Veranstaltung: | Landesparteirat GRÜNE NRW am 13.11.2022 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Hans-Peter Weiß (KV Wesel) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 28.10.2022, 13:44 |
V-01: Niederrhein schützen - Flächenverbrauch durch Kiesabbau jetzt begrenzen
Antragstext
Das Oberverwaltungsgericht hat am 3.05.2022 die Vorgaben des
Landesentwicklungsplans (LEP) für die Regionalpläne mit der Darstellung des
Sand- und Kiesabbaus in Nordrhein-Westfalen für unwirksam erklärt. Nach diesem
höchstrichterlichen Urteil ist in Bezug auf die Rohstoffsicherung und -nutzung
eine völlig neue Gesetzgebung erforderlich, welche auf den konkreten Bedarf für
das Land NRW abstellt. Dieser Bedarf sollte wie im Raumordnungs-gesetz für einen
mittelfristigen Zeitraum – 15 Jahre – festgelegt werden.
Begleitend soll im Rahmen eines Fachgutachtens zeitnah geprüft werden, ob der
Bereich „Rohstoffgewinnung“ in einen eigenständigen „LEP Rohstoffgewinnung“ zu
überführen ist, weil die Sicherung der Rohstoffversorgung für die Bevölkerung
und die Wirtschaft eine bedeutsame Aufgabe des Landes NRW ist. Gleichzeitig
ermöglicht ein „LEP-Rohstoff-sicherung“ eine deutlich bessere Abwägung und die
Überprüfung von Alternativen zur Erfüllung der Nachhaltigkeitskriterien.
Mit der dritten Offenlage des Regionalplans Ruhr werden die ausgewiesenen
Abgrabungsmengen entsprechend einer Verkürzung des Versorgungszeitraums von 25
auf 20 Jahre um 20% reduziert, alle anderen Vorgaben, insbesondere die
Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag, beabsichtigt der Regionalverband Ruhr
jedoch in keiner Weise auch nur ansatzweise zu berücksichtigen.
Nach dem aktuellen Abgrabungsmonitoring des Geologischen Dienstes NRW von 2021
bestand zum 01.01.2021 noch eine Reichweite des bereits genehmigten Volumens von
18 Jahren (Seite 10). Eine kurzfristige Genehmigung neuer Flächen ist daher
momentan überhaupt nicht erforderlich.
Daher möge der Landesparteirat beschließen:
- Die Landesregierung wird aufgefordert, die Vorgaben des OVG und des
Koalitionsvertrages unverzüglich, und nicht erst 2024, im Rahmen der
Revision des Landesentwicklungsplans (LEP NRW) sicherzustellen. Dies
bezieht sich insbesondere auch auf die im Koalitionsvertrag (Kapitel 7 –
Raumordnung und Landesplanung) getroffenen Vereinbarungen:
- Unser Ziel ist es, den Flächenverbrauch zeitnah auf 5 Hektar pro Tag und
perspektivisch auch weitergehend durch konkrete Maßnahmen zu reduzieren.
Dazu werden wir den 5ha-Grundsatz in den LEP aufnehmen.
- Durch ein konsequentes, wissenschaftlich fundiertes Rohstoffmonitoring
(„Rohstoffbarometer“) soll der Verbrauch von Kiesen und Sanden transparent
gemacht und auf den notwendigen Bedarf zurückgeführt werden. Bestehende
Lagerstätten unter Berücksichtigung anderer Schutzgüter (z. B.
Gewässerschutz) sollen maximal ausgeschöpft werden, um weniger Flächen zu
verbrauchen.
- Deshalb werden wir eine Rohstoffabgabe spätestens zum 1. Januar 2024
einführen und diese auf Kies und Sand beschränken.
- Gemeinsam mit unseren Bemühungen um die Förderung des Einsatzes
alternativer Baustoffe ermöglichen wir so einen verbindlichen
Degressionspfad und perspektivisch einen Ausstieg aus der Kies- und
Kiessandgewinnung in den besonders betroffenen Regionen.
- Die Landesregierung wird außerdem aufgefordert, bis zur Umsetzung dieser
Vereinbarungen in einem LEP ein „Kiesmoratorium“ zu verhängen, um die
zwischenzeitliche Genehmigung weiterer Abgrabungsflächen zu verhindern.
Begründung
Nach dem Urteil des OVG mussten als Folge die Interessen des Niederrheins hinsichtlich Abgrabungen von Kies und Sand auch im Koalitionsvertrag explizit festgeschrieben werden, denn der Kreis Wesel hat seit seinem Bestehen vielfältige Eingriffe in seine natürliche niederrheinische Landschaft erlebt, sei es durch den Steinkohleabbau, den Salzabbau oder den Abbau von Sand und Kies.
Dies hat u.a. zu einem dramatischen Verlust von landwirtschaftlicher Fläche und Kulturlandschaften geführt. Der Schutz des Trinkwassers am Niederrhein muss ebenfalls beachtet werden. Auch vor dem Hintergrund, dass sich die Bundesrepublik Deutschland zur Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens verpflichtet hat, lassen sich im Rahmen der Änderungen des LEP NRW konkrete Verpflichtungen für das Land NRW zur Erreichung der Klimaschutzziele ableiten. Hierbei muss deshalb auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24.03.2021 Anwendung finden.
Nach der Regierungsbildung und mit der bevorstehenden 3. Offenlage des Regionalplans Ruhr nimmt die Debatte rund um den Sand- und Kiesabbau am Niederrhein wieder Fahrt auf. Schaut man sich den Koalitionsvertrag an, geht es ja unter anderem um zeitnah angelegte Vorhaben. Auch die neue Landesregierung, allen voran Mona als zuständige Ministerin, muss nun dafür sorgen, dass das Versprochene auch umgesetzt wird.
Der Koalitionsvertrag zeigt auf, welche Schritte nun nötig werden. Dies sind wir den vielen Menschen, die in den letzten Jahren durch den Raubbau der Kies- und Sandindustrie gelitten haben, mehr als schuldig. Sie haben sich auf unsere Aussagen im Landtagswahlkampf verlassen. Wir sehen auch keine Veranlassung, der Kies- und Sandindustrie weiter entgegen zu kommen. Hier hat die alte Landesregierung in der Vergangenheit genug „Gutes“ getan.
Wir müssen an dieser Stelle nicht erwähnen, welche politischen Auswirkungen dies für uns als betroffener Kreis in der Debatte mit Bürgerinnen und Bürgern und den verschiedener Initiativen haben wird, sollte die neue Landesregierung wortbrüchig werden und die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages nicht 1:1 umsetzen. Auch vor dem Hintergrund des OVG-Urteils sollten wir alle ein Interesse daran haben, dass der neue Landesentwicklungsplan NRW rechtssicher ist. Erneute Klagen - die bereits angekündigt wurden - müssen verhindert werden.