Das vom Landesvorstand vorgeschlagene und zu begrüßende Bürger*innenticket ist ein Meilenstein/ Leuchtturm im Mobilitätsbereich. Es betrifft alle und sollte deshalb ausführlicher als mit einem Satz vorgestellt werden. Daneben wird insbesondere ein Arbeitgebendenbeitrag vorgeschlagen: Der öffentliche Nahverkehr leidet seit Jahrzehnten an Finanzierungsproblemen, die sich in Zeiten der Corona-Krise noch verschärft haben. Es wird immer schwieriger, höhere Ticketpreise durchzusetzen. Schon vor der Coronakrise war absehbar, dass die beiden Finanzierungssäulen „Ticketerlöse“ und „Steuerfinanzierung“ nicht ausreichen, um einen von allen gewünschten Ausbau des ÖPNV zu erreichen -selbst wenn der Bund für alle 16 Länder weitere Steuergelder zur Verfügung stellt.
Im Jahr 2019 – vor Corona – wurden 2,76 Mrd. Euro Fahrgelder in NRW eingenommen. Wenn alle über 18 Jahre alten Menschen in NRW im Durchschnitt 18 Euro im Monat zahlen, würden heute rund 250 Mio. Euro mehr im Jahr zur Verfügung stehen.
Die rechtliche Machbarkeit des Bürger*innen-Tickets durch ein Landesgesetz wird in verschiedenen Gutachten nicht (mehr) in Frage gestellt.
Wir treten für eine möglichst rasche Einführung und eine Beitragsstaffelung je nach Größe des Vorteils ein: Beitragszahler, die in schlechter mit ÖPNV versorgten Gebieten wohnen, zahlen weniger als die in gut versorgten Gebieten. Wenn man ohne Fahrschein in ganz NRW ohne Ticket mit dem Nahverkehr unterwegs sein kann, hat man einen Vorteil, auch wenn man zunächst mit anderen Verkehrsmitteln zur nächsten Haltestelle fahren muss. Die Zeit für Gesetzgebung und Umsetzung kann für den Ausbau des ÖPNV genutzt werden.
Neben dem Bürger*innenticket schlagen wir insbesondere einen Arbeitgeber*innen-Beitrag vor, um den ÖPNV nachhaltig und zukunftssicher zu finanzieren. So können z.B. auch die Arbeitnehmenden einbezogen werden, die nicht in NRW ihren Wohnsitz haben, aber hier arbeiten. Je nach Modell können rund eine Milliarde Euro pro Jahr erzielt werden. In Frankreich trägt z.B. eine kommunale Verkehrssteuer („Versement transport“), die von Arbeitgebenden gezahlt wird, wesentlich zur Finanzierung des ÖPNV bei. Die Wirtschaft profitiert erheblich von der Erreichbarkeit durch den ÖPNV („Berufsverkehr“). Das Beitragsrecht setzt voraus, dass für eine mögliche Nutzung ein Vorteil besteht. So sollte beispielsweise die nächste Haltestelle 800 m Luftlinie vom Arbeitgebenden entfernt liegen und stündlich bedient werden. Betriebsstätten, Großveranstalter, Übernachtungsgäste müssten ohne diesen Vorteil nichts zahlen.
Wir wollen kein bürokratisches Monstrum: So ist es vorstellbar, dass eine Landesverkehrsgesellschaft den Beitragseinzug gegen Kostenerstattung übernimmt und nicht die Kommunen. Soziale Aspekte sollen bei der Beitragsstaffelung keine Rolle spielen, um bürokratische Erhebungen und Änderungsdienste zu vermeiden. Der Beitrag ist günstiger als ein 365-Euro-Ticket und weniger als im Arbeitslosengeld 2 vorgesehen.
Der Zahlungspflicht steht insbesondere gegenüber, dass alle Kinder und Jugendliche "kostenlos" fahren.