erfolgt mündlich
Kapitel: | Solidarität sichern |
---|---|
Antragsteller*in: | Landesvorstand GRÜNE JUGEND NRW (dort beschlossen am: 23.11.2021) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: WP-4-116 |
Eingereicht: | 25.11.2021, 22:14 |
Kapitel: | Solidarität sichern |
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Antragsteller*in: | Landesvorstand GRÜNE JUGEND NRW (dort beschlossen am: 23.11.2021) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: WP-4-116 |
Eingereicht: | 25.11.2021, 22:14 |
entgegen und unterstützen Kommunen dabei, die Bindungen aufzukaufen, zu verlängern und auch neue Bindungen zu kaufen. Mieterschutzbestimmungen wie die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze weiten wir aus, um Mieter*innen vor Luxussanierungen und starken Mietpreissteigerungen zu schützen. So sichern wir preisgünstigen Wohnraum. Außerdem fördern wir verstärkt den Bau von neuen sozialen und
Mit der Pandemie und dem verheerenden Hochwasser im letzten Sommer haben wir neu
zu schätzen gelernt, was unsere Gesellschaft stark macht: Verantwortung
füreinander übernehmen und Gemeinsinn leben. So stark unser Streben nach
individueller Freiheit und dem persönlichen Glück ist – so sehr brauchen wir
auch unsere Mitmenschen und den sozialen Zusammenhalt, um uns zu entfalten. Das
gilt besonders in Phasen des Umbruches. Diese Erfahrung ist für NRW nicht neu,
hier standen die Menschen schon oft zusammen. Jetzt geht es um eine neue
Politik, die aus dem “Wir” Wirklichkeit macht.
Ein solidarisches und lebenswertes NRW – das ist ein Ort, an dem kein Kind,
keine Alleinerziehende und kein Rentner in Armut leben muss. Ein Ort, an dem man
von der eigenen Arbeit leben und eine Familie versorgen kann. Ein Land, in dem
jede*r eine Chance auf dem Arbeitsmarkt bekommt, auch ein zweites oder drittes
Mal. In dem die Mieten bezahlbar sind und auch in ländlichen Regionen der
Supermarkt, die Ärztin oder die Apotheke vor Ort erreichbar sind.
Unser Gesundheitssystem gehört zu den besten der Welt. Doch es ist nicht gut
genug, solange diejenigen, die für die Gesundheit anderer arbeiten, selbst dabei
krank werden. Wir streiten für ein Gesundheitssystem, das den Menschen in den
Mittelpunkt stellt. Ob der Notarzt rechtzeitig ankommt, man eine wichtige
Vorsorgeuntersuchung erhält oder man würdevoll gepflegt wird, darf nicht vom
Wohnort, der Herkunft oder der Lebenslage abhängen. Das Recht auf Gesundheit
gilt für alle gleichermaßen.
Wo wir zusammentreffen, entsteht Gemeinschaft. Gerade eine vielfältige
Gesellschaft braucht Räume, in denen sich die Menschen begegnen, austauschen und
so zusammenwachsen. Das geschieht in öffentlichen Schwimmbädern, Büchereien und
auf öffentlichen Plätzen. Um dieses gemeinsame Eigentum aller Bürger*innen ist
es in NRW vielerorts nicht gut bestellt, besonders in Städten und Gemeinden mit
wenig Geld – also genau dort, wo viele Menschen in Armut leben und Kinder und
Jugendliche besondere Unterstützung brauchen. Mancherorts schließt das
Schwimmbad oder das Jugendzentrum, anderswo fährt außer dem Schulbus kein
Nahverkehr oder es fehlt das Geld zur Sanierung eines Marktplatzes. Das sind
Schulden, die nicht in den Büchern stehen, die aber unsere Zukunft schwer
belasten. Wir werden die Städte, Gemeinden und Kreise unterstützen, damit sie
stark für ihre Bürger*innen sein können. Und wir werden alle Kräfte bündeln,
damit NRW in die Zukunft investiert.
Kein Geld für die Waschmaschinenreparatur, entscheiden müssen, ob man lieber
frisches Gemüse kauft oder sich die Busfahrt leistet – all das verursacht Stress
und macht krank. Auf Landesebene können wir die Gründe für Armut nicht restlos
beseitigen – für eine gerechte Steuerpolitik und eine Überwindung des Hartz-IV-
Systems ist der Bund zuständig. Aber gemeinsam mit den Akteuren aus der
Wohlfahrtspflege, den Gewerkschaften und Verbänden, der Wirtschaft, den Kommunen
und den Betroffenen wollen wir Armut spürbar reduzieren. Dabei übernehmen wir
Verantwortung: Wir sorgen für gute Kinderbetreuung, damit Eltern arbeiten
können. Wir unterstützen ehemals Langzeitarbeitslose dabei, wieder dauerhaft in
der Arbeitswelt Fuß zu fassen und wir ermöglichen den kostenlosen Zugang zur
Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung für alle diejenigen, die Rat suchen.
Vor allem stärken wir den sozialen Wohnungsbau und schaffen bezahlbaren
Wohnraum. Viele Menschen sind arm, obwohl sie arbeiten. Deshalb brauchen wir
faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen.
In NRW sind besonders viele Minderjährige von Armut betroffen. Es gehört zu
ihrer Lebenswirklichkeit, dass sie Freund*innen nicht nach Hause zum Essen
einladen können oder einen Geburtstag meiden zu müssen, da sie sich kein
Geschenk leisten können. Sind diese alltäglichen Beschränkungen schon schwierig
genug, so gehen die Folgen von Armut noch weit darüber hinaus. Deshalb werden
wir einen „Pakt gegen Kinderarmut“ auflegen, um gemeinsam gegen Kinderarmut zu
kämpfen. Denn Armut hat viele Gesichter. Wir werden die kommunalen
Präventionsketten in NRW flächendeckend ausbauen. So werden wir gemeinsam mit
den Kommunen dafür sorgen, dass sich vor Ort Erzieher*innen, Lehrer*innen,
Ärzt*innen, Sozialpädagog*innen, Verbände und Verwaltung vernetzen, um den
Kindern gut abgestimmte Hilfsangebote zu machen. Die Mittel aus dem Bildungs-
und Teilhabepaket werden von Eltern selten abgerufen, weil die Beantragung zu
kompliziert ist, der Anspruch nicht bekannt ist und auch Scham eine Rolle
spielt. Solange diese Mittel nicht von einer Kindergrundsicherung abgelöst sind,
sorgen wir dafür, dass sie bei den Kindern auch ankommen. Die Stadt Hamm zum
Beispiel hat mit der „Youcard“ ein Modell entwickelt, dass die Abrechnung
vereinfacht. Solch kreative und praktische Lösungen werden wir fördern. Wir
stärken außerdem die Familienberatung und -unterstützung in den Stadtteilen und
schaffen so niedrigschwellige Zugänge für Kinder und Familien.
Jugendliche, die in Armut leben, brauchen Angebote, die sie erreichen. Nicht
jede*r schafft es aus eigenem Antrieb, die Vielzahl von Behörden aufzusuchen.
Wir werden Streetwork/Mobile-Jugendarbeit so ausstatten, dass sie die Arbeit in
den am meisten betroffenen Stadtteilen ausbauen können. Eine umfassende Beratung
und Hilfestellung ist notwendig, auch für die so genannten „Careleavers“, also
diejenigen Jugendlichen, die nach ihrer Volljährigkeit die stationäre
Jugendhilfe verlassen. Wir fördern Jugendhäuser, die mit multiprofessionellen
Teams Jugendliche ganzheitlich beraten und bei ihren vielfältigen “Baustellen”
vom Ausbildungsplatz bis zur Wohnungssuche unterstützen. In den Jugendhäusern
sollen aber auch junge Volljährige beraten werden, die derzeit noch aus dem
Raster fallen. Wenn ein Leben zu Hause nicht mehr möglich ist, werden wir
Jugendliche vor einem Leben auf der Straße schützen. Hierfür werden wir die
Jugendwohnheime in NRW ausbauen, in denen auch junge Volljährige wohnen dürfen.
Wir optimieren die Schuldner*innenberatung und reagieren damit auf die Folgen
der Corona-Krise, in der noch mehr Menschen in eine prekäre finanzielle Lage
geraten sind. Nur mit kompetenter Beratung können überschuldete Privatpersonen
sich wirtschaftlich und sozial stabilisieren. Diese Hilfe erbringen vor allem
die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen. Sie unterstützen bei der
Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, fördern die Eigeninitiative der
Betroffenen und ermöglichen neue Zuversicht und soziale Teilhabe. Für die
Schuldnerberatung sind die Kommunen zuständig, für die
Verbraucherinsolvenzberatung hingegen das Land. Diese unterschiedlichen
Zuständigkeiten verhindern eine effektive Beratung. Wir wollen, dass beide
Beratungsinstrumente besser ineinandergreifen und werden die Trennung
schnellstmöglich beenden, so wie es in anderen Bundesländern bereits geschieht.
Die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens sollte immer das letzte
Mittel sein. Stattdessen ist es inzwischen zu einem gängigen Verfahren geworden.
Dazu tragen auch und gerade die öffentlichen Gläubiger wie Finanzamt oder
Arbeitsagenturen bei. Außergerichtliche Einigungsversuche unter Beteiligung
dieser Gläubigergruppen kommen meist nicht zustande. Dort, wo das Land Einfluss
auf die Gläubiger hat, ändern wir das. Gemeinsam mit Kommunen,
Wohlfahrtsverbänden und Verbraucherschutzorganisationen entwickeln wir außerdem
Qualitätsstandards für die Arbeit der Schuldner- und
Verbraucherinsolvenzberatung.
In vielen Städten und Gemeinden in NRW fehlt es an bezahlbarem Wohnraum.
Insbesondere das untere und mittlere Segment des Wohnungsmarktes ist in den
Ballungsgebieten stark angespannt und so wird Wohnraum knapp. Im letzten
Jahrzehnt hat sich die Anzahl der geförderten Wohnungen nahezu halbiert, da die
Mietpreisbindungen für sie ausgelaufen sind. Dieser Tendenz stellen wir uns
entgegen und unterstützen Kommunen dabei, die Bindungen aufzukaufen, zu
verlängern und auch neue Bindungen zu kaufen. Mieterschutzbestimmungen wie die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze weiten wir aus, um Mieter*innen vor Luxussanierungen und starken Mietpreissteigerungen zu schützen. So sichern wir preisgünstigen
Wohnraum. Außerdem fördern wir verstärkt den Bau von neuen sozialen und
preiswerten Wohnungen. Wir unterstützen die Kommunen ebenfalls dabei, Flächen
anzukaufen, auf denen geförderte Wohnungen entstehen können. Wir sorgen dafür,
dass öffentliche Flächen nicht mehr nach dem Höchstgebot, sondern nach sozialen,
städtebaulichen, ökonomischen und ökologischen Kriterien vergeben werden. Wir
bevorzugen kommunale Wohnungsbaugesellschaften, gemeinwohlorientierte
Wohnungsunternehmen und Genossenschaften bei der Vergabe von baureifen Flächen
und fördern die Neugründung von Genossenschaften und Baugruppen. Neue Wohnungen
sollen direkt klimaneutral gebaut und vorhandene modernisiert werden, um
Klimaschutz auch im Gebäudebereich wirksam umzusetzen. Dies soll konsequent
gefördert werden und damit sozial gerecht geschehen. Auch stärken wir die
Teilhabe und Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderungen, indem wir wieder
klare Standards für barrierefreien Wohnraum in die Landesbauordnung aufnehmen
und für genügend rollstuhlgerechte Wohnungen sorgen.
Wir unterstützen Kommunen dabei, ihre Stadtteile so umzugestalten, dass sich
alle Generationen darin wohl fühlen und hier selbstbestimmt leben können. Grüne
Oasen, gute Versorgungsstrukturen und die Möglichkeit, andere Menschen zu
treffen, schaffen Lebensqualität. Ältere Menschen und Menschen mit
Beeinträchtigungen finden Unterstützung, Beratung und Versorgungssicherheit.
Kinder können sicher spielen, Jugendliche erhalten Gestaltungsräume. Plätze und
Grünflächen bieten Raum für Begegnung und Erholung. Barrierefreie Wohnungen,
Inklusive Wohnprojekte, Mehrgenerationenwohnen und ambulante Pflegekonzepte –
auch für ehemals wohnungslose Personen – werden ausgebaut. Die Nachbarschaft für
alle Generationen ist fußgängerfreundlich und barrierearm.
Damit die Kommunen diese und weitere Ideen umsetzen können, schaffen wir ein
einheitliches Förderprogramm “Quartier inklusiv”, dass die verschiedenen
Bereiche umfasst. Kommunen, die dem WHO-Netzwerk „Age-friendly cities and
communities“ (altersgerechte Stadt und altersgerechte Gemeinde) beitreten
wollen, werden dabei unterstützt. Wir fördern den Einsatz von technischen und
digitalen Hilfsmitteln zum Ausgleich von Beeinträchtigungen und setzen
Lots*innen ein, die ältere Menschen befähigen, digitale Kommunikations- und
Informationstechnologien zu nutzen.
Kinder brauchen Bewegung und frische Luft. Damit alle Kinder sich auch außerhalb
der Wohnung mit Freund*innen treffen und ohne Gefahr Roller fahren und Ball
spielen können, brauchen sie Platz und eine anregende und sichere Umgebung. Mit
unserem Förderprogramm “ Mehr Platz zum Spielen” können Kommunen bereits
bespielbare Flächen (Spielplätze, Parks, Bolz- oder Skateplätze) im öffentlichen
Raum erhalten und ausbauen. Zusätzlich ermöglichen wir, dass Kommunen ihre
Bauprojekte so planen, dass sie Freiräume zum Spielen erhalten und verbessern.
Grundbedingung dabei ist, dass die Kinder und Jugendlichen wesentlichen Einfluss
auf die Planungen haben und sich mindestens genauso beteiligen können wie
Vereine oder (Nachbarschafts-)Initiativen.
Wohnen ist ein Menschenrecht! Unser Ziel ist, dass in NRW mehr Menschen in ihren
Wohnungen bleiben können oder wieder ein Zuhause bekommen. Wir stärken den
sozialen Wohnungsbau und erreichen dadurch, dass auch Personen mit geringem
Einkommen und in schwierigen Lebenslagen eine angemessene Wohnung finden.
Menschen, die bereits wohnungslos sind, brauchen wieder ein Dach über dem Kopf.
Dort, wo es noch keine ausreichenden Unterstützungsangebote für Wohnungslose
gibt, bauen wir sie aus. Dazu gehören auch spezielle Angebote für Frauen,
Jugendliche und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Darüber hinaus
unterstützen wir Familien, die wohnungslos geworden sind oder von
Wohnungslosigkeit bedroht sind. Gerade Kinder und Jugendliche brauchen in dieser
familiären Notlage Schutz und Unterstützung. Der Ansatz “Housing first”
bedeutet, Wohnungslose, ohne in Deutschland übliche Vorbedingungen wie
“Trainingswohnen”, in eine normale Wohnung zu vermitteln. Zusätzlich werden
persönliche Hilfen angeboten. Dadurch können sich die Betroffenen stabilisieren
und wieder ein selbstbestimmtes Leben führen. Gerade Frauen bietet dieser Ansatz
Schutz vor Gewalt und Ausbeutung, die sie häufig im Tausch für
Übernachtungsmöglichkeiten erfahren. Wir wollen “Housing first” in ganz NRW
ausbreiten und sozialen Trägern und Kommunen helfen, geeignete Wohnungen
dauerhaft zur Verfügung zu stellen.
Alle Menschen sollen Chancen und Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Wir
unterstützen Langzeitarbeitslose und Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen
über den sogenannten „Sozialen Arbeitsmarkt“, so dass sie in Unternehmen wieder
Fuß fassen können. Um die Betroffenen in ihren Lebenssituationen zu
stabilisieren und ihnen die nötige Unterstützung zu geben, setzen wir auf eine
staatlich unabhängige Beratungsstruktur auf Augenhöhe.
Menschen mit Behinderungen haben ein größeres Risiko, arbeitslos zu werden als
Menschen mit der gleichen Qualifikation ohne Behinderungen. Wir streben einen
inklusiven Arbeitsmarkt an, in dem selbstverständlich Menschen mit und ohne
Behinderung gemeinsam arbeiten, wenn sie dies wünschen. Wir streben eine faire
Entlohnung für die Arbeit in den Werkstätten an. Wir machen die Erfüllung der
gesetzlichen Pflicht zur Beschäftigung Schwerbehinderter zum notwendigen
Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Gleichzeitig senken wir die
Hürden für Unternehmen, Menschen mit Behinderung einzustellen. Betriebe erhalten
Beratung, wie sie Stellen individuell für Bewerber*innen mit Behinderung
‚zuschneiden‘ können. Außerdem erleichtern wir die Rahmenbedingungen für
„Inklusionsbetriebe“. Das sind Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes, die
zwischen 30 und 50 Prozent Menschen mit Behinderungen beschäftigen. Für
Personen, die ihre berufliche Qualifikation im Ausland erworben haben, soll die
Anerkennung ihrer Qualifikation unbürokratischer werden, etwa durch die
Anerkennung mehrsprachiger Zeugnisse.
Der Krankenpfleger und die Busfahrerin, der Supermarktverkäufer und die
Betonbauer*in – sie alle verdienen faire Arbeitsbedingungen und
Gesundheitsschutz. Wir reformieren die Vergabekriterien bei öffentlichen
Aufträgen so, dass nicht nur die Einhaltung des Mindestlohns, sondern auch
weitere soziale und ökologische Standards wie die Tarifbindung verpflichtend
werden. Damit konkurrieren die Unternehmen über die gute Qualität ihrer Produkte
und Dienstleistungen untereinander, nicht aber über niedrige Löhne. Das stärkt
NRW als nachhaltigen Wirtschaftsstandort. Dienstleistungsjobs in der
Landesverwaltung wie Putzkräfte und Pförtner*innen werden wir nicht weiter
outsourcen und so faire Arbeitsbedingungen garantieren. Arbeitsschutz-
Mindeststandards gelten auch für die EU-Arbeitnehmer*innen, die auf den Feldern
und in den Fleischbetrieben in NRW arbeiten. Wir verbessern den Arbeitsschutz
durch mehr finanzielle und personelle Ressourcen und damit mehr Kontrollen.
Arbeitsfreie Sonntage sollen die Regel sein.
Beruf und Lebenssituation müssen zusammenpassen. Wir helfen Unternehmen,
familien- und pflegefreundlich zu werden. Betriebskindergärten werden ausgebaut
und das Recht auf Homeoffice unterstützt. In dezentralen „Co-Working Spaces“
können die Mitarbeiter*innen einen wohnortnahen Arbeitsplatz außerhalb ihrer
eigenen Wohnung einrichten und lange Anfahrtszeiten zum Unternehmen einsparen.
Wir unterstützen die Einführung von Lebensarbeitszeitkonten und gehen selbst
voran, indem wir sie für Landesbeschäftigte und -beamte umsetzen. Damit kann die
Arbeitszeit in allen Lebensphasen angepasst werden, so dass Mitarbeiter*innen
zum Beispiel mehr Zeit haben, um ihre Angehörigen zu pflegen. Ausbildung und
Studium in Teilzeit erleichtern wir.
Prävention hält gesund und entlastet das Gesundheitssystem, wenn sie umfassend
in allen Politik- und Lebensbereichen umgesetzt wird. Wir geben deshalb dem
Sport, guter Ernährung und dem Gesundheitswissen einen größeren Stellenwert und
stärken den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Immer mehr Menschen sind einsam und
werden dadurch krank. Wir bekämpfen die Einsamkeit mit einer landesweiten
Kampagne, die Bewusstsein schafft, entstigmatisiert und mit der frühen
Vermittlung von Kompetenzen zur psychischen Gesundheit einhergeht. Die
Klimakrise ist eine Herausforderung für die Gesundheit der Menschen. Das Klima
zu schützen und die Städte an den Klimawandel anzupassen, bedeutet auch, unsere
Gesundheit zu schützen.
Unsere Ziele sind eine hohe Qualität, Verlässlichkeit und eine gute
Erreichbarkeit der Gesundheitseinrichtungen für alle Patient*innen. Gerade in
ländlichen, unterversorgten Regionen sichern wir die medizinische Versorgung
durch “Gesundheitsregionen” mit enger Anbindung an die Kommunen. Hier werden
ambulante und stationäre Angebote gemeinsam geplant. Kooperation und gute
Versorgung wollen wir belohnen. Die Kommunen können auch moderne Gesundheits-
und Pflegezentren errichten. Deutschlandweit fehlen gerade in ländlichen
Bereichen Krankenhäuser, die für Notfälle gebraucht werden. Andererseits gibt es
Krankenhäuser, die planbare, hochspezialisierte Eingriffe so selten durchführen,
dass sie mit der Qualität von spezialisierten Häusern mit hohen Fallzahlen nicht
mitkommen. Regionen müssen so versorgt sein, dass Patient*innen im Notfall oder
bei Beginn einer Geburt in angemessener Fahrzeit ein Krankenhaus erreichen
können. Dabei können Krankenhäuser in öffentlicher Hand eine wichtige Rolle
spielen, weshalb wir weitere Privatisierungen ablehnen. Für planbare, komplexere
Eingriffe ist die Fahrzeit nicht ausschlaggebend. Wichtiger ist es, dass eine
durchgehend gute Qualität in der Patientenversorgung angeboten wird. Wir planen
die Krankenhausversorgung so, dass sich die Krankenhäuser enger mit ambulanten
Einrichtungen wie Arztpraxen und anderen Therapie- und Pflegeangeboten oder
Rehabilitationseinrichtungen verbinden. Mittels patientenorientierter
Digitalisierung werden die Angebote besser vernetzt.
Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) führt Schuleingangsuntersuchungen durch,
bietet Impfungen an und ist verantwortlich für den Infektionsschutz. Die
Mitarbeitenden überwachen die Qualität des Trinkwassers, beraten zu
Lebensmittelhygiene und vieles andere mehr. Während der Corona-Pandemie ist
besonders deutlich geworden, wie wichtig der ÖGD ist. Er leidet aber unter
langjährigem Verwaltungsabbau, chronischer Unterfinanzierung und Personalmangel.
Das wollen wir ändern. Wir heben die finanziellen Mittel für den ÖGD an und
etablieren einen eigenständigen Tarif für das medizinische Personal. Wir stärken
die Verantwortung des Landeszentrums für Gesundheit, so dass es Standards und
Verfahren etwa in der Pandemiebekämpfung für die Gesundheitsämter bietet. Wir
ermöglichen eine gute digitale Ausstattung, einheitliche Standards und
Schnittstellenkompatibilität zur elektronischen Patientenakte. Durch
Nachwuchsprogramme in Kooperation zum Beispiel zwischen Hochschulen und
Ärztekammern lernen Studierende den ÖGD als Tätigkeitsfeld kennen. Ärztin und
Sozialpädagoge, Stadtplanerin und Gesundheitswissenschaftler: Zusammen sind sie
ein Team, das mit verschiedenen Perspektiven die Gesundheitsprävention
insbesondere für benachteiligte Gruppen verbessert.
Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder in einer psychischen Krise
brauchen schnelle Hilfe, damit sich ihr Leid nicht verschlimmert. Schon seit
mehreren Jahren existieren Empfehlungen, wie Betroffene besser unterstützt und
ihre Menschenrechte gewahrt werden können. Wir setzen diese Empfehlungen des
„Landespsychiatrieplans“ endlich um! Dazu gehört es, die ambulante psychosoziale
und psychiatrische Krisenhilfe auszubauen, Wartezeiten zur ambulanten Behandlung
zu verkürzen und Zwangseinweisungen in psychiatrische Kliniken zu reduzieren.
Digitale Bausteine wie Videosprechstunden ergänzen die Angebote. Wir beziehen
Menschen mit Psychiatrieerfahrung und Behinderung in den Prozess mit ein. Wir
stärken die Ausbildung von Psychotherapeut*innen und lehnen Rasterpsychotherapie
ab.
Menschen in ärmeren Verhältnissen erkranken häufiger und sterben früher. Die
Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen weist große Lücken auf.
Viele Geflüchtete, Menschen ohne Papiere und manche EU-Zugewanderte sind nicht
krankenversichert. Eine angemessene Versorgung im Krankheitsfall gehört jedoch
zu den elementaren Menschenrechten. Deshalb wollen wir die Kommunen dabei
unterstützen, die Gesundheitsversorgung dieser Gruppen zu sichern und den
„anonymen Krankenschein“ einführen. Wir bauen die „Clearingstellen“
flächendeckend aus. Sie helfen, den Krankenversicherungsstatus zu klären. Um
Menschen mit Behinderungen besser zu versorgen, entwickeln wir einen
ressortübergreifenden Inklusionsplan, der Hürden im Gesundheitswesen abbaut. Wir
machen verbindliche Vorgaben zur Barrierefreiheit bei der Bedarfsplanung und
sorgen für mehr Flexibilität und Patient*innenorientierung bei Therapie- und
Heilmittelversorgung.
Diagnostik und Therapie sind in der Medizin noch immer auf einen männlichen
“Normkörper” ausgerichtet. Das hat Nachteile für alle, die dieser Norm nicht
entsprechen. So zeigen Frauen bei einem Herzinfarkt andere Symptome und andere
Immunreaktionen bei Impfungen als Männer. Dadurch werden Krankheiten zum Teil
nicht erkannt und behandelt. Manche Medikamente wirken anders – das kann
gefährlich werden. Trotzdem wird die Bedeutung des Geschlechts in vielen Studien
ignoriert. Bei Landesförderungen im Gesundheitsbereich berücksichtigen wir die
Geschlechterperspektive: So werden Daten in Studien oder Projekten
geschlechtergerecht erfasst und ausgewertet. In der Geburtshilfe stellen wir die
Bedürfnisse von Eltern und Kindern in den Mittelpunkt. In der Stadt und auf dem
Land muss eine gute Versorgung vor, während und nach der Geburt gewährleistet
werden. Wir fördern Hebammenkreißsäle und selbstständige Hebammen, die in
unterversorgten Gebieten im ländlichen Raum arbeiten möchten. Die
Arbeitsbedingungen in der Geburtshilfe müssen verbessert werden. Wir wollen das
Recht auf Selbstbestimmung stärken und freiwillige Beratungsangebote rund um
Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch ausbauen. Entscheidet eine Frau sich
für einen Abbruch, muss sie die Möglichkeit bekommen, diesen wohnortnah
durchführen zu lassen. Dazu gehört auch die Verankerung des Themas
Schwangerschaftsabbrüche in der medizinischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.
Selbstbestimmt leben und dennoch gut versorgt sein – das wünschen sich viele
Menschen im Alter. Bisher orientiert sich das Angebot an Pflegeplätzen stark am
Interesse von Investoren. Deren Großheime sollen Rendite bringen. Wir wollen
erreichen, dass möglichst viele Städte und Kreise ihre Pflegeinfrastruktur mit
der „verbindlichen Pflegebedarfsplanung“ im Interesse der Bevölkerung gestalten.
Von der Bundesebene erwarten wir eine „doppelte Pflegegarantie“: Der Eigenanteil
der Pflegekosten wird gedeckelt und dadurch planbar. Alle darüber hinaus
entstehenden Pflegekosten für eine bedarfsgerechte Versorgung übernimmt die
Pflegeversicherung. Gute Pflege gelingt nur mit gutem und ausreichend
vorhandenem Personal. Deshalb benötigen wir wissenschaftlich fundierte,
verbindliche Personalbemessungsinstrumente in der stationären Pflege. In NRW
verbessern wir die Pflegeausbildung auch dadurch, dass mehr Lehrkräfte die
Auszubildenden unterrichten. Zurzeit bauen engagierte Fachkräfte die
Pflegekammer auf. Wir werden den Dialog zwischen Pflegekammer, Gewerkschaften,
Verbänden und anderen Berufskammern unterstützen.
Eine moderne Drogen- und Suchtpolitik klärt über Risiken auf und hilft süchtigen
Menschen, Schäden durch riskanten Drogenkonsum zu reduzieren. Kinder und
Jugendliche werden besonders geschützt. Gerade die Cannabis-Verbotspolitik ist
aber ungeeignet: Zurzeit erhalten Kinder und Jugendliche Cannabis einfach auf
dem Schwarzmarkt. Und Erwachsene, die gelegentlich Cannabis konsumieren, werden
bevormundet und kriminalisiert. Sobald bundesgesetzliche Änderungen dies
zulassen, werden wir in NRW wissenschaftlich begleitete Modellprojekte zur
kontrollierten Abgabe von Cannabis an volljährige Konsument*innen unterstützen.
Ein besonderes Augenmerk legen wir auf neuere Erscheinungsformen der Sucht, von
denen besonders jüngere Menschen betroffen sind. So begegnen wir den rechtlichen
Entwicklungen im “Gaming”-Sektor (digitale Spiele) wenn notwendig mit
Aufklärungskampagnen. Wir unterstützen die Städte und Kommunen dabei, dass
Suchtberatungsstellen und besonders Drogencafés besser geschützt werden, um die
Verdrängung an den Stadtrand zu verhindern. Die Beratungsstrukturen stärken wir.
Nachhaltig wirtschaften heißt für uns, verantwortungsbewusst mit den uns zur
Verfügung stehenden Steuermitteln der Bürger*innen umzugehen, eine moderne und
leistungsfähige Verwaltung zu garantieren, den öffentlichen Besitz und die
Infrastruktur unseres Landes zu erhalten und in eine lebenswerte Zukunft zu
investieren. Wir wollen, dass alle finanzpolitischen Entscheidungen am 1,5-Grad-
Ziel gemessen werden.
Der Großteil der Landeseinnahmen kommt aus Steuern, für deren gesetzliche
Ausgestaltung der Bund zuständig ist. Das Land hat nur wenig Spielraum für eine
Steuerung der eigenen Einnahmen. Gleichzeitig ist ein großer Posten – ca. ein
Drittel der Ausgaben –für die Löhne, Gehälter und Pensionen der
Landesbediensteten gebunden – in erster Linie für Lehrkräfte in den Schulen, für
Polizei, Justiz und Finanzverwaltung. Neben der Stärkung der Qualität unseres
öffentlichen Dienstes wollen wir vor allem die öffentlichen Investitionen in
eine zukunftsfähige Infrastruktur stärken. Das bedeutet auch, die überschuldeten
Kommunen mit einem Altschuldenfonds wieder in die Lage zu versetzen, diese
Investitionen eigenständig tätigen zu können. Zum jahrzehntelang aufgebauten
Investitionsstau kommen mindestens noch bis zum Jahr 2023 die Bewältigung der
finanziellen Folgen der Pandemie hinzu. Land und Kommunen werden weniger Steuern
einnehmen sowie corona-bedingte Mehrausgaben haben und gleichzeitig müssen die
negativen Folgen in Wirtschaft und Gesellschaft weiter abgefedert werden. Die
für solche Notlagen in der Schuldenbremse verankerte Ausnahmemöglichkeit wollen
wir mit dem bestehenden Rettungsschirm weiter nutzen und wenn nötig ausbauen, um
zielgerichtete und wirksame Hilfen auf den Weg zu bringen. Die Anlagen des
Landes, wie den Pensionsfonds und die „NRW.Bank“, richten wir weiterhin
konsequent auf nachhaltiges Investment und das 1,5-Grad-Ziel aus.
Wir werden mit einem Grünen Zukunftspakt NRW nachhaltige Investitionen stärken,
die Konjunkturimpulse mit der Bewältigung der Klimakrise verbinden. Die
öffentliche Infrastruktur in NRW leidet unter einem massiven Investitionsstau,
besonders in den Städten und Gemeinden, die das aus eigener Kraft nicht
bewältigen können. Wir brauchen deutlich mehr Investitionen in die Infrastruktur
von morgen: bei den Schulen, der Digitalisierung, der Mobilitätsswende, beim
Klimaschutz und bei der Anpassung an die Klimafolgen. Diese
Zukunftsinvestitionen werden sich für künftige Generationen rechnen und ihnen
Spielräume und ihre Freiheit sichern. Deshalb werden wir die
verfassungsrechtlichen Spielräume der Schuldenbremse nutzen und neue Wege der
Finanzierung ausschließlich für Zukunftsinvestitionen außerhalb des
Landeshaushalts schaffen.
Wir werden dafür sorgen, dass unsere Städte und Gemeinden wieder über Mittel
verfügen, um eigenständig in Bildung und Betreuung, lokale Mobilität und – vom
Radweg bis hin zum kommunalen Solarkraftwerk – in die kommunale Infrastruktur,
investieren zu können. Dazu werden wir einen Altschuldenfonds einrichten, um die
Gemeinden beim Schuldenabbau zu unterstützen. Auch die Steuerausfälle aus der
Corona-Krise müssen solidarisch ausgeglichen werden.
Es hat sich leider eingespielt, dass aus Berlin und Düsseldorf immer neue
Aufgaben auf die Städte und Gemeinden übertragen werden. Gleichzeitig steigen
die gesellschaftlichen Herausforderungen und damit auch die Anforderungen an die
lokale Ebene. Allerdings bekommen die Kommunen nicht die Mittel zur Bewältigung
dieser Aufgaben. Wer bestellt, muss auch bezahlen oder wer eine Aufgabe
definiert, muss auch für die Finanzierung sorgen.
Gleichzeitig wollen wir ruinösem Steuerdumping entgegenwirken, bei dem Kommunen
sich gegenseitig Wirtschaftskraft streitig machen, ohne dass zusätzliche Impulse
für Innovationen oder neue Arbeitsplätze entstehen. Wir werden Anreize setzen,
damit Kommunen kooperieren und die Gewerbesteuer gemeinsam vereinnahmen können.
Die Gemeindefinanzierung regeln wir so, dass sie Steuer-Dumping unattraktiv
macht.
Unserem Gemeinwesen gehen in ganz Deutschland jedes Jahr geschätzte 100
Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verloren. Geld, das wir dringend für
gute Schulen und Zukunftsinvestitionen brauchen. Wir werden diesen Betrug
entschieden bekämpfen, indem wir die Finanzverwaltung und die Steuerfahndung
ausbauen und sie technisch und digital fit machen. Dazu gehört beispielsweise,
dass Meldestellen, nach Baden-Württemberger Vorbild umfassend digitalisiert
werden. Wir werden die Ausbildungskapazitäten erweitern und im Wettbewerb um die
besten Köpfe die Attraktivität unserer Finanzverwaltung steigern.
Auch die EU stellt große Mengen an Fördermitteln bereit, um die europäische
Wirtschaft bei ihrem Beitrag zur Erfüllung der Klimaziele zu unterstützen und um
diejenigen Regionen zu fördern, die besonders vom Strukturwandel betroffen sind.
Das sind in NRW nicht nur die Kohlereviere, sondern sämtliche Regionen, in denen
CO2-intensive Industrien beheimatet sind. Bei der Verteilung der europäischen
Fördermittel sind uns zwei Punkte besonders wichtig: Die Gelder der EU sind
nicht dazu gedacht, Löcher in den nationalen Haushalten zu stopfen. Sie sollen
stattdessen in neue Projekte und Unternehmungen fließen, Innovationen anstoßen
und damit einen zusätzlichen Nutzen zu den nationalen Programmen stiften.
Zweitens muss darauf geachtet werden, dass die geförderten Projekte auch
tatsächlich einen Beitrag zu wichtigen Zielen beim Klimaschutz, der Erhaltung
der Artenvielfalt und der Digitalisierung leisten.
Klimaschutz auch im Gebäudebereich wirksam umzusetzen. Dies soll konsequent gefördert werden und damit sozial gerecht geschehen. Außerdem muss der Mieter*innenschutz gestärkt werden, damit Mieter*innen wirksam vorLuxussanierungen und überhöhten Mieten geschützt werden.Auch stärken wir die Teilhabe und Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderungen, indem wir wieder
Mit der Pandemie und dem verheerenden Hochwasser im letzten Sommer haben wir neu
zu schätzen gelernt, was unsere Gesellschaft stark macht: Verantwortung
füreinander übernehmen und Gemeinsinn leben. So stark unser Streben nach
individueller Freiheit und dem persönlichen Glück ist – so sehr brauchen wir
auch unsere Mitmenschen und den sozialen Zusammenhalt, um uns zu entfalten. Das
gilt besonders in Phasen des Umbruches. Diese Erfahrung ist für NRW nicht neu,
hier standen die Menschen schon oft zusammen. Jetzt geht es um eine neue
Politik, die aus dem “Wir” Wirklichkeit macht.
Ein solidarisches und lebenswertes NRW – das ist ein Ort, an dem kein Kind,
keine Alleinerziehende und kein Rentner in Armut leben muss. Ein Ort, an dem man
von der eigenen Arbeit leben und eine Familie versorgen kann. Ein Land, in dem
jede*r eine Chance auf dem Arbeitsmarkt bekommt, auch ein zweites oder drittes
Mal. In dem die Mieten bezahlbar sind und auch in ländlichen Regionen der
Supermarkt, die Ärztin oder die Apotheke vor Ort erreichbar sind.
Unser Gesundheitssystem gehört zu den besten der Welt. Doch es ist nicht gut
genug, solange diejenigen, die für die Gesundheit anderer arbeiten, selbst dabei
krank werden. Wir streiten für ein Gesundheitssystem, das den Menschen in den
Mittelpunkt stellt. Ob der Notarzt rechtzeitig ankommt, man eine wichtige
Vorsorgeuntersuchung erhält oder man würdevoll gepflegt wird, darf nicht vom
Wohnort, der Herkunft oder der Lebenslage abhängen. Das Recht auf Gesundheit
gilt für alle gleichermaßen.
Wo wir zusammentreffen, entsteht Gemeinschaft. Gerade eine vielfältige
Gesellschaft braucht Räume, in denen sich die Menschen begegnen, austauschen und
so zusammenwachsen. Das geschieht in öffentlichen Schwimmbädern, Büchereien und
auf öffentlichen Plätzen. Um dieses gemeinsame Eigentum aller Bürger*innen ist
es in NRW vielerorts nicht gut bestellt, besonders in Städten und Gemeinden mit
wenig Geld – also genau dort, wo viele Menschen in Armut leben und Kinder und
Jugendliche besondere Unterstützung brauchen. Mancherorts schließt das
Schwimmbad oder das Jugendzentrum, anderswo fährt außer dem Schulbus kein
Nahverkehr oder es fehlt das Geld zur Sanierung eines Marktplatzes. Das sind
Schulden, die nicht in den Büchern stehen, die aber unsere Zukunft schwer
belasten. Wir werden die Städte, Gemeinden und Kreise unterstützen, damit sie
stark für ihre Bürger*innen sein können. Und wir werden alle Kräfte bündeln,
damit NRW in die Zukunft investiert.
Kein Geld für die Waschmaschinenreparatur, entscheiden müssen, ob man lieber
frisches Gemüse kauft oder sich die Busfahrt leistet – all das verursacht Stress
und macht krank. Auf Landesebene können wir die Gründe für Armut nicht restlos
beseitigen – für eine gerechte Steuerpolitik und eine Überwindung des Hartz-IV-
Systems ist der Bund zuständig. Aber gemeinsam mit den Akteuren aus der
Wohlfahrtspflege, den Gewerkschaften und Verbänden, der Wirtschaft, den Kommunen
und den Betroffenen wollen wir Armut spürbar reduzieren. Dabei übernehmen wir
Verantwortung: Wir sorgen für gute Kinderbetreuung, damit Eltern arbeiten
können. Wir unterstützen ehemals Langzeitarbeitslose dabei, wieder dauerhaft in
der Arbeitswelt Fuß zu fassen und wir ermöglichen den kostenlosen Zugang zur
Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung für alle diejenigen, die Rat suchen.
Vor allem stärken wir den sozialen Wohnungsbau und schaffen bezahlbaren
Wohnraum. Viele Menschen sind arm, obwohl sie arbeiten. Deshalb brauchen wir
faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen.
In NRW sind besonders viele Minderjährige von Armut betroffen. Es gehört zu
ihrer Lebenswirklichkeit, dass sie Freund*innen nicht nach Hause zum Essen
einladen können oder einen Geburtstag meiden zu müssen, da sie sich kein
Geschenk leisten können. Sind diese alltäglichen Beschränkungen schon schwierig
genug, so gehen die Folgen von Armut noch weit darüber hinaus. Deshalb werden
wir einen „Pakt gegen Kinderarmut“ auflegen, um gemeinsam gegen Kinderarmut zu
kämpfen. Denn Armut hat viele Gesichter. Wir werden die kommunalen
Präventionsketten in NRW flächendeckend ausbauen. So werden wir gemeinsam mit
den Kommunen dafür sorgen, dass sich vor Ort Erzieher*innen, Lehrer*innen,
Ärzt*innen, Sozialpädagog*innen, Verbände und Verwaltung vernetzen, um den
Kindern gut abgestimmte Hilfsangebote zu machen. Die Mittel aus dem Bildungs-
und Teilhabepaket werden von Eltern selten abgerufen, weil die Beantragung zu
kompliziert ist, der Anspruch nicht bekannt ist und auch Scham eine Rolle
spielt. Solange diese Mittel nicht von einer Kindergrundsicherung abgelöst sind,
sorgen wir dafür, dass sie bei den Kindern auch ankommen. Die Stadt Hamm zum
Beispiel hat mit der „Youcard“ ein Modell entwickelt, dass die Abrechnung
vereinfacht. Solch kreative und praktische Lösungen werden wir fördern. Wir
stärken außerdem die Familienberatung und -unterstützung in den Stadtteilen und
schaffen so niedrigschwellige Zugänge für Kinder und Familien.
Jugendliche, die in Armut leben, brauchen Angebote, die sie erreichen. Nicht
jede*r schafft es aus eigenem Antrieb, die Vielzahl von Behörden aufzusuchen.
Wir werden Streetwork/Mobile-Jugendarbeit so ausstatten, dass sie die Arbeit in
den am meisten betroffenen Stadtteilen ausbauen können. Eine umfassende Beratung
und Hilfestellung ist notwendig, auch für die so genannten „Careleavers“, also
diejenigen Jugendlichen, die nach ihrer Volljährigkeit die stationäre
Jugendhilfe verlassen. Wir fördern Jugendhäuser, die mit multiprofessionellen
Teams Jugendliche ganzheitlich beraten und bei ihren vielfältigen “Baustellen”
vom Ausbildungsplatz bis zur Wohnungssuche unterstützen. In den Jugendhäusern
sollen aber auch junge Volljährige beraten werden, die derzeit noch aus dem
Raster fallen. Wenn ein Leben zu Hause nicht mehr möglich ist, werden wir
Jugendliche vor einem Leben auf der Straße schützen. Hierfür werden wir die
Jugendwohnheime in NRW ausbauen, in denen auch junge Volljährige wohnen dürfen.
Wir optimieren die Schuldner*innenberatung und reagieren damit auf die Folgen
der Corona-Krise, in der noch mehr Menschen in eine prekäre finanzielle Lage
geraten sind. Nur mit kompetenter Beratung können überschuldete Privatpersonen
sich wirtschaftlich und sozial stabilisieren. Diese Hilfe erbringen vor allem
die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen. Sie unterstützen bei der
Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, fördern die Eigeninitiative der
Betroffenen und ermöglichen neue Zuversicht und soziale Teilhabe. Für die
Schuldnerberatung sind die Kommunen zuständig, für die
Verbraucherinsolvenzberatung hingegen das Land. Diese unterschiedlichen
Zuständigkeiten verhindern eine effektive Beratung. Wir wollen, dass beide
Beratungsinstrumente besser ineinandergreifen und werden die Trennung
schnellstmöglich beenden, so wie es in anderen Bundesländern bereits geschieht.
Die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens sollte immer das letzte
Mittel sein. Stattdessen ist es inzwischen zu einem gängigen Verfahren geworden.
Dazu tragen auch und gerade die öffentlichen Gläubiger wie Finanzamt oder
Arbeitsagenturen bei. Außergerichtliche Einigungsversuche unter Beteiligung
dieser Gläubigergruppen kommen meist nicht zustande. Dort, wo das Land Einfluss
auf die Gläubiger hat, ändern wir das. Gemeinsam mit Kommunen,
Wohlfahrtsverbänden und Verbraucherschutzorganisationen entwickeln wir außerdem
Qualitätsstandards für die Arbeit der Schuldner- und
Verbraucherinsolvenzberatung.
In vielen Städten und Gemeinden in NRW fehlt es an bezahlbarem Wohnraum.
Insbesondere das untere und mittlere Segment des Wohnungsmarktes ist in den
Ballungsgebieten stark angespannt und so wird Wohnraum knapp. Im letzten
Jahrzehnt hat sich die Anzahl der geförderten Wohnungen nahezu halbiert, da die
Mietpreisbindungen für sie ausgelaufen sind. Dieser Tendenz stellen wir uns
entgegen und unterstützen Kommunen dabei, die Bindungen aufzukaufen, zu
verlängern und auch neue Bindungen zu kaufen. So sichern wir preisgünstigen
Wohnraum. Außerdem fördern wir verstärkt den Bau von neuen sozialen und
preiswerten Wohnungen. Wir unterstützen die Kommunen ebenfalls dabei, Flächen
anzukaufen, auf denen geförderte Wohnungen entstehen können. Wir sorgen dafür,
dass öffentliche Flächen nicht mehr nach dem Höchstgebot, sondern nach sozialen,
städtebaulichen, ökonomischen und ökologischen Kriterien vergeben werden. Wir
bevorzugen kommunale Wohnungsbaugesellschaften, gemeinwohlorientierte
Wohnungsunternehmen und Genossenschaften bei der Vergabe von baureifen Flächen
und fördern die Neugründung von Genossenschaften und Baugruppen. Neue Wohnungen
sollen direkt klimaneutral gebaut und vorhandene modernisiert werden, um
Klimaschutz auch im Gebäudebereich wirksam umzusetzen. Dies soll konsequent
gefördert werden und damit sozial gerecht geschehen. Außerdem muss der Mieter*innenschutz gestärkt werden, damit Mieter*innen wirksam vorLuxussanierungen und überhöhten Mieten geschützt werden.Auch stärken wir die
Teilhabe und Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderungen, indem wir wieder
klare Standards für barrierefreien Wohnraum in die Landesbauordnung aufnehmen
und für genügend rollstuhlgerechte Wohnungen sorgen.
Wir unterstützen Kommunen dabei, ihre Stadtteile so umzugestalten, dass sich
alle Generationen darin wohl fühlen und hier selbstbestimmt leben können. Grüne
Oasen, gute Versorgungsstrukturen und die Möglichkeit, andere Menschen zu
treffen, schaffen Lebensqualität. Ältere Menschen und Menschen mit
Beeinträchtigungen finden Unterstützung, Beratung und Versorgungssicherheit.
Kinder können sicher spielen, Jugendliche erhalten Gestaltungsräume. Plätze und
Grünflächen bieten Raum für Begegnung und Erholung. Barrierefreie Wohnungen,
Inklusive Wohnprojekte, Mehrgenerationenwohnen und ambulante Pflegekonzepte –
auch für ehemals wohnungslose Personen – werden ausgebaut. Die Nachbarschaft für
alle Generationen ist fußgängerfreundlich und barrierearm.
Damit die Kommunen diese und weitere Ideen umsetzen können, schaffen wir ein
einheitliches Förderprogramm “Quartier inklusiv”, dass die verschiedenen
Bereiche umfasst. Kommunen, die dem WHO-Netzwerk „Age-friendly cities and
communities“ (altersgerechte Stadt und altersgerechte Gemeinde) beitreten
wollen, werden dabei unterstützt. Wir fördern den Einsatz von technischen und
digitalen Hilfsmitteln zum Ausgleich von Beeinträchtigungen und setzen
Lots*innen ein, die ältere Menschen befähigen, digitale Kommunikations- und
Informationstechnologien zu nutzen.
Kinder brauchen Bewegung und frische Luft. Damit alle Kinder sich auch außerhalb
der Wohnung mit Freund*innen treffen und ohne Gefahr Roller fahren und Ball
spielen können, brauchen sie Platz und eine anregende und sichere Umgebung. Mit
unserem Förderprogramm “ Mehr Platz zum Spielen” können Kommunen bereits
bespielbare Flächen (Spielplätze, Parks, Bolz- oder Skateplätze) im öffentlichen
Raum erhalten und ausbauen. Zusätzlich ermöglichen wir, dass Kommunen ihre
Bauprojekte so planen, dass sie Freiräume zum Spielen erhalten und verbessern.
Grundbedingung dabei ist, dass die Kinder und Jugendlichen wesentlichen Einfluss
auf die Planungen haben und sich mindestens genauso beteiligen können wie
Vereine oder (Nachbarschafts-)Initiativen.
Wohnen ist ein Menschenrecht! Unser Ziel ist, dass in NRW mehr Menschen in ihren
Wohnungen bleiben können oder wieder ein Zuhause bekommen. Wir stärken den
sozialen Wohnungsbau und erreichen dadurch, dass auch Personen mit geringem
Einkommen und in schwierigen Lebenslagen eine angemessene Wohnung finden.
Menschen, die bereits wohnungslos sind, brauchen wieder ein Dach über dem Kopf.
Dort, wo es noch keine ausreichenden Unterstützungsangebote für Wohnungslose
gibt, bauen wir sie aus. Dazu gehören auch spezielle Angebote für Frauen,
Jugendliche und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Darüber hinaus
unterstützen wir Familien, die wohnungslos geworden sind oder von
Wohnungslosigkeit bedroht sind. Gerade Kinder und Jugendliche brauchen in dieser
familiären Notlage Schutz und Unterstützung. Der Ansatz “Housing first”
bedeutet, Wohnungslose, ohne in Deutschland übliche Vorbedingungen wie
“Trainingswohnen”, in eine normale Wohnung zu vermitteln. Zusätzlich werden
persönliche Hilfen angeboten. Dadurch können sich die Betroffenen stabilisieren
und wieder ein selbstbestimmtes Leben führen. Gerade Frauen bietet dieser Ansatz
Schutz vor Gewalt und Ausbeutung, die sie häufig im Tausch für
Übernachtungsmöglichkeiten erfahren. Wir wollen “Housing first” in ganz NRW
ausbreiten und sozialen Trägern und Kommunen helfen, geeignete Wohnungen
dauerhaft zur Verfügung zu stellen.
Alle Menschen sollen Chancen und Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Wir
unterstützen Langzeitarbeitslose und Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen
über den sogenannten „Sozialen Arbeitsmarkt“, so dass sie in Unternehmen wieder
Fuß fassen können. Um die Betroffenen in ihren Lebenssituationen zu
stabilisieren und ihnen die nötige Unterstützung zu geben, setzen wir auf eine
staatlich unabhängige Beratungsstruktur auf Augenhöhe.
Menschen mit Behinderungen haben ein größeres Risiko, arbeitslos zu werden als
Menschen mit der gleichen Qualifikation ohne Behinderungen. Wir streben einen
inklusiven Arbeitsmarkt an, in dem selbstverständlich Menschen mit und ohne
Behinderung gemeinsam arbeiten, wenn sie dies wünschen. Wir streben eine faire
Entlohnung für die Arbeit in den Werkstätten an. Wir machen die Erfüllung der
gesetzlichen Pflicht zur Beschäftigung Schwerbehinderter zum notwendigen
Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Gleichzeitig senken wir die
Hürden für Unternehmen, Menschen mit Behinderung einzustellen. Betriebe erhalten
Beratung, wie sie Stellen individuell für Bewerber*innen mit Behinderung
‚zuschneiden‘ können. Außerdem erleichtern wir die Rahmenbedingungen für
„Inklusionsbetriebe“. Das sind Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes, die
zwischen 30 und 50 Prozent Menschen mit Behinderungen beschäftigen. Für
Personen, die ihre berufliche Qualifikation im Ausland erworben haben, soll die
Anerkennung ihrer Qualifikation unbürokratischer werden, etwa durch die
Anerkennung mehrsprachiger Zeugnisse.
Der Krankenpfleger und die Busfahrerin, der Supermarktverkäufer und die
Betonbauer*in – sie alle verdienen faire Arbeitsbedingungen und
Gesundheitsschutz. Wir reformieren die Vergabekriterien bei öffentlichen
Aufträgen so, dass nicht nur die Einhaltung des Mindestlohns, sondern auch
weitere soziale und ökologische Standards wie die Tarifbindung verpflichtend
werden. Damit konkurrieren die Unternehmen über die gute Qualität ihrer Produkte
und Dienstleistungen untereinander, nicht aber über niedrige Löhne. Das stärkt
NRW als nachhaltigen Wirtschaftsstandort. Dienstleistungsjobs in der
Landesverwaltung wie Putzkräfte und Pförtner*innen werden wir nicht weiter
outsourcen und so faire Arbeitsbedingungen garantieren. Arbeitsschutz-
Mindeststandards gelten auch für die EU-Arbeitnehmer*innen, die auf den Feldern
und in den Fleischbetrieben in NRW arbeiten. Wir verbessern den Arbeitsschutz
durch mehr finanzielle und personelle Ressourcen und damit mehr Kontrollen.
Arbeitsfreie Sonntage sollen die Regel sein.
Beruf und Lebenssituation müssen zusammenpassen. Wir helfen Unternehmen,
familien- und pflegefreundlich zu werden. Betriebskindergärten werden ausgebaut
und das Recht auf Homeoffice unterstützt. In dezentralen „Co-Working Spaces“
können die Mitarbeiter*innen einen wohnortnahen Arbeitsplatz außerhalb ihrer
eigenen Wohnung einrichten und lange Anfahrtszeiten zum Unternehmen einsparen.
Wir unterstützen die Einführung von Lebensarbeitszeitkonten und gehen selbst
voran, indem wir sie für Landesbeschäftigte und -beamte umsetzen. Damit kann die
Arbeitszeit in allen Lebensphasen angepasst werden, so dass Mitarbeiter*innen
zum Beispiel mehr Zeit haben, um ihre Angehörigen zu pflegen. Ausbildung und
Studium in Teilzeit erleichtern wir.
Prävention hält gesund und entlastet das Gesundheitssystem, wenn sie umfassend
in allen Politik- und Lebensbereichen umgesetzt wird. Wir geben deshalb dem
Sport, guter Ernährung und dem Gesundheitswissen einen größeren Stellenwert und
stärken den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Immer mehr Menschen sind einsam und
werden dadurch krank. Wir bekämpfen die Einsamkeit mit einer landesweiten
Kampagne, die Bewusstsein schafft, entstigmatisiert und mit der frühen
Vermittlung von Kompetenzen zur psychischen Gesundheit einhergeht. Die
Klimakrise ist eine Herausforderung für die Gesundheit der Menschen. Das Klima
zu schützen und die Städte an den Klimawandel anzupassen, bedeutet auch, unsere
Gesundheit zu schützen.
Unsere Ziele sind eine hohe Qualität, Verlässlichkeit und eine gute
Erreichbarkeit der Gesundheitseinrichtungen für alle Patient*innen. Gerade in
ländlichen, unterversorgten Regionen sichern wir die medizinische Versorgung
durch “Gesundheitsregionen” mit enger Anbindung an die Kommunen. Hier werden
ambulante und stationäre Angebote gemeinsam geplant. Kooperation und gute
Versorgung wollen wir belohnen. Die Kommunen können auch moderne Gesundheits-
und Pflegezentren errichten. Deutschlandweit fehlen gerade in ländlichen
Bereichen Krankenhäuser, die für Notfälle gebraucht werden. Andererseits gibt es
Krankenhäuser, die planbare, hochspezialisierte Eingriffe so selten durchführen,
dass sie mit der Qualität von spezialisierten Häusern mit hohen Fallzahlen nicht
mitkommen. Regionen müssen so versorgt sein, dass Patient*innen im Notfall oder
bei Beginn einer Geburt in angemessener Fahrzeit ein Krankenhaus erreichen
können. Dabei können Krankenhäuser in öffentlicher Hand eine wichtige Rolle
spielen, weshalb wir weitere Privatisierungen ablehnen. Für planbare, komplexere
Eingriffe ist die Fahrzeit nicht ausschlaggebend. Wichtiger ist es, dass eine
durchgehend gute Qualität in der Patientenversorgung angeboten wird. Wir planen
die Krankenhausversorgung so, dass sich die Krankenhäuser enger mit ambulanten
Einrichtungen wie Arztpraxen und anderen Therapie- und Pflegeangeboten oder
Rehabilitationseinrichtungen verbinden. Mittels patientenorientierter
Digitalisierung werden die Angebote besser vernetzt.
Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) führt Schuleingangsuntersuchungen durch,
bietet Impfungen an und ist verantwortlich für den Infektionsschutz. Die
Mitarbeitenden überwachen die Qualität des Trinkwassers, beraten zu
Lebensmittelhygiene und vieles andere mehr. Während der Corona-Pandemie ist
besonders deutlich geworden, wie wichtig der ÖGD ist. Er leidet aber unter
langjährigem Verwaltungsabbau, chronischer Unterfinanzierung und Personalmangel.
Das wollen wir ändern. Wir heben die finanziellen Mittel für den ÖGD an und
etablieren einen eigenständigen Tarif für das medizinische Personal. Wir stärken
die Verantwortung des Landeszentrums für Gesundheit, so dass es Standards und
Verfahren etwa in der Pandemiebekämpfung für die Gesundheitsämter bietet. Wir
ermöglichen eine gute digitale Ausstattung, einheitliche Standards und
Schnittstellenkompatibilität zur elektronischen Patientenakte. Durch
Nachwuchsprogramme in Kooperation zum Beispiel zwischen Hochschulen und
Ärztekammern lernen Studierende den ÖGD als Tätigkeitsfeld kennen. Ärztin und
Sozialpädagoge, Stadtplanerin und Gesundheitswissenschaftler: Zusammen sind sie
ein Team, das mit verschiedenen Perspektiven die Gesundheitsprävention
insbesondere für benachteiligte Gruppen verbessert.
Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder in einer psychischen Krise
brauchen schnelle Hilfe, damit sich ihr Leid nicht verschlimmert. Schon seit
mehreren Jahren existieren Empfehlungen, wie Betroffene besser unterstützt und
ihre Menschenrechte gewahrt werden können. Wir setzen diese Empfehlungen des
„Landespsychiatrieplans“ endlich um! Dazu gehört es, die ambulante psychosoziale
und psychiatrische Krisenhilfe auszubauen, Wartezeiten zur ambulanten Behandlung
zu verkürzen und Zwangseinweisungen in psychiatrische Kliniken zu reduzieren.
Digitale Bausteine wie Videosprechstunden ergänzen die Angebote. Wir beziehen
Menschen mit Psychiatrieerfahrung und Behinderung in den Prozess mit ein. Wir
stärken die Ausbildung von Psychotherapeut*innen und lehnen Rasterpsychotherapie
ab.
Menschen in ärmeren Verhältnissen erkranken häufiger und sterben früher. Die
Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen weist große Lücken auf.
Viele Geflüchtete, Menschen ohne Papiere und manche EU-Zugewanderte sind nicht
krankenversichert. Eine angemessene Versorgung im Krankheitsfall gehört jedoch
zu den elementaren Menschenrechten. Deshalb wollen wir die Kommunen dabei
unterstützen, die Gesundheitsversorgung dieser Gruppen zu sichern und den
„anonymen Krankenschein“ einführen. Wir bauen die „Clearingstellen“
flächendeckend aus. Sie helfen, den Krankenversicherungsstatus zu klären. Um
Menschen mit Behinderungen besser zu versorgen, entwickeln wir einen
ressortübergreifenden Inklusionsplan, der Hürden im Gesundheitswesen abbaut. Wir
machen verbindliche Vorgaben zur Barrierefreiheit bei der Bedarfsplanung und
sorgen für mehr Flexibilität und Patient*innenorientierung bei Therapie- und
Heilmittelversorgung.
Diagnostik und Therapie sind in der Medizin noch immer auf einen männlichen
“Normkörper” ausgerichtet. Das hat Nachteile für alle, die dieser Norm nicht
entsprechen. So zeigen Frauen bei einem Herzinfarkt andere Symptome und andere
Immunreaktionen bei Impfungen als Männer. Dadurch werden Krankheiten zum Teil
nicht erkannt und behandelt. Manche Medikamente wirken anders – das kann
gefährlich werden. Trotzdem wird die Bedeutung des Geschlechts in vielen Studien
ignoriert. Bei Landesförderungen im Gesundheitsbereich berücksichtigen wir die
Geschlechterperspektive: So werden Daten in Studien oder Projekten
geschlechtergerecht erfasst und ausgewertet. In der Geburtshilfe stellen wir die
Bedürfnisse von Eltern und Kindern in den Mittelpunkt. In der Stadt und auf dem
Land muss eine gute Versorgung vor, während und nach der Geburt gewährleistet
werden. Wir fördern Hebammenkreißsäle und selbstständige Hebammen, die in
unterversorgten Gebieten im ländlichen Raum arbeiten möchten. Die
Arbeitsbedingungen in der Geburtshilfe müssen verbessert werden. Wir wollen das
Recht auf Selbstbestimmung stärken und freiwillige Beratungsangebote rund um
Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch ausbauen. Entscheidet eine Frau sich
für einen Abbruch, muss sie die Möglichkeit bekommen, diesen wohnortnah
durchführen zu lassen. Dazu gehört auch die Verankerung des Themas
Schwangerschaftsabbrüche in der medizinischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.
Selbstbestimmt leben und dennoch gut versorgt sein – das wünschen sich viele
Menschen im Alter. Bisher orientiert sich das Angebot an Pflegeplätzen stark am
Interesse von Investoren. Deren Großheime sollen Rendite bringen. Wir wollen
erreichen, dass möglichst viele Städte und Kreise ihre Pflegeinfrastruktur mit
der „verbindlichen Pflegebedarfsplanung“ im Interesse der Bevölkerung gestalten.
Von der Bundesebene erwarten wir eine „doppelte Pflegegarantie“: Der Eigenanteil
der Pflegekosten wird gedeckelt und dadurch planbar. Alle darüber hinaus
entstehenden Pflegekosten für eine bedarfsgerechte Versorgung übernimmt die
Pflegeversicherung. Gute Pflege gelingt nur mit gutem und ausreichend
vorhandenem Personal. Deshalb benötigen wir wissenschaftlich fundierte,
verbindliche Personalbemessungsinstrumente in der stationären Pflege. In NRW
verbessern wir die Pflegeausbildung auch dadurch, dass mehr Lehrkräfte die
Auszubildenden unterrichten. Zurzeit bauen engagierte Fachkräfte die
Pflegekammer auf. Wir werden den Dialog zwischen Pflegekammer, Gewerkschaften,
Verbänden und anderen Berufskammern unterstützen.
Eine moderne Drogen- und Suchtpolitik klärt über Risiken auf und hilft süchtigen
Menschen, Schäden durch riskanten Drogenkonsum zu reduzieren. Kinder und
Jugendliche werden besonders geschützt. Gerade die Cannabis-Verbotspolitik ist
aber ungeeignet: Zurzeit erhalten Kinder und Jugendliche Cannabis einfach auf
dem Schwarzmarkt. Und Erwachsene, die gelegentlich Cannabis konsumieren, werden
bevormundet und kriminalisiert. Sobald bundesgesetzliche Änderungen dies
zulassen, werden wir in NRW wissenschaftlich begleitete Modellprojekte zur
kontrollierten Abgabe von Cannabis an volljährige Konsument*innen unterstützen.
Ein besonderes Augenmerk legen wir auf neuere Erscheinungsformen der Sucht, von
denen besonders jüngere Menschen betroffen sind. So begegnen wir den rechtlichen
Entwicklungen im “Gaming”-Sektor (digitale Spiele) wenn notwendig mit
Aufklärungskampagnen. Wir unterstützen die Städte und Kommunen dabei, dass
Suchtberatungsstellen und besonders Drogencafés besser geschützt werden, um die
Verdrängung an den Stadtrand zu verhindern. Die Beratungsstrukturen stärken wir.
Nachhaltig wirtschaften heißt für uns, verantwortungsbewusst mit den uns zur
Verfügung stehenden Steuermitteln der Bürger*innen umzugehen, eine moderne und
leistungsfähige Verwaltung zu garantieren, den öffentlichen Besitz und die
Infrastruktur unseres Landes zu erhalten und in eine lebenswerte Zukunft zu
investieren. Wir wollen, dass alle finanzpolitischen Entscheidungen am 1,5-Grad-
Ziel gemessen werden.
Der Großteil der Landeseinnahmen kommt aus Steuern, für deren gesetzliche
Ausgestaltung der Bund zuständig ist. Das Land hat nur wenig Spielraum für eine
Steuerung der eigenen Einnahmen. Gleichzeitig ist ein großer Posten – ca. ein
Drittel der Ausgaben –für die Löhne, Gehälter und Pensionen der
Landesbediensteten gebunden – in erster Linie für Lehrkräfte in den Schulen, für
Polizei, Justiz und Finanzverwaltung. Neben der Stärkung der Qualität unseres
öffentlichen Dienstes wollen wir vor allem die öffentlichen Investitionen in
eine zukunftsfähige Infrastruktur stärken. Das bedeutet auch, die überschuldeten
Kommunen mit einem Altschuldenfonds wieder in die Lage zu versetzen, diese
Investitionen eigenständig tätigen zu können. Zum jahrzehntelang aufgebauten
Investitionsstau kommen mindestens noch bis zum Jahr 2023 die Bewältigung der
finanziellen Folgen der Pandemie hinzu. Land und Kommunen werden weniger Steuern
einnehmen sowie corona-bedingte Mehrausgaben haben und gleichzeitig müssen die
negativen Folgen in Wirtschaft und Gesellschaft weiter abgefedert werden. Die
für solche Notlagen in der Schuldenbremse verankerte Ausnahmemöglichkeit wollen
wir mit dem bestehenden Rettungsschirm weiter nutzen und wenn nötig ausbauen, um
zielgerichtete und wirksame Hilfen auf den Weg zu bringen. Die Anlagen des
Landes, wie den Pensionsfonds und die „NRW.Bank“, richten wir weiterhin
konsequent auf nachhaltiges Investment und das 1,5-Grad-Ziel aus.
Wir werden mit einem Grünen Zukunftspakt NRW nachhaltige Investitionen stärken,
die Konjunkturimpulse mit der Bewältigung der Klimakrise verbinden. Die
öffentliche Infrastruktur in NRW leidet unter einem massiven Investitionsstau,
besonders in den Städten und Gemeinden, die das aus eigener Kraft nicht
bewältigen können. Wir brauchen deutlich mehr Investitionen in die Infrastruktur
von morgen: bei den Schulen, der Digitalisierung, der Mobilitätsswende, beim
Klimaschutz und bei der Anpassung an die Klimafolgen. Diese
Zukunftsinvestitionen werden sich für künftige Generationen rechnen und ihnen
Spielräume und ihre Freiheit sichern. Deshalb werden wir die
verfassungsrechtlichen Spielräume der Schuldenbremse nutzen und neue Wege der
Finanzierung ausschließlich für Zukunftsinvestitionen außerhalb des
Landeshaushalts schaffen.
Wir werden dafür sorgen, dass unsere Städte und Gemeinden wieder über Mittel
verfügen, um eigenständig in Bildung und Betreuung, lokale Mobilität und – vom
Radweg bis hin zum kommunalen Solarkraftwerk – in die kommunale Infrastruktur,
investieren zu können. Dazu werden wir einen Altschuldenfonds einrichten, um die
Gemeinden beim Schuldenabbau zu unterstützen. Auch die Steuerausfälle aus der
Corona-Krise müssen solidarisch ausgeglichen werden.
Es hat sich leider eingespielt, dass aus Berlin und Düsseldorf immer neue
Aufgaben auf die Städte und Gemeinden übertragen werden. Gleichzeitig steigen
die gesellschaftlichen Herausforderungen und damit auch die Anforderungen an die
lokale Ebene. Allerdings bekommen die Kommunen nicht die Mittel zur Bewältigung
dieser Aufgaben. Wer bestellt, muss auch bezahlen oder wer eine Aufgabe
definiert, muss auch für die Finanzierung sorgen.
Gleichzeitig wollen wir ruinösem Steuerdumping entgegenwirken, bei dem Kommunen
sich gegenseitig Wirtschaftskraft streitig machen, ohne dass zusätzliche Impulse
für Innovationen oder neue Arbeitsplätze entstehen. Wir werden Anreize setzen,
damit Kommunen kooperieren und die Gewerbesteuer gemeinsam vereinnahmen können.
Die Gemeindefinanzierung regeln wir so, dass sie Steuer-Dumping unattraktiv
macht.
Unserem Gemeinwesen gehen in ganz Deutschland jedes Jahr geschätzte 100
Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verloren. Geld, das wir dringend für
gute Schulen und Zukunftsinvestitionen brauchen. Wir werden diesen Betrug
entschieden bekämpfen, indem wir die Finanzverwaltung und die Steuerfahndung
ausbauen und sie technisch und digital fit machen. Dazu gehört beispielsweise,
dass Meldestellen, nach Baden-Württemberger Vorbild umfassend digitalisiert
werden. Wir werden die Ausbildungskapazitäten erweitern und im Wettbewerb um die
besten Köpfe die Attraktivität unserer Finanzverwaltung steigern.
Auch die EU stellt große Mengen an Fördermitteln bereit, um die europäische
Wirtschaft bei ihrem Beitrag zur Erfüllung der Klimaziele zu unterstützen und um
diejenigen Regionen zu fördern, die besonders vom Strukturwandel betroffen sind.
Das sind in NRW nicht nur die Kohlereviere, sondern sämtliche Regionen, in denen
CO2-intensive Industrien beheimatet sind. Bei der Verteilung der europäischen
Fördermittel sind uns zwei Punkte besonders wichtig: Die Gelder der EU sind
nicht dazu gedacht, Löcher in den nationalen Haushalten zu stopfen. Sie sollen
stattdessen in neue Projekte und Unternehmungen fließen, Innovationen anstoßen
und damit einen zusätzlichen Nutzen zu den nationalen Programmen stiften.
Zweitens muss darauf geachtet werden, dass die geförderten Projekte auch
tatsächlich einen Beitrag zu wichtigen Zielen beim Klimaschutz, der Erhaltung
der Artenvielfalt und der Digitalisierung leisten.
erfolgt mündlich