, Coworking-Space im Dorfzentrum oder direkt in
der Natur. Mit digitalen Technologien können dann auch kleine Geschäfte im Dorf
große Einkaufserlebnisse schaffen. Das alles spart massiv Verkehr, CO2 und
Ressourcen und es wird auch die Landflucht stoppen und die Städte enorm
entlasten. Das ist unsere Grüne Vision für den ländlichen Raum. So können wir
gleichwertige Lebensverhältnisse und aus Stadt-Land-Regionen klimaneutrale
„Zukunftsräume“ schaffen.
Wir Grüne NRW wollen in einem großen Beteiligungsprozess gemeinsam mit den
Bürger*innen der Stadt-Land-Regionen in NRW einen Masterplan für den ländlichen
Raum 4.0 ähnlich wie Österreich erarbeiten:
Unseren LOCAL GREEN DEAL.
Teil A) Der ländliche Raum 4.0.braucht faire Grundbedingungen:
- Digitalisierung ermöglichen:
Ohne gleichberechtigte Breitband- und Mobilfunk-Versorgung werden
ländliche Regionen den Anschluss an die moderne Wirtschafts- und
Arbeitswelt verlieren. Dabei könnten gerade hier die Chancen der
Digitalisierung genutzt werden, da die Ortsgebundenheit an Bedeutung
verliert. Stationäre Arbeitsplätze können vielfach durch Teleheimarbeit
(Home-Office), virtuelle Teams, temporäre und flexible Arbeitsorte ersetzt
werden. Das physische Vorortsein wird durch eine digitale Präsenz
abgelöst, aber nur dort, wo auch eine stabile Breitband- und Funk-
Versorgung gesichert sind. Mit digitalen Technologien könnten auch
stationäre Geschäfte im Dorf wieder aufgewertet werden und gegen die
Konkurrenz durch E-Commerce (elektronisch) und M-Commerce (mobil)
bestehen. Produkte könnten im Laden nicht nur „live“ sondern auch digital
angeboten werden. So könnten auch in Dörfern Einkaufserlebnisse wie in der
Großstadt angeboten werden.
- Die Gemeinschaftsaufgabe regionale Daseinsvorsorge (GRD) einführen[3]:
Wie gut die Chancen und Möglichkeiten der Teilhabe vor Ort sind, hängt
stark von der Finanzausstattung und Infrastruktur der Kommunen ab.
Besonders in strukturschwachen Regionen muss hier nachgebessert werden.
Wir setzen uns für die Einführung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe ein,
die von Bund und Ländern gemeinsam getragen und geplant wird: Die
Gemeinschaftsaufgabe Regionale Daseinsvorsorge (GRD). Mittels eines Bund-
Länder-Programms „Gleichwertige Lebensverhältnisse für alle“ wollen wir
eine räumliche Grundsicherung einführen. Diese Grundsicherung umfasst
insbesondere die drei Säulen: Regionale Mobilitätsgarantie, regionale
Gesundheitsnetzwerke und einen Rechtsanspruch auf einen schnellen
Breitband-Internetanschluss. Wir Grüne NRW setzen uns ein für einen
Stärkungspakt öffentliche Infrastruktur und eine gesicherte Finanzierung
der Daseinsvorsorge.
- Nahversorgung sichern:
In Frankreich hat jede/r Bürger*in ein Recht darauf, dass es in der
unmittelbaren Nachbarschaft eine Bäckerei gibt. Wir wollen einen
ordnungsrechtlichen Rahmen schaffen, damit der Wildwuchs von
Lebensmitteleinzel-/Handelsunternehmen auf der grünen Wiese gestoppt wird.
Zudem setzen wir uns für die Erarbeitung von regionalen
Nahversorgungsstrategien ein. Wir wollen Dorfkerne revitalisieren und
kleine Geschäfte sowie das örtliche Handwerk fördern und so eine
dezentrale Nahversorgung erhalten.
- Gemeindefinanzierungsgesetz GFG „fair-ändern“:
Wir wollen, dass das GFG in seinen Grundstrukturen im Hinblick auf das
neue Verhältnis Land - Stadt im digitalen Zeitalter überprüft und
angepasst wird. Heute unterstellt das System der Einwohnerveredelung, dass
ein „Landbürger*in“ erheblich günstiger ist als ein*e „Stadtbürger*in“.
Diese Veredelung führt heute dazu, dass jede*r einzelne Einwohner*in der
Stadt Köln bei der Ermittlung des Finanzbedarfs fast anderthalbmal so
„teuer“ ist wie eine Person einer Gemeinde mit bis 25.000 Einwohner*innen.
Diese Bedarfsberechnung ist wissenschaftlich umstritten, denn die sie
basiert auf den tatsächlichen Ausgaben der vergangenen Jahre, die wiederum
durch die Zuweisungen der Vergangenheit beeinflusst ist. Und auch die
Ermittlung der Steuerkraft wird zulasten kleinerer Gemeinden verzerrt,
denn sie wird pauschal anhand von Durchschnittshebesätzen ermittelt, die
für alle Gemeinden gleich hoch sind. Realitätsnäher wäre es, die fiktiven
Hebesätze nach Gemeindegrößen zu staffeln. Denn obwohl Menschen auf dem
Land doch „günstig“ sind, wird die Urbanisierung weiter vom GFG forciert.
In vielen Kommunen werden Schwimmbäder abgebaut, weil ihnen schlichtweg
nach der Finanzierung von Feuerwehr und allen Pflichtaufgaben das Geld
fehlt. Auch Klima- und Artenschutz sind freiwillige Aufgaben, für die
vielfach keine Mittel da sind. Und auch der benötigte erhöhte Aufwand für
Mobilität, Digitale Infrastruktur und Gesundheitsvorsorge muss bei der
Umlage auf die Einwohner*innen berücksichtigt werden.
- Kleine und finanzschwache Kommunen unterstützen:
Gerade kleinere Kommunen haben es im Wettbewerb schwer, da sie oft nicht
über die personellen und finanziellen Ressourcen verfügen,
Transformationsprozesse umsetzen zu können. Ihnen fehlt häufig das
Fachpersonal, um bspw. überhaupt zeitgerecht Förderanträge stellen zu
können. Oder es fehlen die finanziellen Mittel, um hohe Eigenanteile mit
einbringen zu können. Wir wollen, dass die Landesverwaltung kleinen und
finanzschwachen Kommunen operative Unterstützung zusichert und sie mit
Förderberatung (Förderlotsen) und einer anteiligen Entlastung bei den
Eigenanteilen unterstützt.
- Umweltaufgaben der Zukunft gemeinschaftlich tragen: Die ländlichen Räume
übernehmen die Bereitstellung einer großen Vielfalt an
Ökosystemleistungen, Regulationsleistungen und kulturellen Leistungen
(Kulturlandschaftserhalt). Allerdings führen steigende Nutzungsansprüche
(Zubau Straßen/Trassen, Wohn-/Gewerbegebiete, Erneuerbare Energien, etc.)
und Konkurrenz um Arbeitsplätze und Einwohner*innen unter den Kommunen zu
einer zunehmenden Intensivierung der Flächennutzung. Das „Naturkapital“
ist deshalb an vielen Stellen erheblich gefährdet. Um die langfristige
Bereitstellung der vielfältigen Ökosystemleistungen zu sichern, benötigen
wir eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie mit einer finanziellen
Bewertung des Naturkapitals. Die Bewahrung von Artenvielfalt, Boden,
Flächen, Wasser ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das Leitbild
„Green Regions“ – aus Australien und den USA stammend - erkennt an, dass
die ländlichen Räume zahlreiche Ausgleichs- und Schutzfunktionen für eine
dominant städtische Gesellschaft übernehmen und eine Vielzahl naturnaher
Ökosysteme beherbergen und dass dies entsprechend honoriert werden
muss[4]. Für ein derartiges Leitbild wollen wir Grüne uns einsetzen.
Ökosystemleistungen des ländlichen Raumes sollten bspw. in den heutigen
Schlüsselzuweisungen oder über Pauschalen auch „bezahlt“ werden. Und
genauso ist der Erhalt von Kulturlandschaften als Kulturleistung zu
bewerten und muss ähnlich wie Museen und Konzerthäuser in den Metropolen
gesamtgesellschaftlich getragen werden. Für die kommunalen
Aufgabenbereiche, die mit der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen
(sustainable development goals) und Klimaschutzzielen einhergehen, braucht
es auf kommunaler Ebene eine systematische Bereitstellung von
Personalstellen – ausreichend finanziert aus Landes- oder Bundesmitteln.
- Bodenschutzstrategie, Flächenmanagement und Bauland-Monitoring: Der
Flächenfraß geht in NRW seit der Aufhebung des 5-ha-Grundsatzes im
Landesentwicklungsplan (LEP) durch die CDU-FDP-Koalition ungesteuert
weiter. Treiber des Flächenverbrauchs ist hier seit Jahren der ländliche
Raum, bzw. die politischen Entscheidungsträger*innen vor Ort. Die in
Flächenkonkurrenz stehenden Kommunen beschleunigen den Verbrauch durch
Unterbietungswettbewerbe für neue Gewerbe- und Wohngebiete enorm. Wenn wir
so weiter machen, verfügen wir in NRW in rund 200 Jahren über keinen Grund
und Boden mehr als Ernährungsgrundlage. Wir Grüne wollen Instrumente für
einensparsameren Flächenverbrauch (kurzfristig 5-ha-Ziel und mittelfristig
– noch vor 2050 - 0 ha) und eine Flächenkreislaufwirtschaft entwickeln.
Dazu brauchen wir eine Neuausrichtung von Raumordnung bzw. Raumplanung,
Baurecht und Wohnbauförderung mit dem Ziel, Flächen zu sparen und den
Bodenverbrauch pro Tag zu beschränken. Es braucht geeignete rechtliche
Grundlagen, um die bessere Nutzung von bestehenden bebauten Flächen zu
ermöglichen. Wir fordern ein Bauland-Monitoring, womit die Verfügbarkeit
von Flächen sowie der Entwicklungs- und Realisierungsstand bei
Flächenmobilisierungen überprüft werden. Für den Schutz vor allem
wertvoller landwirtschaftlicher Fläche brauchen wir ein Planzeichen
landwirtschaftliche Fläche und ein gezieltes Flächenschutzmanagement. Dazu
gehört die Erhebung von Baulücken (Baulückenkataster) und Leerstand. Wir
fordern steuerliche Anreize und Förderungen zur Revitalisierung alter,
leerstehender Bausubstanzen im Gegensatz zu einer Verbauung auf der grünen
Wiese, z.B. durch steuerliche Änderung der Eigenheimförderung - weg von
Neubau hin zum Kauf und Umbau von Altimmobilien. Sämtliche
Ausgleichsflächen aus der Bauleitplanung der Kommunen sind zukünftig wie
die privaten Maßnahmen in einem Kataster öffentlich darzustellen.
- Bodenschutzstrategie, Flächenmanagement und Bauland-Monitoring: Der Flächenfraß geht in NRW seit der Aufhebung des 5-ha-Grundsatzes im Landesentwicklungsplan (LEP) durch die CDU-FDP-Koalition ungesteuert weiter. Treiber des Flächenverbrauchs ist hier seit Jahren auch der ländliche Raum, bzw. die politischen Entscheidungsträger*innen vor Ort. Die in Flächenkonkurrenz stehenden Kommunen beschleunigen den Verbrauch durchÜberbietungswettbewerbe für neue Gewerbe- und Wohngebiete enorm. Wenn wir so weiter machen, würdenwir in NRW in rund 200 Jahren über keinen Grund und Boden mehr als Ernährungsgrundlage verfügen. Wir Grüne wollen Instrumente für einensparsameren Flächenverbrauch (kurzfristig 5-ha-Ziel und mittelfristig – noch vor 2050 - 0 ha) und eine Flächenkreislaufwirtschaft entwickeln.
Wir wollen den Aufschwung aktiv voranbringen – Heimat reloaded
- Dorfbüroprogramm 4.0:
Immer mehr Menschen im ländlichen Raum arbeiten mittlerweile zumindest
zeitweise im Home-Office. Doch oft sind die Möglichkeiten nicht optimal,
im Home-Office berufliche Arbeit von Privatem klar abzugrenzen oder es
gibt keine gute digitale Büro-Infrastruktur. Hier können Coworking Spaces
bzw. anmietbare Einzelarbeitsplätze in den Dörfern eine gute Lösung sein.
Wir Grüne wollen für den Aufbau solcher Büros in den Dorfzentren unter
Nutzung von Leerständen ein spezielles Dorfbüroförderprogramm (ähnlich
Rheinland-Pfalz[5]) aufsetzen. So können wir die Dorfzentren aktiv beleben
und Kaufkraft in die Dörfer bringen. Gaststätten und die kleinen Läden
könnten davon sehr profitieren. Jeder ersparte Weg entlastet die
Ballungsräume, reduziert die Mobilitätsanforderungen und spart CO2-
Emissionen. Gleichzeitig schaffen wir Anreize, im ländlichen Raum zu
leben.
- Runder Tisch „Zukunft der Arbeit Land-Stadt“:
Eine aktuelle Studie zeigt, im Mittel rechnen die Arbeitgeber*innen mit
einem langfristigen Anstieg der Homeoffice-Tage um 65 % zu vor der Corona-
Krise und einem Abbau von Büroflächen von rd. 20%. Und auch viele
Konferenzen werden nach Corona weiter digital oder zumindest hybrid
stattfinden. Für den ländlichen Raum ist das eine zu begrüßende
Entwicklung, denn so ist Arbeit und Teilhabe ohne lange Anfahrtswege bspw.
mitten in der schönsten Natur möglich. Zusammen mit der Politik und den
großen Arbeitgeber*innen in den Städten und umliegenden Landkreisen wollen
wir die Infrastrukturanforderungen für die Arbeits- und Teilhabemodelle
4.0 definieren und passgenau aufsetzen. Denn egal ob Homeoffice,
Coworking-Spaces oder Dorfbüros, das Thema des dezentralen Arbeitens muss
zusammen mit dem Thema Mobilität und dem Ausbau der ÖPNV Infrastruktur
gedacht werden. Damit eine klimafreundliche Transformation der Arbeit
gelingt, brauchen wir Anreizsysteme für die Betriebe, auf gute dezentrale
Arbeitsmodelle zu setzen (z.B. Neukonzeption der Pendlerpauschale ggf. mit
Unternehmensbeteiligung, ein Rechtsanspruch auf Homeoffice, etc.), in
Dorfbüros zu investieren oder dort Arbeitsplätze anzumieten. Der nicht
mehr benötigte Büroraum könnte dann zeitnah in Wohnraum umgebaut werden.
Beispielsweise wäre es ggf. sinnvoll, anders als bei der Pendlerpauschale,
nicht das Pendeln, sondern den Wohnwechsel zu fördern.
- Mobilität 4.0: Die Wege im ländlichen Raum sind weit. Auch wenn wir durch
digitale Arbeits-/Teilhabeformen und mobile Infrastrukturen Arbeit,
Familie, Freizeit und Versorgung wieder näher zusammenbringen und dadurch
den Zwang zu Mobilität reduzieren können, brauchen wir im ländlichen Raum
eine neue Mobilitätspolitik, die bezahlbare, zuverlässige und
klimafreundliche Mobilität für alle Menschen sicherstellt. Dafür braucht
es mehr Alternativen zum individuellen Auto – wissend, dass es auch
weiterhin von Bedeutung sein wird. Vergleichsweise schnell zu
reaktivierende Bahntrassen, höhere Taktungen und Haltepunkte sind zeitnah
umsetzbar. Buslinien müssen regional und nicht auf Stadtgrenzen begrenzt
gedacht werden. Wir brauchen Schnellbuslinien von und zu wichtigen
Knotenpunkten (z.B. von Park/Bike & Ride Plätzen zur Innenstadt) und
hierfür ein einheitliches Verbundsystem. Dies erfordert auch den Ausbau
von trockenen Wartebereichen. Der ÖPNV / SPNV muss in Kombinationen mit
dem Radverkehrsnetz und weiteren alternativen Angeboten (z.B. Rufsysteme,
Mitfahrerbänke) so aufgewertet werden, dass Menschen gerne das Auto stehen
lassen. Hierzu fordern wir eine erleichterte Mitnahmemöglichkeit von
Fahrrädern in Bussen. Barrierefreiheit muss dabei mitgedacht werden. Für
den ÖPNV als Teil der Daseinsvorsorge setzen wir uns für die Verlagerung
der Gesamtverantwortung, Finanzierung und Ausgleich von Defiziten auf den
Bund ein.
- Regionale Gesundheitsnetzwerke:
Besonders der Zugang zu Ärzt*innen und pflegerischen Einrichtungen muss
gesichert sein. Allgemeine Versorgungszentren, Gemeinschaftspraxen von bei
der Kommune angestellten Ärzt*innen, telemedizinischer Notdienst oder auch
Arztbusse/ mobile Fahrdienste können Schritte zur Lösung des Problems
sein, Ziel sollte der Erhalt einer dezentralen Gesundheitsversorgung sein,
denn lange Wege zu zentren-orientierter Versorgung machen es insbesondere
für alte Menschen schwierig, diese aufzusuchen. Der Schlüssel für alle
dies sind regionale Gesundheitsnetzwerke (Gesundheitsregionen). Damit
können flexible Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort geschaffen, die
Sektorengrenzen und deren Fehlanreize überwunden und eine auf die
jeweiligen Bedürfnisse abgestimmte und vernetzte Versorgung ermöglicht
werden. Krankenkassen, ambulante Gesundheitseinrichtungen und
Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Hebammen, Apothekerinnen und Apotheker
sowie therapeutische Berufe arbeiten in Gesundheitsregionen Hand in Hand
zusammen. Mobilitätsangebote sind besser mit Angeboten von Gesundheits-
und Pflegeeinrichtungen zu verzahnen, damit Fahrpläne und Öffnungszeiten
aufeinander abgestimmt sind.
- Regionalisierungsstrategie und Landesprogramm „regionale Wertschöpfung“:
Regionale Wertschöpfungsketten vom Acker bis zum Teller sind für eine
sichere Nahversorgung und im Kampf gegen die Klimakrise existenziell. Wir
wollen die regionale Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung stärken und
so das Höfesterben stoppen und eine regionale möglichst nachhaltige und
gesunde Versorgung sichern. Dafür wollen wir ein Landesprogramm „regionale
Wertschöpfung“ aufsetzen. Wo regionale Strukturen (z.B. Metzgereien,
Bäckereien) fehlen, wollen wir den Aufbau unterstützen. In öffentlichen
Einrichtungen wollen wir verstärkt regionale und ökologische Produkte
verwenden. So schaffen wir Nachfrage und faire Preise. Eine landesweite
EinkaufsApp und Regionalsiegel unterstützen wir. Ziel ist es, die Städte
in NRW möglichst viel mit nachhaltig erzeugten Lebensmitteln aus den
ländlichen Regionen im Umland direkt versorgen zu können. Dafür brauchen
wir Förderprogramme für die Erstellung und Umsetzung von
Regionalisierungskonzepten in den Kommunen/Kreisen (analog
Klimaschutzkonzepte) und für den Aufbau von Wertschöpfungszentren sowie
regionalen Ernährungssystemen. Wir wollen Modellregionen „Regional Plus“
(regional und besonders artegerecht/umweltfreundlich[6]) und
Ökomodellregionen fördern und so den regionalen und ökologischen Landbau
ausbauen.
- Ambitionierte Ausbauziele für Erneuerbare Energien unter
Bürgerbeteiligung:
Wir wollen, dass der Ausbau von Erneuerbaren Energien auch unter den
Bürger*innen eine hohe Akzeptanz findet und aktiv vorangetrieben wird.
Dazu wollen wir eine angemessene Bürger*innenbeteiligung an der
Wertschöpfung und an den Planverfahren sicherstellen. Es soll mehr
Wertschöpfung in den Kommunen bleiben und Landwirtschaft, Kommunen und
Bürger*innen müssen davon unmittelbar profitieren können. Anwohner*innen
sollten direkt vergünstigten Strom von regionalen Wind-, Biomasse- und
Solaranlagen beziehen können. Bei Windparks wurden mit der am 1.1.2021 in
Kraft getretenen EEG-Novelle diese Zahlungen von den Betreiber*innen an
die Kommunen nur auf freiwilliger Basis umgesetzt. Das wird nicht
ausreichen. Wir Grüne setzen uns hier für verpflichtende Konzepte ein.
Auch ein Bürger*innen-Energiefonds kann genossenschaftliche Projekte
fördern. Damit Behörden vor Ort Genehmigungen zügig erteilen können,
müssen endlich bundesweite Standards für die Koexistenz von Windenergie,
Freiflächen-PV und Naturschutz aufgestellt werden.
- Familienbetriebe stärken:
Eine aktuelle Studie zeigt[7], dass in ländlichen Regionen, in denen es
viele Familienunternehmen gibt, die jungen Menschen weniger abwandern, der
Wohlstand und die Ausbildungsquote höher und die Arbeitslosigkeit
niedriger ist. Denn gegenüber Großkonzernen sind Familienunternehmen in
ihren Heimatregionen fest verwurzelt und übernehmen gesellschaftliche
Verantwortung vor Ort. Wir Grüne wollen Familienbetriebe und diese Kultur
der Selbständigkeit erhalten und stärken. Aber Familienbetriebe haben es
zunehmend schwer, ihren Grundsätzen trotz Wachstumszwängen in
globalisierten Märkten treu zu bleiben. Insbesondere in der Landwirtschaft
aber auch im Lebensmittelhandwerk bedingen Betriebsentwicklungen oft
Betriebsaufgaben in der Nachbarschaft und tragen so zu sozialen Konflikten
in den Familien und Dörfern bei. Die vielen Suizide und Burn-Out-Diagnosen
in der Landwirtschaft wollen wir ernst nehmen und hierzu vermehrt
Forschung ermöglichen. Unternehmenskrisen bspw. auf Grund von
Generationskonflikten wollen wir durch kostenlose sozioökonomische
Beratungen unterstützen. Dazu setzen wir uns für einen Lehrstuhl
Wirtschaftssoziologie / Agrarsoziologie ein. In der Ausbildung müssen auch
Themen der Sozioökonomie und Kommunikation Pflichtfach sein.
- Anreize für die Wirtschaft und Menschen schaffen:
Wir wollen Unternehmensgründungen und -nachfolge im ländlichen Raum
insbesondere durch Frauen speziell fördern und bessere Anreize für
Fachkräfte schaffen. Ziel ist, eine aktive Ansiedlung und Förderung von
grünen Start Up`s, die Errichtung von Gründungszentren und die Einrichtung
von Innovationshubs in den ländlichen Räumen, in denen Unternehmen, Start-
ups und Wissenschaftseinrichtungen räumlich nah beieinander angesiedelt
sind, wodurch der Wissensaustausch gefördert wird. Wir wollen Coworking
Spaces und Wirtschaftscluster unter Nutzung der regionalen Ressourcen
(z.B. Holzcluster, Bioökonomie) im ländlichen Raum fördern. So wollen wir
Kompetenzzentren im ländlichen Raum mit guter ÖPNV-Anbindung schaffen, die
wiederum die Möglichkeit bieten, dass dort auch überregionale
Großveranstaltungen stattfinden können. Zusätzliche Arbeitsplätze in den
neu etablierten Einrichtungen schaffen attraktive Perspektiven für
HochschulabsolventInnen in der Region. Auch wollen wir fördern, dass
bäuerliche Familienbetriebe, Sozialträger und Institutionen mit Green
Care-Angeboten (z.B. tiergestützte Therapie, soziale Projekte auf dem
Bauernhof) zusammen neue innovative Wege gehen.
- Ansiedelung von Behörden in strukturschwachen Regionen:
Die Ansiedelung von Bundes- und Landeseinrichtungen sowie ausgelagerten
Organisationen in Regionen ist ein wirksames Instrument der
Strukturpolitik. Durch Dezentralisierung von Behörden Bildungs- und
Kulturstätten, Einrichtungen der Jugendhilfe, zentrale Klima- und
Umweltforschungseinrichtungen o.ä. wollen wir Impulse geben. Eine
Möglichkeit ist z.B der Aufbau einer Fakultät zur ökologischen
Waldforschung und Weiterbildung von Waldarbeiter*innen an der
Fachhochschule Südwestfalen – bei 1 Mio. Hektar Wald und über 200.000
Waldbesitzer*innen verfügt NRW über kein Institut zur
waldbaulichen/forstlichen Forschung und Lehre. Dafür braucht es auch von
Bundes- und Landesseite eine klare und transparente Strategie für die
Verteilung neuer oder der Erweiterung bestehender Bundeseinrichtungen und
Institutionen.
- Ökosoziale Transformation gerecht gestalten:
Der Wandel zu einer klimagerechten Gesellschaft wird uns nur gelingen,
wenn alle Menschen auf diesem Weg mitgenommen werden, denn ein relevanter
Teil der Landbevölkerung lebt mit kleinen Einkommen in größerem
Wohneigentum, heizt mit Öl oder Gas und ist fast vollständig auf das
eigene Auto angewiesen, darunter überdurchschnittlich viele ältere
Menschen. Die Anschaffung von emissionsfreien Autos, die energetische und
barrierefreie Sanierung von Wohnhäusern und die Umstellung von alten
Ölheizungen erfordern erhebliche Investitionen. Trotz hoher Förderungen
ist das nicht für alle ohne weiteres zu stemmen. Deshalb muss Klimapolitik
und Umweltschutz sozial ausgewogen sein und auf die Unterschiede zwischen
Ballungsräumen und dem Land Rücksicht nehmen. Dementsprechend wollen wir
Kompensationsmaßnahmen prüfen, die die Bedingungen im ländlichen Raum
besser berücksichtigen wie bspw. die Berücksichtigung grauer Energie,
degressive KFZ-Steuer nach Alter des Autos, CO2 Abdruck alter Gebäude
ganzheitlich sehen, Kompensationen für CO2-Abgabe wo Alternativen fehlen.
Wir werden gezielte Programme für die Sanierung des Eigenheimbestands und
Umbau zu Mehrgenerationenhäuser entwickeln, die neue Finanzierungsmodelle
für Härtefälle und systematische Unterstützung bei der Umsetzung der
Sanierung verbinden. Umweltgerechtigkeit ist das Maß unserer Politik: wir
denken sozial gerechte und ökologisch zukunftsorientierte Maßnahmen
zusammen und werden z.B. durch einen Masterplan Umwelt und Gesundheit
diese Schnittstellen bearbeiten.
- Mehr Teilhabe für die ländliche Bevölkerung:
Für Menschen im ländlichen Raum ist es sehr aufwändig, politische Teilhabe
auf Landesebene auszuüben. Dazu haben kleinere Kommunen und Menschen auf
dem Land häufig keine ausreichenden Kapazitäten und Vernetzungen, um ihre
Interessen anzumelden oder Förderungen wahrzunehmen. Wir wollen eine
effektive gleichwertige Teilhabe der Landbevölkerung an politischen,
gesellschaftlichen Prozessen über die Nutzung der digitalen Möglichkeiten
garantieren. Das fördert die Interaktion zwischen Land und Stadt. Außerdem
wollen wir mehr Austausch zur Meinungsbildung und eine neue
Einladungskultur etablieren (Runde Tische, Partnerstädte Land/Stadt). Der
aktuelle Zuwachs der städtischen Bevölkerung führt zunehmend zu
veränderten Zuschnitten der Wahlkreise aufgrund veränderter
Einwohner*innenzahlen. Das lässt ländliche Räume noch mehr ins
Hintertreffen geraten und auch hier entsteht ein Teufelskreislauf. Im
ländlichen Raum sind Ehrenamt und Vereinswesen eine wesentliche Säule der
Gesellschaft (z.B. Sport- und Musikvereine, Bürgerbusse). Damit dies auch
in Zukunft trägt, setzen wir uns für eine deutliche Stärkung des
Ehrenamtes durch steuerfinanzierte Rentenzuschüsse/ -anerkennungsjahre und
die Anhebung der steuerlichen Freibeträge von Aufwandsentschädigungen ein.
Das Vereinswesens wollen wir stärken und die Integration in Schule
unterstützen. Auch die soziale Infrastruktur muss im ländlichen Raum
gestärkt werden.
[1]https://www.tagesschau.de/wirtschaft/metropolen-wachstum-prognose-101.html
[2]https://presse.wdr.de/plounge/radio/wdr5/2018/03/20180301_stadtgespraech_werd-
ohl.html
[3]https://www.gruene-
bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/mobilitaet/pdf/autoren-
papier-mobilitaet-im-laendlichen-raum.pdf
[4]https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/oekonomie/Dokumente/BMU_2010_zukunftsperspek-
tiven_laendlicher_raeume.pdf
[6]https://www.regionalbewegung.de/projekte/regional-plus-in-nrw/
[7]https://www.familienunternehmen.de/de/pressebereich/meldungen/2020/2020-08-
31/familienunternehmen-im-laendlichen-raum
Von Zeile 140 bis 166:
- Bodenschutzstrategie, Flächenmanagement und Bauland-Monitoring: Der Flächenfraß geht in NRW seit der Aufhebung des 5-ha-Grundsatzes im Landesentwicklungsplan (LEP) durch die CDU-FDP-Koalition ungesteuert weiter. Treiber des Flächenverbrauchs ist hier seit Jahren der ländliche Raum, bzw. die politischen Entscheidungsträger*innen vor Ort. Die in Flächenkonkurrenz stehenden Kommunen beschleunigen den Verbrauch durch Unterbietungswettbewerbe für neue Gewerbe- und Wohngebiete enorm. Wenn wir so weiter machen, verfügen wir in NRW in rund 200 Jahren über keinen Grund und Boden mehr als Ernährungsgrundlage. Wir Grüne wollen Instrumente für einensparsameren Flächenverbrauch (kurzfristig 5-ha-Ziel und mittelfristig – noch vor 2050 - 0 ha) und eine Flächenkreislaufwirtschaft entwickeln. Dazu brauchen wir eine Neuausrichtung von Raumordnung bzw. Raumplanung, Baurecht und Wohnbauförderung mit dem Ziel, Flächen zu sparen und den Bodenverbrauch pro Tag zu beschränken. Es braucht geeignete rechtliche Grundlagen, um die bessere Nutzung von bestehenden bebauten Flächen zu ermöglichen. Wir fordern ein Bauland-Monitoring, womit die Verfügbarkeit von Flächen sowie der Entwicklungs- und Realisierungsstand bei Flächenmobilisierungen überprüft werden. Für den Schutz vor allem wertvoller landwirtschaftlicher Fläche brauchen wir ein Planzeichen landwirtschaftliche Fläche und ein gezieltes Flächenschutzmanagement. Dazu gehört die Erhebung von Baulücken (Baulückenkataster) und Leerstand. Wir fordern steuerliche Anreize und Förderungen zur Revitalisierung alter, leerstehender Bausubstanzen im Gegensatz zu einer Verbauung auf der grünen Wiese, z.B. durch steuerliche Änderung der Eigenheimförderung - weg von Neubau hin zum Kauf und Umbau von Altimmobilien. Sämtliche Ausgleichsflächen aus der Bauleitplanung der Kommunen sind zukünftig wie die privaten Maßnahmen in einem Kataster öffentlich darzustellen.
- Bodenschutzstrategie, Flächenmanagement und Bauland-Monitoring: Der Flächenfraß geht in NRW seit der Aufhebung des 5-ha-Grundsatzes im Landesentwicklungsplan (LEP) durch die CDU-FDP-Koalition ungesteuert weiter. Treiber des Flächenverbrauchs ist hier seit Jahren auch der ländliche Raum, bzw. die politischen Entscheidungsträger*innen vor Ort. Die in Flächenkonkurrenz stehenden Kommunen beschleunigen den Verbrauch durchÜberbietungswettbewerbe für neue Gewerbe- und Wohngebiete enorm. Wenn wir so weiter machen, würdenwir in NRW in rund 200 Jahren über keinen Grund und Boden mehr als Ernährungsgrundlage verfügen. Wir Grüne wollen Instrumente für einensparsameren Flächenverbrauch (kurzfristig 5-ha-Ziel und mittelfristig – noch vor 2050 - 0 ha) und eine Flächenkreislaufwirtschaft entwickeln.
Ökologisch nachhaltig, sozial gerecht und zukunftsfähig!
In Nordrhein-Westfalen werden bis 2030 fast eine halbe Million Menschen weniger
leben als heute. Das zeigen demografische Prognosen[1]. Städte wie Köln oder
Münster werden trotzdem wachsen. Verlierer wird der ländliche Raum sein, vor
allem Südwestfalen und Teile von Ostwestfalen-Lippe. Denn dort kommt zum
demografischen Wandel noch die Landflucht dazu. Junge Menschen ziehen in die
Metropolen, um dort die Vielfalt der Bildungs-, Berufs-, Freizeit- und
Entwicklungsmöglichkeiten zu nutzen. Dies führt zwangsläufig zu einer
allmählichen Überalterung der betroffenen ländlichen Gebiete. Schon bald könnte
in einigen Regionen jede/r dritte Einwohner*in älter als 65 Jahre sein.[2] Den
Unternehmen stehen dann nicht mehr genug Fachkräfte zur Verfügung.
Steuereinnahmen würden sinken und damit wiederum die Investitionsmöglichkeit der
Kommunen in die Infrastruktur. Dabei beklagen heute schon viele ländliche
Regionen Mängel in der Infrastruktur: Unzureichende Angebote in der
Nahversorgung und im ÖPNV, Funklöcher, niedrige Bandbreiten und auch die
gesundheitliche Versorgung gerät immer mehr unter Druck - ein Mangel an
Hausärzt*innen und dezentralen Gesundheitsversorgungsstrukturen ist bereits
jetzt schon vorhanden. Neben der demographischen Entwicklung stehen die
ländlichen Regionen aber auch durch Klimakrise und Artensterben vor enormen
Herausforderungen. Dürren und Wetterextreme bedrohen Ernten und Natur.
Die sozial-ökologische und digitale Transformation der Gesellschaft bietet große
Entwicklungschancen für den ländlichen Raum. Gehen wir diesen Umbauprozess jetzt
ganzheitlich und mit Weitblick an, so werden die ländlichen Regionen davon enorm
profitieren.
Eine bürgerorientierte dezentrale Energiewende bietet große Chancen für mehr
Wertschöpfung und zusammen mit klimaneutralem Tourismus wird die Klimawende auf
dem Land eine Erfolgsgeschichte. Die Mobilitätswende ermöglicht eine gute
Anbindung an die Metropolen und mehr Unabhängigkeit vom eigenen Auto. Die
sozial-ökologische Transformation der Land- und Ernährungswirtschaft führt durch
die Wiederbelebung regionaler Wirtschaftskreisläufe zu mehr Wertschöpfung. Und
die Digitalisierung bewirkt, dass Büroarbeit, Bildung und Teilhabe von überall
möglich ist – aus dem Homeoffice, Coworking-Space im Dorfzentrum oder direkt in
der Natur. Mit digitalen Technologien können dann auch kleine Geschäfte im Dorf
große Einkaufserlebnisse schaffen. Das alles spart massiv Verkehr, CO2 und
Ressourcen und es wird auch die Landflucht stoppen und die Städte enorm
entlasten. Das ist unsere Grüne Vision für den ländlichen Raum. So können wir
gleichwertige Lebensverhältnisse und aus Stadt-Land-Regionen klimaneutrale
„Zukunftsräume“ schaffen.
Wir Grüne NRW wollen in einem großen Beteiligungsprozess gemeinsam mit den
Bürger*innen der Stadt-Land-Regionen in NRW einen Masterplan für den ländlichen
Raum 4.0 ähnlich wie Österreich erarbeiten:
Unseren LOCAL GREEN DEAL.
Teil A) Der ländliche Raum 4.0.braucht faire Grundbedingungen:
- Digitalisierung ermöglichen:
Ohne gleichberechtigte Breitband- und Mobilfunk-Versorgung werden
ländliche Regionen den Anschluss an die moderne Wirtschafts- und
Arbeitswelt verlieren. Dabei könnten gerade hier die Chancen der
Digitalisierung genutzt werden, da die Ortsgebundenheit an Bedeutung
verliert. Stationäre Arbeitsplätze können vielfach durch Teleheimarbeit
(Home-Office), virtuelle Teams, temporäre und flexible Arbeitsorte ersetzt
werden. Das physische Vorortsein wird durch eine digitale Präsenz
abgelöst, aber nur dort, wo auch eine stabile Breitband- und Funk-
Versorgung gesichert sind. Mit digitalen Technologien könnten auch
stationäre Geschäfte im Dorf wieder aufgewertet werden und gegen die
Konkurrenz durch E-Commerce (elektronisch) und M-Commerce (mobil)
bestehen. Produkte könnten im Laden nicht nur „live“ sondern auch digital
angeboten werden. So könnten auch in Dörfern Einkaufserlebnisse wie in der
Großstadt angeboten werden.
- Die Gemeinschaftsaufgabe regionale Daseinsvorsorge (GRD) einführen[3]:
Wie gut die Chancen und Möglichkeiten der Teilhabe vor Ort sind, hängt
stark von der Finanzausstattung und Infrastruktur der Kommunen ab.
Besonders in strukturschwachen Regionen muss hier nachgebessert werden.
Wir setzen uns für die Einführung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe ein,
die von Bund und Ländern gemeinsam getragen und geplant wird: Die
Gemeinschaftsaufgabe Regionale Daseinsvorsorge (GRD). Mittels eines Bund-
Länder-Programms „Gleichwertige Lebensverhältnisse für alle“ wollen wir
eine räumliche Grundsicherung einführen. Diese Grundsicherung umfasst
insbesondere die drei Säulen: Regionale Mobilitätsgarantie, regionale
Gesundheitsnetzwerke und einen Rechtsanspruch auf einen schnellen
Breitband-Internetanschluss. Wir Grüne NRW setzen uns ein für einen
Stärkungspakt öffentliche Infrastruktur und eine gesicherte Finanzierung
der Daseinsvorsorge.
- Nahversorgung sichern:
In Frankreich hat jede/r Bürger*in ein Recht darauf, dass es in der
unmittelbaren Nachbarschaft eine Bäckerei gibt. Wir wollen einen
ordnungsrechtlichen Rahmen schaffen, damit der Wildwuchs von
Lebensmitteleinzel-/Handelsunternehmen auf der grünen Wiese gestoppt wird.
Zudem setzen wir uns für die Erarbeitung von regionalen
Nahversorgungsstrategien ein. Wir wollen Dorfkerne revitalisieren und
kleine Geschäfte sowie das örtliche Handwerk fördern und so eine
dezentrale Nahversorgung erhalten.
- Gemeindefinanzierungsgesetz GFG „fair-ändern“:
Wir wollen, dass das GFG in seinen Grundstrukturen im Hinblick auf das
neue Verhältnis Land - Stadt im digitalen Zeitalter überprüft und
angepasst wird. Heute unterstellt das System der Einwohnerveredelung, dass
ein „Landbürger*in“ erheblich günstiger ist als ein*e „Stadtbürger*in“.
Diese Veredelung führt heute dazu, dass jede*r einzelne Einwohner*in der
Stadt Köln bei der Ermittlung des Finanzbedarfs fast anderthalbmal so
„teuer“ ist wie eine Person einer Gemeinde mit bis 25.000 Einwohner*innen.
Diese Bedarfsberechnung ist wissenschaftlich umstritten, denn die sie
basiert auf den tatsächlichen Ausgaben der vergangenen Jahre, die wiederum
durch die Zuweisungen der Vergangenheit beeinflusst ist. Und auch die
Ermittlung der Steuerkraft wird zulasten kleinerer Gemeinden verzerrt,
denn sie wird pauschal anhand von Durchschnittshebesätzen ermittelt, die
für alle Gemeinden gleich hoch sind. Realitätsnäher wäre es, die fiktiven
Hebesätze nach Gemeindegrößen zu staffeln. Denn obwohl Menschen auf dem
Land doch „günstig“ sind, wird die Urbanisierung weiter vom GFG forciert.
In vielen Kommunen werden Schwimmbäder abgebaut, weil ihnen schlichtweg
nach der Finanzierung von Feuerwehr und allen Pflichtaufgaben das Geld
fehlt. Auch Klima- und Artenschutz sind freiwillige Aufgaben, für die
vielfach keine Mittel da sind. Und auch der benötigte erhöhte Aufwand für
Mobilität, Digitale Infrastruktur und Gesundheitsvorsorge muss bei der
Umlage auf die Einwohner*innen berücksichtigt werden.
- Kleine und finanzschwache Kommunen unterstützen:
Gerade kleinere Kommunen haben es im Wettbewerb schwer, da sie oft nicht
über die personellen und finanziellen Ressourcen verfügen,
Transformationsprozesse umsetzen zu können. Ihnen fehlt häufig das
Fachpersonal, um bspw. überhaupt zeitgerecht Förderanträge stellen zu
können. Oder es fehlen die finanziellen Mittel, um hohe Eigenanteile mit
einbringen zu können. Wir wollen, dass die Landesverwaltung kleinen und
finanzschwachen Kommunen operative Unterstützung zusichert und sie mit
Förderberatung (Förderlotsen) und einer anteiligen Entlastung bei den
Eigenanteilen unterstützt.
- Umweltaufgaben der Zukunft gemeinschaftlich tragen: Die ländlichen Räume
übernehmen die Bereitstellung einer großen Vielfalt an
Ökosystemleistungen, Regulationsleistungen und kulturellen Leistungen
(Kulturlandschaftserhalt). Allerdings führen steigende Nutzungsansprüche
(Zubau Straßen/Trassen, Wohn-/Gewerbegebiete, Erneuerbare Energien, etc.)
und Konkurrenz um Arbeitsplätze und Einwohner*innen unter den Kommunen zu
einer zunehmenden Intensivierung der Flächennutzung. Das „Naturkapital“
ist deshalb an vielen Stellen erheblich gefährdet. Um die langfristige
Bereitstellung der vielfältigen Ökosystemleistungen zu sichern, benötigen
wir eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie mit einer finanziellen
Bewertung des Naturkapitals. Die Bewahrung von Artenvielfalt, Boden,
Flächen, Wasser ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das Leitbild
„Green Regions“ – aus Australien und den USA stammend - erkennt an, dass
die ländlichen Räume zahlreiche Ausgleichs- und Schutzfunktionen für eine
dominant städtische Gesellschaft übernehmen und eine Vielzahl naturnaher
Ökosysteme beherbergen und dass dies entsprechend honoriert werden
muss[4]. Für ein derartiges Leitbild wollen wir Grüne uns einsetzen.
Ökosystemleistungen des ländlichen Raumes sollten bspw. in den heutigen
Schlüsselzuweisungen oder über Pauschalen auch „bezahlt“ werden. Und
genauso ist der Erhalt von Kulturlandschaften als Kulturleistung zu
bewerten und muss ähnlich wie Museen und Konzerthäuser in den Metropolen
gesamtgesellschaftlich getragen werden. Für die kommunalen
Aufgabenbereiche, die mit der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen
(sustainable development goals) und Klimaschutzzielen einhergehen, braucht
es auf kommunaler Ebene eine systematische Bereitstellung von
Personalstellen – ausreichend finanziert aus Landes- oder Bundesmitteln.
- Bodenschutzstrategie, Flächenmanagement und Bauland-Monitoring: Der
Flächenfraß geht in NRW seit der Aufhebung des 5-ha-Grundsatzes im
Landesentwicklungsplan (LEP) durch die CDU-FDP-Koalition ungesteuert
weiter. Treiber des Flächenverbrauchs ist hier seit Jahren der ländliche
Raum, bzw. die politischen Entscheidungsträger*innen vor Ort. Die in
Flächenkonkurrenz stehenden Kommunen beschleunigen den Verbrauch durch
Unterbietungswettbewerbe für neue Gewerbe- und Wohngebiete enorm. Wenn wir
so weiter machen, verfügen wir in NRW in rund 200 Jahren über keinen Grund
und Boden mehr als Ernährungsgrundlage. Wir Grüne wollen Instrumente für
einensparsameren Flächenverbrauch (kurzfristig 5-ha-Ziel und mittelfristig
– noch vor 2050 - 0 ha) und eine Flächenkreislaufwirtschaft entwickeln.
Dazu brauchen wir eine Neuausrichtung von Raumordnung bzw. Raumplanung,
Baurecht und Wohnbauförderung mit dem Ziel, Flächen zu sparen und den
Bodenverbrauch pro Tag zu beschränken. Es braucht geeignete rechtliche
Grundlagen, um die bessere Nutzung von bestehenden bebauten Flächen zu
ermöglichen. Wir fordern ein Bauland-Monitoring, womit die Verfügbarkeit
von Flächen sowie der Entwicklungs- und Realisierungsstand bei
Flächenmobilisierungen überprüft werden. Für den Schutz vor allem
wertvoller landwirtschaftlicher Fläche brauchen wir ein Planzeichen
landwirtschaftliche Fläche und ein gezieltes Flächenschutzmanagement. Dazu
gehört die Erhebung von Baulücken (Baulückenkataster) und Leerstand. Wir
fordern steuerliche Anreize und Förderungen zur Revitalisierung alter,
leerstehender Bausubstanzen im Gegensatz zu einer Verbauung auf der grünen
Wiese, z.B. durch steuerliche Änderung der Eigenheimförderung - weg von
Neubau hin zum Kauf und Umbau von Altimmobilien. Sämtliche
Ausgleichsflächen aus der Bauleitplanung der Kommunen sind zukünftig wie
die privaten Maßnahmen in einem Kataster öffentlich darzustellen.
- Bodenschutzstrategie, Flächenmanagement und Bauland-Monitoring: Der Flächenfraß geht in NRW seit der Aufhebung des 5-ha-Grundsatzes im Landesentwicklungsplan (LEP) durch die CDU-FDP-Koalition ungesteuert weiter. Treiber des Flächenverbrauchs ist hier seit Jahren auch der ländliche Raum, bzw. die politischen Entscheidungsträger*innen vor Ort. Die in Flächenkonkurrenz stehenden Kommunen beschleunigen den Verbrauch durchÜberbietungswettbewerbe für neue Gewerbe- und Wohngebiete enorm. Wenn wir so weiter machen, würdenwir in NRW in rund 200 Jahren über keinen Grund und Boden mehr als Ernährungsgrundlage verfügen. Wir Grüne wollen Instrumente für einensparsameren Flächenverbrauch (kurzfristig 5-ha-Ziel und mittelfristig – noch vor 2050 - 0 ha) und eine Flächenkreislaufwirtschaft entwickeln.
Wir wollen den Aufschwung aktiv voranbringen – Heimat reloaded
- Dorfbüroprogramm 4.0:
Immer mehr Menschen im ländlichen Raum arbeiten mittlerweile zumindest
zeitweise im Home-Office. Doch oft sind die Möglichkeiten nicht optimal,
im Home-Office berufliche Arbeit von Privatem klar abzugrenzen oder es
gibt keine gute digitale Büro-Infrastruktur. Hier können Coworking Spaces
bzw. anmietbare Einzelarbeitsplätze in den Dörfern eine gute Lösung sein.
Wir Grüne wollen für den Aufbau solcher Büros in den Dorfzentren unter
Nutzung von Leerständen ein spezielles Dorfbüroförderprogramm (ähnlich
Rheinland-Pfalz[5]) aufsetzen. So können wir die Dorfzentren aktiv beleben
und Kaufkraft in die Dörfer bringen. Gaststätten und die kleinen Läden
könnten davon sehr profitieren. Jeder ersparte Weg entlastet die
Ballungsräume, reduziert die Mobilitätsanforderungen und spart CO2-
Emissionen. Gleichzeitig schaffen wir Anreize, im ländlichen Raum zu
leben.
- Runder Tisch „Zukunft der Arbeit Land-Stadt“:
Eine aktuelle Studie zeigt, im Mittel rechnen die Arbeitgeber*innen mit
einem langfristigen Anstieg der Homeoffice-Tage um 65 % zu vor der Corona-
Krise und einem Abbau von Büroflächen von rd. 20%. Und auch viele
Konferenzen werden nach Corona weiter digital oder zumindest hybrid
stattfinden. Für den ländlichen Raum ist das eine zu begrüßende
Entwicklung, denn so ist Arbeit und Teilhabe ohne lange Anfahrtswege bspw.
mitten in der schönsten Natur möglich. Zusammen mit der Politik und den
großen Arbeitgeber*innen in den Städten und umliegenden Landkreisen wollen
wir die Infrastrukturanforderungen für die Arbeits- und Teilhabemodelle
4.0 definieren und passgenau aufsetzen. Denn egal ob Homeoffice,
Coworking-Spaces oder Dorfbüros, das Thema des dezentralen Arbeitens muss
zusammen mit dem Thema Mobilität und dem Ausbau der ÖPNV Infrastruktur
gedacht werden. Damit eine klimafreundliche Transformation der Arbeit
gelingt, brauchen wir Anreizsysteme für die Betriebe, auf gute dezentrale
Arbeitsmodelle zu setzen (z.B. Neukonzeption der Pendlerpauschale ggf. mit
Unternehmensbeteiligung, ein Rechtsanspruch auf Homeoffice, etc.), in
Dorfbüros zu investieren oder dort Arbeitsplätze anzumieten. Der nicht
mehr benötigte Büroraum könnte dann zeitnah in Wohnraum umgebaut werden.
Beispielsweise wäre es ggf. sinnvoll, anders als bei der Pendlerpauschale,
nicht das Pendeln, sondern den Wohnwechsel zu fördern.
- Mobilität 4.0: Die Wege im ländlichen Raum sind weit. Auch wenn wir durch
digitale Arbeits-/Teilhabeformen und mobile Infrastrukturen Arbeit,
Familie, Freizeit und Versorgung wieder näher zusammenbringen und dadurch
den Zwang zu Mobilität reduzieren können, brauchen wir im ländlichen Raum
eine neue Mobilitätspolitik, die bezahlbare, zuverlässige und
klimafreundliche Mobilität für alle Menschen sicherstellt. Dafür braucht
es mehr Alternativen zum individuellen Auto – wissend, dass es auch
weiterhin von Bedeutung sein wird. Vergleichsweise schnell zu
reaktivierende Bahntrassen, höhere Taktungen und Haltepunkte sind zeitnah
umsetzbar. Buslinien müssen regional und nicht auf Stadtgrenzen begrenzt
gedacht werden. Wir brauchen Schnellbuslinien von und zu wichtigen
Knotenpunkten (z.B. von Park/Bike & Ride Plätzen zur Innenstadt) und
hierfür ein einheitliches Verbundsystem. Dies erfordert auch den Ausbau
von trockenen Wartebereichen. Der ÖPNV / SPNV muss in Kombinationen mit
dem Radverkehrsnetz und weiteren alternativen Angeboten (z.B. Rufsysteme,
Mitfahrerbänke) so aufgewertet werden, dass Menschen gerne das Auto stehen
lassen. Hierzu fordern wir eine erleichterte Mitnahmemöglichkeit von
Fahrrädern in Bussen. Barrierefreiheit muss dabei mitgedacht werden. Für
den ÖPNV als Teil der Daseinsvorsorge setzen wir uns für die Verlagerung
der Gesamtverantwortung, Finanzierung und Ausgleich von Defiziten auf den
Bund ein.
- Regionale Gesundheitsnetzwerke:
Besonders der Zugang zu Ärzt*innen und pflegerischen Einrichtungen muss
gesichert sein. Allgemeine Versorgungszentren, Gemeinschaftspraxen von bei
der Kommune angestellten Ärzt*innen, telemedizinischer Notdienst oder auch
Arztbusse/ mobile Fahrdienste können Schritte zur Lösung des Problems
sein, Ziel sollte der Erhalt einer dezentralen Gesundheitsversorgung sein,
denn lange Wege zu zentren-orientierter Versorgung machen es insbesondere
für alte Menschen schwierig, diese aufzusuchen. Der Schlüssel für alle
dies sind regionale Gesundheitsnetzwerke (Gesundheitsregionen). Damit
können flexible Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort geschaffen, die
Sektorengrenzen und deren Fehlanreize überwunden und eine auf die
jeweiligen Bedürfnisse abgestimmte und vernetzte Versorgung ermöglicht
werden. Krankenkassen, ambulante Gesundheitseinrichtungen und
Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Hebammen, Apothekerinnen und Apotheker
sowie therapeutische Berufe arbeiten in Gesundheitsregionen Hand in Hand
zusammen. Mobilitätsangebote sind besser mit Angeboten von Gesundheits-
und Pflegeeinrichtungen zu verzahnen, damit Fahrpläne und Öffnungszeiten
aufeinander abgestimmt sind.
- Regionalisierungsstrategie und Landesprogramm „regionale Wertschöpfung“:
Regionale Wertschöpfungsketten vom Acker bis zum Teller sind für eine
sichere Nahversorgung und im Kampf gegen die Klimakrise existenziell. Wir
wollen die regionale Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung stärken und
so das Höfesterben stoppen und eine regionale möglichst nachhaltige und
gesunde Versorgung sichern. Dafür wollen wir ein Landesprogramm „regionale
Wertschöpfung“ aufsetzen. Wo regionale Strukturen (z.B. Metzgereien,
Bäckereien) fehlen, wollen wir den Aufbau unterstützen. In öffentlichen
Einrichtungen wollen wir verstärkt regionale und ökologische Produkte
verwenden. So schaffen wir Nachfrage und faire Preise. Eine landesweite
EinkaufsApp und Regionalsiegel unterstützen wir. Ziel ist es, die Städte
in NRW möglichst viel mit nachhaltig erzeugten Lebensmitteln aus den
ländlichen Regionen im Umland direkt versorgen zu können. Dafür brauchen
wir Förderprogramme für die Erstellung und Umsetzung von
Regionalisierungskonzepten in den Kommunen/Kreisen (analog
Klimaschutzkonzepte) und für den Aufbau von Wertschöpfungszentren sowie
regionalen Ernährungssystemen. Wir wollen Modellregionen „Regional Plus“
(regional und besonders artegerecht/umweltfreundlich[6]) und
Ökomodellregionen fördern und so den regionalen und ökologischen Landbau
ausbauen.
- Ambitionierte Ausbauziele für Erneuerbare Energien unter
Bürgerbeteiligung:
Wir wollen, dass der Ausbau von Erneuerbaren Energien auch unter den
Bürger*innen eine hohe Akzeptanz findet und aktiv vorangetrieben wird.
Dazu wollen wir eine angemessene Bürger*innenbeteiligung an der
Wertschöpfung und an den Planverfahren sicherstellen. Es soll mehr
Wertschöpfung in den Kommunen bleiben und Landwirtschaft, Kommunen und
Bürger*innen müssen davon unmittelbar profitieren können. Anwohner*innen
sollten direkt vergünstigten Strom von regionalen Wind-, Biomasse- und
Solaranlagen beziehen können. Bei Windparks wurden mit der am 1.1.2021 in
Kraft getretenen EEG-Novelle diese Zahlungen von den Betreiber*innen an
die Kommunen nur auf freiwilliger Basis umgesetzt. Das wird nicht
ausreichen. Wir Grüne setzen uns hier für verpflichtende Konzepte ein.
Auch ein Bürger*innen-Energiefonds kann genossenschaftliche Projekte
fördern. Damit Behörden vor Ort Genehmigungen zügig erteilen können,
müssen endlich bundesweite Standards für die Koexistenz von Windenergie,
Freiflächen-PV und Naturschutz aufgestellt werden.
- Familienbetriebe stärken:
Eine aktuelle Studie zeigt[7], dass in ländlichen Regionen, in denen es
viele Familienunternehmen gibt, die jungen Menschen weniger abwandern, der
Wohlstand und die Ausbildungsquote höher und die Arbeitslosigkeit
niedriger ist. Denn gegenüber Großkonzernen sind Familienunternehmen in
ihren Heimatregionen fest verwurzelt und übernehmen gesellschaftliche
Verantwortung vor Ort. Wir Grüne wollen Familienbetriebe und diese Kultur
der Selbständigkeit erhalten und stärken. Aber Familienbetriebe haben es
zunehmend schwer, ihren Grundsätzen trotz Wachstumszwängen in
globalisierten Märkten treu zu bleiben. Insbesondere in der Landwirtschaft
aber auch im Lebensmittelhandwerk bedingen Betriebsentwicklungen oft
Betriebsaufgaben in der Nachbarschaft und tragen so zu sozialen Konflikten
in den Familien und Dörfern bei. Die vielen Suizide und Burn-Out-Diagnosen
in der Landwirtschaft wollen wir ernst nehmen und hierzu vermehrt
Forschung ermöglichen. Unternehmenskrisen bspw. auf Grund von
Generationskonflikten wollen wir durch kostenlose sozioökonomische
Beratungen unterstützen. Dazu setzen wir uns für einen Lehrstuhl
Wirtschaftssoziologie / Agrarsoziologie ein. In der Ausbildung müssen auch
Themen der Sozioökonomie und Kommunikation Pflichtfach sein.
- Anreize für die Wirtschaft und Menschen schaffen:
Wir wollen Unternehmensgründungen und -nachfolge im ländlichen Raum
insbesondere durch Frauen speziell fördern und bessere Anreize für
Fachkräfte schaffen. Ziel ist, eine aktive Ansiedlung und Förderung von
grünen Start Up`s, die Errichtung von Gründungszentren und die Einrichtung
von Innovationshubs in den ländlichen Räumen, in denen Unternehmen, Start-
ups und Wissenschaftseinrichtungen räumlich nah beieinander angesiedelt
sind, wodurch der Wissensaustausch gefördert wird. Wir wollen Coworking
Spaces und Wirtschaftscluster unter Nutzung der regionalen Ressourcen
(z.B. Holzcluster, Bioökonomie) im ländlichen Raum fördern. So wollen wir
Kompetenzzentren im ländlichen Raum mit guter ÖPNV-Anbindung schaffen, die
wiederum die Möglichkeit bieten, dass dort auch überregionale
Großveranstaltungen stattfinden können. Zusätzliche Arbeitsplätze in den
neu etablierten Einrichtungen schaffen attraktive Perspektiven für
HochschulabsolventInnen in der Region. Auch wollen wir fördern, dass
bäuerliche Familienbetriebe, Sozialträger und Institutionen mit Green
Care-Angeboten (z.B. tiergestützte Therapie, soziale Projekte auf dem
Bauernhof) zusammen neue innovative Wege gehen.
- Ansiedelung von Behörden in strukturschwachen Regionen:
Die Ansiedelung von Bundes- und Landeseinrichtungen sowie ausgelagerten
Organisationen in Regionen ist ein wirksames Instrument der
Strukturpolitik. Durch Dezentralisierung von Behörden Bildungs- und
Kulturstätten, Einrichtungen der Jugendhilfe, zentrale Klima- und
Umweltforschungseinrichtungen o.ä. wollen wir Impulse geben. Eine
Möglichkeit ist z.B der Aufbau einer Fakultät zur ökologischen
Waldforschung und Weiterbildung von Waldarbeiter*innen an der
Fachhochschule Südwestfalen – bei 1 Mio. Hektar Wald und über 200.000
Waldbesitzer*innen verfügt NRW über kein Institut zur
waldbaulichen/forstlichen Forschung und Lehre. Dafür braucht es auch von
Bundes- und Landesseite eine klare und transparente Strategie für die
Verteilung neuer oder der Erweiterung bestehender Bundeseinrichtungen und
Institutionen.
- Ökosoziale Transformation gerecht gestalten:
Der Wandel zu einer klimagerechten Gesellschaft wird uns nur gelingen,
wenn alle Menschen auf diesem Weg mitgenommen werden, denn ein relevanter
Teil der Landbevölkerung lebt mit kleinen Einkommen in größerem
Wohneigentum, heizt mit Öl oder Gas und ist fast vollständig auf das
eigene Auto angewiesen, darunter überdurchschnittlich viele ältere
Menschen. Die Anschaffung von emissionsfreien Autos, die energetische und
barrierefreie Sanierung von Wohnhäusern und die Umstellung von alten
Ölheizungen erfordern erhebliche Investitionen. Trotz hoher Förderungen
ist das nicht für alle ohne weiteres zu stemmen. Deshalb muss Klimapolitik
und Umweltschutz sozial ausgewogen sein und auf die Unterschiede zwischen
Ballungsräumen und dem Land Rücksicht nehmen. Dementsprechend wollen wir
Kompensationsmaßnahmen prüfen, die die Bedingungen im ländlichen Raum
besser berücksichtigen wie bspw. die Berücksichtigung grauer Energie,
degressive KFZ-Steuer nach Alter des Autos, CO2 Abdruck alter Gebäude
ganzheitlich sehen, Kompensationen für CO2-Abgabe wo Alternativen fehlen.
Wir werden gezielte Programme für die Sanierung des Eigenheimbestands und
Umbau zu Mehrgenerationenhäuser entwickeln, die neue Finanzierungsmodelle
für Härtefälle und systematische Unterstützung bei der Umsetzung der
Sanierung verbinden. Umweltgerechtigkeit ist das Maß unserer Politik: wir
denken sozial gerechte und ökologisch zukunftsorientierte Maßnahmen
zusammen und werden z.B. durch einen Masterplan Umwelt und Gesundheit
diese Schnittstellen bearbeiten.
- Mehr Teilhabe für die ländliche Bevölkerung:
Für Menschen im ländlichen Raum ist es sehr aufwändig, politische Teilhabe
auf Landesebene auszuüben. Dazu haben kleinere Kommunen und Menschen auf
dem Land häufig keine ausreichenden Kapazitäten und Vernetzungen, um ihre
Interessen anzumelden oder Förderungen wahrzunehmen. Wir wollen eine
effektive gleichwertige Teilhabe der Landbevölkerung an politischen,
gesellschaftlichen Prozessen über die Nutzung der digitalen Möglichkeiten
garantieren. Das fördert die Interaktion zwischen Land und Stadt. Außerdem
wollen wir mehr Austausch zur Meinungsbildung und eine neue
Einladungskultur etablieren (Runde Tische, Partnerstädte Land/Stadt). Der
aktuelle Zuwachs der städtischen Bevölkerung führt zunehmend zu
veränderten Zuschnitten der Wahlkreise aufgrund veränderter
Einwohner*innenzahlen. Das lässt ländliche Räume noch mehr ins
Hintertreffen geraten und auch hier entsteht ein Teufelskreislauf. Im
ländlichen Raum sind Ehrenamt und Vereinswesen eine wesentliche Säule der
Gesellschaft (z.B. Sport- und Musikvereine, Bürgerbusse). Damit dies auch
in Zukunft trägt, setzen wir uns für eine deutliche Stärkung des
Ehrenamtes durch steuerfinanzierte Rentenzuschüsse/ -anerkennungsjahre und
die Anhebung der steuerlichen Freibeträge von Aufwandsentschädigungen ein.
Das Vereinswesens wollen wir stärken und die Integration in Schule
unterstützen. Auch die soziale Infrastruktur muss im ländlichen Raum
gestärkt werden.
[1]https://www.tagesschau.de/wirtschaft/metropolen-wachstum-prognose-101.html
[2]https://presse.wdr.de/plounge/radio/wdr5/2018/03/20180301_stadtgespraech_werd-
ohl.html
[3]https://www.gruene-
bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/mobilitaet/pdf/autoren-
papier-mobilitaet-im-laendlichen-raum.pdf
[4]https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/oekonomie/Dokumente/BMU_2010_zukunftsperspek-
tiven_laendlicher_raeume.pdf
[6]https://www.regionalbewegung.de/projekte/regional-plus-in-nrw/
[7]https://www.familienunternehmen.de/de/pressebereich/meldungen/2020/2020-08-
31/familienunternehmen-im-laendlichen-raum