Erfolgt mündlich
Kapitel: | Demokratie in der offenen Gesellschaft |
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Antragsteller*in: | Landesvorstand GRÜNE JUGEND NRW (dort beschlossen am: 23.11.2021) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: WP-5-729-1 |
Eingereicht: | 26.11.2021, 18:56 |
Kapitel: | Demokratie in der offenen Gesellschaft |
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Antragsteller*in: | Landesvorstand GRÜNE JUGEND NRW (dort beschlossen am: 23.11.2021) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: WP-5-729-1 |
Eingereicht: | 26.11.2021, 18:56 |
Sicherheitsgefühl der Bürger*innen. Flächendeckende und anlasslose Videoüberwachung lehnen wir ab. Für eineEine Ausstattung mit Tasern, außer füraußerhalb der Spezialkräfte, sehenlehnen wir keinen Bedarfaufgrund der gesundheitlichen Gefahren, des hohen Fortbildungsbedarfes für die Beamt*innen und der beschränkten Einsatzsituationen ab. Die begonnene Ausstattung des Wachdienstes mit Tasern werden wir rückgängig machen.
Für ein offenes und vielfältiges Nordrhein-Westfalen engagieren sich tagtäglich
Millionen Menschen in unserem Land. Ob in der Nachbarschaftshilfe, im
Frauenhaus, im Katastrophenschutz oder im Stadtrat. Sie stehen füreinander ein,
heißen Geflüchtete willkommen, demonstrieren für die Rechte queerer Menschen und
sorgen so dafür, das Versprechen unserer Demokratie einzulösen: Wir sind
verschieden und dabei gleich an Rechten und Würde.
Demokratie ist nie fertig, sie ist immer in Bewegung. Wir sind schon weit
gekommen und haben gleichzeitig noch viel zu tun. Kinder und Jugendliche sollen
über ihre Zukunft mitentscheiden, statt nur vom Spielfeldrand zuzuschauen –
deshalb senken wir das Wahlalter auf 16 Jahre ab. Frauen steht die Hälfte der
Macht in unserem Land zu, auch in unseren Parlamenten. Und unser Wahlrecht kann
noch viel mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte den Weg zur Wahlurne
bereiten. Wir sprechen die Einladung aus, Entscheidungen nicht über den Kopf der
Bürger*innen zu treffen, sondern mit einer neuen Politik der Beteiligung.
In Zeiten von Wandel und Umbruch erneuern wir das Versprechen, dass Politik
Verantwortung auch für schwierige Entscheidungen übernimmt, zu Fehlern steht und
transparent arbeitet. Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren schwere
Krisen erlebt – das Hochwasser, Corona und seine Folgen. In der Krise zeigt
sich, wer wir sind. Ob wir vorausschauend handeln oder Dienst nach Vorschrift
tun – das ist eine Frage von Führung und von funktionierenden Strukturen.
Deshalb ist Vorsorge unser politisches Leitprinzip. Gerade in diesen Zeiten ist
es wichtig zu wissen: Der Staat schützt mich, er handelt vorausschauend und ist
so ausgestattet, dass er auch auf Unvorhergesehenes reagieren kann. Unser
Leitbild ist ein Staat, der seinen Bürger*innen im besten Sinne des Wortes zu
Diensten ist, der es leicht macht, ihn zu verstehen und sich einzubringen. Der
digital, technisch und personell bestens ausgerüstet ist und Datenschutz sowie
Privatsphäre respektiert und schützt.
Vielfalt und Nordrhein-Westfalen sind seit langem untrennbar miteinander
verknüpft. Vielfalt ist herausfordernd und gleichzeitig eine Chance. Sie zu
gestalten und Konflikte auszuhandeln, begreifen wir als unseren politischen
Auftrag. Schon viele Male ist unser Land über sich hinausgewachsen, um
Einwander*innen und Geflüchtete willkommen zu heißen. Es wird durch Einwanderung
reicher. Neue Perspektiven bringen neue Ideen, die uns weiterbringen und uns
helfen, mit Herausforderungen fertig zu werden. Wir können Menschen eine neue
Heimat bieten, die ihre alte verloren haben. Sie kommen mit großer Hoffnung auf
Frieden, Freiheit und Sicherheit. Gemeinsam mit ihnen machen wir uns
selbstbewusst die Errungenschaften unserer Gesellschaft neu bewusst. Wir kämpfen
gemeinsam mit ihnen für eine starke Demokratie, in der es gerechte Chancen für
alle gibt und in der Glaubensfreiheit, Geschlechtergerechtigkeit und queere
Rechte eine Selbstverständlichkeit sind.
Nordrhein-Westfalen liegt im Herzen Europas. Als bevölkerungsreichstes
Bundesland mit großer wirtschaftlicher Stärke hat es auch eine führende Rolle
innerhalb der Bundesrepublik. Daraus erwächst der Auftrag, dieses Gewicht auch
in der europäischen und internationalen Politik geltend zu machen. Mit einer
grünen Landesregierung wird Nordrhein-Westfalen dieser Verantwortung nachkommen.
Wir machen in Nordrhein-Westfalen, Berlin, in Europa und auch darüber hinaus
Demokratie, Freiheit, Gleichstellung und die Wahrung der Menschenrechte zur
Richtschnur unserer Politik. Das gilt für internationale Handelsverträge ebenso
wie für die europäische Gesetzgebung. Freihandelsabkommen zu Lasten von
Menschen, Umwelt und Klima in den Partnerländern lehnen wir ab. Und wir fordern
weiterhin eine europäische Flüchtlingspolitik, die das Recht auf Leben und
Unversehrtheit zur obersten Maxime macht.
Demokratie lebt vom Mitmachen! Beteiligung hilft uns, Lösungen zu finden, die
von allen mitgetragen werden. Sie kann politische Entscheidungen verbessern,
weil die Alltagserfahrung und das Wissen der Bürger*innen einfließen. Das ist
gerade jetzt besonders wichtig – denn wir stehen vor großen gesellschaftlichen
Umbrüchen, wollen unsere gesamte Infrastruktur klimafest machen. NRW wird
gleichzeitig immer vielfältiger. Diese Veränderung begleiten wir mit einer
Kultur der Beteiligung und des Dialogs. Wir setzen eine*n zentrale*n
Ansprechpartner*in der Landesregierung für Beteiligung und Dialog ein. Wir
stärken die direktdemokratischen Elemente unserer Landesverfassung deutlich. Wir
berufen Bürger*innenräte zu ausgewählten Zukunftsthemen ein. Denn Erfahrungen
aus Bund und anderen Ländern zeigen, dass Bürger*innenräte stark darin sind,
konstruktive Lösungen im Dialog zu finden. Zufällig und repräsentativ
ausgewählte Bürger*innen beraten über eine konkrete Fragestellung und erarbeiten
Handlungsempfehlungen. Diese muss das Parlament dann beraten. Zudem erleichtern
wir direkte Demokratie, indem wir die Mindestanzahl einzureichender
Unterschriften für Begehren und Initiativen reduzieren, die Bedingungen für die
Unterschriftensammlung vereinfachen und die direktdemokratische Mitbestimmung
bei deutlich mehr Themen ermöglichen.
Unsere Demokratie lebt davon, dass wir frei und ohne Angst unsere Meinung
öffentlich sagen können. Für dieses Recht haben viele mutige Menschen lange
gekämpft. Sich mit Gleichgesinnten auf Demonstrationen oder Kundgebungen für
eine Sache einsetzen zu können ist ein sehr wichtiger Bestandteil unserer
Demokratie. Wir wollen ein Versammlungsrecht, das Versammlungen in NRW
ermöglicht und schützt und nicht erschwert und bei dem es für jede*n
unbürokratisch möglich ist Versammlungen anzumelden und rechtssicher
durchzuführen. Der Schutz der persönlichen Daten darf auch bei Demonstrierenden
nicht weiter beschnitten werden.
Politik darf nicht auf Kosten der nächsten Generationen gehen. Kinder und
Jugendliche haben das Recht, über die Welt, in der sie leben und über ihre
Zukunft mitzuentscheiden. Wir werden das Wahlalter für die Landtagswahlen
deshalb auf 16 Jahre senken. So erreichen wir auch, dass alle politischen
Akteure die Belange der Jugendlichen besser in den Blick nehmen. Kinderrechte
sind in der Landesverfassung verankert und müssen gelebt werden. Mit einem
verbindlichen Jugendcheck werden wir die Gesetzesentwürfe darauf prüfen, wie sie
das Leben von jungen Menschen beeinflussen. In den Kitas und Schulen sollen
Beteiligungskonzepte verankert und verlässlich gelebt werden, sodass Kinder
Demokratie von Beginn an erfahren und in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt
werden. Auch auf kommunaler Ebene werden wir der Jugend ein verbindliches
Mitspracherecht garantieren. Dazu werden wir den Gemeinden durch Gesetz
verbindlich vorschreiben, für die Interessen von Jugendlichen besondere
Vertretungen oder Beauftragte zu bestellen. Durch die bessere Einbindung in den
demokratischen Prozess muss die Gemeinde die Interessen der Jugendlichen stärker
wahrnehmen.
Vielfalt ist in Nordrhein-Westfalen gelebte Normalität. Wer hier lebt, soll das
Recht haben, unsere Gesellschaft mitzugestalten und mitzuentscheiden. Wir wollen
die strukturellen und institutionellen Hürden abbauen, die bisher eine
gleichberechtigte Beteiligung verhindert haben. Wir richten das politische
Ehrenamt so aus, dass jede*r unabhängig von Schulabschluss, Einkommen oder
individueller Lebenssituation sich aktiv am politischen Prozess beteiligen kann.
Auch Bürger*innen aus anderen EU-Staaten sollen das Recht bekommen, an
Landtagswahlen teilzunehmen. Ausländer*innen aus Nicht-EU-Staaten, die seit
langem in NRW ihren Lebensmittelpunkt haben, erhalten das kommunale Wahlrecht.
Mehrstaatlichkeit wird hier gelebt und gehört zu einem modernen Staat. Auch
werden wir unseren Einfluss auf die Bundespolitik nutzen, um mehrere
Staatsangehörigkeiten neben der Deutschen zu ermöglichen. Wer sich eine Meinung
bilden und aktiv mitgestalten will, muss verstehen können und verstanden werden.
Mehrsprachigkeit, Leichte Sprache, Gebärdensprache und Blindenschrift sind ein
ganz bedeutsamer Schlüssel für gleichberechtigte Teilhabe. Wir erweitern die
sprachliche Vielfalt, insbesondere in öffentlichen Institutionen. Wir schaffen
Zugänge, dort wo sie bisher fehlen, um das politische Engagement und die
Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung in politischen Prozessen zu erhöhen.
Demokratie ist nur so stark wie die Gesellschaft, die sie unterstützt. Ob beim
Schwimmtraining, im Kita-Förderverein, bei der freiwilligen Feuerwehr oder in
der Kirchengemeinde: Ehrenamtlich engagierte Menschen in NRW sorgen buchstäblich
dafür, dass der Laden läuft und tragen die Interessen und Anliegen der
Bürger*innen in die Öffentlichkeit. Wir werden dem bürgerschaftlichen Engagement
und der Bürgerbeteiligung einen deutlich höheren Stellenwert in der
Regierungspolitik einräumenHierfür spielt die langfristige Absicherung von
Verbänden, Vereinen und zivilgesellschaftlichen Organisationen eine
entscheidende Rolle. Wir werden die Ehrenamtsstrategie des Landes NRW
weiterentwickeln und so erreichen, dass sich alle Menschen ganz einfach
engagieren können, unabhängig von Wohnort, Alter, Herkunft, Behinderung oder
sexueller Identität. Besonders in ländlichen Gemeinden unterstützen wir
ehrenamtlich Engagierte durch Förderscouts. Sie helfen, Fördergelder für
gemeinwohlorientierte Projekte zu beantragen. Wir bauen den Freiwilligendienst
aus, bei dem viele jungen Menschen sich engagieren und im Rahmen eines
freiwilligen Jahres Erfahrungen sammeln. Wir sorgen dafür, dass Freiwillige
zukünftig bei Kulturangeboten und beim ÖPNV ähnliche Vergünstigungen und
Ermäßigungen bekommen wie beispielsweise Schüler*innen, Azubis und Studierende.
Tausende Menschen übernehmen in NRW ehrenamtlich Verantwortung in der
Kommunalpolitik. Wir machen die kommunalen politischen Gremien fit für die
Digitalisierung. Dafür erweitern wir die Gemeindeordnung so, dass sie
demokratische Teilhabe digital möglich macht. Wir werden mit den Kommunen
sicherstellen, dass alle gewählten Vertreter*innen die technischen Möglichkeiten
haben, an digitalen Sitzungen teilzunehmen. Das umfasst Hardware, Software und
Schulungen.
Berufstätige und Menschen mit Verantwortung für Kinder oder Angehörige, die
gepflegt werden müssen, werden von dem derzeitigen hohen zeitlichen Mehraufwand
abgeschreckt. Dabei ist es begrüßenswert, wenn mehr Menschen mit
unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen in der Kommunalpolitik
mitmischen. Mehr Personalmittel für hauptamtliche Unterstützung für die
Fraktionen in kommunalen Gremien entlasten die Mandatsträger*innen.
Ob in Schulen, bei der Polizei, in Gerichten oder im Gesundheitsamt – gut
ausgebildete und motivierte Mitarbeitende sind das Fundament eines Staates, der
funktioniert und handlungsfähig bleibt. Doch dieses Fundament hält nicht von
allein. Wir müssen handeln um es zu für die Zukunft stärken. Derzeit sind ca.
20.000 Stellen in der Landesverwaltung unbesetzt. Unsere Behörden bestehen den
harten Wettbewerb um die besten Köpfe nur, wenn die Arbeit im öffentlichen
Dienst attraktiver wird. Gemeinsam mit den Interessensvertretungen für die
Beschäftigten und den Gewerkschaften werden wir deshalb einen neuen Rahmen für
einen modernen öffentlichen Dienst mit attraktiven Arbeitsbedingungen schaffen.
Den Kern bildet ein Lebensarbeitszeitkonto, mit dessen Hilfe Beschäftigte eine
flexible wöchentliche Arbeitszeit erhalten, um damit frühere Pensionierungen
oder Auszeiten zu schaffen. Wir werden auch die Voraussetzungen und
Rahmenbedingungen für mobiles Arbeiten überprüfen und anpassen, damit der
öffentliche Dienst auf der Höhe der Zeit bleibt. Nicht zuletzt werden wir die
Gleichstellung im öffentlichen Dienst vorantreiben. Denn in unseren Behörden
gibt es noch viel zu tun um die „gläserne Decke“ für Frauen zu überwinden und
ihnen gleichberechtigte Aufstiegschancen zu garantieren. Dafür werden wir die
Instrumente für eine gleichberechtigte Personalentwicklung nutzen und ausbauen.
In unseren Behörden geben tagtäglich gut ausgebildete Fachleute ihr Bestes für
unser Gemeinwesen. Und trotzdem ist der Kontakt zur Verwaltung für viele
Bürger*innen und Unternehmen umständlich. Das liegt oft an veralteter Technik
und überholten Strukturen und Abläufen. Wir investieren in den
bürgerfreundlichen, effektiven Staat mit einfacheren, grundsätzlich digitalen
Verfahren. Aber auch der direkte Kontakt und Vor-Ort-Termine bei den Behörden
bleiben für viele Menschen wichtig und müssen deshalb weiterhin möglich sein.
Nur mit einer zukunftsfähig aufgestellten Verwaltung kann der Staat die vielen
an ihn gerichteten Ansprüche und Aufgaben erledigen. Damit überall digital
gearbeitet wird, weiten wir das E-Government-Gesetz vollständig auf die Kommunen
aus. Das Land unterstützt die Kommunen bei der Implementierung digitaler
Verfahren und der entsprechenden Software, damit kein Flickenteppich entsteht,
in dem jede Kommune ihre eigene Lösung entwickelt. Und wir nutzen die
Digitalisierung der Verwaltungsabläufe, um gleichzeitig moderne Arbeitsweisen
einzuführen. Die Verwaltung der Zukunft arbeitet vernetzt und in Teams, mit
großer Transparenz nach innen, flexibel und mit flachen Hierarchien. Diese
Vision werden wir in ausgewählten Pilot-Behörden mit Ansätzen von „New Work“ und
agilen Methoden ausprobieren.
Unser Land befindet sich seit einigen Jahren im Krisenmodus: Zuerst die
anhaltende Hitzewelle, dann die Pandemie und schließlich im Sommer 2021 das
verheerende Hochwasser: das alles beeinträchtigte und beeinträchtigt noch immer
unser aller Leben. Die Krisen decken aber auch schonungslos auf, wo Politik und
Verwaltung Nachholbedarf haben. Wir wollen aus ihnen lernen, damit unsere
Gesellschaft krisenfester wird. Denn die Herausforderungen werden angesichts der
Klimakrise in Zukunft nicht kleiner, sondern größer. Wir versetzen Politik und
Verwaltung in die Lage, vorausschauend und planvoll zu handeln. Wir machen
Vorsorge zu unserem Leitprinzip. In Nordrhein-Westfalen kommt der
Landesregierung dabei eine Schlüsselrolle zu. Wir brauchen eine bessere Kultur
der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches zwischen den einzelnen
Behörden und Ebenen. Zur vorausschauenden Politik gehören Katastrophenpläne für
den Ernstfall und mehr Investitionen in Forschung. Wer gut vorbereitet ist, kann
planvoll handeln und Schaden abwenden. Deshalb gilt für uns: Eine wichtige
Grundlage für unsere Politik legen Wissenschaft und Forschung, sei es beim Klima
oder in Pandemien.
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben ein Recht darauf zu wissen, wer sich
in welcher Weise an einem Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Dafür führen wir ein
verbindliches und öffentliches Lobbyregister für die Landesregierung und den
Landtag sowie einen umfassenden “legislativen Fußabdruck” ein. Dieser macht
transparent, welche Organisationen und Lobbyinteressen Einfluss auf die
Erarbeitung eines Gesetzes genommen haben. Das Abstimmungsverhalten der
Landesregierung im Bundesrat machen wir transparenter und setzen uns dafür ein,
dass dies für den ganzen Bundesrat leicht nachvollziehbar wird.
Nicht allein durch die Maskenskandale der Union ist offensichtlich geworden, wie
schnell Glaubwürdigkeit verloren geht und wie stark dieser Vertrauensverlust dem
Parlamentarismus zusetzt. Wir wollen daher das Abgeordnetengesetz überarbeiten,
sodass Parlamentarier*innen ihre Nebeneinkünfte ab dem ersten Euro angeben
müssen und ihnen bezahlte Arbeit für Lobbyorganisationen verboten ist. Die
Abkühlzeit für Mitglieder der Landesregierung vor einem Wechsel in Lobbyismus
verlängern wir auf die Dauer des Bezugs vom Übergangsgeld, längstens auf 24
Monate.
Wir setzen uns für den wirksamen Schutz von Whistleblower*innen ein. Sie
schützen die Beachtung der Rechtsordnung und damit das Funktionieren des
demokratischen Systems. Whistleblower*innen brauchen Schutzklauseln im
Dienstrecht, damit sie ohne Repressionen auf Missstände hinweisen können.
Hierfür schaffen wir eine unabhängige Prüfstelle und setzen uns für einen Fonds
zur finanziellen Unterstützung von Whistleblower*innen ein.
Korruption, Steuerhinterziehung und Geldwäsche sind Rechtsverstöße mit
verheerenden Auswirkungen auf den Wettbewerb und den freien Markt, für Umwelt
und Menschen. Wir gestalten die öffentliche Beschaffung transparenter und
schaffen Vorkehrungen gegen Interessenskonflikte. Wir wollen die Angebote zur
Korruptionsprävention der öffentlichen Verwaltung ausbauen und unterstützen die
Einrichtung von Ombudsstellen.
Wir vertrauen der öffentlichen IT viel an. Ob Schüler*innendaten, Stromnetze
oder Krankenversorgung – ohne IT läuft nichts in unserer Gesellschaft. Jede
Sicherheitslücke kann fatale Folgen haben. Deshalb sichern wir höchste Standards
für IT- Sicherheit und Datenschutz bei Behörden des Landes und den Kommunen
gesetzlich ab. Deutlich mehr Behörden sollten außerdem den IT-Grundschutz des
Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik umsetzen. Wir fördern die
gemeinsame Forschung von Hochschulen, Unternehmen sowie Unternehmensgründungen
im Bereich IT-Sicherheit.
Auf öffentlich zugängliche Informationen zugreifen zu können, ist Grundlage
unseres demokratischen Staatsverständnisses. Land und Kommunen sammeln und
erstellen mit großem Aufwand riesige Datenmengen. Und die können sehr nützlich
sein, etwa für Medien, Bürger*inneninitiativen, die Wissenschaft oder auch
innovative Unternehmen. Wir ermöglichen mehr Teilhabe am “Datenschatz” in Form
von nicht personenbezogenen Daten. Was der Staat finanziert, muss auch allen
zugänglich sein. Wir schreiben in einem Informationszugangsgesetz fest, dass
staatliche Stellen ihre Informationen proaktiv maschinenlesbar und unter
Berücksichtigung der Open Data-Kriterien veröffentlichen. Mit uns werden Open
Data, Open Source und Open Access zum Standard für alle öffentlichen Stellen vom
Ministerium bis in die letzte Amtsstube.
NRW ist der Inbegriff von Vielfalt. In unserem Bundesland leben 18 Mio.
Menschen, mehr als fünf Millionen von ihnen haben eine Einwanderungsgeschichte.
Damit verfügt unser Bundesland über eine Einwanderungsgeschichte, die es über
Jahrhunderte hinweg zu dem gemacht hat, was es ist. Die verschiedenen Etappen,
in denen Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern unser Bundesland mit
verschiedensten kulturellen Einflüssen geprägt und bereichert haben, sind Teil
unserer Identität und müssen lebendig gehalten werden. Das Dokumentationszentrum
und Museum über die Migration in Deutschland (DoMiD e.V.) leistet dafür einen
wichtigen Beitrag, was wir auch in Zukunft unterstützen werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass alle gleichermaßen sichtbar sind, dieselben
Chancen auf Teilhabe haben und ihre Stimmen Gehör finden. Wir wollen deshalb die
Mehrsprachigkeit in unserer Gesellschaft stärken, internationale
Menschenrechtsbildung ausbauen und Organisationen und Vertretungen von Menschen
mit Einwanderungsgeschichte stärker fördern und einbeziehen. Ihre angemessene
Repräsentation insbesondere in öffentlichen Institutionen ist eine Aufgabe, die
wir mit Nachdruck vorantreiben werden.
Wir sehen NRW auch in der Verantwortung, erinnerungskulturelle Angebote noch
breiter zu fassen und auch die deutsche Kolonialgeschichte und ihre Folgen
systematisch aufzuarbeiten. Hierzu wollen wir ein Konzept entwickeln, das sowohl
die historische Aufarbeitung der Verantwortung in NRW als auch eine
Auseinandersetzung mit dem Thema in Bildungs- und Kultureinrichtungen sowie in
Stadt-Quartieren umfasst.
Jeder Mensch ist anders, das macht unser Zusammenleben interessant und
dynamisch. Wir wollen eine Gesellschaft, in der sich alle Menschen mit
Selbstvertrauen und ohne Angst entfalten können. Die Chancen in unserem Land
sind aber immer noch nicht gleich verteilt. Immer noch erleben Menschen wegen
ihres Namens, aufgrund einer rassistischen Zuschreibung ihrer Religion, ihres
Geschlechts, ihrer sexuellen Identität, aufgrund einer Behinderung oder ihrer
sozialen Herkunft Diskriminierungen am Arbeitsplatz, bei der Wohnungssuche oder
in der Freizeit. Benachteiligungen gibt es auch in vielen anderen alltäglichen
Lebensbereichen, wie in der Schule oder bei Behördengängen. Diskriminierung in
Institutionen und Behörden findet dabei nicht unbedingt als absichtsvolle
Benachteiligung von Einzelpersonen statt, sondern hier spiegeln sich noch immer
Stereotype und Vorurteile – bewusst oder unbewusst – wider. Diesen strukturellen
Benachteiligungen werden wir mit mehreren Maßnahmen entgegenwirken.
Wir wollen es allen Menschen ermöglichen, Diskriminierungen in den
Zuständigkeitsbereichen des Landes – wie etwa der Schule oder der Polizei – zu
melden und gegen diese auch rechtlich vorzugehen. Die Möglichkeit für
Betroffene, sich effektiv gegen erlebte Diskriminierung zu wehren, werden wir
mit einer Landesantidiskriminierungsstelle und einem
Landesantidiskriminierungsgesetz ausbauen. Indem wir ein Verbandsklagerecht
einführen, können sich Betroffene auf Wunsch auch von ihren Verbänden vertreten
lassen.
Gleichzeitig braucht es ein engmaschiges und niedrigschwelliges Unterstützungs-
und Beratungsnetz. Die bisherigen Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit
wollen wir deshalb flächendeckend ausbauen. Eine
Landesantidiskriminierungsstelle vertritt diese Servicestellen auf Landesebene
und schafft innovative Wege, um die Bevölkerung über Diskriminierungsformen
aufzuklären. Mit eigenen Studien soll die Landesantidiskriminierungsstelle
Diskriminierung und strukturelle Benachteiligungen offenlegen und gleichzeitig
Handlungsempfehlungen für die Antidiskriminierungspolitik in NRW erarbeiten.
Unsere Behörden sollen ein Spiegelbild und Dienstleister unserer vielfältigen
Gesellschaft sein. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind wichtige
Ansprechpartner*innen für Anliegen und Probleme. Egal, ob es um einen neuen Pass
oder um Wohngeld geht, der Gang zum Amt sollte für Jede*n gleichermaßen
zugänglich, verbindlich und verständlich sein.
Unser Ziel ist es, die Verschiedenheit unserer Gesellschaft, die wir in NRW
bereits leben und die uns ausmacht, in unsere Verwaltung zu tragen und sie dort
zu verankern. Darin unterstützen wir unsere Landesbehörden und Kommunen. Daher
intensivieren wir für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst auf Landesebene
Weiterbildungsmaßnahmen, die internationale Menschenrechte, Interkulturalität
und Antidiskriminierung beinhalten. Mehrsprachigkeit in Behörden, bei der
Polizei und in Notdiensten bauen wir aus, egal, ob der Kontakt online,
telefonisch oder persönlich erfolgt. Unser Ziel ist, dass öffentliche
Einrichtungen die soziale und kulturelle Vielfalt unserer Gesellschaft abbilden.
Dafür entwickeln wir verbindliche und messbare Zielvorgaben in den Behörden.
Auch sollten sich Führungskräfte mit internationaler Biographie in den
Verwaltungen stärker miteinander vernetzen können.
Jeder Mensch hat eigene Wünsche und Träume. Sie können sich auf die Berufswahl
beziehen, auf Freizeitaktivitäten oder eine bestimmte Wohnform, in der man leben
möchte. Die Chancen, sich eigene Ziele zu stecken und diese zu erreichen, müssen
in einer diversen und inklusiven Gesellschaft gleich verteilt sein. Die UN-
Behindertenrechtskonvention basiert auf dem Menschenrecht auf eine
gleichberechtigte Teilhabe. Ihre Umsetzung wollen wir konsequent voranbringen.
Zum Beispiel sollen Menschen, die im Rollstuhl in der Stadt unterwegs sind, ohne
große Umwege und ohne fremde Hilfe ihr Ziel erreichen. Kinder und Jugendliche,
egal ob mit oder ohne Behinderung, sollen den Beruf erlernen können, für den sie
sich interessieren. Sich ehrenamtlich zu engagieren, zum Beispiel ein
politisches Mandat zu bekleiden oder in einem Sportverein mitzuwirken, soll
allen Menschen möglich sein. Auf dem Arbeitsmarkt erinnern wir Unternehmen und
Ausbildungsbetriebe an ihre Pflicht, Menschen mit Behinderung einzustellen und
überzeugen sie von den Vorteilen. Wir planen Barrierefreiheit durch Änderungen
im Bauwesen von Beginn an ein, wenn Schulen oder Wohnungen gebaut werden.
Politische Abläufe und Verwaltungsprozesse kommunizieren wir in leichter
Sprache, in Gebärdensprache oder in Blindenschrift. Wir fördern die
organisierten Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderung und finden
gemeinsam mit ihnen Lösungen für die Bereiche, die noch nicht für alle
auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Nur so garantieren wir echte Teilhabe.
Ob und was Schüler*innen in NRW glauben, wird immer vielfältiger. Deshalb ist es
wichtig, dass jede*r Schüler*in von der ersten Klasse an wirklich die freie Wahl
hat, am konfessionellen Religionsunterricht oder an einem altersgemäßen
Philosophieunterricht teilzunehmen. Hemmnisse für den seit 2015 möglichen Umbau
von Bekenntnisschulen in bekenntnisfreie Grundschulen werden wir abbauen. Wir
unterstützen den islamischen Religionsunterricht auf Grundlage unserer
Verfassung. Er leistet einen wichtigen Beitrag für die Gleichberechtigung und
Integration muslimischen Lebens. Dafür wird eine entsprechende akademische
Ausbildung des Lehrpersonals in Deutschland, in unserem Fall in NRW, benötigt.
Wir wollen die Stimmen liberaler Muslime in der Kommission für islamischen
Religionsunterricht stärken. Aus anderen Staaten gesteuerte Verbände gehören
nicht in die Kommission. Mittelfristig wollen wir den Religionsunterricht im
Diskurs mit den Religionsgemeinschaften – auf Basis des Grundgesetzes, in dem
dieses Fach verankert ist – zu einem gemeinsamen konfessionellen Unterricht
weiterentwickeln, der auch den islamischen Religionsunterricht mit einbezieht.
Dieser Unterrichtet verbindet und bietet Orientierung und Verständigung in
unserer vielfältigen Gesellschaft.
Religion ist für viele Menschen in NRW ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags
und prägender Teil der eigenen Identität und der Deutung der Welt. Die Freiheit,
den eigenen Glauben zu leben, ist ein Menschenrecht ebenso wie das Recht, keine
Weltanschauung oder Religion auszuüben. Der Staat muss diese Rechte
gewährleisten und schützen. Religionsgemeinschaften sind wichtiger Teil unserer
Zivilgesellschaft. In ihnen engagieren sich viele Menschen für die Gemeinschaft,
sie sind Räume für Engagement und prägen und bieten Heimat. Voraussetzung für
einen positiven Beitrag zur demokratischen Gesellschaft ist, dass
Religionsgemeinschaften die Grundprinzipien der Verfassung achten, sich dem
öffentlichen Diskurs stellen und nicht fundamentalistisch agieren. Das gilt
insbesondere dann, wenn sie mit dem Staat kooperieren. Islamische Gemeinschaften
können und sollen als Religionsgemeinschaften anerkannt werden, wenn sie die
rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllen, denn muslimisches Leben gehört zu
NRW. Die vier großen muslimischen Verbände erfüllen diese Voraussetzungen aber
derzeit nicht. Wir unterstützen die Imam-Ausbildung in NRW und werden
muslimisches Engagement fördern. Jüdinnen und Juden sind ein Teil unserer
vielfältigen Gesellschaft. Gemeinsam mit den jüdischen Gemeinden und
Institutionen wollen wir die Vielfalt jüdischen Lebens noch sichtbarer machen
und Begegnung und Austausch ermöglichen. Antisemitismus in all seinen Facetten
werden wir uns konsequent entgegenstellen.
Die christlichen Kirchen sind für uns ein wichtiger Bündnispartner im Kampf für
Menschenrechte, die Seenotrettung, den Kampf gegen die Klimakrise oder für eine
gerechtere Welt. Das Land und die Kommunen pflegen viele Kooperationen mit ihnen
– etwa im Bereich Bildung oder Gesundheitsversorgung. Diese gewachsene Beziehung
wollen wir erhalten und wo nötig weiterentwickeln, denn der Staat muss selbst
grundsätzlich weltanschaulich neutral handeln. So plädieren wir für eine Novelle
des Feiertagsgesetzes, die an „stillen“ Feiertagen das bestehende, generelle
Verbot von Kultur- und Tanzveranstaltungen begrenzt. Außerdem wollen wir, dass
Angehörigen religiöser Minderheiten ein individueller Feiertag ermöglicht wird –
sowohl in der Schule wie auch im Arbeitsleben. Wir unterstützen das Anliegen,
die Kirchenaustrittsgebühr abzuschaffen und im Dialog mit den Kirchen dem
Auftrag des Grundgesetzes endlich nachzukommen und die altrechtlichen
Staatsleistungen abzulösen.
Es ist Zeit für eine feministische Regierung und Politik in NRW, mit der wir uns
alle gemeinsam für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen. Frauen verdienen die
Hälfte der Macht – im Landtag und in den Gemeinderäten genauso wie in
Schlüsselstellen der Verwaltung. Gremien besetzen wir deshalb grundsätzlich
mindestens zur Hälfte mit Frauen. Mit einem Paritätsgesetz sorgen wir dafür,
dass zur Wahl des Landtags 2027 auch in den anderen Parteien deutlich mehr
Frauen auf den Landeslisten und in den Direktwahlkreisen zur Wahl stehen.
Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe, denn sie berührt alle politischen
und gesellschaftlichen Bereiche: die Stadtplanung genauso wie die Planung von
Kitas und Ganztagsbetreuung, die Wirtschaftsförderung oder die Unterstützung
lokaler Projekte und Initiativen. Wir sorgen dafür, dass die Interessen und
Bedarfe von Frauen und Mädchen bei allen politischen Entscheidungen
berücksichtigt werden.
Das Land und die Kommunen bewegen Gelder in Milliardenhöhe, planen Straßen,
unterstützen Unternehmen und investieren viel Geld in die kommunale
Infrastruktur. Haushaltspolitik ist aber nicht geschlechterblind.
Finanzentscheidungen haben unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer.
Wir stärken eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik durch die konsequente
Umsetzung eines Gender-Budgeting-Ansatzes und stellen sicher, dass öffentliche
Investitionen und Ausgaben den Geschlechtern gleichermaßen zugutekommen. Für die
echte Chancengleichheit von Frauen und Männern benötigen wir Forschung zum Thema
Geschlechtergerechtigkeit. Wir möchten daher den Wissenschaftsbereich der Gender
Studies fördern und ausbauen, um große Erkenntnislücken endlich zu schließen und
wissenschaftlich fundiert Politik zu machen.
Unser Ziel: Frauen verdienen für gleichwertige Arbeit den gleichen Lohn, sind
wirtschaftlich unabhängig und im Alter gut abgesichert. Was selbstverständlich
klingt, muss endlich Realität werden! Wir setzen uns ein für eine gerechte
Bezahlung und faire Arbeitsbedingungen in systemrelevanten Care-Berufen wie
Pflege und Erziehung, die zu über 70 Prozent von Frauen ausgeübt werden. Und wir
nutzen die Möglichkeiten der Landespolitik, um die wirtschaftliche Situation von
Frauen zu verbessern und Beruf und Familie besser „unter einen Hut“ zu bekommen.
Grundlage dafür ist der Ausbau von Betreuungsplätzen in Kindertagespflege, Kita
und Ganztagsbetreuung in der Grundschule. In einem Modellprojekt helfen wir
berufstätigen Eltern, insbesondere einkommensschwachen und Alleinerziehenden,
Unterstützung durch Reinigungskräfte und Kinderbetreuung zu buchen – fair
bezahlt, versichert und sozial abgesichert. Damit schaffen wir gleichzeitig
Perspektiven jenseits von Schwarzarbeit oder ausbeuterischen
Arbeitsverhältnissen im haushaltsnahen Dienstleistungssektor.
Wir streiten seit unserer Gründung dafür, dass Lesben, Schwule, Bisexuelle,
Trans*-, Inter*- und queere Menschen (LSBTIQ*) in NRW selbstbestimmt, ohne
Ausgrenzung und Angst leben können. Vielfalt ist gelebter Alltag in unserem Land
und die vielen CSDs und Pride Demonstrationen haben längst einen festen Platz in
unserer Gesellschaft. Trotzdem gehören Ausgrenzung und Diskriminierung für viele
queere Menschen zu ihren alltäglichen Erfahrungen. Deshalb werden wir
Betroffenen und Verbänden das Recht geben, rechtlich gegen Diskriminierung
vorzugehen. Das schreiben wir in einem Landesantidiskriminierungsgesetz fest.
Wir stärken queeres Leben und die Vielfalt unserer Zivilgesellschaft, indem wir
den „Aktionsplan für queeres Leben“ weiterentwickeln. Er sorgt für
Gleichstellung durch Aufklärung, Bildung und Schutz. Wir bauen das Angebot von
Beratung, Koordination, Kinder- und Jugendarbeit und Selbsthilfegruppen aus und
stärken es. Insbesondere auch jenseits der großen Städte wollen wir Angebote
schaffen und bestehende finanziell absichern. Außerdem legen wir ein wirksames
Konzept für die Bekämpfung von Hasskriminalität vor. Dazu gehören fachlich
qualifizierte und lokal verankerte Kontaktstellen für LSBTIQ*, die Opfer von
Hasskriminalität und Gewalt geworden sind.
Wir trennen klar zwischen Sexarbeit und Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung.
Letzterer ist ein abscheuliches Verbrechen, das wir mit allen Mitteln bekämpfen.
Sexarbeiter*innen brauchen, wie andere Berufstätige auch, sichere
Arbeitsbedingungen sowie eine Kranken- und Sozialversicherung. Wir sichern
spezialisierte Beratungsstellen, insbesondere im ländlichen Raum, die
Sexarbeiter*innen beraten, unterstützen und bei Bedarf auch Hilfe beim Ausstieg
aus der Sexarbeit leisten. Wir stärken die rechtliche und soziale Lage von in
der Sexarbeit tätigen und wirken Diskriminierung und Stigmatisierung entgegen.
Das geht am besten, wenn wir mit den Betroffenen im Austausch stehen und ihre
Lebensrealität genau kennen. Wir werden den Runden Tisch Prostitution wieder ins
Leben rufen.
Wir wollen jenen Menschen Schutz bieten, die vor Gewalt und Krieg fliehen
müssen. Aber noch immer verharren Geflüchtete dicht gedrängt in provisorischen
Lagern auf den griechischen Inseln oder an den europäischen Außengrenzen. Noch
immer ertrinken jedes Jahr viel zu viele Menschen auf der Flucht im Mittelmeer.
Die europäische Flucht- und Asylpolitik muss menschlicher werden. Statt die
Festung Europa weiter auszubauen und uns abzuschotten, müssen wir neue und
verschiedene Zugänge schaffen und Zuwanderung erleichtern. Wir unterstützen das
Engagement von zivilen Seenotretter*innen. Sie springen dort ein und retten
Menschenleben, wo die Institutionen der Europäischen Union versagen. Wir stehen
an der Seite der zahlreichen Kommunen in NRW, die Geflüchteten in Not einen
Sicheren Hafen bieten. Mit einem eigenen Landesaufnahmeprogramm wollen wir diese
Bereitschaft zur Aufnahme von Menschen in besonders prekären Notsituationen, wie
etwa für aus Seenot Gerettete, unterstützen. So soll das Land in Zusammenarbeit
mit den Kommunen die Möglichkeit erhalten, Menschen auf der Flucht bei uns
Schutz zu bieten. Zudem wollen wir erreichen, dass sich NRW mit einem
Sonderprogramm an der Aufnahme jesidischer Frauen aus dem Nordirak beteiligt.
Wir brauchen klare Maßstäbe für die Unterbringung und Versorgung von
Geflüchteten hier in NRW. Die individuellen Bedürfnisse, Wünsche und
Möglichkeiten von Kindern, Familien oder chronisch Kranken müssen wir dabei
stets im Blick behalten. Lange Aufenthaltszeiten in Landesunterkünften lehnen
wir ab. Wir müssen weg von übergroßen und isolierten Einrichtungen hin zu
dezentralen und kleineren Wohneinheiten. Denn gerade in den ersten Wochen
brauchen Menschen mit einer Fluchtgeschichte Ruhe und Privatsphäre in
geschützten Räumen, wo sie ankommen und sich sicher fühlen können.
Ehrenamtliche, die freie Wohlfahrtspflege und andere zivile Akteure leisten bei
der Beratung und Betreuung der Geflüchteten einen unerlässlichen Beitrag, den
wir hoch schätzen und weiterhin stärken wollen. Ebenso ist eine umfassende
Gesundheitsversorgung zentral. Auch hier wollen wir neue Standards setzen, die
helfen, Erkrankungen frühzeitig zu identifizieren und entsprechend zu behandeln.
Geflüchteten Kindern, die in den Landesunterkünften untergebracht sind, werden
wir den Zugang zum Unterricht in Regelschulen ermöglichen.
Eine qualitativ hochwertige Flüchtlings- und Integrationspolitik gelingt nur im
Schulterschluss mit den Kommunen. Wir wollen die Kommunen dabei unterstützen,
gemeinsam verbindliche Standards für Flüchtlingsunterkünfte zu entwickeln, die
die individuellen Schutzbedürfnisse der Betroffenen beachten. Um die Kommunen
hier zu unterstützen, erhöhen wir die Pauschale im Flüchtlingsaufnahmegesetz,
die keine Unterscheidung zwischen Asylbewerber*innen und Geduldeten macht.
Wir wollen Integrations-, Teilhabeangebote und Sprachkurse von Anfang an für
alle Geflüchteten ermöglichen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Sie schaffen
für die Ankommenden die Basis für ein eigenständiges Leben in unserer
Gesellschaft. Damit auch Frauen mit Kindern die Kurse belegen und erfolgreich
abschließen können, bauen wir begleitende Kinderbetreuungsangebote aus. Als
wichtige Partner wollen wir die kommunalen und zentralen Ausländerbehörden
stärker in Integrationsprozesse einbinden. Diese neuen „Willkommensbehörden“
sollen Migrant*innen, insbesondere Geflüchtete, bei ihrem Weg zu mehr
gesellschaftlicher Teilhabe und Arbeitsmarktintegration begleiten und fördern
und ebenso die Spielräume für Bleibeperspektiven für Geduldete weitreichend
nutzen. Wir setzen uns beim Bund dafür ein, dass Abschiebehindernisse gewahrt
bleiben und besonders zu schützende Personengruppen wie Sinti*zze und Rom*ja und
wegen Gewalt gefährdete Frauen vor einer Abschiebung in Unrechtsregime und
Kriegsregionen bewahrt werden. Asylverfahren müssen zügiger bearbeitet werden,
aber gleichzeitig immer fair, individuelle Bedürfnisse berücksichtigen und
transparent sein. Bei einer Aufenthaltsbeendigung müssen Abschiebungen immer das
letzte Mittel sein. Wir setzen uns dafür ein, mildere Mittel zur Abschiebehaft
als Alternative auszuschöpfen und wollen garantieren, dass die Rechte der
Betroffenen geachtet werden. Denn die Inhaftierung von Menschen, die sich nichts
haben zuschulden kommen lassen, stellt eine massive Einschränkung ihrer Rechte
dar. Abschiebungen in Kriegs- und Krisenländer, wie aktuell Afghanistan und
Syrien, lehnen wir grundsätzlich ab.
Unsere Gerichte kämpfen schon jetzt mit dem Fachkräftemangel. In den nächsten
Jahren werden überdurchschnittlich viele Richter*innen und Staatsanwält*innen in
Pension gehen. Darauf müssen wir frühzeitig reagieren. Deshalb benötigen wir
moderne, flexiblere und familienfreundlichere Strukturen, die insbesondere für
Frauen die Tätigkeit in der Justiz attraktiver machen. Momentan ist die Justiz
mit zu vielen Aufgaben betraut. Dadurch dauern Verfahren viel zu lang. Um die
Strafverfolgung effektiver zu machen, werden wir die Justiz neben einer
Personalaufstockung von einigen Aufgaben entlasten. Wir werden die gesetzlichen
Bestimmungen dafür schaffen, dass in Nordrhein-Westfalen niemand wegen
Bagatelldelikten zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Hierzu werden wir
Vereinbarungen mit den Verkehrsverbünden abschließen, um ticketloses Fahren als
nicht anzuzeigenden Vertragskonflikt einzustufen. Zudem wollen wir die NRW-
Richtlinien zum Besitz und Konsum von Cannabis anpassen und den Grenzwert auf 15
Gramm anheben. Ersatzfreiheitsstrafen wollen wir weitgehend abschaffen und durch
ein System der Abgeltung durch gemeinnützige Arbeit ersetzen. Auch den
Jugendarrest, insbesondere den Freizeitarrest, wollen wir auf den Prüfstand
stellen. Sie sind als Mittel der Abschreckung wie auch der Erziehung ungeeignet.
Wir halten individuelle Angebote für sinnvoller. Besonders der so genannte
Warnschussarrest widerspricht dem wichtigen Strafrechtsgrundsatz der
Verhältnismäßigkeit.
Wir wollen Ersatzfreiheitsstrafen weitgehend abschaffen und durch ein System der
Abgeltung durch gemeinnützige Arbeit ersetzen. Ein wichtiges Prinzip des
Rechtsstaates ist es, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und Strafen
ohne Ansehen der Person von unabhängigen Gerichten verhängt werden. Das ist
derzeit nicht uneingeschränkt gewährleistet, da verhängte Geldstrafen von
Menschen mit entsprechendem wirtschaftlichem Hintergrund leicht aus der
Portokasse bezahlt werden können, arme Menschen hingegen in manchen Fällen
ersatzweise ins Gefängnis müssen. Das ist nicht nur ungerecht und bestraft
Vermögenslose doppelt, es erzielt auch nicht den erhofften abschreckenden Effekt
bei Vermögenden. Die Abgeltung von (Geld-)Strafen durch gemeinnützige Arbeit
gibt der Gesellschaft etwas zurück und dürfte einen stärkeren
selbstreflektierenden Effekt haben.
Eine Gesellschaft muss sich auch daran messen lassen, wie sie mit Straftätern
umgeht. Und auch diejenigen, die mit Inhaftierten arbeiten, haben gute
Arbeitsbedingungen verdient. Wir streben eine Verbesserung des
Personalschlüssels an und wollen den Berufsweg im Justizvollzugsdienst insgesamt
attraktiver gestalten. Denn die Beschäftigten in den Haftanstalten kämpfen mit
einer sehr hohen Arbeitsbelastung und Überstunden-Kontingenten. Das führt zu
einem erhöhten Krankenstand und Einschränkungen für die Gefangenen (weniger
Unterricht, Sportangebote, Therapieplätze, Arztbesuche usw.). Einen Schwerpunkt
bei zusätzlich geschaffenen Stellen sollten die Fachdienste im psychologischen,
pädagogischen, seelsorgerischen und medizinischen Bereich bilden. Laut Gesetz
haben Inhaftierte Anspruch auf eine humane Unterbringung. Der jetzige, oft
baufällige Zustand einiger Haftanstalten darf deshalb kein Dauerzustand bleiben.
Zudem birgt er Sicherheitsrisiken, wie zum Beispiel mangelnden Brandschutz. Eine
Modernisierungsoffensive bietet dabei auch Chancen für eine menschenwürdige
Neukonzeption von Haftanstalten in baulicher und architektonischer Hinsicht.
Damit werden Möglichkeiten geschaffen, Vollzugspläne bzw. -ziele
erfolgversprechender umzusetzen und auch den Bediensteten den Arbeitsalltag zu
erleichtern.
Jeder Mensch in NRW muss einfach an sein Recht kommen. Wir wollen, dass
Menschen, die aufgrund ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse
nicht aus eigenen Mitteln den Rechtsweg beschreiten können, noch besser proaktiv
über ihre Rechte und Möglichkeiten zu Beratungs-, Verfahrens- und
Prozesskostenhilfe in einfacher und verständlicher Sprache aufgeklärt werden.
Wir werden mit konkreten Projekten das Vertrauen in unseren Rechtsstaat stärken.
So wird unter anderem nach dem Berliner Vorbild das Projekt „Wir im Rechtsstaat“
auch in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Hier geben Richter*innen und
Staatsanwält*innen halbtägige Kurse, in denen Bürger*innen über ihre Rechte und
Pflichten im deutschen Rechtsstaat aufgeklärt werden. Die Kurse werden z.B. in
Vereinen, Flüchtlingsunterkünften oder Schulen stattfinden.
Jede*r Bürger*in hat in Nordrhein-Westfalen das Recht auf ein faires Verfahren.
Das ist in unserem Rechtsstaat eine zentrale Botschaft, auf die Verlass sein
muss. Vorurteile und Pauschalisierungen sind bestehende Hindernisse, die diesem
Recht entgegensteht. Mit Aktionstagen und Fortbildungen sensibilisieren wir alle
Mitarbeitenden in der Justiz für Vielfaltsthemen wie Migration, Religion,
Behinderung, Gender und LSBTQI*, um individuelle und strukturelle Barrieren
abzubauen und um zukünftig untereinander und im Umgang mit Bürger*innen
möglichst diskriminierungsfrei zu agieren.
Das Internet und Soziale Medien nehmen immer mehr Platz im gesellschaftlichen
Leben ein. Neben vielen Erleichterungen und neuen Möglichkeiten sich zu
vernetzen sind dort auch Räume für verachtende, beleidigende, rassistische und
diskriminierende Kommentare und Handlungen entstanden. Diese „Hate Speech“ kann
für die direkt Betroffenen auch in der analogen Welt zur echten Gefahr werden.
Zudem ist „Hate Speech“ schädlich für die demokratische Debattenkultur, da
rechtsextreme Akteure immer wieder versuchen, demokratische Positionen, die für
Vielfalt und Minderheitenrechte einstehen, zum Verstummen zu bringen. Zur
Bekämpfung von Hassrede und Gewalt im Netz sind eine effektive Strafverfolgung,
eine zwischen Bund und Land gut verzahnte Meldestruktur, eine personell gut
ausgestattete Beratungsstruktur sowie Öffentlichkeitskampagnen notwendig, die
sich Hass und Hetze entgegenstellen. Wir werden außerdem die Zentral- und
Ansprechstelle „Cybercrime“ auf den Bereich der "Hate-Speech" erweitern und so
eine zentrale und kompetente Strafverfolgungsbehörde gegen "Hate-Speech"
aufbauen.
Nicht erst seit den furchtbaren Fällen von Kindesmissbräuchen in Lügde, Münster
und Bergisch-Gladbach wissen wir: Beim Schutz von Kindern vor sexualisierter
Gewalt – im persönlichen Umfeld und im Internet – sowie anderen Formen der
Kindeswohlgefährdung, bleibt weiter viel zu tun. Der Untersuchungsausschuss zu
den Fällen sexualisierter Gewalt in Lügde hat gravierende Mängel in der
staatlichen Struktur zum Schutz von Kindern aufgedeckt. Diese vielschichtigen
Mängel wollen wir mit großem Nachdruck beseitigen. Gemeinsam mit den Kommunen
und den Landesjugendämtern werden wir dafür sorgen, dass überall in NRW die
gleichen fachlichen und personellen Standards in der Jugendhilfe gelten. Wir
stärken die Netzwerke des Kinderschutzes vor Ort. Alle am Kinderschutz
Beteiligten aus Jugendhilfe, Justiz, Polizei, Bildungs- und Gesundheitswesen
arbeiten in Zukunft in verlässlichen und dauerhaften Netzwerken zusammen. Die
Koordination dieses Netzwerkes in der Kommune finanziert das Land.
Wir richten die Stelle eines*einer unabhängigen Landesbeauftragten für die
Belange des Kinderschutzes und der Kinderrechte ein. Wir stärken kindgerechte
Verfahren in Justiz und Polizei sowie die Fortbildung von Richter*innen und
Staatsanwält*innen und in der Polizei. Dort sollen auch Kompetenzen bei
kindgerechten Vernehmungen gestärkt werden. Wir wollen dafür sorgen, dass den
Betroffenen bei der Polizei kompetente Partner*innen zur Seite stehen.
Jede Frau, die von Gewalt betroffen oder bedroht ist, muss in NRW Unterstützung
und Schutz finden. Das ist unser Anspruch. Dafür stärken wir das bestehende
System der Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen, Notrufe und
Interventionsstellen. Die Frauenhilfestruktur werden wir durch langfristige
Finanzierungszusagen unterstützen. Gleichzeitig entwickeln wir das Schutz- und
Unterstützungssystem mit allen Beteiligten weiter. So wird das Angebot
barrierefreier und richtet sich künftig stärker auch an Kinder, die Opfer von
häuslicher Gewalt sind und gezielte Hilfs- und Unterstützungsangebote brauchen.
Auch für genderqueere Personen wollen wir eine passgenaue Unterstützung
schaffen, die unter anderem durch separate Rückzugsräume und speziell geschultes
Personal gewährleistet wird.
Wir entwickeln das Hilfesystem so weiter, dass Opfer von geschlechtsspezifischer
Gewalt die Unterstützung erfahren, die sie brauchen. Dazu werden wir modellhaft
Clearingstellen erproben, die allen Frauen rund um die Uhr offenstehen und sie
dabei unterstützen, die passgenaue Hilfe zu finden. Außerdem setzen wir bei
Polizei und Justiz Schwerpunkte bei der effektiven Bekämpfung von Gewalttaten
gegen Frauen und queere Personen. Das beinhaltet schnelle Ermittlungen, schnelle
Strafverfahren und eine bessere Bewertung von Risikofällen.
Wir werden in NRW eine Koordinierungsstelle zur Verhütung und Bekämpfung von
Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt schaffen. Damit setzen wir die
Istanbul-Konvention weiter um, zu der NRW sich bekannt hat. Die Stelle bringt
verschiedenen Hilfsangebote zusammen und unterstützt die Weiterentwicklung der
Gewaltschutz-Einrichtungen und ihrer Zusammenarbeit. Darüber hinaus werden wir
ein Monitoring zum Umsetzungsstand der Istanbul-Konvention in NRW entwickeln.
Auch Männer werden Opfer häuslicher Gewalt. Wir werden die Schutz- und
Unterstützungsstrukturen, die sich an männliche Opfer von Gewalt richten,
ausbauen. Das erfordert zusätzliche Ressourcen und darf nicht zulasten der
bestehenden Frauenhilfeinfrastruktur gehen. Die Interventionsstellen bei
häuslicher Gewalt wollen wir finanziell stärken und als Anlaufstellen für alle
Opfer häuslicher Gewalt, unabhängig vom Geschlecht, weiterentwickeln.
Opfer von Sexualdelikten, Stalking und Bedrohungen erstatten in viel zu vielen
Fällen keine Anzeige. Ein Grund dafür ist die hohe Belastung der Opfer im
anschließenden Gerichtsprozess. Das werden wir ändern und uns für eine den
Vorwürfen angepasste Zeugenvernehmung einsetzen. Kein Opfer solcher Straftaten
darf mehr Angst davor haben, die Täter anzuzeigen. Zudem werden wir die
„Childhood“-Häuser in NRW stärken, in denen die notwendige Begleitung von
Kindern und Jugendlichen bei Missbrauchserfahrung in kinderfreundlicher Umgebung
unter einem Dach koordiniert und strukturiert wird.
Wir werden neue Wege beim Opferschutz und bei der Resozialisierung straffällig
gewordener Menschen gehen, um für mehr Sicherheit für die Bevölkerung zu sorgen.
Im neuen Landesresozialisierungs- und Opferschutzgesetz werden wir den
Opferschutz stärken und bei der Resozialisierung mitberücksichtigen. Außerdem
werden wir den Übergang vom Strafvollzug in die Freiheit besser organisieren, so
dass ehemalige Straftäter*innen besser Fuß fassen können und Unterstützung
beispielsweise durch Sozialarbeiter*innen erhalten.
Oft ist die Haft nicht die gesellschaftlich sinnvollste Strafe, da sie den
Bestraften auch nach der Verbüßung ausgrenzt. Deshalb werden wir alternative
Sanktionsformen im Sinne von Haftvermeidung stärker in den Vordergrund rücken.
Insgesamt werden wir mit der Vereinheitlichung von Gesetzes- und
Verwaltungsvorschriften für mehr Klarheit bei Struktur und Zuständigkeiten
sorgen, so dass mehr Personal und Geld für den effektiven Opferschutz und die
Resozialisierung zur Verfügung steht. Sowohl der Opferschutz als auch die
Verbesserung der Lebenslage straffällig Gewordener stehen dabei für uns im
Mittelpunkt.
Dass Nordrhein-Westfalen ein grundsätzlich sicheres Land ist, liegt auch an der
guten Arbeit der Polizei. Als Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols muss sie
gut aus- und fortgebildet, personell gut aufgestellt und angemessen ausgestattet
sein. Wir nehmen das Leitbild der Polizei-NRW ernst und wollen eine
bürgerorientierte, professionelle und rechtsstaatliche Polizei. Die hohen
Einstellungszahlen in der Polizei werden wir aufrechterhalten und dabei die
Vielfalt der Gesellschaft auch in der Polizei abbilden. Wir wollen für mehr
Beamt*innen im Bezirks- und Schwerpunktdienst sorgen, um die wichtige
sozialraumorientierte Polizeiarbeit im „Veedel“ oder Stadtteil zu stärken. Damit
leisten wir einen Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung und erhöhen das
Sicherheitsgefühl der Bürger*innen. Flächendeckende und anlasslose
Videoüberwachung lehnen wir ab. Für eineEine Ausstattung mit Tasern, außer füraußerhalb der
Spezialkräfte, sehenlehnen wir keinen Bedarfaufgrund der gesundheitlichen Gefahren, des hohen Fortbildungsbedarfes für die Beamt*innen und der beschränkten Einsatzsituationen ab. Die begonnene Ausstattung des Wachdienstes mit Tasern werden wir rückgängig machen.
Angesichts der immer größeren Anforderungen beispielsweise in den Bereichen
Kindesmissbrauch, Umweltkriminalität, Geldwäsche, organisierte Kriminalität
(Mafia) werden wir die Kriminalpolizei personell und in der Aus- und Fortbildung
stärken. Dabei ermöglichen wir Spezialisierungen und fördern Fachkarrieren. Die
gesundheitlichen Belastungen im Polizeidienst sollen durch eine Überprüfung der
Schichtdienstmodelle und den Ausbau von Krisenintervention und Supervision
verringert werden. Die Fortbildung, insbesondere der Führungskräfte,
beispielsweise bei der Deeskalationskompetenz, der Sensibilisierung gegen
Rechtsextremismus und Rassismus, bei Hasskriminalität sowie der
Menschenrechtsbildung stärken wir weiter. Wir streben die rechtssichere
Einführung einer individualisierten und anonymisierten Kennzeichnung unter
Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Beamt*innen an.
Alle Menschen – unabhängig von Hautfarbe, Religion, Migrationsgeschichte,
Geschlecht oder sexueller Identität – müssen darauf vertrauen können, dass die
Polizei sie schützt und nicht diskriminiert. Daher wiegen die Fälle von
Rassismus und anderen menschenverachtenden Äußerungen in der Polizei schwer. Die
Handlungsempfehlungen der Stabsstelle „Rechtsextremistische Tendenzen in der
Polizei NRW“ werden wir umsetzen und die Maßnahmen fortlaufend weiterentwickeln.
Dazu gehören Präventions- und Reflexionsmöglichkeiten in der Polizei sowie
Regelungen zur Rotation. Zudem wollen wir verpflichtende Fortbildungen zum
Themenfeld Rechtsextremismus und Rassismus einführen und die Meldung von
Hinweisen erleichtern. Führungskräfte müssen besser qualifiziert und
sensibilisiert werden, damit sie Verdachtsfälle besser einschätzen und
intervenieren können. Zusätzlich werden wir eine wissenschaftliche Studie zu
rassistischen und anderen menschenverachtenden Einstellungen bei der Polizei NRW
in Auftrag geben.
Die Polizei greift durch ihre Maßnahmen zum Teil empfindlich in die
Freiheitsrechte der betroffenen Personen ein. Wie jedes Verwaltungshandeln ist
auch polizeiliches Handeln überprüfbar. Einzelverfahren vor Gerichten oder im
qualifizierten Beschwerdemanagement können aber nicht mögliche strukturelle
Fehlentwicklungen innerhalb der Polizei aufdecken. Whistleblower*innen in der
Polizei müssen deshalb besonders geschützt werden und ihre Anliegen vorbringen
können, ohne irgendwelche Nachteile fürchten zu müssen. Wir wollen daher die
Stelle einer*eines unabhängigen Polizeibeauftragten beim Landtag NRW ansiedeln.
Die Stelle soll sowohl für Bürger*innen als auch für Polizeibeamt*innen
ansprechbar sein, den Landtag bei der Beratung von Themen zur Polizei
unterstützen und einen regelmäßigen Tätigkeitsbericht vorlegen.
In keinem anderen Bundesland ist die Polizeistruktur so kleinteilig wie in
Nordrhein-Westfalen. Die Vielzahl der Behörden, ihre unterschiedlichen Größen
und Zuständigkeiten führen zu gravierenden Nachteilen bei der Aufgabenerfüllung.
Gerade der schreckliche Fall sexualisierter Gewalt in Lügde zeigt, dass eine
Polizeistrukturreform dringend erforderlich ist, weil die örtlichen
Polizeibehörden große beziehungsweise komplexe Verfahren strukturell nicht
leisten können. Daher müssen die Aufgaben und Zuständigkeiten der
Kreispolizeibehörden vereinheitlicht und regional gebündelt werden. So wird die
Polizeiarbeit überall in NRW effektiver und komplexe Fälle können besser
bearbeitet werden. Wir werden dafür sorgen, dass die Polizei weiterhin überall
in Nordrhein-Westfalen ansprechbar ist.
Um die kriminalitätsbezogene Sicherheitslage richtig einschätzen zu können,
reichen die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht aus. Diese
betrachtet nur die der Polizei bekannt gewordenen Fälle, bis diese an die
Staatsanwaltschaft abgegeben werden. Das Dunkelfeld, also Taten, die der Polizei
nicht angezeigt wurden, bleibt hingegen unberücksichtigt. Mögliche Veränderungen
von Kriminalitätstrends bleiben so unerkannt. Es wird auch nicht erfasst, ob die
gemeldeten Verdachtsfälle überhaupt angeklagt wurden und ein Urteil erging. Wir
wollen, dass die Sicherheits- und Kriminalpolitik in NRW auf einer rationalen
und evidenzbasierten Grundlage beruht. Wir setzen uns daher für einen
periodischen Sicherheitsbericht unter Einbindung externer Wissenschaftler*innen
ein. So soll eine regelmäßig aktualisierte Bestandsaufnahme der
kriminalitätsbezogene Sicherheitslage erfolgen, die über die bloße Analyse der
Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistiken hinausgeht und
Dunkelfeldstudien, Ursachenforschung und die Sicherheitswahrnehmungen der
Bürger*innen einbezieht.
Wir schließen einen Vertrag für die Demokratie: Die Arbeit gegen
Rechtsextremismus und Rassismus kann nur gemeinsam mit der demokratischen
Zivilgesellschaft gelingen. Wir wollen die Zivilgesellschaft durch einen
Fördertopf unterstützen, aus dem kleinere Initiativen und Bündnisse
unbürokratisch Kleinstfördersummen beantragen können. Die Beratungsstruktur
gegen Rechtsextremismus angefangen bei der Opferberatung, über die mobile
Beratung gegen Rechtsextremismus bis hin zur Aussteigerberatung werden wir
finanziell deutlich stärken und dauerhaft absichern. Wir werden das kommunale
Förderprogramm „NRWeltoffen“ auf weitere Kommunen ausweiten und das integrierte
Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus weiterentwickeln. Das
Landesnetzwerk gegen Rechtsextremismus wollen wir mit einer eigenen
Geschäftsstelle stärken. Auch die Arbeit der Gedenkstätten und anderer Träger
der (historisch-)politischen Bildung ist ein wichtiger Beitrag für die Stärkung
der demokratischen Kultur und die Sensibilisierung für die Gefahren des
Rechtsextremismus. Um die politische Bildung in Nordrhein-Westfalen als
wichtigen Bestandteil der Demokratiebildung zu stärken, wollen wir die
Landeszentrale für politische Bildung beim Parlament ansiedeln und sie durch
einen externen wissenschaftlichen sowie zivilgesellschaftlichen Beirat stärken.
Die größte Gefahr für unsere Gesellschaft geht vom Rechtsextremismus aus. Die
Sicherheitsbehörden brauchen dringend bessere Analyseinstrumente, um die Gefahr
durch neue Tätertypen erkennen zu können. Offene Haftbefehle gegen
Rechtsextremisten müssen schnell vollzogen werden. Wir werden die
Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses NRW vollständig umsetzen.
Das Wissen über rechtsextreme und rassistische Strukturen und Entwicklungen ist
unabdingbar für den Kampf gegen Rechts. Deshalb werden wir die
Rechtsextremismus-Forschung in NRW stärken und ein Monitoring im Bereich
Rechtsextremismus sowie zu menschenfeindlichen Einstellungen in der Gesellschaft
einführen. Außerdem setzen wir auf Dunkelfeldstudien und ein Lagebild
Rechtsextremismus, um das Verständnis über die Dimensionen von Hasskriminalität
und die Entwicklung im rechtsextremen Spektrum zu verbessern. Zudem werden wir
ein öffentlich zugängliches Archiv zu Rechtsextremismus in NRW fördern.
Neue bzw. verstärkt auftretende Phänomene machen neue Beratungsangebote
notwendig. Wir werden ein Angebot schaffen, dass das Umfeld von
Verschwörungsgläubigen unterstützt. Außerdem werden wir eine personell gut
ausgestattete Melde- und Beratungsstruktur für die Betroffenen von „Hate-Speech“
schaffen. Zur Unterstützung der Kommunen im Umgang mit Rechtsextremismus wollen
wir eine juristische Beratungsstelle auf Landesebene einrichten.
Auch in NRW kommt es immer wieder zu rassistisch und antisemitisch motivierten
Angriffen auf Synagogen, Moscheen oder Kultureinrichtungen. Wir setzen auf
deutlich bessere Schutzkonzepte für diese Einrichtungen und in migrantisch
geprägten Stadtteilen. Wichtig ist dabei die Einbindung der Communities in die
Entwicklung von Maßnahmen des Landes.
Von salafistischen und jihadistischen Netzwerken geht weiterhin eine
ernstzunehmende Gefahr für unsere Gesellschaft aus. Die Sicherheitsbehörden
müssen hier weiterhin sehr wachsam sein, um mögliche weitere Anschläge zu
verhindern. Aber auch die Präventionsarbeit gegen den gewaltbereiten Salafismus
und Jihadismus als gesamtgesellschaftliche Aufgabe haben wir im Blick. Das von
uns angestoßene ganzheitliche Handlungskonzept gegen den gewaltbereiten
verfassungsfeindlichen Salafismus werden wir weiterentwickeln.
Der Verfassungsschutz soll die Feinde unserer Demokratie und vielfältigen
Gesellschaft mit öffentlichen und nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten und
dabei einen klaren Fokus auf gewaltbereite Bestrebungen legen. Auf diesen Kern
seiner Tätigkeit werden wir ihn beschränken. Wir gründen ein Forschungsnetzwerk,
zur Erforschung und Dokumentation von Strukturen und Zusammenhängen von
demokratie- und menschenfeindlichen Bestrebungen. Wir schaffen mehr Transparenz
über die Arbeit des Verfassungsschutzes durch öffentliche Sitzungen des
parlamentarischen Kontrollgremiums des Landtags. Zusätzlich richten wird die
Stelle einer/eines ständigen Sachverständigen beim Parlamentarischen
Kontrollgremium ein, um das Gremium bei der Kontrolle des Verfassungsschutzes,
insbesondere bezüglich des Einsatzes von V-Leuten, zu unterstützen.
Aus der Corona-Pandemie und der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021 werden wir
Lehren ziehen und den Katastrophenschutz in NRW so verändern, dass er deutlich
gestärkt wird. Das Engagement der Einsatzkräfte von Feuerwehren, anerkannten
Hilfsorganisationen, Technischem Hilfswerk sowie den Spontanhelfer*innen ist
unverzichtbar. Die Strukturen des Katastrophenschutzes müssen so angepasst
werden, dass Gefahren besser erkannt werden und die Einsatzkräfte schneller das
tun können, wofür sie für den Ernstfall ausgebildet werden: anderen zu helfen.
Zur Katastrophenvorsorge führen wir verbindliche Katastrophenschutzbedarfspläne
auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte ein. Im Katastrophenfall soll die
Landesebene Verantwortung übernehmen und die Kreise und kreisfreien Städte
unterstützen. Um die Vorsorge zu unterstützen und im Krisenmanagement
Verantwortung zu übernehmen, benötigen wir ein eigenes Katastrophenschutzamt auf
Landesebene. Die Aktivierung des Krisenstabes der Landesregierung werden wir
verbindlich regeln, damit die Kommunikation mit den unterschiedlichen Behörden
effektiv, schnell und einheitlich gelingt. Im Katastrophenfall müssen
Warnsysteme so gestaltet sein, dass sie möglichst alle Menschen erreichen und
für diese auch einfach verständlich und nachvollziehbar sind. Gemeinsam mit den
Kommunen und den Akteuren im Katastrophenschutz werden wir die
Selbsthilfefähigkeit der Bürger*innen stärken.
Wir werden auch die Forschung für den Katastrophenschutz und das
Krisenmanagement in NRW stärken. Alle bisherigen Berichte und Evaluationen zu
Katastrophenszenarien werden wir auf den Prüfstand stellen, um den
Verbesserungsbedarf für NRW zu ermitteln. Außerdem braucht das Land eine eigene
Katastrophenschutzplanung, um sich auf die Möglichkeit weiterer Katastrophen,
beispielsweise einen großflächigen langanhaltenden Stromausfall oder einen
Angriff auf die digitale Infrastruktur, vorzubereiten. Auch die Prävention und
Bekämpfung von Wald- und Naturflächenbränden müssen deutlich verbessert werden,
wie die Brandereignisse der letzten Jahre eindrücklich zeigen.
Die Arbeit von Ehrenamtlichen im Brand- und Katastrophenschutz ist
unverzichtbar. Das verdient Anerkennung, Unterstützung der Feuerwehren und der
anerkannten Hilfsorganisationen sowie gute Bedingungen zur Vereinbarkeit von
Beruf, Familie und Ehrenamt. Der enge Austausch mit den Akteuren im Band- und
Katastrophenschutz ist uns wichtig. Wir wollen die Ehrenamtskarte weiter
ausbauen, beispielsweise auch durch kostenlose Fahrten mit Bus und Bahn. Wer
einen Führerschein für Rettungsfahrzeuge erwirbt, macht das im Dienst der
Gesellschaft und bekommt deshalb in Zukunft mehr finanzielle Unterstützung. Wir
werden außerdem eine Feuerwehrrente nach dem Thüringer Modell prüfen.
Unsere Gesellschaft ist vielfältig – wir wollen, dass sich das auch bei
Feuerwehren und im Katastrophenschutz widerspiegelt. Projekte zur Stärkung der
Sichtbarkeit von Vielfalt und für Antidiskriminierungsarbeit unterstützen wir.
Gemeinsam mit den Organisationen wollen wir den Anteil von Frauen sowohl im
Haupt- wie auch im Ehrenamt deutlich erhöhen. Die Kinder- und Jugendarbeit bei
den Feuerwehren und Hilfsorganisationen unterstützen wir. Die
Brandschutzerziehung und die Verankerung von Schulsanitätsdiensten unter
Beteiligung der Kinder und Jugendlichen sowie Erste-Hilfe-Kurse an Schulen
werden wir ausweiten.
Unsere Demokratie lebt davon, dass wir uns eine Meinung bilden und demokratisch
um den besten Weg streiten können. Dafür brauchen wir Journalist*innen, die
unabhängig und kritisch arbeiten können. Und wir benötigen ein vielfältiges
Angebot an Zeitungen, Online-, Radio- und Fernsehsendungen. Wir stehen zu einem
pluralistischen, von staatlichen Institutionen unabhängigen und kritischen
öffentlich-rechtlichen Rundfunk, denn er sichert unabhängigen, allen
zugänglichen Journalismus. Wir verteidigen den WDR entschieden gegen
populistische Attacken von rechts und sichern weiterhin seine Finanzierung ab.
Gleichzeitig wirken wir darauf hin, dass der WDR sich mit der Gesellschaft
weiterentwickelt und relevant bleibt. Wir unterstützen ihn, auch jene
Zielgruppen zu erreichen, bei denen er sich bisher schwertut, also etwa bei
Jugendlichen oder Menschen mit Migrationserfahrung. Ebenso wie die Formate und
Inhalte müssen auch die Gremien des WDR in Zukunft die gesellschaftliche
Vielfalt unseres Landes besser abbilden. Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass
die Mediatheken aller öffentlich-rechtlichen Sender zu gemeinsamen Plattformen
weiterentwickelt werden.
Eine offene Gesellschaft braucht vielfältige Informationsquellen und Medien, in
denen Meinungen ausgetauscht und Entscheidungen kritisch hinterfragt werden.
Doch gerade vor Ort schrumpft die Vielfalt an lokalen Zeitungen und
Radiostationen. Damit sich keine “Informationswüsten” ohne unabhängige
Berichterstattung zu Politik, Kultur und Gesellschaft bilden, unterstützen wir
die lokale Medienvielfalt und werden dies über eine neue, gemeinsame
Medienanstalt der Länder absichern. Wir geben der Idee des gemeinnützigen
Journalismus Rückenwind, so dass Bürger*innenmedienvereine und
Redaktionsnetzwerke ihre wichtige Arbeit leichter über Spenden finanzieren
können. Gerade dort, wo sich der herkömmliche Lokaljournalismus zurückzieht,
sind diese Initiativen wichtig, um vor Ort kritischen Journalismus aufrecht zu
erhalten. Wir Grüne stehen zum „NRW-Zwei-Säulen-Modell“ und für eine starke
Lokalradioszene. Die NRW-Landesmedienanstalt leistet hier bereits gute
Unterstützungsarbeit, die wir fortsetzen werden.
Frei zugängliche Informationen sind der Rohstoff für unsere Meinungsvielfalt und
Demokratie. Wenn sie gefälscht und manipuliert werden, ist das ein Angriff auf
unsere freie Gesellschaft. Gerade das Internet und die sozialen Medien
beinhalten beides. Deshalb ist es so wichtig, dass alle Bürger*innen in NRW
lernen, kompetent mit Informationen und Medien umzugehen – von klein auf, bis
ins hohe Alter. Wir unterstützen Bürger*innenmedien-Kompetenzprojekte, die
Bürger*innen und insbesondere auch Schüler*innen in NRW befähigen,
Falschmeldungen und Fake News zu erkennen, zu kontern und selbst als
Faktenchecker*innen zu arbeiten. Die wichtige Arbeit des 2020 neu gegründeten
„Landesverbandes Bürger*innenmedien NRW“ unterstützen wir. Dabei richten wir
unseren Blick nicht nur auf deutschsprachige Medien, sondern auch auf
internationale. Denn es ist bekannt, dass zunehmend auch ausländische,
autokratische Strukturen versuchen, mit Desinformationskampagnen die politische
oder gesellschaftliche Willensbildung hier zu beeinflussen.
Demokratiefeindlichen und hetzerischen Inhalten schieben wir einen Riegel vor.
Dafür müssen auch unsere Sicherheitsbehörden entsprechend sensibilisiert und
ausgestattet sein. Gleichzeitig setzen wir uns für eine deutliche
Wiederausweitung des mehrsprachigen Angebots des WDR ein, so dass unabhängige
Medienangebote auch alle Menschen in NRW erreichen.
Die Kunst- und Kulturszene in NRW bietet uns allen eine große Dichte
verschiedenster Museen, Clubs, Konzertsäle, Bühnen und freier Angebote. Kultur
und die Künste unterhalten nicht einfach nur. Sie sind das Lebenselixier unserer
Demokratie, sie geben Impulse und halten der Gesellschaft kritisch den Spiegel
vor. Wir Grüne stehen daher für eine transparente, beteiligende und vielfältige
Kulturpolitik. Wir geben Nordrhein-Westfalens einmaliger Kulturlandschaft
Sicherheit und stehen für ihren Erhalt und Ausbau. Unser Ziel ist, dass die NRW-
Kulturszene nach der Corona-Krise wieder als Nährboden unserer offenen und
vielfältigen Gesellschaft auflebt. Künstler*innen, Bühnentechniker*innen, Bühnen
und Kulturvereine brauchen dafür finanzielle Sicherheit. Bis die Auswirkungen
der Pandemie abklingen, setzen wir weiterhin auf spezielle Förderungen. Für eine
bessere und verlässliche Kulturförderung stärken wir außerdem die Finanzen der
Städte, Gemeinden und Kreise. Denn sie sind wichtige Geldgeber für die Kultur
vor Ort. Mittelfristig entwickeln wir die Förderlandschaft des Landes weiter und
machen sie krisenfest. Dafür untersuchen wir die Förderstrukturen und beziehen
vor allem die Erfahrungen der Corona-Krise mit ein. Wir achten besonders darauf,
dass die Verwaltungen von Bund, Land und Kommunen in der Kulturförderung besser
zusammenarbeiten und Kreativität nicht im Bestimmungs- und
Zuständigkeitswirrwarr verpufft.
Wenn wir eine freie und vielfältige Kultur wollen, müssen wir auch die
Bedingungen dafür schaffen, dass Menschen kreativ werden können. Viele Kultur-
und Medienschaffende arbeiten mit großem Engagement unter prekären Bedingungen,
verdienen wenig oder unregelmäßig und sind nicht ausreichend für das Alter
abgesichert. Die Kunstförderung darf deshalb nicht allein am Output orientiert
sein, sondern muss auch die soziale Sicherung der Künstler*innen zum Ziel haben.
Von Seiten des Landes NRW werden wir bis zum Ende der Pandemie die
Stipendienprogramme fortsetzen und dann evaluieren, welche Elemente zu einer
dauerhaften Kulturförderung gehören können. Über eine Gagenuntergrenze für
öffentliche Theater für Solo-Selbstständige auf und hinter der Bühne verbessern
wir außerdem die Arbeitsbedingungen von Künstler*innen.
Kultur braucht Platz! Sie gedeiht in Erfahrungs- und Freiräumen – und zwar am
besten mitten unter uns, dort wo die Menschen leben und arbeiten. Wir schützen
und schaffen Kulturräume in ganz NRW und machen unsere Städte und Dörfer damit
lebenswerter. Wir unterstützen Kommunen, die eine kulturelle Zwischennutzung
leerstehender Gebäude ermöglichen wollen, etwa durch die Übernahme von
Versicherungen. Auch Landesgebäude und freistehende Flächen des Landes eignen
sich für solche kulturellen Projekte oder Zwischennutzungen. Dafür machen wir
den Weg frei. Wir passen die Anforderungen zum Lärmschutz so an, dass zwischen
dem berechtigten Ruheinteresse von Anwohner*innen und den Anforderungen an
lebendige Kulturräume ein fairer Ausgleich stattfindet. Dass Clubs erstmals auch
rechtlich als kulturelle Orte anerkannt sind, begrüßen wir sehr und werden in
NRW dafür sorgen, dass dies rechtlich entsprechend umgesetzt wird und Clubs vor
Verdrängung geschützt werden.
Kunst und Kultur unterstützen Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung. Wer
früh und möglichst intensiv die eigene Kreativität entwickeln kann, wird sich
sozial, kulturell und menschlich auch später im Leben deutlich besser
zurechtfinden. Kunst und Kultur sensibilisieren auch für die Umwelt und das
menschliche Miteinander über alle Grenzen hinweg. Deshalb wollen wir Grüne in
NRW gut begonnene Projekte wie „Kultur und Schule“, „Kulturrucksack NRW“ oder
auch „JeKits – Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“ klug und modern
weiterentwickeln. Wir wollen die musischen Fächer in den Schulen wieder stärken,
Theater-, Museums- und Konzertbesuch sollten künftig auch zum schulischen Kanon
kultureller Bildung gehören. Dabei sollen auch grundsätzliche Überlegungen wie
ein „KulturTicket-NRW“ oder vor Ort der „freie Eintritt für Schulklassen“ sowie
insgesamt eine weitreichende sozialverträgliche Teilhabe an Kultur und Kunst in
NRW künftig eine noch wesentlich größere Rolle spielen. Hier wollen wir
entsprechende Modellprojekte vorantreiben. Auch Kooperationsmodelle zwischen
Freier Szene und öffentlichen Kultureinrichtungen sollen verstärkt gefördert
werden.
Gesellschaftliche Vielfalt ist ein kultureller Schatz. Das sollte sich auch in
den Kultureinrichtungen Nordrhein-Westfalens widerspiegeln. Vielfalt wird mit
uns Programm – und zwar besonders dort, wo das Land und die Kommunen die Kultur
finanziell fördern. Öffentlich geförderte Einrichtungen werden wir unterstützen,
die gesellschaftliche Vielfalt und Barrierefreiheit stärker zu berücksichtigen –
etwa im Programm, bei der Besetzung von Künstler*innen oder Leitungspositionen
oder Jurys. Bei der Besetzung von Intendanzen müssen endlich Frauen stärker zum
Zuge kommen. Neue Leitungs- und Organisationsformen als Alternative zum
überkommenen, stark hierarchischen Intendanz-Modell, sollen nicht die Ausnahme,
sondern die Regel werden.
Kunst und Kultur spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Klimakrise.
Zum einen können sie selbst ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern, zum
anderen wichtige Impulse für eine nachhaltige Transformation unserer
Gesellschaft geben. Immer mehr Initiativen, Festivals, Filmproduzierende und
Spielstätten versuchen mit großem Einsatz, ressourcenschonender zu arbeiten. Wir
unterstützen diese Bemühungen ebenso wie die Einrichtung einer „Green Culture
Desk“-Beratungsstelle und eines „Green-Culture-Fonds“ des Bundes.
NRW ist ein Film- und Medienland. Die Branche ist ein eigenständiger, wichtiger
Wirtschaftsfaktor, dessen Innovationskraft auch für andere Branchen immer
bedeutsamer wird. Wir stärken ihn weiter durch Förderung und kluge Vernetzung
mit anderen, auch internationalen Förderzusammenhängen. Auch das „Mediennetzwerk
NRW“ soll weiter gestärkt werden. Dabei spielen Ausbildungs- und Förderangebote
wie die „internationale Filmschule Köln“, das „Mediengründerzentrum NRW“ und das
„GamesLab Cologne“ eine zentrale Rolle. Ebenfalls unterstützen wir nach wie vor
ganz besonders die erfolgreiche Arbeit der Film- und Medienstiftung NRW. Die
Gründerförderung in Kreativwirtschaft und Kultur wollen wir in Kooperation mit
den Fach- und Kunsthochschulen in NRW weiter ausbauen und zusätzlich auch eine
effektive Popkulturförderung in NRW etablieren.
Die Verbrechen des Nationalsozialismus prägen uns und unser Land weiter. Wir
alle tragen Verantwortung dafür, die Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit wach zu
halten und aus dieser Erinnerung heraus für unsere Demokratie und unsere
gesellschaftlichen Freiheiten einzutreten. Es gibt nur noch sehr wenige
Zeitzeugen, die von ihren Erlebnissen berichten können und längst nicht jede
Familie im Einwanderungsland NRW hat einen biografischen Bezug zur NS-
Geschichte. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass die Erinnerung für alle
Menschen lebendig und erfahrbar gemacht wird und sichern daher die Arbeit der
Gedenkstätten finanziell weiter ab. Wir sind außerdem offen dafür, neue
Erinnerungsorte zugänglich zu machen und mit entsprechenden Angeboten
auszustatten – auch um an die Opfer des Rechtsextremismus in der
Nachkriegsgeschichte zu erinnern. Rechtspopulistischen und anderen Kräften, die
einen Schlussstrich unter das Gedenken setzen wollen, stellen wir uns
entschieden entgegen.
Sport ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wichtig, denn Sport ist gut
für Gesundheit und Wohlbefinden. In den Vereinen, auf Sportplätzen, in Hallen
und Schwimmbädern kommen Menschen verschiedener Herkunft, unterschiedlichsten
Alters und unterschiedlichster Erfahrungen zusammen. Mit seinen vielen
ehrenamtlich Engagierten ist der organisierte Sport wortwörtlich die größte
Bürger*innenbewegung in NRW. Aber auch jenseits der Vereine und Verbände finden
sich Menschen zusammen, um gemeinsam Sport zu treiben und in Bewegung zu
bleiben. Im Sport werden die Werte einer offenen und solidarischen Gesellschaft
gelebt und vermittelt: Fairness, Respekt, Teamgeist und Vielfalt. Und Sport hält
uns fit und fördert unsere Gesundheit. Wir Grüne unterstützen deshalb den Sport
im Land aus voller Überzeugung. Viele Sportstätten werden zurzeit durch das
Programm “Gute Sportstätten 2022” instandgesetzt. Den Erfolg des Programms
werden wir evaluieren und das Programm weiterentwickeln. Wir setzen uns
insbesondere für eine gute Bäderinfrastruktur ein und stärken den
Schwimmunterricht an Schulen und in Vereinen. Unser Ziel ist es, dass jedes Kind
bis zum Ende der Grundschulzeit die Möglichkeit hat, schwimmen zu lernen.
Daneben werden wir Bewegungsmöglichkeiten für Klein und Groß in die Wohnumgebung
integrieren. Sportmöglichkeiten, wie beispielsweise auf dem Grüngürtel in Köln,
erfreuen sich großer Beliebtheit und fördern das Zusammenleben in den
Quartieren.
Wir Grüne sehen Sportgroßveranstaltungen als integratives und einendes Element
an. Außerdem profitieren sowohl der Leistungs- als auch der Breitensport von
solchen Events. Deshalb sollen sie in Nordrhein-Westfalen unter der Maßgabe von
Nachhaltigkeit und Kostentransparenz und unter Beteiligung der Bürger*innen in
Zukunft begleitet und vorangetrieben werden.
Sport und Bewegung leisten wichtige Beiträge zur gesundheitlichen Prävention.
Wir werden den Präventionsgedanken noch stärker in die Sportförderung
integrieren. Prävention und Gesundheitsförderung sind ein Mehrwert für alle,
aber insbesondere auch für ältere Menschen. Unser Ziel ist es, die Förderung der
guten, eigenverantwortlichen Arbeit des LSB NRW nach „Good-Governance“-Kriterien
transparent und rechtssicher zu gestalten und gleichzeitig die Wünsche von
Sportler*innen ohne Zugehörigkeit zu einem Verein ausgewogen zu berücksichtigen.
Hierfür ist es richtig, sich in einer neu zu schaffenden Landessportkonferenz
mit allen wichtigen Sportakteur*innen an einen Tisch zu setzen. Wir legen mit
einem Sportfördergesetz die Grundlage, dass alle Menschen in NRW die Möglichkeit
haben, entsprechend ihren Wünschen und Fähigkeiten Sport zu treiben.
Wir Grüne werden dem Sport ein verlässlicher Partner darin sein,
Sportveranstaltungen zu dem zu machen, was sie sein sollten: ein Ereignis, an
dem die ganze Gesellschaft teilnehmen kann. Dafür sollen regelmäßige
Dialogformate und Fanhearings die Kommunikation und Kooperation zwischen allen
Beteiligten verbessern. Wir werden unsere Verbündeten gegen Gewalt,
Diskriminierung, Ausgrenzung und Hass im Sport stärken. Wir setzen dabei
ausdrücklich darauf, die organisierte Fanszene als aktiven Teil der
Zivilgesellschaft einzubeziehen. Ebenso gehören die Polizei, die „Zentrale
Informationsstelle Sporteinsätze“, die Ordnungsbehörden, Vereine und Verbände
sowie Fanprojekte und Fanbeauftragte zu den Gesprächspartner*innen.
Wir unterstützen die Gaming-Kultur und insbesondere den eSport finanziell und
ideell stärker. Wir setzen uns dafür ein, dass eSport-Vereine als gemeinnützig
anerkannt werden. Um Austausch und Verständigung zwischen beiden Welten zu
fördern, unterstützen wir gemeinsame Projekte von eSport und klassischem Sport.
Ähnlich wie beispielsweise beim klassischen Fußball die Themen Rassismus und
Vielfalt, machen wir auch beim eSport gesellschaftliche Themen zum Gegenstand
von Förderung und Austausch.
NRW liegt als bevölkerungsreichstes Bundesland im Herzen Europas. Wir sind
überzeugt, dass wir die sozialen und ökologischen Herausforderungen des
Klimawandels nur auf internationaler Ebene bewältigen können. Ganz besonders
zählen wir dabei auf unsere europäischen Partner.
Wir gründen eine Europa-Stiftung, die die europäischen Werte und die
unterschiedlichen Facetten einer lebendigen Demokratie in der schulischen und
außerschulischen Bildung fördert. Damit schaffen wir eine Koordinierungs- und
Ansprechstelle für die zahlreichen dezentralen Angebote in NRW. Indem die
Stiftung ebenfalls den europaweiten Austausch zwischen Kommunen und Regionen
stärkt, erneuert sie den europäischen Zusammenhalt und macht die
Errungenschaften der Europäischen Union für die Bürger*innen vor Ort erlebbar.
Wir setzen uns von NRW aus für die Einhaltung der Menschenrechte und
Rechtsstaatsprinzipien innerhalb der EU ein und halten entschieden gegen
antidemokratische Angriffe.
Viele Jahre haben Grüne im Bundestag und im Europäischen Parlament für ein
Lieferkettengesetz gekämpft, welches Arbeitnehmer*innenrechte und
Umweltstandards auch in Drittländern schützt und deutsche und europäische
Unternehmen für Verstöße ihrer Lieferanten in die Verantwortung nimmt. Das 2021
beschlossene Gesetz ist für uns Grüne eine herbe Enttäuschung. CDU, CSU und SPD
haben ein Gesetz beschlossen, dass zwar eine Lieferantenhaftung vorsieht, die
Ausnahmen aber zur Regel macht. Maßgebliche Teile der deutschen Unternehmen
werden vom Gesetz nicht erfasst. Bis es ein echtes Lieferkettengesetz gibt,
werden wir vorangehen und die öffentliche Beschaffung in NRW durch ein neues
Tariftreue- und Vergabegesetz nach nachhaltigen und sozialen Kriterien
ausrichten.
Die Umsetzung der Agenda 2030 und der Klimaziele gehen zu langsam voran. Wir
setzen die Ziele im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie NRW um, indem wir die UN-
Nachhaltigkeitsziele als festen Bestandteil in allen Landesressorts etablieren
und auch die Kommunen dahingehend unterstützen. Außerdem führen wir einen
verpflichtenden Nachhaltigkeitscheck ein, um bei Gesetzentwürfen und bei der
Vergabe öffentlicher Aufträge zu prüfen, ob soziale und ökologische Standards
eingehalten werden, Der Europäische Grüne Deal stellt für uns einen klaren
Handlungsauftrag dar, bis 2040 klimaneutral zu sein. Wir wollen in NRW
vorangehen und uns dieser Verantwortung stellen. Unser Ziel muss sein, unseren
Kindern einen Planeten zu hinterlassen, der lebenswert ist.
Neben fairer Entlohnung und Arbeitssicherheit ist die Kreislaufwirtschaft ein
wichtiger Baustein. Um die begrenzten Ressourcen der Erde zu schonen und Energie
einzusparen, müssen so viele Produktionsverfahren wie möglich im Kreislauf
geführt werden. Hierfür brauchen wir beispielsweise nachhaltiges Produktdesign
und mehr recyclingfähige Rohstoffe. Die dafür nötigen Maßnahmen möchten wir
gemeinsam mit Branchenvertreter*innen, Verbänden, Gewerkschaften und der
Zivilgesellschaft umsetzen. Das Land muss hier als Partner auftreten und die
Industrie bei dieser Aufgabe finanziell unterstützen. Branchenverträge können
dafür den geeigneten Rahmen bilden.
Viele Menschen engagieren sich in unserem Bundesland ehrenamtlich für den
globalen Süden. Sie bauen gemeinsam mit ihren Partner*innen dort Projekte auf.
Immer mehr Verbraucher*innen kaufen fair gehandelte Produkte und sie alle
leisten damit einen ganz persönlichen Beitrag. Diese zivilgesellschaftlichen
Aktivitäten wollen wir unterstützen durch den Ausbau des „Eine Welt Netzes“ als
Dachverband entwicklungspolitischer Vereine und engagierter Personen in NRW
sowie durch verstärkte Kampagnen für „Fairen Handel“. In unserem Land existiert
eine gute Struktur von Angeboten zur Nachhaltigkeitsbildung. Diese bestehenden
Strukturen wie die Stiftung „Umwelt und Entwicklung NRW“ und das Programm
„Entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit“ wollen wir ausbauen,
um mehr Menschen damit zu erreichen. Auch die internationale Zusammenarbeit mit
den beiden NRW-Partnerländern Südafrika und Ghana wollen wir intensiven. Wir
fördern globale Partnerschaften von Vereinen, Verbänden, Kommunen, Wissenschaft
und Betrieben aus NRW. Einen wichtigen Aspekt bilden hierbei der beiderseitige
Austausch und Kooperationsprojekte von Studierenden, Schüler*innen und
Auszubildenden.
Viele unserer Städte und Gemeinden haben enge Beziehungen mit ihren
Partnerregionen überall auf der Welt und führen gemeinsam Projekte aus, auch in
der kommunalen Entwicklungspolitik. Wir wollen deshalb gemeinsam mit unseren
Kommunen ein Konzept entwickeln, um die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele,
Menschenrechte und Fairen Handel zu zentralen Aspekten bestehender und
zukünftiger Städtepartnerschaften macht.
Auch ist Nordrhein-Westfalen Mitglied der internationalen „Under-2-Coalition“,
die mit regionalen Maßnahmen die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius
begrenzen will. Kommunale Klimapartnerschaften sollen dabei eine tragende Rolle
spielen, um auf kommunaler Ebene einen Beitrag zu den globalen Herausforderungen
zu leisten. Denn es sind maßgeblich unsere Städte und Gemeinden, die europäische
und internationale Vereinbarungen umsetzen und mit Leben füllen.
Klimapartnerschaften helfen ihnen dabei, sich untereinander zu vernetzen,
Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Projekte umzusetzen. Damit die Kommunen
Ansprechpartner*innen haben, wenn sie eine Klimapartnerschaft aufbauen wollen,
schaffen wir eine Koordinierungs- und Beratungsstelle auf Landesebene, die sie
bei ihrem Vorhaben unterstützt und begleitet. Außerdem stellen wir Finanzmittel
für kommunale Entwicklungszusammenarbeit im Gemeindefinanzierungsgesetz zur
Verfügung.
NRW ist mit seiner Bundesstadt Bonn ein wichtiges Zentrum für internationale und
Eine-Welt-Politik. Allein die UN sind hier mit 20 Einrichtungen vertreten, hinzu
kommen noch über 150 weitere internationale Institutionen, Vereine und
Hilfswerke der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Bonn ist
ebenfalls Standort des „Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung“, des „Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik“, der
„Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ oder dem „Bonn International
Center for Conversion“. Mit dieser breiten Struktur aus Wissenschaft,
internationalen Organisationen und NGOs soll das Land NRW Vorreiter in der
Entwicklungszusammenarbeit sein. Wir wollen NRW als wichtigen Stand- und
Konferenzort für Menschenrechte und Friedensbildung, Nachhaltigkeitsstrategien,
und Demokratisierungsprozesse etablieren.
Wir leben in einem funktionierenden Rechtsstaat, dessen Aufgabe es ist, die
Rechte seiner Bürger*innen zu schützen. Was für uns so selbstverständlich
klingt, ist es für viele Journalistinnen, Abgeordnete, Wissenschaftlerinnen und
Menschrechtsverteidiger*innen, Frauen, LGBTTIQ, Menschen mit Behinderung,
Angehörige von Minderheiten in vielen Ländern dieser Erde nicht. Sie werden von
Unrechtsregimen als Regimegegnerinnen und -gegner angesehen und wegen ihrer
Arbeit oder lediglich aufgrund ihres Glaubens, ihres Aussehens oder ihrer
Orientierung im eigenen Staat unterdrückt, bekämpft, verfolgt.
Wir wollen diesen Menschen in NRW einen sicheren Hafen bieten, in dem sie ihre
Arbeit fortsetzen können und vor Repressalien geschützt sind. Im Bundestag
verabschiedeten Abgeordnete bereits 2003 das Programm „Parlamentarier schützen
Parlamentarier“; aus dem schon 100 Patenschaften hervorgegangen sind. Die
Abgeordneten nutzen dabei ihr Netzwerk, um bedrohte Parlamentarierinnen und
andere Menschenrechtsaktivisten aufzunehmen. Ein solches Programm wollen wir
auch für NRW schaffen und die bisherigen Erfolge in der Verteidigung von
Menschenrechten weiter nach vorne zu bringen.
Videoüberwachung lehnen wir ab. Für eine Ausstattung mit Tasern, außer für Spezialkräfte, sehen wir keinen Bedarf. Die in den letzten Jahren getätigte Aufrüstung der Polizei werden wir beenden.
Für ein offenes und vielfältiges Nordrhein-Westfalen engagieren sich tagtäglich
Millionen Menschen in unserem Land. Ob in der Nachbarschaftshilfe, im
Frauenhaus, im Katastrophenschutz oder im Stadtrat. Sie stehen füreinander ein,
heißen Geflüchtete willkommen, demonstrieren für die Rechte queerer Menschen und
sorgen so dafür, das Versprechen unserer Demokratie einzulösen: Wir sind
verschieden und dabei gleich an Rechten und Würde.
Demokratie ist nie fertig, sie ist immer in Bewegung. Wir sind schon weit
gekommen und haben gleichzeitig noch viel zu tun. Kinder und Jugendliche sollen
über ihre Zukunft mitentscheiden, statt nur vom Spielfeldrand zuzuschauen –
deshalb senken wir das Wahlalter auf 16 Jahre ab. Frauen steht die Hälfte der
Macht in unserem Land zu, auch in unseren Parlamenten. Und unser Wahlrecht kann
noch viel mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte den Weg zur Wahlurne
bereiten. Wir sprechen die Einladung aus, Entscheidungen nicht über den Kopf der
Bürger*innen zu treffen, sondern mit einer neuen Politik der Beteiligung.
In Zeiten von Wandel und Umbruch erneuern wir das Versprechen, dass Politik
Verantwortung auch für schwierige Entscheidungen übernimmt, zu Fehlern steht und
transparent arbeitet. Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren schwere
Krisen erlebt – das Hochwasser, Corona und seine Folgen. In der Krise zeigt
sich, wer wir sind. Ob wir vorausschauend handeln oder Dienst nach Vorschrift
tun – das ist eine Frage von Führung und von funktionierenden Strukturen.
Deshalb ist Vorsorge unser politisches Leitprinzip. Gerade in diesen Zeiten ist
es wichtig zu wissen: Der Staat schützt mich, er handelt vorausschauend und ist
so ausgestattet, dass er auch auf Unvorhergesehenes reagieren kann. Unser
Leitbild ist ein Staat, der seinen Bürger*innen im besten Sinne des Wortes zu
Diensten ist, der es leicht macht, ihn zu verstehen und sich einzubringen. Der
digital, technisch und personell bestens ausgerüstet ist und Datenschutz sowie
Privatsphäre respektiert und schützt.
Vielfalt und Nordrhein-Westfalen sind seit langem untrennbar miteinander
verknüpft. Vielfalt ist herausfordernd und gleichzeitig eine Chance. Sie zu
gestalten und Konflikte auszuhandeln, begreifen wir als unseren politischen
Auftrag. Schon viele Male ist unser Land über sich hinausgewachsen, um
Einwander*innen und Geflüchtete willkommen zu heißen. Es wird durch Einwanderung
reicher. Neue Perspektiven bringen neue Ideen, die uns weiterbringen und uns
helfen, mit Herausforderungen fertig zu werden. Wir können Menschen eine neue
Heimat bieten, die ihre alte verloren haben. Sie kommen mit großer Hoffnung auf
Frieden, Freiheit und Sicherheit. Gemeinsam mit ihnen machen wir uns
selbstbewusst die Errungenschaften unserer Gesellschaft neu bewusst. Wir kämpfen
gemeinsam mit ihnen für eine starke Demokratie, in der es gerechte Chancen für
alle gibt und in der Glaubensfreiheit, Geschlechtergerechtigkeit und queere
Rechte eine Selbstverständlichkeit sind.
Nordrhein-Westfalen liegt im Herzen Europas. Als bevölkerungsreichstes
Bundesland mit großer wirtschaftlicher Stärke hat es auch eine führende Rolle
innerhalb der Bundesrepublik. Daraus erwächst der Auftrag, dieses Gewicht auch
in der europäischen und internationalen Politik geltend zu machen. Mit einer
grünen Landesregierung wird Nordrhein-Westfalen dieser Verantwortung nachkommen.
Wir machen in Nordrhein-Westfalen, Berlin, in Europa und auch darüber hinaus
Demokratie, Freiheit, Gleichstellung und die Wahrung der Menschenrechte zur
Richtschnur unserer Politik. Das gilt für internationale Handelsverträge ebenso
wie für die europäische Gesetzgebung. Freihandelsabkommen zu Lasten von
Menschen, Umwelt und Klima in den Partnerländern lehnen wir ab. Und wir fordern
weiterhin eine europäische Flüchtlingspolitik, die das Recht auf Leben und
Unversehrtheit zur obersten Maxime macht.
Demokratie lebt vom Mitmachen! Beteiligung hilft uns, Lösungen zu finden, die
von allen mitgetragen werden. Sie kann politische Entscheidungen verbessern,
weil die Alltagserfahrung und das Wissen der Bürger*innen einfließen. Das ist
gerade jetzt besonders wichtig – denn wir stehen vor großen gesellschaftlichen
Umbrüchen, wollen unsere gesamte Infrastruktur klimafest machen. NRW wird
gleichzeitig immer vielfältiger. Diese Veränderung begleiten wir mit einer
Kultur der Beteiligung und des Dialogs. Wir setzen eine*n zentrale*n
Ansprechpartner*in der Landesregierung für Beteiligung und Dialog ein. Wir
stärken die direktdemokratischen Elemente unserer Landesverfassung deutlich. Wir
berufen Bürger*innenräte zu ausgewählten Zukunftsthemen ein. Denn Erfahrungen
aus Bund und anderen Ländern zeigen, dass Bürger*innenräte stark darin sind,
konstruktive Lösungen im Dialog zu finden. Zufällig und repräsentativ
ausgewählte Bürger*innen beraten über eine konkrete Fragestellung und erarbeiten
Handlungsempfehlungen. Diese muss das Parlament dann beraten. Zudem erleichtern
wir direkte Demokratie, indem wir die Mindestanzahl einzureichender
Unterschriften für Begehren und Initiativen reduzieren, die Bedingungen für die
Unterschriftensammlung vereinfachen und die direktdemokratische Mitbestimmung
bei deutlich mehr Themen ermöglichen.
Unsere Demokratie lebt davon, dass wir frei und ohne Angst unsere Meinung
öffentlich sagen können. Für dieses Recht haben viele mutige Menschen lange
gekämpft. Sich mit Gleichgesinnten auf Demonstrationen oder Kundgebungen für
eine Sache einsetzen zu können ist ein sehr wichtiger Bestandteil unserer
Demokratie. Wir wollen ein Versammlungsrecht, das Versammlungen in NRW
ermöglicht und schützt und nicht erschwert und bei dem es für jede*n
unbürokratisch möglich ist Versammlungen anzumelden und rechtssicher
durchzuführen. Der Schutz der persönlichen Daten darf auch bei Demonstrierenden
nicht weiter beschnitten werden.
Politik darf nicht auf Kosten der nächsten Generationen gehen. Kinder und
Jugendliche haben das Recht, über die Welt, in der sie leben und über ihre
Zukunft mitzuentscheiden. Wir werden das Wahlalter für die Landtagswahlen
deshalb auf 16 Jahre senken. So erreichen wir auch, dass alle politischen
Akteure die Belange der Jugendlichen besser in den Blick nehmen. Kinderrechte
sind in der Landesverfassung verankert und müssen gelebt werden. Mit einem
verbindlichen Jugendcheck werden wir die Gesetzesentwürfe darauf prüfen, wie sie
das Leben von jungen Menschen beeinflussen. In den Kitas und Schulen sollen
Beteiligungskonzepte verankert und verlässlich gelebt werden, sodass Kinder
Demokratie von Beginn an erfahren und in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt
werden. Auch auf kommunaler Ebene werden wir der Jugend ein verbindliches
Mitspracherecht garantieren. Dazu werden wir den Gemeinden durch Gesetz
verbindlich vorschreiben, für die Interessen von Jugendlichen besondere
Vertretungen oder Beauftragte zu bestellen. Durch die bessere Einbindung in den
demokratischen Prozess muss die Gemeinde die Interessen der Jugendlichen stärker
wahrnehmen.
Vielfalt ist in Nordrhein-Westfalen gelebte Normalität. Wer hier lebt, soll das
Recht haben, unsere Gesellschaft mitzugestalten und mitzuentscheiden. Wir wollen
die strukturellen und institutionellen Hürden abbauen, die bisher eine
gleichberechtigte Beteiligung verhindert haben. Wir richten das politische
Ehrenamt so aus, dass jede*r unabhängig von Schulabschluss, Einkommen oder
individueller Lebenssituation sich aktiv am politischen Prozess beteiligen kann.
Auch Bürger*innen aus anderen EU-Staaten sollen das Recht bekommen, an
Landtagswahlen teilzunehmen. Ausländer*innen aus Nicht-EU-Staaten, die seit
langem in NRW ihren Lebensmittelpunkt haben, erhalten das kommunale Wahlrecht.
Mehrstaatlichkeit wird hier gelebt und gehört zu einem modernen Staat. Auch
werden wir unseren Einfluss auf die Bundespolitik nutzen, um mehrere
Staatsangehörigkeiten neben der Deutschen zu ermöglichen. Wer sich eine Meinung
bilden und aktiv mitgestalten will, muss verstehen können und verstanden werden.
Mehrsprachigkeit, Leichte Sprache, Gebärdensprache und Blindenschrift sind ein
ganz bedeutsamer Schlüssel für gleichberechtigte Teilhabe. Wir erweitern die
sprachliche Vielfalt, insbesondere in öffentlichen Institutionen. Wir schaffen
Zugänge, dort wo sie bisher fehlen, um das politische Engagement und die
Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung in politischen Prozessen zu erhöhen.
Demokratie ist nur so stark wie die Gesellschaft, die sie unterstützt. Ob beim
Schwimmtraining, im Kita-Förderverein, bei der freiwilligen Feuerwehr oder in
der Kirchengemeinde: Ehrenamtlich engagierte Menschen in NRW sorgen buchstäblich
dafür, dass der Laden läuft und tragen die Interessen und Anliegen der
Bürger*innen in die Öffentlichkeit. Wir werden dem bürgerschaftlichen Engagement
und der Bürgerbeteiligung einen deutlich höheren Stellenwert in der
Regierungspolitik einräumenHierfür spielt die langfristige Absicherung von
Verbänden, Vereinen und zivilgesellschaftlichen Organisationen eine
entscheidende Rolle. Wir werden die Ehrenamtsstrategie des Landes NRW
weiterentwickeln und so erreichen, dass sich alle Menschen ganz einfach
engagieren können, unabhängig von Wohnort, Alter, Herkunft, Behinderung oder
sexueller Identität. Besonders in ländlichen Gemeinden unterstützen wir
ehrenamtlich Engagierte durch Förderscouts. Sie helfen, Fördergelder für
gemeinwohlorientierte Projekte zu beantragen. Wir bauen den Freiwilligendienst
aus, bei dem viele jungen Menschen sich engagieren und im Rahmen eines
freiwilligen Jahres Erfahrungen sammeln. Wir sorgen dafür, dass Freiwillige
zukünftig bei Kulturangeboten und beim ÖPNV ähnliche Vergünstigungen und
Ermäßigungen bekommen wie beispielsweise Schüler*innen, Azubis und Studierende.
Tausende Menschen übernehmen in NRW ehrenamtlich Verantwortung in der
Kommunalpolitik. Wir machen die kommunalen politischen Gremien fit für die
Digitalisierung. Dafür erweitern wir die Gemeindeordnung so, dass sie
demokratische Teilhabe digital möglich macht. Wir werden mit den Kommunen
sicherstellen, dass alle gewählten Vertreter*innen die technischen Möglichkeiten
haben, an digitalen Sitzungen teilzunehmen. Das umfasst Hardware, Software und
Schulungen.
Berufstätige und Menschen mit Verantwortung für Kinder oder Angehörige, die
gepflegt werden müssen, werden von dem derzeitigen hohen zeitlichen Mehraufwand
abgeschreckt. Dabei ist es begrüßenswert, wenn mehr Menschen mit
unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen in der Kommunalpolitik
mitmischen. Mehr Personalmittel für hauptamtliche Unterstützung für die
Fraktionen in kommunalen Gremien entlasten die Mandatsträger*innen.
Ob in Schulen, bei der Polizei, in Gerichten oder im Gesundheitsamt – gut
ausgebildete und motivierte Mitarbeitende sind das Fundament eines Staates, der
funktioniert und handlungsfähig bleibt. Doch dieses Fundament hält nicht von
allein. Wir müssen handeln um es zu für die Zukunft stärken. Derzeit sind ca.
20.000 Stellen in der Landesverwaltung unbesetzt. Unsere Behörden bestehen den
harten Wettbewerb um die besten Köpfe nur, wenn die Arbeit im öffentlichen
Dienst attraktiver wird. Gemeinsam mit den Interessensvertretungen für die
Beschäftigten und den Gewerkschaften werden wir deshalb einen neuen Rahmen für
einen modernen öffentlichen Dienst mit attraktiven Arbeitsbedingungen schaffen.
Den Kern bildet ein Lebensarbeitszeitkonto, mit dessen Hilfe Beschäftigte eine
flexible wöchentliche Arbeitszeit erhalten, um damit frühere Pensionierungen
oder Auszeiten zu schaffen. Wir werden auch die Voraussetzungen und
Rahmenbedingungen für mobiles Arbeiten überprüfen und anpassen, damit der
öffentliche Dienst auf der Höhe der Zeit bleibt. Nicht zuletzt werden wir die
Gleichstellung im öffentlichen Dienst vorantreiben. Denn in unseren Behörden
gibt es noch viel zu tun um die „gläserne Decke“ für Frauen zu überwinden und
ihnen gleichberechtigte Aufstiegschancen zu garantieren. Dafür werden wir die
Instrumente für eine gleichberechtigte Personalentwicklung nutzen und ausbauen.
In unseren Behörden geben tagtäglich gut ausgebildete Fachleute ihr Bestes für
unser Gemeinwesen. Und trotzdem ist der Kontakt zur Verwaltung für viele
Bürger*innen und Unternehmen umständlich. Das liegt oft an veralteter Technik
und überholten Strukturen und Abläufen. Wir investieren in den
bürgerfreundlichen, effektiven Staat mit einfacheren, grundsätzlich digitalen
Verfahren. Aber auch der direkte Kontakt und Vor-Ort-Termine bei den Behörden
bleiben für viele Menschen wichtig und müssen deshalb weiterhin möglich sein.
Nur mit einer zukunftsfähig aufgestellten Verwaltung kann der Staat die vielen
an ihn gerichteten Ansprüche und Aufgaben erledigen. Damit überall digital
gearbeitet wird, weiten wir das E-Government-Gesetz vollständig auf die Kommunen
aus. Das Land unterstützt die Kommunen bei der Implementierung digitaler
Verfahren und der entsprechenden Software, damit kein Flickenteppich entsteht,
in dem jede Kommune ihre eigene Lösung entwickelt. Und wir nutzen die
Digitalisierung der Verwaltungsabläufe, um gleichzeitig moderne Arbeitsweisen
einzuführen. Die Verwaltung der Zukunft arbeitet vernetzt und in Teams, mit
großer Transparenz nach innen, flexibel und mit flachen Hierarchien. Diese
Vision werden wir in ausgewählten Pilot-Behörden mit Ansätzen von „New Work“ und
agilen Methoden ausprobieren.
Unser Land befindet sich seit einigen Jahren im Krisenmodus: Zuerst die
anhaltende Hitzewelle, dann die Pandemie und schließlich im Sommer 2021 das
verheerende Hochwasser: das alles beeinträchtigte und beeinträchtigt noch immer
unser aller Leben. Die Krisen decken aber auch schonungslos auf, wo Politik und
Verwaltung Nachholbedarf haben. Wir wollen aus ihnen lernen, damit unsere
Gesellschaft krisenfester wird. Denn die Herausforderungen werden angesichts der
Klimakrise in Zukunft nicht kleiner, sondern größer. Wir versetzen Politik und
Verwaltung in die Lage, vorausschauend und planvoll zu handeln. Wir machen
Vorsorge zu unserem Leitprinzip. In Nordrhein-Westfalen kommt der
Landesregierung dabei eine Schlüsselrolle zu. Wir brauchen eine bessere Kultur
der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches zwischen den einzelnen
Behörden und Ebenen. Zur vorausschauenden Politik gehören Katastrophenpläne für
den Ernstfall und mehr Investitionen in Forschung. Wer gut vorbereitet ist, kann
planvoll handeln und Schaden abwenden. Deshalb gilt für uns: Eine wichtige
Grundlage für unsere Politik legen Wissenschaft und Forschung, sei es beim Klima
oder in Pandemien.
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben ein Recht darauf zu wissen, wer sich
in welcher Weise an einem Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Dafür führen wir ein
verbindliches und öffentliches Lobbyregister für die Landesregierung und den
Landtag sowie einen umfassenden “legislativen Fußabdruck” ein. Dieser macht
transparent, welche Organisationen und Lobbyinteressen Einfluss auf die
Erarbeitung eines Gesetzes genommen haben. Das Abstimmungsverhalten der
Landesregierung im Bundesrat machen wir transparenter und setzen uns dafür ein,
dass dies für den ganzen Bundesrat leicht nachvollziehbar wird.
Nicht allein durch die Maskenskandale der Union ist offensichtlich geworden, wie
schnell Glaubwürdigkeit verloren geht und wie stark dieser Vertrauensverlust dem
Parlamentarismus zusetzt. Wir wollen daher das Abgeordnetengesetz überarbeiten,
sodass Parlamentarier*innen ihre Nebeneinkünfte ab dem ersten Euro angeben
müssen und ihnen bezahlte Arbeit für Lobbyorganisationen verboten ist. Die
Abkühlzeit für Mitglieder der Landesregierung vor einem Wechsel in Lobbyismus
verlängern wir auf die Dauer des Bezugs vom Übergangsgeld, längstens auf 24
Monate.
Wir setzen uns für den wirksamen Schutz von Whistleblower*innen ein. Sie
schützen die Beachtung der Rechtsordnung und damit das Funktionieren des
demokratischen Systems. Whistleblower*innen brauchen Schutzklauseln im
Dienstrecht, damit sie ohne Repressionen auf Missstände hinweisen können.
Hierfür schaffen wir eine unabhängige Prüfstelle und setzen uns für einen Fonds
zur finanziellen Unterstützung von Whistleblower*innen ein.
Korruption, Steuerhinterziehung und Geldwäsche sind Rechtsverstöße mit
verheerenden Auswirkungen auf den Wettbewerb und den freien Markt, für Umwelt
und Menschen. Wir gestalten die öffentliche Beschaffung transparenter und
schaffen Vorkehrungen gegen Interessenskonflikte. Wir wollen die Angebote zur
Korruptionsprävention der öffentlichen Verwaltung ausbauen und unterstützen die
Einrichtung von Ombudsstellen.
Wir vertrauen der öffentlichen IT viel an. Ob Schüler*innendaten, Stromnetze
oder Krankenversorgung – ohne IT läuft nichts in unserer Gesellschaft. Jede
Sicherheitslücke kann fatale Folgen haben. Deshalb sichern wir höchste Standards
für IT- Sicherheit und Datenschutz bei Behörden des Landes und den Kommunen
gesetzlich ab. Deutlich mehr Behörden sollten außerdem den IT-Grundschutz des
Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik umsetzen. Wir fördern die
gemeinsame Forschung von Hochschulen, Unternehmen sowie Unternehmensgründungen
im Bereich IT-Sicherheit.
Auf öffentlich zugängliche Informationen zugreifen zu können, ist Grundlage
unseres demokratischen Staatsverständnisses. Land und Kommunen sammeln und
erstellen mit großem Aufwand riesige Datenmengen. Und die können sehr nützlich
sein, etwa für Medien, Bürger*inneninitiativen, die Wissenschaft oder auch
innovative Unternehmen. Wir ermöglichen mehr Teilhabe am “Datenschatz” in Form
von nicht personenbezogenen Daten. Was der Staat finanziert, muss auch allen
zugänglich sein. Wir schreiben in einem Informationszugangsgesetz fest, dass
staatliche Stellen ihre Informationen proaktiv maschinenlesbar und unter
Berücksichtigung der Open Data-Kriterien veröffentlichen. Mit uns werden Open
Data, Open Source und Open Access zum Standard für alle öffentlichen Stellen vom
Ministerium bis in die letzte Amtsstube.
NRW ist der Inbegriff von Vielfalt. In unserem Bundesland leben 18 Mio.
Menschen, mehr als fünf Millionen von ihnen haben eine Einwanderungsgeschichte.
Damit verfügt unser Bundesland über eine Einwanderungsgeschichte, die es über
Jahrhunderte hinweg zu dem gemacht hat, was es ist. Die verschiedenen Etappen,
in denen Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern unser Bundesland mit
verschiedensten kulturellen Einflüssen geprägt und bereichert haben, sind Teil
unserer Identität und müssen lebendig gehalten werden. Das Dokumentationszentrum
und Museum über die Migration in Deutschland (DoMiD e.V.) leistet dafür einen
wichtigen Beitrag, was wir auch in Zukunft unterstützen werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass alle gleichermaßen sichtbar sind, dieselben
Chancen auf Teilhabe haben und ihre Stimmen Gehör finden. Wir wollen deshalb die
Mehrsprachigkeit in unserer Gesellschaft stärken, internationale
Menschenrechtsbildung ausbauen und Organisationen und Vertretungen von Menschen
mit Einwanderungsgeschichte stärker fördern und einbeziehen. Ihre angemessene
Repräsentation insbesondere in öffentlichen Institutionen ist eine Aufgabe, die
wir mit Nachdruck vorantreiben werden.
Wir sehen NRW auch in der Verantwortung, erinnerungskulturelle Angebote noch
breiter zu fassen und auch die deutsche Kolonialgeschichte und ihre Folgen
systematisch aufzuarbeiten. Hierzu wollen wir ein Konzept entwickeln, das sowohl
die historische Aufarbeitung der Verantwortung in NRW als auch eine
Auseinandersetzung mit dem Thema in Bildungs- und Kultureinrichtungen sowie in
Stadt-Quartieren umfasst.
Jeder Mensch ist anders, das macht unser Zusammenleben interessant und
dynamisch. Wir wollen eine Gesellschaft, in der sich alle Menschen mit
Selbstvertrauen und ohne Angst entfalten können. Die Chancen in unserem Land
sind aber immer noch nicht gleich verteilt. Immer noch erleben Menschen wegen
ihres Namens, aufgrund einer rassistischen Zuschreibung ihrer Religion, ihres
Geschlechts, ihrer sexuellen Identität, aufgrund einer Behinderung oder ihrer
sozialen Herkunft Diskriminierungen am Arbeitsplatz, bei der Wohnungssuche oder
in der Freizeit. Benachteiligungen gibt es auch in vielen anderen alltäglichen
Lebensbereichen, wie in der Schule oder bei Behördengängen. Diskriminierung in
Institutionen und Behörden findet dabei nicht unbedingt als absichtsvolle
Benachteiligung von Einzelpersonen statt, sondern hier spiegeln sich noch immer
Stereotype und Vorurteile – bewusst oder unbewusst – wider. Diesen strukturellen
Benachteiligungen werden wir mit mehreren Maßnahmen entgegenwirken.
Wir wollen es allen Menschen ermöglichen, Diskriminierungen in den
Zuständigkeitsbereichen des Landes – wie etwa der Schule oder der Polizei – zu
melden und gegen diese auch rechtlich vorzugehen. Die Möglichkeit für
Betroffene, sich effektiv gegen erlebte Diskriminierung zu wehren, werden wir
mit einer Landesantidiskriminierungsstelle und einem
Landesantidiskriminierungsgesetz ausbauen. Indem wir ein Verbandsklagerecht
einführen, können sich Betroffene auf Wunsch auch von ihren Verbänden vertreten
lassen.
Gleichzeitig braucht es ein engmaschiges und niedrigschwelliges Unterstützungs-
und Beratungsnetz. Die bisherigen Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit
wollen wir deshalb flächendeckend ausbauen. Eine
Landesantidiskriminierungsstelle vertritt diese Servicestellen auf Landesebene
und schafft innovative Wege, um die Bevölkerung über Diskriminierungsformen
aufzuklären. Mit eigenen Studien soll die Landesantidiskriminierungsstelle
Diskriminierung und strukturelle Benachteiligungen offenlegen und gleichzeitig
Handlungsempfehlungen für die Antidiskriminierungspolitik in NRW erarbeiten.
Unsere Behörden sollen ein Spiegelbild und Dienstleister unserer vielfältigen
Gesellschaft sein. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind wichtige
Ansprechpartner*innen für Anliegen und Probleme. Egal, ob es um einen neuen Pass
oder um Wohngeld geht, der Gang zum Amt sollte für Jede*n gleichermaßen
zugänglich, verbindlich und verständlich sein.
Unser Ziel ist es, die Verschiedenheit unserer Gesellschaft, die wir in NRW
bereits leben und die uns ausmacht, in unsere Verwaltung zu tragen und sie dort
zu verankern. Darin unterstützen wir unsere Landesbehörden und Kommunen. Daher
intensivieren wir für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst auf Landesebene
Weiterbildungsmaßnahmen, die internationale Menschenrechte, Interkulturalität
und Antidiskriminierung beinhalten. Mehrsprachigkeit in Behörden, bei der
Polizei und in Notdiensten bauen wir aus, egal, ob der Kontakt online,
telefonisch oder persönlich erfolgt. Unser Ziel ist, dass öffentliche
Einrichtungen die soziale und kulturelle Vielfalt unserer Gesellschaft abbilden.
Dafür entwickeln wir verbindliche und messbare Zielvorgaben in den Behörden.
Auch sollten sich Führungskräfte mit internationaler Biographie in den
Verwaltungen stärker miteinander vernetzen können.
Jeder Mensch hat eigene Wünsche und Träume. Sie können sich auf die Berufswahl
beziehen, auf Freizeitaktivitäten oder eine bestimmte Wohnform, in der man leben
möchte. Die Chancen, sich eigene Ziele zu stecken und diese zu erreichen, müssen
in einer diversen und inklusiven Gesellschaft gleich verteilt sein. Die UN-
Behindertenrechtskonvention basiert auf dem Menschenrecht auf eine
gleichberechtigte Teilhabe. Ihre Umsetzung wollen wir konsequent voranbringen.
Zum Beispiel sollen Menschen, die im Rollstuhl in der Stadt unterwegs sind, ohne
große Umwege und ohne fremde Hilfe ihr Ziel erreichen. Kinder und Jugendliche,
egal ob mit oder ohne Behinderung, sollen den Beruf erlernen können, für den sie
sich interessieren. Sich ehrenamtlich zu engagieren, zum Beispiel ein
politisches Mandat zu bekleiden oder in einem Sportverein mitzuwirken, soll
allen Menschen möglich sein. Auf dem Arbeitsmarkt erinnern wir Unternehmen und
Ausbildungsbetriebe an ihre Pflicht, Menschen mit Behinderung einzustellen und
überzeugen sie von den Vorteilen. Wir planen Barrierefreiheit durch Änderungen
im Bauwesen von Beginn an ein, wenn Schulen oder Wohnungen gebaut werden.
Politische Abläufe und Verwaltungsprozesse kommunizieren wir in leichter
Sprache, in Gebärdensprache oder in Blindenschrift. Wir fördern die
organisierten Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderung und finden
gemeinsam mit ihnen Lösungen für die Bereiche, die noch nicht für alle
auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Nur so garantieren wir echte Teilhabe.
Ob und was Schüler*innen in NRW glauben, wird immer vielfältiger. Deshalb ist es
wichtig, dass jede*r Schüler*in von der ersten Klasse an wirklich die freie Wahl
hat, am konfessionellen Religionsunterricht oder an einem altersgemäßen
Philosophieunterricht teilzunehmen. Hemmnisse für den seit 2015 möglichen Umbau
von Bekenntnisschulen in bekenntnisfreie Grundschulen werden wir abbauen. Wir
unterstützen den islamischen Religionsunterricht auf Grundlage unserer
Verfassung. Er leistet einen wichtigen Beitrag für die Gleichberechtigung und
Integration muslimischen Lebens. Dafür wird eine entsprechende akademische
Ausbildung des Lehrpersonals in Deutschland, in unserem Fall in NRW, benötigt.
Wir wollen die Stimmen liberaler Muslime in der Kommission für islamischen
Religionsunterricht stärken. Aus anderen Staaten gesteuerte Verbände gehören
nicht in die Kommission. Mittelfristig wollen wir den Religionsunterricht im
Diskurs mit den Religionsgemeinschaften – auf Basis des Grundgesetzes, in dem
dieses Fach verankert ist – zu einem gemeinsamen konfessionellen Unterricht
weiterentwickeln, der auch den islamischen Religionsunterricht mit einbezieht.
Dieser Unterrichtet verbindet und bietet Orientierung und Verständigung in
unserer vielfältigen Gesellschaft.
Religion ist für viele Menschen in NRW ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags
und prägender Teil der eigenen Identität und der Deutung der Welt. Die Freiheit,
den eigenen Glauben zu leben, ist ein Menschenrecht ebenso wie das Recht, keine
Weltanschauung oder Religion auszuüben. Der Staat muss diese Rechte
gewährleisten und schützen. Religionsgemeinschaften sind wichtiger Teil unserer
Zivilgesellschaft. In ihnen engagieren sich viele Menschen für die Gemeinschaft,
sie sind Räume für Engagement und prägen und bieten Heimat. Voraussetzung für
einen positiven Beitrag zur demokratischen Gesellschaft ist, dass
Religionsgemeinschaften die Grundprinzipien der Verfassung achten, sich dem
öffentlichen Diskurs stellen und nicht fundamentalistisch agieren. Das gilt
insbesondere dann, wenn sie mit dem Staat kooperieren. Islamische Gemeinschaften
können und sollen als Religionsgemeinschaften anerkannt werden, wenn sie die
rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllen, denn muslimisches Leben gehört zu
NRW. Die vier großen muslimischen Verbände erfüllen diese Voraussetzungen aber
derzeit nicht. Wir unterstützen die Imam-Ausbildung in NRW und werden
muslimisches Engagement fördern. Jüdinnen und Juden sind ein Teil unserer
vielfältigen Gesellschaft. Gemeinsam mit den jüdischen Gemeinden und
Institutionen wollen wir die Vielfalt jüdischen Lebens noch sichtbarer machen
und Begegnung und Austausch ermöglichen. Antisemitismus in all seinen Facetten
werden wir uns konsequent entgegenstellen.
Die christlichen Kirchen sind für uns ein wichtiger Bündnispartner im Kampf für
Menschenrechte, die Seenotrettung, den Kampf gegen die Klimakrise oder für eine
gerechtere Welt. Das Land und die Kommunen pflegen viele Kooperationen mit ihnen
– etwa im Bereich Bildung oder Gesundheitsversorgung. Diese gewachsene Beziehung
wollen wir erhalten und wo nötig weiterentwickeln, denn der Staat muss selbst
grundsätzlich weltanschaulich neutral handeln. So plädieren wir für eine Novelle
des Feiertagsgesetzes, die an „stillen“ Feiertagen das bestehende, generelle
Verbot von Kultur- und Tanzveranstaltungen begrenzt. Außerdem wollen wir, dass
Angehörigen religiöser Minderheiten ein individueller Feiertag ermöglicht wird –
sowohl in der Schule wie auch im Arbeitsleben. Wir unterstützen das Anliegen,
die Kirchenaustrittsgebühr abzuschaffen und im Dialog mit den Kirchen dem
Auftrag des Grundgesetzes endlich nachzukommen und die altrechtlichen
Staatsleistungen abzulösen.
Es ist Zeit für eine feministische Regierung und Politik in NRW, mit der wir uns
alle gemeinsam für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen. Frauen verdienen die
Hälfte der Macht – im Landtag und in den Gemeinderäten genauso wie in
Schlüsselstellen der Verwaltung. Gremien besetzen wir deshalb grundsätzlich
mindestens zur Hälfte mit Frauen. Mit einem Paritätsgesetz sorgen wir dafür,
dass zur Wahl des Landtags 2027 auch in den anderen Parteien deutlich mehr
Frauen auf den Landeslisten und in den Direktwahlkreisen zur Wahl stehen.
Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe, denn sie berührt alle politischen
und gesellschaftlichen Bereiche: die Stadtplanung genauso wie die Planung von
Kitas und Ganztagsbetreuung, die Wirtschaftsförderung oder die Unterstützung
lokaler Projekte und Initiativen. Wir sorgen dafür, dass die Interessen und
Bedarfe von Frauen und Mädchen bei allen politischen Entscheidungen
berücksichtigt werden.
Das Land und die Kommunen bewegen Gelder in Milliardenhöhe, planen Straßen,
unterstützen Unternehmen und investieren viel Geld in die kommunale
Infrastruktur. Haushaltspolitik ist aber nicht geschlechterblind.
Finanzentscheidungen haben unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer.
Wir stärken eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik durch die konsequente
Umsetzung eines Gender-Budgeting-Ansatzes und stellen sicher, dass öffentliche
Investitionen und Ausgaben den Geschlechtern gleichermaßen zugutekommen. Für die
echte Chancengleichheit von Frauen und Männern benötigen wir Forschung zum Thema
Geschlechtergerechtigkeit. Wir möchten daher den Wissenschaftsbereich der Gender
Studies fördern und ausbauen, um große Erkenntnislücken endlich zu schließen und
wissenschaftlich fundiert Politik zu machen.
Unser Ziel: Frauen verdienen für gleichwertige Arbeit den gleichen Lohn, sind
wirtschaftlich unabhängig und im Alter gut abgesichert. Was selbstverständlich
klingt, muss endlich Realität werden! Wir setzen uns ein für eine gerechte
Bezahlung und faire Arbeitsbedingungen in systemrelevanten Care-Berufen wie
Pflege und Erziehung, die zu über 70 Prozent von Frauen ausgeübt werden. Und wir
nutzen die Möglichkeiten der Landespolitik, um die wirtschaftliche Situation von
Frauen zu verbessern und Beruf und Familie besser „unter einen Hut“ zu bekommen.
Grundlage dafür ist der Ausbau von Betreuungsplätzen in Kindertagespflege, Kita
und Ganztagsbetreuung in der Grundschule. In einem Modellprojekt helfen wir
berufstätigen Eltern, insbesondere einkommensschwachen und Alleinerziehenden,
Unterstützung durch Reinigungskräfte und Kinderbetreuung zu buchen – fair
bezahlt, versichert und sozial abgesichert. Damit schaffen wir gleichzeitig
Perspektiven jenseits von Schwarzarbeit oder ausbeuterischen
Arbeitsverhältnissen im haushaltsnahen Dienstleistungssektor.
Wir streiten seit unserer Gründung dafür, dass Lesben, Schwule, Bisexuelle,
Trans*-, Inter*- und queere Menschen (LSBTIQ*) in NRW selbstbestimmt, ohne
Ausgrenzung und Angst leben können. Vielfalt ist gelebter Alltag in unserem Land
und die vielen CSDs und Pride Demonstrationen haben längst einen festen Platz in
unserer Gesellschaft. Trotzdem gehören Ausgrenzung und Diskriminierung für viele
queere Menschen zu ihren alltäglichen Erfahrungen. Deshalb werden wir
Betroffenen und Verbänden das Recht geben, rechtlich gegen Diskriminierung
vorzugehen. Das schreiben wir in einem Landesantidiskriminierungsgesetz fest.
Wir stärken queeres Leben und die Vielfalt unserer Zivilgesellschaft, indem wir
den „Aktionsplan für queeres Leben“ weiterentwickeln. Er sorgt für
Gleichstellung durch Aufklärung, Bildung und Schutz. Wir bauen das Angebot von
Beratung, Koordination, Kinder- und Jugendarbeit und Selbsthilfegruppen aus und
stärken es. Insbesondere auch jenseits der großen Städte wollen wir Angebote
schaffen und bestehende finanziell absichern. Außerdem legen wir ein wirksames
Konzept für die Bekämpfung von Hasskriminalität vor. Dazu gehören fachlich
qualifizierte und lokal verankerte Kontaktstellen für LSBTIQ*, die Opfer von
Hasskriminalität und Gewalt geworden sind.
Wir trennen klar zwischen Sexarbeit und Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung.
Letzterer ist ein abscheuliches Verbrechen, das wir mit allen Mitteln bekämpfen.
Sexarbeiter*innen brauchen, wie andere Berufstätige auch, sichere
Arbeitsbedingungen sowie eine Kranken- und Sozialversicherung. Wir sichern
spezialisierte Beratungsstellen, insbesondere im ländlichen Raum, die
Sexarbeiter*innen beraten, unterstützen und bei Bedarf auch Hilfe beim Ausstieg
aus der Sexarbeit leisten. Wir stärken die rechtliche und soziale Lage von in
der Sexarbeit tätigen und wirken Diskriminierung und Stigmatisierung entgegen.
Das geht am besten, wenn wir mit den Betroffenen im Austausch stehen und ihre
Lebensrealität genau kennen. Wir werden den Runden Tisch Prostitution wieder ins
Leben rufen.
Wir wollen jenen Menschen Schutz bieten, die vor Gewalt und Krieg fliehen
müssen. Aber noch immer verharren Geflüchtete dicht gedrängt in provisorischen
Lagern auf den griechischen Inseln oder an den europäischen Außengrenzen. Noch
immer ertrinken jedes Jahr viel zu viele Menschen auf der Flucht im Mittelmeer.
Die europäische Flucht- und Asylpolitik muss menschlicher werden. Statt die
Festung Europa weiter auszubauen und uns abzuschotten, müssen wir neue und
verschiedene Zugänge schaffen und Zuwanderung erleichtern. Wir unterstützen das
Engagement von zivilen Seenotretter*innen. Sie springen dort ein und retten
Menschenleben, wo die Institutionen der Europäischen Union versagen. Wir stehen
an der Seite der zahlreichen Kommunen in NRW, die Geflüchteten in Not einen
Sicheren Hafen bieten. Mit einem eigenen Landesaufnahmeprogramm wollen wir diese
Bereitschaft zur Aufnahme von Menschen in besonders prekären Notsituationen, wie
etwa für aus Seenot Gerettete, unterstützen. So soll das Land in Zusammenarbeit
mit den Kommunen die Möglichkeit erhalten, Menschen auf der Flucht bei uns
Schutz zu bieten. Zudem wollen wir erreichen, dass sich NRW mit einem
Sonderprogramm an der Aufnahme jesidischer Frauen aus dem Nordirak beteiligt.
Wir brauchen klare Maßstäbe für die Unterbringung und Versorgung von
Geflüchteten hier in NRW. Die individuellen Bedürfnisse, Wünsche und
Möglichkeiten von Kindern, Familien oder chronisch Kranken müssen wir dabei
stets im Blick behalten. Lange Aufenthaltszeiten in Landesunterkünften lehnen
wir ab. Wir müssen weg von übergroßen und isolierten Einrichtungen hin zu
dezentralen und kleineren Wohneinheiten. Denn gerade in den ersten Wochen
brauchen Menschen mit einer Fluchtgeschichte Ruhe und Privatsphäre in
geschützten Räumen, wo sie ankommen und sich sicher fühlen können.
Ehrenamtliche, die freie Wohlfahrtspflege und andere zivile Akteure leisten bei
der Beratung und Betreuung der Geflüchteten einen unerlässlichen Beitrag, den
wir hoch schätzen und weiterhin stärken wollen. Ebenso ist eine umfassende
Gesundheitsversorgung zentral. Auch hier wollen wir neue Standards setzen, die
helfen, Erkrankungen frühzeitig zu identifizieren und entsprechend zu behandeln.
Geflüchteten Kindern, die in den Landesunterkünften untergebracht sind, werden
wir den Zugang zum Unterricht in Regelschulen ermöglichen.
Eine qualitativ hochwertige Flüchtlings- und Integrationspolitik gelingt nur im
Schulterschluss mit den Kommunen. Wir wollen die Kommunen dabei unterstützen,
gemeinsam verbindliche Standards für Flüchtlingsunterkünfte zu entwickeln, die
die individuellen Schutzbedürfnisse der Betroffenen beachten. Um die Kommunen
hier zu unterstützen, erhöhen wir die Pauschale im Flüchtlingsaufnahmegesetz,
die keine Unterscheidung zwischen Asylbewerber*innen und Geduldeten macht.
Wir wollen Integrations-, Teilhabeangebote und Sprachkurse von Anfang an für
alle Geflüchteten ermöglichen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Sie schaffen
für die Ankommenden die Basis für ein eigenständiges Leben in unserer
Gesellschaft. Damit auch Frauen mit Kindern die Kurse belegen und erfolgreich
abschließen können, bauen wir begleitende Kinderbetreuungsangebote aus. Als
wichtige Partner wollen wir die kommunalen und zentralen Ausländerbehörden
stärker in Integrationsprozesse einbinden. Diese neuen „Willkommensbehörden“
sollen Migrant*innen, insbesondere Geflüchtete, bei ihrem Weg zu mehr
gesellschaftlicher Teilhabe und Arbeitsmarktintegration begleiten und fördern
und ebenso die Spielräume für Bleibeperspektiven für Geduldete weitreichend
nutzen. Wir setzen uns beim Bund dafür ein, dass Abschiebehindernisse gewahrt
bleiben und besonders zu schützende Personengruppen wie Sinti*zze und Rom*ja und
wegen Gewalt gefährdete Frauen vor einer Abschiebung in Unrechtsregime und
Kriegsregionen bewahrt werden. Asylverfahren müssen zügiger bearbeitet werden,
aber gleichzeitig immer fair, individuelle Bedürfnisse berücksichtigen und
transparent sein. Bei einer Aufenthaltsbeendigung müssen Abschiebungen immer das
letzte Mittel sein. Wir setzen uns dafür ein, mildere Mittel zur Abschiebehaft
als Alternative auszuschöpfen und wollen garantieren, dass die Rechte der
Betroffenen geachtet werden. Denn die Inhaftierung von Menschen, die sich nichts
haben zuschulden kommen lassen, stellt eine massive Einschränkung ihrer Rechte
dar. Abschiebungen in Kriegs- und Krisenländer, wie aktuell Afghanistan und
Syrien, lehnen wir grundsätzlich ab.
Unsere Gerichte kämpfen schon jetzt mit dem Fachkräftemangel. In den nächsten
Jahren werden überdurchschnittlich viele Richter*innen und Staatsanwält*innen in
Pension gehen. Darauf müssen wir frühzeitig reagieren. Deshalb benötigen wir
moderne, flexiblere und familienfreundlichere Strukturen, die insbesondere für
Frauen die Tätigkeit in der Justiz attraktiver machen. Momentan ist die Justiz
mit zu vielen Aufgaben betraut. Dadurch dauern Verfahren viel zu lang. Um die
Strafverfolgung effektiver zu machen, werden wir die Justiz neben einer
Personalaufstockung von einigen Aufgaben entlasten. Wir werden die gesetzlichen
Bestimmungen dafür schaffen, dass in Nordrhein-Westfalen niemand wegen
Bagatelldelikten zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Hierzu werden wir
Vereinbarungen mit den Verkehrsverbünden abschließen, um ticketloses Fahren als
nicht anzuzeigenden Vertragskonflikt einzustufen. Zudem wollen wir die NRW-
Richtlinien zum Besitz und Konsum von Cannabis anpassen und den Grenzwert auf 15
Gramm anheben. Ersatzfreiheitsstrafen wollen wir weitgehend abschaffen und durch
ein System der Abgeltung durch gemeinnützige Arbeit ersetzen. Auch den
Jugendarrest, insbesondere den Freizeitarrest, wollen wir auf den Prüfstand
stellen. Sie sind als Mittel der Abschreckung wie auch der Erziehung ungeeignet.
Wir halten individuelle Angebote für sinnvoller. Besonders der so genannte
Warnschussarrest widerspricht dem wichtigen Strafrechtsgrundsatz der
Verhältnismäßigkeit.
Wir wollen Ersatzfreiheitsstrafen weitgehend abschaffen und durch ein System der
Abgeltung durch gemeinnützige Arbeit ersetzen. Ein wichtiges Prinzip des
Rechtsstaates ist es, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und Strafen
ohne Ansehen der Person von unabhängigen Gerichten verhängt werden. Das ist
derzeit nicht uneingeschränkt gewährleistet, da verhängte Geldstrafen von
Menschen mit entsprechendem wirtschaftlichem Hintergrund leicht aus der
Portokasse bezahlt werden können, arme Menschen hingegen in manchen Fällen
ersatzweise ins Gefängnis müssen. Das ist nicht nur ungerecht und bestraft
Vermögenslose doppelt, es erzielt auch nicht den erhofften abschreckenden Effekt
bei Vermögenden. Die Abgeltung von (Geld-)Strafen durch gemeinnützige Arbeit
gibt der Gesellschaft etwas zurück und dürfte einen stärkeren
selbstreflektierenden Effekt haben.
Eine Gesellschaft muss sich auch daran messen lassen, wie sie mit Straftätern
umgeht. Und auch diejenigen, die mit Inhaftierten arbeiten, haben gute
Arbeitsbedingungen verdient. Wir streben eine Verbesserung des
Personalschlüssels an und wollen den Berufsweg im Justizvollzugsdienst insgesamt
attraktiver gestalten. Denn die Beschäftigten in den Haftanstalten kämpfen mit
einer sehr hohen Arbeitsbelastung und Überstunden-Kontingenten. Das führt zu
einem erhöhten Krankenstand und Einschränkungen für die Gefangenen (weniger
Unterricht, Sportangebote, Therapieplätze, Arztbesuche usw.). Einen Schwerpunkt
bei zusätzlich geschaffenen Stellen sollten die Fachdienste im psychologischen,
pädagogischen, seelsorgerischen und medizinischen Bereich bilden. Laut Gesetz
haben Inhaftierte Anspruch auf eine humane Unterbringung. Der jetzige, oft
baufällige Zustand einiger Haftanstalten darf deshalb kein Dauerzustand bleiben.
Zudem birgt er Sicherheitsrisiken, wie zum Beispiel mangelnden Brandschutz. Eine
Modernisierungsoffensive bietet dabei auch Chancen für eine menschenwürdige
Neukonzeption von Haftanstalten in baulicher und architektonischer Hinsicht.
Damit werden Möglichkeiten geschaffen, Vollzugspläne bzw. -ziele
erfolgversprechender umzusetzen und auch den Bediensteten den Arbeitsalltag zu
erleichtern.
Jeder Mensch in NRW muss einfach an sein Recht kommen. Wir wollen, dass
Menschen, die aufgrund ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse
nicht aus eigenen Mitteln den Rechtsweg beschreiten können, noch besser proaktiv
über ihre Rechte und Möglichkeiten zu Beratungs-, Verfahrens- und
Prozesskostenhilfe in einfacher und verständlicher Sprache aufgeklärt werden.
Wir werden mit konkreten Projekten das Vertrauen in unseren Rechtsstaat stärken.
So wird unter anderem nach dem Berliner Vorbild das Projekt „Wir im Rechtsstaat“
auch in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Hier geben Richter*innen und
Staatsanwält*innen halbtägige Kurse, in denen Bürger*innen über ihre Rechte und
Pflichten im deutschen Rechtsstaat aufgeklärt werden. Die Kurse werden z.B. in
Vereinen, Flüchtlingsunterkünften oder Schulen stattfinden.
Jede*r Bürger*in hat in Nordrhein-Westfalen das Recht auf ein faires Verfahren.
Das ist in unserem Rechtsstaat eine zentrale Botschaft, auf die Verlass sein
muss. Vorurteile und Pauschalisierungen sind bestehende Hindernisse, die diesem
Recht entgegensteht. Mit Aktionstagen und Fortbildungen sensibilisieren wir alle
Mitarbeitenden in der Justiz für Vielfaltsthemen wie Migration, Religion,
Behinderung, Gender und LSBTQI*, um individuelle und strukturelle Barrieren
abzubauen und um zukünftig untereinander und im Umgang mit Bürger*innen
möglichst diskriminierungsfrei zu agieren.
Das Internet und Soziale Medien nehmen immer mehr Platz im gesellschaftlichen
Leben ein. Neben vielen Erleichterungen und neuen Möglichkeiten sich zu
vernetzen sind dort auch Räume für verachtende, beleidigende, rassistische und
diskriminierende Kommentare und Handlungen entstanden. Diese „Hate Speech“ kann
für die direkt Betroffenen auch in der analogen Welt zur echten Gefahr werden.
Zudem ist „Hate Speech“ schädlich für die demokratische Debattenkultur, da
rechtsextreme Akteure immer wieder versuchen, demokratische Positionen, die für
Vielfalt und Minderheitenrechte einstehen, zum Verstummen zu bringen. Zur
Bekämpfung von Hassrede und Gewalt im Netz sind eine effektive Strafverfolgung,
eine zwischen Bund und Land gut verzahnte Meldestruktur, eine personell gut
ausgestattete Beratungsstruktur sowie Öffentlichkeitskampagnen notwendig, die
sich Hass und Hetze entgegenstellen. Wir werden außerdem die Zentral- und
Ansprechstelle „Cybercrime“ auf den Bereich der "Hate-Speech" erweitern und so
eine zentrale und kompetente Strafverfolgungsbehörde gegen "Hate-Speech"
aufbauen.
Nicht erst seit den furchtbaren Fällen von Kindesmissbräuchen in Lügde, Münster
und Bergisch-Gladbach wissen wir: Beim Schutz von Kindern vor sexualisierter
Gewalt – im persönlichen Umfeld und im Internet – sowie anderen Formen der
Kindeswohlgefährdung, bleibt weiter viel zu tun. Der Untersuchungsausschuss zu
den Fällen sexualisierter Gewalt in Lügde hat gravierende Mängel in der
staatlichen Struktur zum Schutz von Kindern aufgedeckt. Diese vielschichtigen
Mängel wollen wir mit großem Nachdruck beseitigen. Gemeinsam mit den Kommunen
und den Landesjugendämtern werden wir dafür sorgen, dass überall in NRW die
gleichen fachlichen und personellen Standards in der Jugendhilfe gelten. Wir
stärken die Netzwerke des Kinderschutzes vor Ort. Alle am Kinderschutz
Beteiligten aus Jugendhilfe, Justiz, Polizei, Bildungs- und Gesundheitswesen
arbeiten in Zukunft in verlässlichen und dauerhaften Netzwerken zusammen. Die
Koordination dieses Netzwerkes in der Kommune finanziert das Land.
Wir richten die Stelle eines*einer unabhängigen Landesbeauftragten für die
Belange des Kinderschutzes und der Kinderrechte ein. Wir stärken kindgerechte
Verfahren in Justiz und Polizei sowie die Fortbildung von Richter*innen und
Staatsanwält*innen und in der Polizei. Dort sollen auch Kompetenzen bei
kindgerechten Vernehmungen gestärkt werden. Wir wollen dafür sorgen, dass den
Betroffenen bei der Polizei kompetente Partner*innen zur Seite stehen.
Jede Frau, die von Gewalt betroffen oder bedroht ist, muss in NRW Unterstützung
und Schutz finden. Das ist unser Anspruch. Dafür stärken wir das bestehende
System der Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen, Notrufe und
Interventionsstellen. Die Frauenhilfestruktur werden wir durch langfristige
Finanzierungszusagen unterstützen. Gleichzeitig entwickeln wir das Schutz- und
Unterstützungssystem mit allen Beteiligten weiter. So wird das Angebot
barrierefreier und richtet sich künftig stärker auch an Kinder, die Opfer von
häuslicher Gewalt sind und gezielte Hilfs- und Unterstützungsangebote brauchen.
Auch für genderqueere Personen wollen wir eine passgenaue Unterstützung
schaffen, die unter anderem durch separate Rückzugsräume und speziell geschultes
Personal gewährleistet wird.
Wir entwickeln das Hilfesystem so weiter, dass Opfer von geschlechtsspezifischer
Gewalt die Unterstützung erfahren, die sie brauchen. Dazu werden wir modellhaft
Clearingstellen erproben, die allen Frauen rund um die Uhr offenstehen und sie
dabei unterstützen, die passgenaue Hilfe zu finden. Außerdem setzen wir bei
Polizei und Justiz Schwerpunkte bei der effektiven Bekämpfung von Gewalttaten
gegen Frauen und queere Personen. Das beinhaltet schnelle Ermittlungen, schnelle
Strafverfahren und eine bessere Bewertung von Risikofällen.
Wir werden in NRW eine Koordinierungsstelle zur Verhütung und Bekämpfung von
Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt schaffen. Damit setzen wir die
Istanbul-Konvention weiter um, zu der NRW sich bekannt hat. Die Stelle bringt
verschiedenen Hilfsangebote zusammen und unterstützt die Weiterentwicklung der
Gewaltschutz-Einrichtungen und ihrer Zusammenarbeit. Darüber hinaus werden wir
ein Monitoring zum Umsetzungsstand der Istanbul-Konvention in NRW entwickeln.
Auch Männer werden Opfer häuslicher Gewalt. Wir werden die Schutz- und
Unterstützungsstrukturen, die sich an männliche Opfer von Gewalt richten,
ausbauen. Das erfordert zusätzliche Ressourcen und darf nicht zulasten der
bestehenden Frauenhilfeinfrastruktur gehen. Die Interventionsstellen bei
häuslicher Gewalt wollen wir finanziell stärken und als Anlaufstellen für alle
Opfer häuslicher Gewalt, unabhängig vom Geschlecht, weiterentwickeln.
Opfer von Sexualdelikten, Stalking und Bedrohungen erstatten in viel zu vielen
Fällen keine Anzeige. Ein Grund dafür ist die hohe Belastung der Opfer im
anschließenden Gerichtsprozess. Das werden wir ändern und uns für eine den
Vorwürfen angepasste Zeugenvernehmung einsetzen. Kein Opfer solcher Straftaten
darf mehr Angst davor haben, die Täter anzuzeigen. Zudem werden wir die
„Childhood“-Häuser in NRW stärken, in denen die notwendige Begleitung von
Kindern und Jugendlichen bei Missbrauchserfahrung in kinderfreundlicher Umgebung
unter einem Dach koordiniert und strukturiert wird.
Wir werden neue Wege beim Opferschutz und bei der Resozialisierung straffällig
gewordener Menschen gehen, um für mehr Sicherheit für die Bevölkerung zu sorgen.
Im neuen Landesresozialisierungs- und Opferschutzgesetz werden wir den
Opferschutz stärken und bei der Resozialisierung mitberücksichtigen. Außerdem
werden wir den Übergang vom Strafvollzug in die Freiheit besser organisieren, so
dass ehemalige Straftäter*innen besser Fuß fassen können und Unterstützung
beispielsweise durch Sozialarbeiter*innen erhalten.
Oft ist die Haft nicht die gesellschaftlich sinnvollste Strafe, da sie den
Bestraften auch nach der Verbüßung ausgrenzt. Deshalb werden wir alternative
Sanktionsformen im Sinne von Haftvermeidung stärker in den Vordergrund rücken.
Insgesamt werden wir mit der Vereinheitlichung von Gesetzes- und
Verwaltungsvorschriften für mehr Klarheit bei Struktur und Zuständigkeiten
sorgen, so dass mehr Personal und Geld für den effektiven Opferschutz und die
Resozialisierung zur Verfügung steht. Sowohl der Opferschutz als auch die
Verbesserung der Lebenslage straffällig Gewordener stehen dabei für uns im
Mittelpunkt.
Dass Nordrhein-Westfalen ein grundsätzlich sicheres Land ist, liegt auch an der
guten Arbeit der Polizei. Als Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols muss sie
gut aus- und fortgebildet, personell gut aufgestellt und angemessen ausgestattet
sein. Wir nehmen das Leitbild der Polizei-NRW ernst und wollen eine
bürgerorientierte, professionelle und rechtsstaatliche Polizei. Die hohen
Einstellungszahlen in der Polizei werden wir aufrechterhalten und dabei die
Vielfalt der Gesellschaft auch in der Polizei abbilden. Wir wollen für mehr
Beamt*innen im Bezirks- und Schwerpunktdienst sorgen, um die wichtige
sozialraumorientierte Polizeiarbeit im „Veedel“ oder Stadtteil zu stärken. Damit
leisten wir einen Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung und erhöhen das
Sicherheitsgefühl der Bürger*innen. Flächendeckende und anlasslose
Videoüberwachung lehnen wir ab. Für eine Ausstattung mit Tasern, außer für
Spezialkräfte, sehen wir keinen Bedarf. Die in den letzten Jahren getätigte Aufrüstung der Polizei werden wir beenden.
Angesichts der immer größeren Anforderungen beispielsweise in den Bereichen
Kindesmissbrauch, Umweltkriminalität, Geldwäsche, organisierte Kriminalität
(Mafia) werden wir die Kriminalpolizei personell und in der Aus- und Fortbildung
stärken. Dabei ermöglichen wir Spezialisierungen und fördern Fachkarrieren. Die
gesundheitlichen Belastungen im Polizeidienst sollen durch eine Überprüfung der
Schichtdienstmodelle und den Ausbau von Krisenintervention und Supervision
verringert werden. Die Fortbildung, insbesondere der Führungskräfte,
beispielsweise bei der Deeskalationskompetenz, der Sensibilisierung gegen
Rechtsextremismus und Rassismus, bei Hasskriminalität sowie der
Menschenrechtsbildung stärken wir weiter. Wir streben die rechtssichere
Einführung einer individualisierten und anonymisierten Kennzeichnung unter
Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Beamt*innen an.
Alle Menschen – unabhängig von Hautfarbe, Religion, Migrationsgeschichte,
Geschlecht oder sexueller Identität – müssen darauf vertrauen können, dass die
Polizei sie schützt und nicht diskriminiert. Daher wiegen die Fälle von
Rassismus und anderen menschenverachtenden Äußerungen in der Polizei schwer. Die
Handlungsempfehlungen der Stabsstelle „Rechtsextremistische Tendenzen in der
Polizei NRW“ werden wir umsetzen und die Maßnahmen fortlaufend weiterentwickeln.
Dazu gehören Präventions- und Reflexionsmöglichkeiten in der Polizei sowie
Regelungen zur Rotation. Zudem wollen wir verpflichtende Fortbildungen zum
Themenfeld Rechtsextremismus und Rassismus einführen und die Meldung von
Hinweisen erleichtern. Führungskräfte müssen besser qualifiziert und
sensibilisiert werden, damit sie Verdachtsfälle besser einschätzen und
intervenieren können. Zusätzlich werden wir eine wissenschaftliche Studie zu
rassistischen und anderen menschenverachtenden Einstellungen bei der Polizei NRW
in Auftrag geben.
Die Polizei greift durch ihre Maßnahmen zum Teil empfindlich in die
Freiheitsrechte der betroffenen Personen ein. Wie jedes Verwaltungshandeln ist
auch polizeiliches Handeln überprüfbar. Einzelverfahren vor Gerichten oder im
qualifizierten Beschwerdemanagement können aber nicht mögliche strukturelle
Fehlentwicklungen innerhalb der Polizei aufdecken. Whistleblower*innen in der
Polizei müssen deshalb besonders geschützt werden und ihre Anliegen vorbringen
können, ohne irgendwelche Nachteile fürchten zu müssen. Wir wollen daher die
Stelle einer*eines unabhängigen Polizeibeauftragten beim Landtag NRW ansiedeln.
Die Stelle soll sowohl für Bürger*innen als auch für Polizeibeamt*innen
ansprechbar sein, den Landtag bei der Beratung von Themen zur Polizei
unterstützen und einen regelmäßigen Tätigkeitsbericht vorlegen.
In keinem anderen Bundesland ist die Polizeistruktur so kleinteilig wie in
Nordrhein-Westfalen. Die Vielzahl der Behörden, ihre unterschiedlichen Größen
und Zuständigkeiten führen zu gravierenden Nachteilen bei der Aufgabenerfüllung.
Gerade der schreckliche Fall sexualisierter Gewalt in Lügde zeigt, dass eine
Polizeistrukturreform dringend erforderlich ist, weil die örtlichen
Polizeibehörden große beziehungsweise komplexe Verfahren strukturell nicht
leisten können. Daher müssen die Aufgaben und Zuständigkeiten der
Kreispolizeibehörden vereinheitlicht und regional gebündelt werden. So wird die
Polizeiarbeit überall in NRW effektiver und komplexe Fälle können besser
bearbeitet werden. Wir werden dafür sorgen, dass die Polizei weiterhin überall
in Nordrhein-Westfalen ansprechbar ist.
Um die kriminalitätsbezogene Sicherheitslage richtig einschätzen zu können,
reichen die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht aus. Diese
betrachtet nur die der Polizei bekannt gewordenen Fälle, bis diese an die
Staatsanwaltschaft abgegeben werden. Das Dunkelfeld, also Taten, die der Polizei
nicht angezeigt wurden, bleibt hingegen unberücksichtigt. Mögliche Veränderungen
von Kriminalitätstrends bleiben so unerkannt. Es wird auch nicht erfasst, ob die
gemeldeten Verdachtsfälle überhaupt angeklagt wurden und ein Urteil erging. Wir
wollen, dass die Sicherheits- und Kriminalpolitik in NRW auf einer rationalen
und evidenzbasierten Grundlage beruht. Wir setzen uns daher für einen
periodischen Sicherheitsbericht unter Einbindung externer Wissenschaftler*innen
ein. So soll eine regelmäßig aktualisierte Bestandsaufnahme der
kriminalitätsbezogene Sicherheitslage erfolgen, die über die bloße Analyse der
Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistiken hinausgeht und
Dunkelfeldstudien, Ursachenforschung und die Sicherheitswahrnehmungen der
Bürger*innen einbezieht.
Wir schließen einen Vertrag für die Demokratie: Die Arbeit gegen
Rechtsextremismus und Rassismus kann nur gemeinsam mit der demokratischen
Zivilgesellschaft gelingen. Wir wollen die Zivilgesellschaft durch einen
Fördertopf unterstützen, aus dem kleinere Initiativen und Bündnisse
unbürokratisch Kleinstfördersummen beantragen können. Die Beratungsstruktur
gegen Rechtsextremismus angefangen bei der Opferberatung, über die mobile
Beratung gegen Rechtsextremismus bis hin zur Aussteigerberatung werden wir
finanziell deutlich stärken und dauerhaft absichern. Wir werden das kommunale
Förderprogramm „NRWeltoffen“ auf weitere Kommunen ausweiten und das integrierte
Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus weiterentwickeln. Das
Landesnetzwerk gegen Rechtsextremismus wollen wir mit einer eigenen
Geschäftsstelle stärken. Auch die Arbeit der Gedenkstätten und anderer Träger
der (historisch-)politischen Bildung ist ein wichtiger Beitrag für die Stärkung
der demokratischen Kultur und die Sensibilisierung für die Gefahren des
Rechtsextremismus. Um die politische Bildung in Nordrhein-Westfalen als
wichtigen Bestandteil der Demokratiebildung zu stärken, wollen wir die
Landeszentrale für politische Bildung beim Parlament ansiedeln und sie durch
einen externen wissenschaftlichen sowie zivilgesellschaftlichen Beirat stärken.
Die größte Gefahr für unsere Gesellschaft geht vom Rechtsextremismus aus. Die
Sicherheitsbehörden brauchen dringend bessere Analyseinstrumente, um die Gefahr
durch neue Tätertypen erkennen zu können. Offene Haftbefehle gegen
Rechtsextremisten müssen schnell vollzogen werden. Wir werden die
Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses NRW vollständig umsetzen.
Das Wissen über rechtsextreme und rassistische Strukturen und Entwicklungen ist
unabdingbar für den Kampf gegen Rechts. Deshalb werden wir die
Rechtsextremismus-Forschung in NRW stärken und ein Monitoring im Bereich
Rechtsextremismus sowie zu menschenfeindlichen Einstellungen in der Gesellschaft
einführen. Außerdem setzen wir auf Dunkelfeldstudien und ein Lagebild
Rechtsextremismus, um das Verständnis über die Dimensionen von Hasskriminalität
und die Entwicklung im rechtsextremen Spektrum zu verbessern. Zudem werden wir
ein öffentlich zugängliches Archiv zu Rechtsextremismus in NRW fördern.
Neue bzw. verstärkt auftretende Phänomene machen neue Beratungsangebote
notwendig. Wir werden ein Angebot schaffen, dass das Umfeld von
Verschwörungsgläubigen unterstützt. Außerdem werden wir eine personell gut
ausgestattete Melde- und Beratungsstruktur für die Betroffenen von „Hate-Speech“
schaffen. Zur Unterstützung der Kommunen im Umgang mit Rechtsextremismus wollen
wir eine juristische Beratungsstelle auf Landesebene einrichten.
Auch in NRW kommt es immer wieder zu rassistisch und antisemitisch motivierten
Angriffen auf Synagogen, Moscheen oder Kultureinrichtungen. Wir setzen auf
deutlich bessere Schutzkonzepte für diese Einrichtungen und in migrantisch
geprägten Stadtteilen. Wichtig ist dabei die Einbindung der Communities in die
Entwicklung von Maßnahmen des Landes.
Von salafistischen und jihadistischen Netzwerken geht weiterhin eine
ernstzunehmende Gefahr für unsere Gesellschaft aus. Die Sicherheitsbehörden
müssen hier weiterhin sehr wachsam sein, um mögliche weitere Anschläge zu
verhindern. Aber auch die Präventionsarbeit gegen den gewaltbereiten Salafismus
und Jihadismus als gesamtgesellschaftliche Aufgabe haben wir im Blick. Das von
uns angestoßene ganzheitliche Handlungskonzept gegen den gewaltbereiten
verfassungsfeindlichen Salafismus werden wir weiterentwickeln.
Der Verfassungsschutz soll die Feinde unserer Demokratie und vielfältigen
Gesellschaft mit öffentlichen und nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten und
dabei einen klaren Fokus auf gewaltbereite Bestrebungen legen. Auf diesen Kern
seiner Tätigkeit werden wir ihn beschränken. Wir gründen ein Forschungsnetzwerk,
zur Erforschung und Dokumentation von Strukturen und Zusammenhängen von
demokratie- und menschenfeindlichen Bestrebungen. Wir schaffen mehr Transparenz
über die Arbeit des Verfassungsschutzes durch öffentliche Sitzungen des
parlamentarischen Kontrollgremiums des Landtags. Zusätzlich richten wird die
Stelle einer/eines ständigen Sachverständigen beim Parlamentarischen
Kontrollgremium ein, um das Gremium bei der Kontrolle des Verfassungsschutzes,
insbesondere bezüglich des Einsatzes von V-Leuten, zu unterstützen.
Aus der Corona-Pandemie und der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021 werden wir
Lehren ziehen und den Katastrophenschutz in NRW so verändern, dass er deutlich
gestärkt wird. Das Engagement der Einsatzkräfte von Feuerwehren, anerkannten
Hilfsorganisationen, Technischem Hilfswerk sowie den Spontanhelfer*innen ist
unverzichtbar. Die Strukturen des Katastrophenschutzes müssen so angepasst
werden, dass Gefahren besser erkannt werden und die Einsatzkräfte schneller das
tun können, wofür sie für den Ernstfall ausgebildet werden: anderen zu helfen.
Zur Katastrophenvorsorge führen wir verbindliche Katastrophenschutzbedarfspläne
auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte ein. Im Katastrophenfall soll die
Landesebene Verantwortung übernehmen und die Kreise und kreisfreien Städte
unterstützen. Um die Vorsorge zu unterstützen und im Krisenmanagement
Verantwortung zu übernehmen, benötigen wir ein eigenes Katastrophenschutzamt auf
Landesebene. Die Aktivierung des Krisenstabes der Landesregierung werden wir
verbindlich regeln, damit die Kommunikation mit den unterschiedlichen Behörden
effektiv, schnell und einheitlich gelingt. Im Katastrophenfall müssen
Warnsysteme so gestaltet sein, dass sie möglichst alle Menschen erreichen und
für diese auch einfach verständlich und nachvollziehbar sind. Gemeinsam mit den
Kommunen und den Akteuren im Katastrophenschutz werden wir die
Selbsthilfefähigkeit der Bürger*innen stärken.
Wir werden auch die Forschung für den Katastrophenschutz und das
Krisenmanagement in NRW stärken. Alle bisherigen Berichte und Evaluationen zu
Katastrophenszenarien werden wir auf den Prüfstand stellen, um den
Verbesserungsbedarf für NRW zu ermitteln. Außerdem braucht das Land eine eigene
Katastrophenschutzplanung, um sich auf die Möglichkeit weiterer Katastrophen,
beispielsweise einen großflächigen langanhaltenden Stromausfall oder einen
Angriff auf die digitale Infrastruktur, vorzubereiten. Auch die Prävention und
Bekämpfung von Wald- und Naturflächenbränden müssen deutlich verbessert werden,
wie die Brandereignisse der letzten Jahre eindrücklich zeigen.
Die Arbeit von Ehrenamtlichen im Brand- und Katastrophenschutz ist
unverzichtbar. Das verdient Anerkennung, Unterstützung der Feuerwehren und der
anerkannten Hilfsorganisationen sowie gute Bedingungen zur Vereinbarkeit von
Beruf, Familie und Ehrenamt. Der enge Austausch mit den Akteuren im Band- und
Katastrophenschutz ist uns wichtig. Wir wollen die Ehrenamtskarte weiter
ausbauen, beispielsweise auch durch kostenlose Fahrten mit Bus und Bahn. Wer
einen Führerschein für Rettungsfahrzeuge erwirbt, macht das im Dienst der
Gesellschaft und bekommt deshalb in Zukunft mehr finanzielle Unterstützung. Wir
werden außerdem eine Feuerwehrrente nach dem Thüringer Modell prüfen.
Unsere Gesellschaft ist vielfältig – wir wollen, dass sich das auch bei
Feuerwehren und im Katastrophenschutz widerspiegelt. Projekte zur Stärkung der
Sichtbarkeit von Vielfalt und für Antidiskriminierungsarbeit unterstützen wir.
Gemeinsam mit den Organisationen wollen wir den Anteil von Frauen sowohl im
Haupt- wie auch im Ehrenamt deutlich erhöhen. Die Kinder- und Jugendarbeit bei
den Feuerwehren und Hilfsorganisationen unterstützen wir. Die
Brandschutzerziehung und die Verankerung von Schulsanitätsdiensten unter
Beteiligung der Kinder und Jugendlichen sowie Erste-Hilfe-Kurse an Schulen
werden wir ausweiten.
Unsere Demokratie lebt davon, dass wir uns eine Meinung bilden und demokratisch
um den besten Weg streiten können. Dafür brauchen wir Journalist*innen, die
unabhängig und kritisch arbeiten können. Und wir benötigen ein vielfältiges
Angebot an Zeitungen, Online-, Radio- und Fernsehsendungen. Wir stehen zu einem
pluralistischen, von staatlichen Institutionen unabhängigen und kritischen
öffentlich-rechtlichen Rundfunk, denn er sichert unabhängigen, allen
zugänglichen Journalismus. Wir verteidigen den WDR entschieden gegen
populistische Attacken von rechts und sichern weiterhin seine Finanzierung ab.
Gleichzeitig wirken wir darauf hin, dass der WDR sich mit der Gesellschaft
weiterentwickelt und relevant bleibt. Wir unterstützen ihn, auch jene
Zielgruppen zu erreichen, bei denen er sich bisher schwertut, also etwa bei
Jugendlichen oder Menschen mit Migrationserfahrung. Ebenso wie die Formate und
Inhalte müssen auch die Gremien des WDR in Zukunft die gesellschaftliche
Vielfalt unseres Landes besser abbilden. Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass
die Mediatheken aller öffentlich-rechtlichen Sender zu gemeinsamen Plattformen
weiterentwickelt werden.
Eine offene Gesellschaft braucht vielfältige Informationsquellen und Medien, in
denen Meinungen ausgetauscht und Entscheidungen kritisch hinterfragt werden.
Doch gerade vor Ort schrumpft die Vielfalt an lokalen Zeitungen und
Radiostationen. Damit sich keine “Informationswüsten” ohne unabhängige
Berichterstattung zu Politik, Kultur und Gesellschaft bilden, unterstützen wir
die lokale Medienvielfalt und werden dies über eine neue, gemeinsame
Medienanstalt der Länder absichern. Wir geben der Idee des gemeinnützigen
Journalismus Rückenwind, so dass Bürger*innenmedienvereine und
Redaktionsnetzwerke ihre wichtige Arbeit leichter über Spenden finanzieren
können. Gerade dort, wo sich der herkömmliche Lokaljournalismus zurückzieht,
sind diese Initiativen wichtig, um vor Ort kritischen Journalismus aufrecht zu
erhalten. Wir Grüne stehen zum „NRW-Zwei-Säulen-Modell“ und für eine starke
Lokalradioszene. Die NRW-Landesmedienanstalt leistet hier bereits gute
Unterstützungsarbeit, die wir fortsetzen werden.
Frei zugängliche Informationen sind der Rohstoff für unsere Meinungsvielfalt und
Demokratie. Wenn sie gefälscht und manipuliert werden, ist das ein Angriff auf
unsere freie Gesellschaft. Gerade das Internet und die sozialen Medien
beinhalten beides. Deshalb ist es so wichtig, dass alle Bürger*innen in NRW
lernen, kompetent mit Informationen und Medien umzugehen – von klein auf, bis
ins hohe Alter. Wir unterstützen Bürger*innenmedien-Kompetenzprojekte, die
Bürger*innen und insbesondere auch Schüler*innen in NRW befähigen,
Falschmeldungen und Fake News zu erkennen, zu kontern und selbst als
Faktenchecker*innen zu arbeiten. Die wichtige Arbeit des 2020 neu gegründeten
„Landesverbandes Bürger*innenmedien NRW“ unterstützen wir. Dabei richten wir
unseren Blick nicht nur auf deutschsprachige Medien, sondern auch auf
internationale. Denn es ist bekannt, dass zunehmend auch ausländische,
autokratische Strukturen versuchen, mit Desinformationskampagnen die politische
oder gesellschaftliche Willensbildung hier zu beeinflussen.
Demokratiefeindlichen und hetzerischen Inhalten schieben wir einen Riegel vor.
Dafür müssen auch unsere Sicherheitsbehörden entsprechend sensibilisiert und
ausgestattet sein. Gleichzeitig setzen wir uns für eine deutliche
Wiederausweitung des mehrsprachigen Angebots des WDR ein, so dass unabhängige
Medienangebote auch alle Menschen in NRW erreichen.
Die Kunst- und Kulturszene in NRW bietet uns allen eine große Dichte
verschiedenster Museen, Clubs, Konzertsäle, Bühnen und freier Angebote. Kultur
und die Künste unterhalten nicht einfach nur. Sie sind das Lebenselixier unserer
Demokratie, sie geben Impulse und halten der Gesellschaft kritisch den Spiegel
vor. Wir Grüne stehen daher für eine transparente, beteiligende und vielfältige
Kulturpolitik. Wir geben Nordrhein-Westfalens einmaliger Kulturlandschaft
Sicherheit und stehen für ihren Erhalt und Ausbau. Unser Ziel ist, dass die NRW-
Kulturszene nach der Corona-Krise wieder als Nährboden unserer offenen und
vielfältigen Gesellschaft auflebt. Künstler*innen, Bühnentechniker*innen, Bühnen
und Kulturvereine brauchen dafür finanzielle Sicherheit. Bis die Auswirkungen
der Pandemie abklingen, setzen wir weiterhin auf spezielle Förderungen. Für eine
bessere und verlässliche Kulturförderung stärken wir außerdem die Finanzen der
Städte, Gemeinden und Kreise. Denn sie sind wichtige Geldgeber für die Kultur
vor Ort. Mittelfristig entwickeln wir die Förderlandschaft des Landes weiter und
machen sie krisenfest. Dafür untersuchen wir die Förderstrukturen und beziehen
vor allem die Erfahrungen der Corona-Krise mit ein. Wir achten besonders darauf,
dass die Verwaltungen von Bund, Land und Kommunen in der Kulturförderung besser
zusammenarbeiten und Kreativität nicht im Bestimmungs- und
Zuständigkeitswirrwarr verpufft.
Wenn wir eine freie und vielfältige Kultur wollen, müssen wir auch die
Bedingungen dafür schaffen, dass Menschen kreativ werden können. Viele Kultur-
und Medienschaffende arbeiten mit großem Engagement unter prekären Bedingungen,
verdienen wenig oder unregelmäßig und sind nicht ausreichend für das Alter
abgesichert. Die Kunstförderung darf deshalb nicht allein am Output orientiert
sein, sondern muss auch die soziale Sicherung der Künstler*innen zum Ziel haben.
Von Seiten des Landes NRW werden wir bis zum Ende der Pandemie die
Stipendienprogramme fortsetzen und dann evaluieren, welche Elemente zu einer
dauerhaften Kulturförderung gehören können. Über eine Gagenuntergrenze für
öffentliche Theater für Solo-Selbstständige auf und hinter der Bühne verbessern
wir außerdem die Arbeitsbedingungen von Künstler*innen.
Kultur braucht Platz! Sie gedeiht in Erfahrungs- und Freiräumen – und zwar am
besten mitten unter uns, dort wo die Menschen leben und arbeiten. Wir schützen
und schaffen Kulturräume in ganz NRW und machen unsere Städte und Dörfer damit
lebenswerter. Wir unterstützen Kommunen, die eine kulturelle Zwischennutzung
leerstehender Gebäude ermöglichen wollen, etwa durch die Übernahme von
Versicherungen. Auch Landesgebäude und freistehende Flächen des Landes eignen
sich für solche kulturellen Projekte oder Zwischennutzungen. Dafür machen wir
den Weg frei. Wir passen die Anforderungen zum Lärmschutz so an, dass zwischen
dem berechtigten Ruheinteresse von Anwohner*innen und den Anforderungen an
lebendige Kulturräume ein fairer Ausgleich stattfindet. Dass Clubs erstmals auch
rechtlich als kulturelle Orte anerkannt sind, begrüßen wir sehr und werden in
NRW dafür sorgen, dass dies rechtlich entsprechend umgesetzt wird und Clubs vor
Verdrängung geschützt werden.
Kunst und Kultur unterstützen Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung. Wer
früh und möglichst intensiv die eigene Kreativität entwickeln kann, wird sich
sozial, kulturell und menschlich auch später im Leben deutlich besser
zurechtfinden. Kunst und Kultur sensibilisieren auch für die Umwelt und das
menschliche Miteinander über alle Grenzen hinweg. Deshalb wollen wir Grüne in
NRW gut begonnene Projekte wie „Kultur und Schule“, „Kulturrucksack NRW“ oder
auch „JeKits – Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“ klug und modern
weiterentwickeln. Wir wollen die musischen Fächer in den Schulen wieder stärken,
Theater-, Museums- und Konzertbesuch sollten künftig auch zum schulischen Kanon
kultureller Bildung gehören. Dabei sollen auch grundsätzliche Überlegungen wie
ein „KulturTicket-NRW“ oder vor Ort der „freie Eintritt für Schulklassen“ sowie
insgesamt eine weitreichende sozialverträgliche Teilhabe an Kultur und Kunst in
NRW künftig eine noch wesentlich größere Rolle spielen. Hier wollen wir
entsprechende Modellprojekte vorantreiben. Auch Kooperationsmodelle zwischen
Freier Szene und öffentlichen Kultureinrichtungen sollen verstärkt gefördert
werden.
Gesellschaftliche Vielfalt ist ein kultureller Schatz. Das sollte sich auch in
den Kultureinrichtungen Nordrhein-Westfalens widerspiegeln. Vielfalt wird mit
uns Programm – und zwar besonders dort, wo das Land und die Kommunen die Kultur
finanziell fördern. Öffentlich geförderte Einrichtungen werden wir unterstützen,
die gesellschaftliche Vielfalt und Barrierefreiheit stärker zu berücksichtigen –
etwa im Programm, bei der Besetzung von Künstler*innen oder Leitungspositionen
oder Jurys. Bei der Besetzung von Intendanzen müssen endlich Frauen stärker zum
Zuge kommen. Neue Leitungs- und Organisationsformen als Alternative zum
überkommenen, stark hierarchischen Intendanz-Modell, sollen nicht die Ausnahme,
sondern die Regel werden.
Kunst und Kultur spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Klimakrise.
Zum einen können sie selbst ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern, zum
anderen wichtige Impulse für eine nachhaltige Transformation unserer
Gesellschaft geben. Immer mehr Initiativen, Festivals, Filmproduzierende und
Spielstätten versuchen mit großem Einsatz, ressourcenschonender zu arbeiten. Wir
unterstützen diese Bemühungen ebenso wie die Einrichtung einer „Green Culture
Desk“-Beratungsstelle und eines „Green-Culture-Fonds“ des Bundes.
NRW ist ein Film- und Medienland. Die Branche ist ein eigenständiger, wichtiger
Wirtschaftsfaktor, dessen Innovationskraft auch für andere Branchen immer
bedeutsamer wird. Wir stärken ihn weiter durch Förderung und kluge Vernetzung
mit anderen, auch internationalen Förderzusammenhängen. Auch das „Mediennetzwerk
NRW“ soll weiter gestärkt werden. Dabei spielen Ausbildungs- und Förderangebote
wie die „internationale Filmschule Köln“, das „Mediengründerzentrum NRW“ und das
„GamesLab Cologne“ eine zentrale Rolle. Ebenfalls unterstützen wir nach wie vor
ganz besonders die erfolgreiche Arbeit der Film- und Medienstiftung NRW. Die
Gründerförderung in Kreativwirtschaft und Kultur wollen wir in Kooperation mit
den Fach- und Kunsthochschulen in NRW weiter ausbauen und zusätzlich auch eine
effektive Popkulturförderung in NRW etablieren.
Die Verbrechen des Nationalsozialismus prägen uns und unser Land weiter. Wir
alle tragen Verantwortung dafür, die Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit wach zu
halten und aus dieser Erinnerung heraus für unsere Demokratie und unsere
gesellschaftlichen Freiheiten einzutreten. Es gibt nur noch sehr wenige
Zeitzeugen, die von ihren Erlebnissen berichten können und längst nicht jede
Familie im Einwanderungsland NRW hat einen biografischen Bezug zur NS-
Geschichte. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass die Erinnerung für alle
Menschen lebendig und erfahrbar gemacht wird und sichern daher die Arbeit der
Gedenkstätten finanziell weiter ab. Wir sind außerdem offen dafür, neue
Erinnerungsorte zugänglich zu machen und mit entsprechenden Angeboten
auszustatten – auch um an die Opfer des Rechtsextremismus in der
Nachkriegsgeschichte zu erinnern. Rechtspopulistischen und anderen Kräften, die
einen Schlussstrich unter das Gedenken setzen wollen, stellen wir uns
entschieden entgegen.
Sport ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wichtig, denn Sport ist gut
für Gesundheit und Wohlbefinden. In den Vereinen, auf Sportplätzen, in Hallen
und Schwimmbädern kommen Menschen verschiedener Herkunft, unterschiedlichsten
Alters und unterschiedlichster Erfahrungen zusammen. Mit seinen vielen
ehrenamtlich Engagierten ist der organisierte Sport wortwörtlich die größte
Bürger*innenbewegung in NRW. Aber auch jenseits der Vereine und Verbände finden
sich Menschen zusammen, um gemeinsam Sport zu treiben und in Bewegung zu
bleiben. Im Sport werden die Werte einer offenen und solidarischen Gesellschaft
gelebt und vermittelt: Fairness, Respekt, Teamgeist und Vielfalt. Und Sport hält
uns fit und fördert unsere Gesundheit. Wir Grüne unterstützen deshalb den Sport
im Land aus voller Überzeugung. Viele Sportstätten werden zurzeit durch das
Programm “Gute Sportstätten 2022” instandgesetzt. Den Erfolg des Programms
werden wir evaluieren und das Programm weiterentwickeln. Wir setzen uns
insbesondere für eine gute Bäderinfrastruktur ein und stärken den
Schwimmunterricht an Schulen und in Vereinen. Unser Ziel ist es, dass jedes Kind
bis zum Ende der Grundschulzeit die Möglichkeit hat, schwimmen zu lernen.
Daneben werden wir Bewegungsmöglichkeiten für Klein und Groß in die Wohnumgebung
integrieren. Sportmöglichkeiten, wie beispielsweise auf dem Grüngürtel in Köln,
erfreuen sich großer Beliebtheit und fördern das Zusammenleben in den
Quartieren.
Wir Grüne sehen Sportgroßveranstaltungen als integratives und einendes Element
an. Außerdem profitieren sowohl der Leistungs- als auch der Breitensport von
solchen Events. Deshalb sollen sie in Nordrhein-Westfalen unter der Maßgabe von
Nachhaltigkeit und Kostentransparenz und unter Beteiligung der Bürger*innen in
Zukunft begleitet und vorangetrieben werden.
Sport und Bewegung leisten wichtige Beiträge zur gesundheitlichen Prävention.
Wir werden den Präventionsgedanken noch stärker in die Sportförderung
integrieren. Prävention und Gesundheitsförderung sind ein Mehrwert für alle,
aber insbesondere auch für ältere Menschen. Unser Ziel ist es, die Förderung der
guten, eigenverantwortlichen Arbeit des LSB NRW nach „Good-Governance“-Kriterien
transparent und rechtssicher zu gestalten und gleichzeitig die Wünsche von
Sportler*innen ohne Zugehörigkeit zu einem Verein ausgewogen zu berücksichtigen.
Hierfür ist es richtig, sich in einer neu zu schaffenden Landessportkonferenz
mit allen wichtigen Sportakteur*innen an einen Tisch zu setzen. Wir legen mit
einem Sportfördergesetz die Grundlage, dass alle Menschen in NRW die Möglichkeit
haben, entsprechend ihren Wünschen und Fähigkeiten Sport zu treiben.
Wir Grüne werden dem Sport ein verlässlicher Partner darin sein,
Sportveranstaltungen zu dem zu machen, was sie sein sollten: ein Ereignis, an
dem die ganze Gesellschaft teilnehmen kann. Dafür sollen regelmäßige
Dialogformate und Fanhearings die Kommunikation und Kooperation zwischen allen
Beteiligten verbessern. Wir werden unsere Verbündeten gegen Gewalt,
Diskriminierung, Ausgrenzung und Hass im Sport stärken. Wir setzen dabei
ausdrücklich darauf, die organisierte Fanszene als aktiven Teil der
Zivilgesellschaft einzubeziehen. Ebenso gehören die Polizei, die „Zentrale
Informationsstelle Sporteinsätze“, die Ordnungsbehörden, Vereine und Verbände
sowie Fanprojekte und Fanbeauftragte zu den Gesprächspartner*innen.
Wir unterstützen die Gaming-Kultur und insbesondere den eSport finanziell und
ideell stärker. Wir setzen uns dafür ein, dass eSport-Vereine als gemeinnützig
anerkannt werden. Um Austausch und Verständigung zwischen beiden Welten zu
fördern, unterstützen wir gemeinsame Projekte von eSport und klassischem Sport.
Ähnlich wie beispielsweise beim klassischen Fußball die Themen Rassismus und
Vielfalt, machen wir auch beim eSport gesellschaftliche Themen zum Gegenstand
von Förderung und Austausch.
NRW liegt als bevölkerungsreichstes Bundesland im Herzen Europas. Wir sind
überzeugt, dass wir die sozialen und ökologischen Herausforderungen des
Klimawandels nur auf internationaler Ebene bewältigen können. Ganz besonders
zählen wir dabei auf unsere europäischen Partner.
Wir gründen eine Europa-Stiftung, die die europäischen Werte und die
unterschiedlichen Facetten einer lebendigen Demokratie in der schulischen und
außerschulischen Bildung fördert. Damit schaffen wir eine Koordinierungs- und
Ansprechstelle für die zahlreichen dezentralen Angebote in NRW. Indem die
Stiftung ebenfalls den europaweiten Austausch zwischen Kommunen und Regionen
stärkt, erneuert sie den europäischen Zusammenhalt und macht die
Errungenschaften der Europäischen Union für die Bürger*innen vor Ort erlebbar.
Wir setzen uns von NRW aus für die Einhaltung der Menschenrechte und
Rechtsstaatsprinzipien innerhalb der EU ein und halten entschieden gegen
antidemokratische Angriffe.
Viele Jahre haben Grüne im Bundestag und im Europäischen Parlament für ein
Lieferkettengesetz gekämpft, welches Arbeitnehmer*innenrechte und
Umweltstandards auch in Drittländern schützt und deutsche und europäische
Unternehmen für Verstöße ihrer Lieferanten in die Verantwortung nimmt. Das 2021
beschlossene Gesetz ist für uns Grüne eine herbe Enttäuschung. CDU, CSU und SPD
haben ein Gesetz beschlossen, dass zwar eine Lieferantenhaftung vorsieht, die
Ausnahmen aber zur Regel macht. Maßgebliche Teile der deutschen Unternehmen
werden vom Gesetz nicht erfasst. Bis es ein echtes Lieferkettengesetz gibt,
werden wir vorangehen und die öffentliche Beschaffung in NRW durch ein neues
Tariftreue- und Vergabegesetz nach nachhaltigen und sozialen Kriterien
ausrichten.
Die Umsetzung der Agenda 2030 und der Klimaziele gehen zu langsam voran. Wir
setzen die Ziele im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie NRW um, indem wir die UN-
Nachhaltigkeitsziele als festen Bestandteil in allen Landesressorts etablieren
und auch die Kommunen dahingehend unterstützen. Außerdem führen wir einen
verpflichtenden Nachhaltigkeitscheck ein, um bei Gesetzentwürfen und bei der
Vergabe öffentlicher Aufträge zu prüfen, ob soziale und ökologische Standards
eingehalten werden, Der Europäische Grüne Deal stellt für uns einen klaren
Handlungsauftrag dar, bis 2040 klimaneutral zu sein. Wir wollen in NRW
vorangehen und uns dieser Verantwortung stellen. Unser Ziel muss sein, unseren
Kindern einen Planeten zu hinterlassen, der lebenswert ist.
Neben fairer Entlohnung und Arbeitssicherheit ist die Kreislaufwirtschaft ein
wichtiger Baustein. Um die begrenzten Ressourcen der Erde zu schonen und Energie
einzusparen, müssen so viele Produktionsverfahren wie möglich im Kreislauf
geführt werden. Hierfür brauchen wir beispielsweise nachhaltiges Produktdesign
und mehr recyclingfähige Rohstoffe. Die dafür nötigen Maßnahmen möchten wir
gemeinsam mit Branchenvertreter*innen, Verbänden, Gewerkschaften und der
Zivilgesellschaft umsetzen. Das Land muss hier als Partner auftreten und die
Industrie bei dieser Aufgabe finanziell unterstützen. Branchenverträge können
dafür den geeigneten Rahmen bilden.
Viele Menschen engagieren sich in unserem Bundesland ehrenamtlich für den
globalen Süden. Sie bauen gemeinsam mit ihren Partner*innen dort Projekte auf.
Immer mehr Verbraucher*innen kaufen fair gehandelte Produkte und sie alle
leisten damit einen ganz persönlichen Beitrag. Diese zivilgesellschaftlichen
Aktivitäten wollen wir unterstützen durch den Ausbau des „Eine Welt Netzes“ als
Dachverband entwicklungspolitischer Vereine und engagierter Personen in NRW
sowie durch verstärkte Kampagnen für „Fairen Handel“. In unserem Land existiert
eine gute Struktur von Angeboten zur Nachhaltigkeitsbildung. Diese bestehenden
Strukturen wie die Stiftung „Umwelt und Entwicklung NRW“ und das Programm
„Entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit“ wollen wir ausbauen,
um mehr Menschen damit zu erreichen. Auch die internationale Zusammenarbeit mit
den beiden NRW-Partnerländern Südafrika und Ghana wollen wir intensiven. Wir
fördern globale Partnerschaften von Vereinen, Verbänden, Kommunen, Wissenschaft
und Betrieben aus NRW. Einen wichtigen Aspekt bilden hierbei der beiderseitige
Austausch und Kooperationsprojekte von Studierenden, Schüler*innen und
Auszubildenden.
Viele unserer Städte und Gemeinden haben enge Beziehungen mit ihren
Partnerregionen überall auf der Welt und führen gemeinsam Projekte aus, auch in
der kommunalen Entwicklungspolitik. Wir wollen deshalb gemeinsam mit unseren
Kommunen ein Konzept entwickeln, um die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele,
Menschenrechte und Fairen Handel zu zentralen Aspekten bestehender und
zukünftiger Städtepartnerschaften macht.
Auch ist Nordrhein-Westfalen Mitglied der internationalen „Under-2-Coalition“,
die mit regionalen Maßnahmen die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius
begrenzen will. Kommunale Klimapartnerschaften sollen dabei eine tragende Rolle
spielen, um auf kommunaler Ebene einen Beitrag zu den globalen Herausforderungen
zu leisten. Denn es sind maßgeblich unsere Städte und Gemeinden, die europäische
und internationale Vereinbarungen umsetzen und mit Leben füllen.
Klimapartnerschaften helfen ihnen dabei, sich untereinander zu vernetzen,
Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Projekte umzusetzen. Damit die Kommunen
Ansprechpartner*innen haben, wenn sie eine Klimapartnerschaft aufbauen wollen,
schaffen wir eine Koordinierungs- und Beratungsstelle auf Landesebene, die sie
bei ihrem Vorhaben unterstützt und begleitet. Außerdem stellen wir Finanzmittel
für kommunale Entwicklungszusammenarbeit im Gemeindefinanzierungsgesetz zur
Verfügung.
NRW ist mit seiner Bundesstadt Bonn ein wichtiges Zentrum für internationale und
Eine-Welt-Politik. Allein die UN sind hier mit 20 Einrichtungen vertreten, hinzu
kommen noch über 150 weitere internationale Institutionen, Vereine und
Hilfswerke der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Bonn ist
ebenfalls Standort des „Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung“, des „Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik“, der
„Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ oder dem „Bonn International
Center for Conversion“. Mit dieser breiten Struktur aus Wissenschaft,
internationalen Organisationen und NGOs soll das Land NRW Vorreiter in der
Entwicklungszusammenarbeit sein. Wir wollen NRW als wichtigen Stand- und
Konferenzort für Menschenrechte und Friedensbildung, Nachhaltigkeitsstrategien,
und Demokratisierungsprozesse etablieren.
Wir leben in einem funktionierenden Rechtsstaat, dessen Aufgabe es ist, die
Rechte seiner Bürger*innen zu schützen. Was für uns so selbstverständlich
klingt, ist es für viele Journalistinnen, Abgeordnete, Wissenschaftlerinnen und
Menschrechtsverteidiger*innen, Frauen, LGBTTIQ, Menschen mit Behinderung,
Angehörige von Minderheiten in vielen Ländern dieser Erde nicht. Sie werden von
Unrechtsregimen als Regimegegnerinnen und -gegner angesehen und wegen ihrer
Arbeit oder lediglich aufgrund ihres Glaubens, ihres Aussehens oder ihrer
Orientierung im eigenen Staat unterdrückt, bekämpft, verfolgt.
Wir wollen diesen Menschen in NRW einen sicheren Hafen bieten, in dem sie ihre
Arbeit fortsetzen können und vor Repressalien geschützt sind. Im Bundestag
verabschiedeten Abgeordnete bereits 2003 das Programm „Parlamentarier schützen
Parlamentarier“; aus dem schon 100 Patenschaften hervorgegangen sind. Die
Abgeordneten nutzen dabei ihr Netzwerk, um bedrohte Parlamentarierinnen und
andere Menschenrechtsaktivisten aufzunehmen. Ein solches Programm wollen wir
auch für NRW schaffen und die bisherigen Erfolge in der Verteidigung von
Menschenrechten weiter nach vorne zu bringen.
Erfolgt mündlich