Veranstaltung: | Landesparteirat GRÜNE NRW am 15. Oktober 2023 in Wuppertal |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesparteirat (LPR) |
Beschlossen am: | 15.10.2023 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Demokratie stärken heißt Bildung stärken
Beschlusstext
Deutschland muss sich mehr anstrengen, um allen seinen Kindern und Jugendlichen
in einer sich rasch verändernden Welt umfängliche Bildungschancen zu
gewährleisten. Der bundesweite Bildungsprotesttag am 23.9.23 hat zu Recht eine
große Resonanz erfahren. Er hat den Bemühungen darum, eine Bildungswende zu
schaffen, Rückenwind gegeben.
Es kommt jetzt darauf an, gemeinsam zu handeln. Alle staatlichen Ebenen sind
gefordert, abgestimmt und nachhaltig in Bildung zu investieren. Ausbleibende
Investitionen heute gefährden die Zukunft unseres Landes. und sie beschädigen
das Recht auf Bildung, das allen Menschen zusteht. Wir stellen fest:
• Investitionen in Bildung sind die Voraussetzung für Bildungsgerechtigkeit. Sie
arbeiten gegen die soziale Spaltung der Gesellschaft.
• Gute Bildung ist das Fundament einer starken Demokratie. Unser Land braucht
Menschen, die mit Herz und Verstand an die Zukunftsaufgaben für unsere
Gesellschaft gehen und das demokratische Gemeinwesen gestalten.
• Wir wollen kein Talent verlieren. Unsere Kinder sind die Fachkräfte von
morgen, die die Zukunft dieses Landes gestalten.
• Ein funktionierendes Bildungssystem ist auf handlungsfähige Kommunen
angewiesen.
Wir wollen deshalb ein Zukunftspaket Bildung schnüren.
Bund, Länder und Kommunen müssen an einen Tisch, um drängende Fragen zu
bearbeiten. Dass der Bildungsgipfel der Bundesbildungsministerin nicht genutzt
wurde, um die Bildungskrise zwischen den Ebenen zu thematisieren, ist eine
vertane Chance. Es muss jetzt darum gehen, dieses Versäumnis umgehend
nachzuholen, und in einem gemeinsamen Prozess zwischen alle staatlichen Ebenen
und im Schulterschluss mit der Zivilgesellschaft die Weichen dafür zu stellen,
dass Deutschland in der Bildungspolitik besser wird.
Dabei muss es trotz enger werdender Spielräume in den Länderhaushalten, um die
Wiederherstellung kommunaler Handlungsfähigkeit und um konkrete Investitionen im
Bildungsbereich gehen. Das Land ist gefordert, mit den Kommunen gemeinsam eine
zukunftsfähige Schulträgerfinanzierung zu entwickeln, die die Aufgaben zwischen
Land und Kommunen nach vorne gerichtet gestaltet und ihre Finanzierung
absichert. Dies betrifft den Schulbau genauso wie die digitale Ausstattung der
Schulen. Mit den Rezepten und Mitteln des vergangenen Jahrhunderts lassen sich
die Anforderungen des 21. Jahrhunderts nicht mehr bewältigen.
Multiprofessionelle Kräfte am Lebensort Schule sind notwendig, um den Kindern
aus benachteiligten Quartieren Chancen zu eröffnen. Die im Quartier vorhandenen
Kräften müssen die Schulen in ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag
unterstützen. Wir brauchen darum eine verlässliche Steuerung von Mitteln nach
Bedarf, ein Ganztagsangebot, das Kindern ganzheitliche Entwicklungsmöglichkeiten
bietet und mit den Schulen verzahnt ist.
Für uns ist klar: Der Rechtsanspruch auf Ganztag muss im Schulgesetz NRW
verankert sein. Er muss die Möglichkeit bieten, dort, wo es die Bedarfe der
Sozialräume in den Kommunen oder die Wünsche der Eltern erfordern, gebundenen
Ganztag rhythmisiert zu gestalten.
Und wir brauchen eine bessere Gestaltung des Übergangs zwischen
Kindertageseinrichtung und Grundschule. Eine Vereinbarung über verbindliche
Bildungsgrundsätze für Kinder zwischen 0 und 10 Jahren in NRW, die für einen
guten Übergang zwischen früher Bildung und Grundschule sorgt, ist überfällig.
Wir wollen handlungsfähige Kommunen, um die Arbeit in Kindertagesstätten, im
Offenen Ganztag, im Ausbau der Unterstützungs- und Assistenzsysteme für
inklusive Bildung qualitativ zu stärken und weiter auszubauen. Angesichts der
fortdauernden multiplen Krisen und ihrer massiven finanziellen Folgen für die
kommunalen Haushalte führt eine unvorbereitete unmittelbare Integration der
Krisenkosten in die regulären Haushalte zur Handlungsunfähigkeit vieler Städte
und Gemeinden, die zu einem Stopp vieler Bildungsinvestitionen führen würde. Der
Sanierungsstau im Bereich der Schulen darf sich jedoch nicht weiter verschärfen,
sondern muss aufgeholt werden, und Bildungsorte müssen zukunftsfähig gestaltet
werden.
Wir wollen die Handlungsfähigkeit der Länder stärken, damit Aus und Fortbildung
in Erziehung, Bildung und Betreuung forciert wird und die personelle Ausstattung
verbessert wird. Wir wollen, dass die Gelder, die im Landeshaushalt für
Lehrkräftestellen vorgesehen sind und nicht besetzt werden können, den Schulen
über Kapitalisierung und Finanzierung von Unterstützungsstrukturen wie
students@school, Mentoringprogrammen und dem Ausbau multiprofessioneller Teams
verlässlich zur Verfügung gestellt werden.
Wir wollen, dass Bund und Land verlässlich in die Gemeinschaftaufgabe Bildung im
Rahmen dieses Zukunftspakets Bildung investieren.
Das Start-Chancen-Programm ist nur ein erster Beitrag. Es zeigt, dass
Bildungspolitik auch im Föderalismus gemeinsame Anstrengungen von Bund und
Ländern gelingen können. Es braucht aber eine verlässliche Basis in einem
gesicherten mehrjährigen Investitionsprogramm, damit u.a. der Rechtsanspruch auf
den Ganztag, die Digitalisierung und der Abbau von Bildungsungerechtigkeit
realisiert werden und Energien nicht in zähen Aushandlungsprozessen aufgezehrt
werden.
Wir sind überzeugt: Ein Zukunftspaket Bildung stärkt das Zutrauen in die
Demokratie und die Entwicklung eines inklusiven und leistungsfähigen
Bildungssystems.