Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 03./04. Juni 2023 in Münster |
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Tagesordnungspunkt: | LA Für eine Welt voller Leben - Naturschutz und Klimaschutz gerecht werden |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 03.06.2023 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Für eine Welt voller Leben - Naturschutz und Klimaschutz gerecht werden
Beschlusstext
Die Klimakrise ist in vollem Gange, Menschen sind auf der Flucht vor Dürre und
die Artenvielfalt ist mehr als nur bedroht. Die Klimakrise ist der unermessliche
Verlust von sicherem Zuhause, von Heimat, von jahrtausendealten Kulturgütern.
Dabei wirkt die Klimakrise nicht nur unmittelbar auf die Lebensrealität vor Ort
ein, sondern verschärft bereits bestehende Probleme zum Teil erheblich. Als
GRÜNE in NRW stehen wir zum 1,5-Grad-Ziel. Wir richten deshalb unser politisches
Handeln daran aus, so schnell wie möglich entlang des 1,5-Grad-Ziels
Klimaneutralität mit Netto-Null-Emission in Nordrhein-Westfalen zu erreichen.
Der Einsatz gegen die Klimakrise ist für uns auch die Verteidigung elementarer
Menschenrechte wie das Recht auf Nahrung, Wasser, Wohnen, Bildung, Gesundheit,
eine saubere Umwelt und ein Leben in Würde. Wir GRÜNE treten an für eine Welt
voller Leben und übernehmen dafür Verantwortung in unseren jeweiligen
Handlungsmöglichkeiten. Auf kommunaler Ebene, mit vielen Grünen Hauptamtlichen
und Ehrenamtlichen vor Ort, in der Landespolitik mit neuer
Regierungsbeteiligung, auf Bundesebene in einer herausfordernden Dreier
Regierungskonstellation und auf europäische Ebene mit einer starken Grünen
Landesgruppe. Aus dieser Verantwortung erwachsen unsere Handlungsmöglichkeiten
und Zuversicht. Während andere die Krisen ignorieren oder gegeneinander
ausspielen, denken wir Artenvielfalt und Klimaschutz gemeinsam. Dort wo es nötig
ist, wägen wir ab. Dort wo es möglich ist, finden wir gegenseitig verstärkende
Lösungen. Klimaschutz und Biodiversität sind für uns zwei Seiten einer Medaille:
Die Medaille einer Welt voller Leben.
Die Biodiversitätskrise ist die zweite große ökologische Krise
Die Fachwelt mahnt uns, dass die planetaren Grenzen verletzt sind. Wir haben es
mit multiplen Umweltkrisen zu tun, die sich gegenseitig verstärken und die wir
nur gemeinsam bekämpfen können.
Neben der Klimakrise ist die Biodiversitätskrise die zweite große ökologische
Krise unserer Zeit. Andere Belastungen für Mensch und Umwelt, wie zum Beispiel
die chemische Verschmutzung, kommen verstärkend hinzu. Derzeit befinden wir uns
im größten Artensterben seit dem Ende der Dinosaurierzeit vor 65 Millionen
Jahren. Weltweit gehen die Bestände vieler Tier- und Pflanzenarten dramatisch
zurück. Jeden Tag sterben weltweit 150 Arten – Tiere wie Pflanzen – aus, und das
unwiederbringlich. Fast die Hälfte aller Tiere und Pflanzen in NRW stehen auf
der Roten Liste gefährdeter Arten. Fast 80 Prozent der Lebensräume im Tiefland
in NRW sind in einem ungünstigen Erhaltungszustand – allen voran Moore,
Grünland- und Gewässerlebensräume sowie Eichen- und Auenwälder. Aktuell sind nur
8,8 Prozent aller Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen in einem sehr guten oder
guten ökologischen Zustand. Zahlen wie diese sind ein Alarmsignal - das
Ökosystem braucht dringend unsere Unterstützung
Das Artensterben und der Verlust der biologischen Vielfalt sind durch den
Menschen verursacht: Neben den Folgen des menschengemachten Klimawandels gehören
hierzu unter anderem eine zu intensive Bewirtschaftung landwirtschaftlicher
Flächen, der Einsatz von Pestiziden, die Zerstörung und Zerschneidung naturnaher
Lebensräume, der fortschreitende Flächenfraß sowie die Luft- (und Licht-
)Verschmutzung. Das alles bedroht das sensible Netz der Arten und Ökosysteme.
Der Artenverlust vollzieht sich schleichend und leise.
Tiere und Pflanzen haben in unserem Ökosystem zentrale Funktionen. Die
biologische Vielfalt und die Leistungen von Ökosystemen wie die Versorgung mit
Lebensmitteln und Wasser, sauberer Luft und Medizin sind für das Überleben der
Menschheit essenziell. Biodiversität und Artenvielfalt sind daher kein „nice to
have“. Sie sichern unsere natürlichen Lebensgrundlagen und unseren Wohlstand,
spenden Lebens- und Erholungsräume. Der Erhalt der Biodiversität ist, genau wie
der Klimaschutz, unsere Lebensversicherung – für das Leben unserer Kinder und
nachfolgender Generationen. Ohne eine intakte Natur sind unsere natürlichen
Lebensgrundlagen gefährdet.
NRW beherbergt einen großen Schatz an einzigartiger Natur und faszinierender
Artenvielfalt. Über 43.000 verschiedene Tier-, Pflanzen- sowie Pilzarten und
rund 70 verschiedene Lebensräume bilden den Artenreichtum in Nordrhein-
Westfalen. Dies zu bewahren und zerstörte Ökosysteme wiederherzustellen, ist das
Herzstück des ambitionierten Natur- und Artenschutzes. Wir GRÜNE sind in
Regierung und Parlamenten ein Garant für konsequenten Arten-, Umwelt- und
Klimaschutz. Und unsere Verantwortung geht weit über die heimische Natur hinaus,
denn der Verlust der Biodiversität ist ein globales Problem.
Wir GRÜNE NRW setzen uns in grüner Regierungsbeteiligung mit aller Kraft dafür
ein, den Schutz der biologischen Vielfalt in NRW entscheidend voranzubringen und
das UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt in NRW umzusetzen. Wir sehen
uns in der Regierungsbeteiligung in der Verantwortung, das Montreal-Abkommen zum
Erhalt der Artenvielfalt ambitioniert in NRW voranzubringen und das 30-Prozent-
Ziel, wonach u. a. 30 Prozent der Landfläche unter Schutz gestellt werden soll,
so umzusetzen, dass sich Natur und Tierpopulationen dort entwickeln und erholen
können.
Wir unterstützen die Grüne Bundestagsfraktion in ihren Forderungen, ein
Renaturierungsgesetz für Deutschland sowie Vorranggebiete für den Natürlichen
Klimaschutz zu schaffen und einen Beschleunigungspakt des Bundes für
Wiedervernässung und Naturschutz rechtlich abzusichern.
Artensterben stoppen, Biodiversität stärken
Wir GRÜNE NRW arbeiten gemeinsam mit den vielen Verbündeten in den Umwelt- und
Naturschutzorganisationen sowie vielen Land- und Forstwirt*innen daran, unsere
Artenvielfalt wiederherzustellen und unsere natürlichen Lebensräume zu erhalten.
Insbesondere Flächenversiegelung, industrielle Landwirtschaft und Pestizide
stellen eine große Bedrohung für die Biodiversität dar. Flächen und intakte
Böden sind begrenzt und damit kostbarste Güter. Mit einer vorsorgenden Umwelt-
und Naturschutzpolitik streben wir GRÜNE NRW entschieden auf allen Ebenen den
Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen an.
So bringen wir von Bündnis 90/Die Grünen NRW den Umwelt- und
Biodiversitätsschutz voran:
Biodiversitätsstrategie und Landesprogramm Biologischen Vielfalt
- Den Schutz und die Entwicklung bestehender Schutzgebiete und -objekte (z.
B. Naturschutzgebiete, Nationalparke, nationale Naturmonumente, gesetzlich
geschützte Biotope) wollen wir stärken. Der Erhalt und die Schaffung von
solchen Gebieten sind ein überragendes gesellschaftliches Interesse.
- Die Biodiversitätsstrategie NRW ist ein wichtiges Instrument für den
Naturschutz in NRW.Sie formuliert konkrete Maßnahmen zum Schutz der
biologischen Vielfalt. Wir wollen sieumsetzen, fortschreiben und noch
enger auf konkrete Schutzmaßnahmen für den Schutz der Arten und ihrer
Lebensräume ausrichten.
- Wir begrüßen die Bemühungen des Bundes, eine überarbeitete nationale
Biodiversitätsstrategievorzulegen, zu deren Umsetzung wir GRÜNE uns
verpflichtet fühlen.
- Zusätzlich wollen wir das Landesprogramm Biologische Vielfalt verstetigen,
um Schutzgebiete in einen guten ökologischen Zustand zu bringen, indem
Feuchtgebiete vernässt, Fliessgewässer für Organismen und Sedimente
ökologisch durchgängig gemacht, Moore und Flussauen renaturiert und
Kulturlandschaften naturverträglich genutzt werden.
Wald
- Der Wald umfasst mit ca. 935.000 ha gut ein Viertel der Landesfläche NRWs
und ist wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Erholungsgebiet,
Freizeitraum, bietet Erosionsschutz, unterstützt die Grundwasserbildung
und bindet CO2. Darüber hinaus ist er ein bedeutender Wirtschaftsraum.
Derzeit sind unsere Wälder in NRW aber in einem sehr schlechten Zustand.
Etwa 135.000 ha sind sogenannte Kalamitätsfläche und weitere 200.000 ha
geschädigt. Wir unterstützen die Waldbesitzenden darin,diese Fläche
möglichst schnell in vielfältige, naturnahe und nachhaltige Wälder
umzubauen. Auf landeseigenen Flächen geht das Land NRW voran. Ziel unserer
Waldpolitik muss die Verbesserung des gesamten Waldökosystems sein. Zur
nachhaltigen Waldökosystementwicklung gehört auch der Schutz des Bodens
und seiner Lebewesen. Nur solche werden in Zukunft nachhaltige Biotope
bilden können.
- Wir sehen die Windenergie in ausgewählten Bereichen als Chance für den
klimaresilienten Wald der Zukunft. Durch Windenergie in Nadelwäldern
können Waldbauer*innen Einkommenspotenziale erschließen, um in der Lage zu
sein, den Umbau, die Renaturierung und die extensive Bewirtschaftung von
Waldflächen leisten zu können. Wir betrachten Windenergie im Wald
differenziert. Laub- und Mischwälder sind für uns besonders schützenswert.
Das gilt auch im Bezug auf PV. Photovoltaik auf Kranstellflächen für die
Windenenergie und ähnliche Kombinationsnutzungen von Windenergie und PV
innerhalb von Kalamitäts- und Nadelwaldflächen mit geringem
Flächenanspruch können hingegen eine gute Nutzung für ohnehin
freizuhaltende Flächen sein.
- Diese Schaffung von erneuerbaren Energien wollen wir mit einem Monitoring
begleiten. Es kann nicht das Ziel sein, diese Flächen für wenig ökologisch
hochwertige Nutzung zu beanspruchen, wie zum Beispiel neue
Weihnachtsbaumplantagen.
Schutz von Mooren, Feuchtgebieten und Auen
- Moore, Feuchtgebiete und Auen sind natürlicher Klimaschutz und daher von
hohem öffentlichem Interesse. Ohne sie können wir unsere Klimaschutzziele
nicht erreichen. Insgesamt wollen wir die Möglichkeiten des natürlichen
Klimaschutzes in NRW ausschöpfen und die Wiedervernässung vorantreiben.
Dafür wollen wir das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz, das von der
Bundesregierung entwickelt wurde, auch in NRW anwenden und dafür die
nötigen Strukturen schaffen. Mit dem Aktionsprogramm sollen bis 2026
bundesweit vier Milliarden Euro in den natürlichen Klimaschutz investiert
werden. Wir setzen uns auf Landesebene dafür ein, Mittel aus diesem
Programm für konkrete Maßnahmen in NRW zügig zu nutzen und umzusetzen.
Renaturierung
- Wir wollen das Aktionsprogramm mit einem Renaturierungsgesetz für
Deutschland flankieren. Das bedeutet die Weiterentwicklung des
Naturschutzrechts zu einem Schutz-, Renaturierungs- und
Wiederherstellungsrecht. Damit wollen wir im großen Umfang geschädigte
Ökosysteme wiederherstellen, Flächen für den Artenschutz sichern und
Biotopvernetzung voranbringen.
Planungsbeschleunigung
- Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, das geplante Vorhaben für einen
Bund-Länder-Pakt für Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung für
Wiedervernässung und Naturschutz zügig auf den Weg zu bringen, denn gerade
die Maßnahmen zum natürlichen Klimaschutz müssen schnell umgesetzt werden.
Dafür benötigt es zusätzliches Personal für umfangreiche Planungsverfahren
und geeignete Flächen. Wir begrüssen die akutelle Gesetzesinitiative auf
Bundesebene von Steffi Lemke.
Zweiter Nationalpark für NRW
- Der Nationalpark Eifel beherbergt eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt.
Mit einem zweiten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen wollen wir, dass ein
weiteres Gebiet dauerhaft für Naturschutz und Artenvielfalt gesichert
wird. Hierzu wollen wir den Beteiligungsprozess initiieren, um die
Ausweisung eines zweiten Nationalparks aufzunehmen.
- Zusätzlich wollen wir uns für die Ausweitung neuer Natur- und
Vogelschutzgebiete einsetzen, denn biologische Vielfalt braucht ihren
Raum. Wir verpflichten uns zur Umsetzung des 2%-Wildnisziels der
Nationalen Biodiversitätsstrategie in NRW.
Vorranggebiete für den Natur- und Artenschutz
- Wir fordern auf nationaler und europäischer Ebene die Ausweisung von Go-
to-Gebieten für den Natur- und Artenschutz, sogenannte Vorranggebiete. Auf
diesen Flächen gilt die Regelvermutung, dass Maßnahmen zum Erhalt der
Ökosystemfunktionen Vorrang vor anderen Nutzungen haben. Genehmigungs- und
Planungsverfahren für die Umsetzung von Renaturierungs- und
Wiedervernässungsprojekten sind auf diesen Flächen rechtlich vereinfacht.
- Ein Meilenstein für den Naturschutz ist die geplante Wiedereinführung des
5-Hektar-Grundsatzes zur Begrenzung und Reduzierung des Flächenverbrauchs.
Um diese Zielsetzung zu erreichen, wollen wir geeignete Instrumente
einführen. Dazu gehören beispielsweise tauschbare Flächenzertifikate, eine
vom Flächeneffizienzquotienten abhängige Versiegelungsabgabe und eine
Rohstoffabgabe. Denn Flächen sind so entscheidend für die Artenvielfalt,
dass wir den Flächenverbrauch schrittweise auf Null zurückführen müssen.
Stattdessen wollen wir bereits versiegelte Flächen besser entwickeln.
- Die Zielsetzung zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes der
Lebensraumtypen wollen wir auch im Landesplanungsgesetz verankern.
- Viele Maßnahmen und Projekte in ausgewiesenen Schutzgebieten erfordern
eine Flächenverfügbarkeit. Dabei wollen wir mit unseren Flächen dieser
Verantwortung nachkommen. Wir GRÜNE NRW wollen, dass das Land sich mit
seiner Verwaltung auch aktiv für die Erschließung neuer Schutzgebiete mit
Flächen im Eigentum des Landes einbringt, sowie neue Flächen für diesen
Zweck erschließt und das Ziel der Schaffung von neuen ökologischen Flächen
in Landesgesetzen verankert.
Finanzierung und Förderung
- Zur Bewältigung der Herausforderungen im Arten- und Umweltschutz bedarf es
einer auskömmlichen Mittelausstattung. Der Aufwuchs der Mittel im
Naturschutzetat um 7,5 Mio. Euro ist der erste Schritt auf dem Weg zu
Verdoppelung des Naturschutzetats bis zum Ende der Legislaturperiode.
- Neben dem bestmöglichen Schutz von Individuen, wollen wir in Zukunft beim
Ausbau Erneuerbarer Energien für eine stärkere Fokussierung auf den
Populationsschutz gefährdeter Arten sorgen. Naturschutzfachlicher
Ausgleich muss qualitativ hochwertige Entwicklung von Flächen
berücksichtigen.
Wasser
- Sauberes Wasser und saubere Gewässer sind für Mensch, Tier und Umwelt
überlebenswichtig. Wir setzen uns daher für eine Überarbeitung des
Wasserrechts, eine Beschleunigung der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie
und die Umsetzung der Nationalen Wasserstrategie in NRW ein.
- Wasserknappheiten werden es erforderlich machen, Nutzungen zu
priorisieren. Trinkwasserversorgung, Schutz intakter Ökosysteme und
naturnaher Wasserhaushalt müssen dabei in der Regel Vorrang haben. Wir
werden dafür Leitlinien entwickeln als einheitlichen Orientierungsrahmen
für regionale und lokale Entscheidungen.
- Wir unterstützen die Kommunen bei der Entwicklung und Umsetzung von
Konzepten zur gewässerverträglichen und klimaangepassten Flächennutzung im
ländlichen und urbanen Raum.
Kreislaufwirtschaft
- Ein großer Teil des Biodiversitätsverlustes geht auf den Rohstoffabbau
zurück. Deswegen wollen wir Rohstoffe in Kreisläufen führen, statt diese
der Natur zu entnehmen und nur einmalig zu benutzen. Mit einer umfassenden
Kreislaufwirtschaftsstrategie sollen der primäre Rohstoffverbrauch
verringert, das Downcycling vermieden und geschlossene Stoffkreisläufe
etabliert werden.
- Mit der Einführung einer Rohstoffabgabe auf Kies und Sand werden wir
Anreize für Bauschutt-Recycling und Nutzung alternativer Baustoffe
schaffen. Zirkuläres Bauen muss von der Ausnahme zur Regel werden. Wir
wollen diesen Ansatz deutlich stärken.
Landwirtschaft
- Auf etwa 40 Prozent der gesamten Fläche Nordrhein-Westfalens werden
Lebensmittel angebaut. Diese Fläche ist wichtig und die Arbeit der
Bäuer*innen elementar für unser Zusammenleben. Der Landwirtschaft kommt
zudem eine besondere Verantwortung und Bedeutung für Umwelt-, Natur- und
Artenschutz zu. Um zukünftigen Krisen wie etwa Wetterextremen resilient
begegnen zu können, brauchen wir einen intakten Landschaftswasserhaushalt.
Dies erreichen wir durch humusreiche Böden, die nicht nur CO2-Senken sind,
sondern auch in ihrer Wasserspeicherfähigkeit gestärkt werden. Wir wollen
die Landwirtschaft dabei unterstützen, ihre Flächen naturverträglich und
klimaschonend zu bewirtschaften und der Artenvielfalt Raum zu geben. Dabei
sollen innovative Lösungen wie die ergebnisorientierte Honorierung und
kollektive Agrarumweltkonzepte unter Einbindung der relevanten örtlichen
Strukturen (Kreis, Kommune, Biologische Station, Kreisstelle
Landwirtschaftskammer, Stiftungen, örtliche Naturschutz- und
Bauernverbände etc.) auch in Nordrhein-Westfalen zur Anwendung gebracht
werden können.
- Wir wollen Biodiversitätsleistungen angemessen honorieren und die sie
fördernde Weidetierhaltung und Agroforstsysteme durch eine Prämie, sowie
Beratung und Investitionskostenzuschüsse unterstützen. Die Förderung
freiwilliger Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen sowie des
ökologischen Landbaus sind hierfür das entscheidende Instrument. Diese
sollen so weiterentwickelt werden, dass künftig Agroforstwirtschaft - also
die Kombination von Gehölzen mit Ackerkulturen und/oder Tierhaltung auf
einer Fläche - einfacher gefördert werden können.
- Wir wollen die naturschutzverträgliche Landwirtschaft stärker fördern und
in den Kantinen und Mensen der öffentlichen Hand dafür sorgen, dass die
dort verwendeten Lebensmittel aus einer natur- und umweltverträglichen
Landwirtschaft stammen.
- Die „Leitbetriebe Biodiversität“ zeigen als Modellbetriebe die Vielfalt
der biodiversitätsstützenden Maßnahmen, die in allen landwirtschaftlichen
Betriebsformen möglich sind. Über die einzelbetriebliche
Biodiversitätsberatung in den verschiedenen Regionen Nordrhein-Westfalens
wird der praktische Biodiversitätsschutz an die Landwirtschaftsbetriebe
herangetragen. Diese wollen wir stärken.
- Ohne unsere engagierten Bäuer*innen schaffen wir den Kampf gegen die
Artenkrise nicht. Wir wollen sie dabei noch stärker unterstützen. Nicht
zuletzt wollen wir in Zusammenarbeit und aufbauend auf der Kompetenz
unserer Landwirt*innen die Ausbildungspläne in der landwirtschaftlichen
Ausbildung und Weiterbildung im Lebensmittelhandwerk überarbeiten, um mehr
Inhalten zur ökologischen Landwirtschaft, ökologischen
Lebensmittelwirtschaft sowie zu Klimaschutz und artenreichen Böden,
Feldern, Wäldern zu vermitteln.
- Pestizide sind mitverantwortlich für den Artenschwund. Wir GRÜNE NRW
unterstützen die EU-Pläne für die Halbierung des Pestizideinsatzes. Wir
wollen durch die Erarbeitung und Umsetzung einer landesweiten
Reduktionsstrategie den Einsatz von Pestiziden vermindern.
- Für uns gilt der Grundsatz: Je vielfältiger der Anbau der Biomasse, desto
besser für unsere heimische Artenvielfalt. Daher fördern wir gezielt
vielfältigen Anbau und kleinstrukturierte Äcker.
Erneuerbare Energien ausbauen: naturverträglich, gemeinsam,
schnell
Die fortschreitende und menschengemachte Klimakrise zerstört Lebensgrundlagen
für Menschen und Tiere und bestimmt das Leben all derer, die von ihr betroffen
sind. Auch hier in NRW spüren wir immer öfter die extremen Auswüchse der
Klimakrise durch Dürren, Waldbrände und Überschwemmungen. Die
Hochwasserkatastrophe im Jahr 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz
mit vielen Toten und die Dürre des vergangenen Sommers haben uns schmerzhaft vor
Augen geführt, dass die dramatischen Konsequenzen des Klimawandels nicht nur in
weit entfernten Regionen geschehen, wo Menschen ihre Häuser, Existenzgrundlagen
und ihr Leben lassen.
Klimaschutz ist keine Zukunftsmusik, Klimaschutz ist jetzt! Energieeinsparung,
Energieeffizienz und Energie aus erneuerbaren Quellen sind essenziell, um die
Klimakrise in den Griff zu bekommen. Aus diesem Grund stellen wir eine
effiziente und sparsame Nutzung von Energie sowie den Umstieg auf Energie aus
erneuerbaren Quellen ins Zentrum unseres Handelns.
Wir GRÜNE NRW haben daher in der Landesregierung einen Turbo beim Ausbau der
Solar- und Windenergie eingelegt: In Nordrhein-Westfalen sind 2022 so viele
Photovoltaik-Anlagen wie noch nie in einem Jahr ans Netz gegangen. Außerdem
waren wir im Bundesländervergleich 2022 Vizemeister und im ersten Quartal 2023
Spitzenreiter in der Bundesrepublik im Genehmigen von neuen Windenergieanlagen.
Wir GRÜNE reden nicht nur, wir GRÜNE liefern, denn wir wissen: Jedes Windrad,
jedes Photovoltaik-Modul macht uns unabhängiger von fossilen Energieimporten und
leistet einen Beitrag zum Klimaschutz.
Um die Akzeptanz für Windenergie zu erhöhen, setzen wir uns weiter für die
Möglichkeit einer Gewinnausschüttung für die Menschen vor Ort ein, sowie - auch
für die Effizienz der Windenergie - die weitere Optimierung im Bereich der
Emissionsminderung.
So bringen wir von Bündnis 90/Die Grünen NRW den Klimaschutz voran:
- Wir haben mit der schrittweisen Abschaffung der 1.000-Meter-Abstandsregel
begonnen: So haben wir den pauschalen 1000-Meter-Abstand zwischen
Windenergieanlagen und Wohnbebauung für das sogenannte Repowering und in
Kommunen mit rechtskräftigen Konzentrationszonen in Flächennutzungsplänen
abgeschafft. Damit hat die Grüne Landtagsfraktion die weitere
Erleichterung beim Ausbau der Windenergie vorangetrieben.
- Wir haben mehr Flächen für Erneuerbare Energie geschaffen: Mit dem Erlass
aus dem grünen Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und
Energie können Windenergieanlagen künftig auch auf geschädigten
Waldflächen und in anderen Nadelholzwäldern errichtet werden. Davon
ausgenommen sind jedoch waldarme Gemeinden, ausgewiesene Naturschutz-
Flächen sowie Laub- und Laubmischwälder. Der Erlass vergrößert zudem die
planerisch möglichen Flächen für Solarenergie-Anlagen entlang von
Bundesfernstraßen und überregionalen Schienenwegen. Auch auf
Industriegeländen sind künftig ergänzend zu den Wirtschaftsgebäuden
Freiflächen-Solarenergieanlagen möglich. Der Erlass dient Behörden als
verbindliche Grundlage in der Übergangszeit, bis das parallel laufende
Änderungsverfahren für den Landesentwicklungsplan - mit ausgewiesenen
Flächen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien - umgesetzt ist. Wir
wollen, dass schutzwürdige Arten nicht beeinträchtigt werden und
berücksichtigen das bei Planung, Genehmigung und Umsetzung. Wir brauchen
bessere Datengrundlagen durch ein flächendeckendes und dauerhaftes
Monitoring von bedrohten Arten.
- Das grüne Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie
hat federführend eine Taskforce Windenergie einberufen, die für eine
Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sorgen soll.
- Zusätzlich haben wir Steuererleichterungen für Solarenergie geschaffen:
Auf Bundesrats-Initiative von NRW erhalten Betreiber*innen kleiner PV-
Anlagen finanzielle Vorteile und Entlastungen von Bürokratie durch
steuerliche Vereinfachungen.
- Mit dem Kohleausstieg 2030 leistet NRW den bundesweit größten
Einzelbeitrag in der Reduzierung der CO2-Emissionen. Die kurzfristig
längere Laufzeit der 3 Kraftwerksblöcke Neurath C, Niederaußem E und F
aufgrund des notwendigen Beitrags zur Energieversorgungssicherheit durch
den russichen Angriffskrieg auf die Ukraine können durch diesen
vorgezogenen Ausstieg auf der Strecke zwar mehr als kompensiert werden,
wir ruhen uns darauf aber nicht aus, sondern arbeiten weiter jeden Tag
daran, unsere globale Klimaverantwortung nachzukommen und schnellstmöglich
Netto Null-Emissionen in NRW zu erreichen.
- Dafür braucht es weitere Schritte, auch im Energiesektor. Neben dem
Energiesektor selbst kann die klimaneutrale Transformation der
Stahlproduktion einen Beitrag dazu leisten.
- Die Stahlproduktion ist ein entscheidender Wirtschaftsfaktor in NRW und
der Lackmustest für klimaneutrale Schwerindustrie. Wir begrüßen daher die
Bemühungen und Investitionen des Landes NRW, zusammen mit ThyssenKrupp
Stahl klimaneutral weiterhin in NRW zu erzeugen.
- Mit der Novelle der Landesbauordnung werden die Vereinbarungen zur
Solardachpflicht für private, gewerbliche und öffentliche Gebäude aus dem
Koalitionsvertrag umgesetzt. Wir Grüne machen uns auf allen politischen
Ebenen dafür stark, dass die öffentliche Hand mit gutem Beispiel voran
geht.
Auch in anderen Bereichen haben wir mit konkreten Maßnahmen den Klimaschutz
vorangebracht. Denn Klimaschutz betrifft nicht nur den Ausbau der Erneuerbaren
Energien, sondern ist ein Querschnittsthema, von dem alle Bürger*innen
profitieren sollen:
- Mit 1,6 Milliarden Euro für die Krisenbewältigung haben wir in grüner
Regierungsbeteiligung ein NRW-Unterstützungspaket als Teil des
Sondervermögens auf den Weg gebracht, das nicht nur den Menschen und
Bereichen zugute kommt, die die Auswirkungen des abscheulichen
Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine spüren. Wir sorgen damit auch
für kommende Krisen vor und machen NRW zukunftsfest. Und das bedeutet für
uns GRÜNE NRW: Rüstzeug gegen die Klimakrise, von der alle Menschen
profitieren sollen. So sind 100 Millionen Euro für ein Sonderbauprogramm
zur klimaeffizienten Wohnraumförderung in NRW auf den Weg gebracht worden,
10 Millionen Euro zur Förderung von Mieterstrom und 160 Millionen für ein
Investitionsprogramm Energie- und Wärmewende, mit dem wir in NRW den Weg
der Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten weiter gehen werden.
Wir GRÜNE sehen in anspruchsvollen Energiestandards für Immobilien ein
entscheidendes Werkzeug bei der Wärmewende, welche auch in NRW eine enorm
wichtige Aufgabe beim Ausstieg aus fossilen Energieträgern darstellt.
Wir GRÜNE setzen uns im Sinne des Verbraucherschutzes für eine konsequente
Ausweitung und Verbesserung von Effizienzstandards für elektrische Geräte
und energieverbrauchsrelevante Produkte ein. Verbraucher*innen sollen sich
beim Kauf anhand von wirksamen Energieverbrauchskennzeichnungen schnell
und einfach informieren können.
Wir GRÜNE sehen in der digitalen Transformation das Potential, Energie
effizient und nachhaltig zu steuern, zu verteilen und zu verbrauchen.
Verbrauchstransparenz, Energiemanagement und Identifizierung von
Einsparpotentialen sind in der Lage, wesentlich zur Absenkung des
Energieverbrauchs beizutragen. Wir wollen Fördermaßnahmen und gesetzliche
Regelungen auf mögliche Rebound-Effekte hin untersuchen, um auf
vermeidbare Stromverbrauchssteigerungen verzichten zu können.
- 90 Millionen Euro fließen in ein Förderprogramm Emissionsarme Mobilität,
um NRW auch im Verkehrsbereich unabhängiger von fossilen Energieträgern zu
machen.
- Das Deutschland-Ticket revolutioniert den öffentlichen Personennahverkehr
in Deutschland und leistet einen wichtigen Beitrag, damit wir der
Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor näherkommen. Durch das
Deutschland-Ticket werden Millionen Pendler*innen finanziell entlastet und
viele Menschen haben einen zusätzlichen Anreiz auf Bus und Bahn
umzusteigen.
- Wir GRÜNE setzen uns weiterhin für eine Rabattierung des Deutschland-
Tickets für Studierende, Auszubildende und Menschen ein, denen eine
besondere Unterstützung des Staates zusteht (Sozialticket).
Klar ist: Wir machen mit unseren Anstrengungen weiter. Indem wir mehr Flächen
für Wind- und Solarenergie öffnen und Genehmigungsverfahren beschleunigen,
wollen wir die Erneuerbaren auf die Überholspur bringen und die Erreichung des
1,5-Grad-Pfades möglich machen.
Artenschutz und Klimaschutz zusammendenken!
Die Biodiversitätskrise und die Klimakrise sind die beiden größten ökologischen
Krisen unserer Zeit, die entschieden bekämpft, in allen Politikfeldern
mitgedacht und in Einklang gebracht werden müssen.
Gefahren der Klima- und Biodiversitätskrisen haben Auswirkungen auf die
Gesundheit und das menschliche Wohlbefinden - sei es durch Wetterextreme wie
Hitzewellen, neuen Allergenen oder der Verbreitung von Krankheiten. Geschädigte
Ökosysteme fördern die Ausbreitung von Schädlingen und Krankheitserregern.
Natur- und Artenschutz braucht Klimaschutz und umgekehrt. Durch Naturschutz und
die Wiederherstellung von Öko-Systemen erhalten und stärken wir natürliche CO2-
Senken wie Wälder, Moore und Ozeane. Mit Klimaschutz verhindern wir den Verlust
und unwiederbringlichen Umbau dieser Lebensräume. Wir bringen deshalb Lösungen
voran, die beides - Artenschutz und Klimaschutz - in den Blick nehmen.
Vorurteilen, nach denen Naturschutz eine „Planungsbremse“ für den Ausbau der
Erneuerbaren ist, begegnen wir im Diskurs mit Fakten. Funktionierende Ökosysteme
sind unsere besten Verbündeten im Klimaschutz. Dort, wo es vermeintliche
Zielkonflikte zwischen Arten- und Klimaschutz gibt, unternehmen wir GRÜNE NRW
besondere Anstrengungen, um neue Lösungen zu finden.
Wir GRÜNE wissen: Die Zeit drängt!
So geht für Bündnis 90/Die Grünen NRW der Biodiversitäts- und Klimaschutz Hand
in Hand:
Natürlicher Klimaschutz
- Volle Kraft für den Natürlichen Klimaschutz! Moore sind auf dem Festland
die größten Kohlenstoffspeicher, dafür müssen sie jedoch richtig vernässt
sein. Passiert das Gegenteil, werden Moore zu enormen Treibhausquellen und
heizen die Klimakrise weiter an. Wir GRÜNE NRW setzen uns dafür ein, das
Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz in die Fläche zu bringen und in
NRW so umzusetzen, dass unsere natürlichen Helfer (Moore, Wälder,
Grünland) gegen die Klimakrise gestärkt werden.
Planung und Genehmigung
- Unser Ziel ist es, die Energieversorgung weiterhin unabhängig, nachhaltig
und bezahlbar zu gestalten. Die Beschleunigung der Planungs- und
Genehmigungsverfahren ist daher eine essenzielle Voraussetzung, um dem
Bedarf nach grüner Energie in Privathaushalten und Wirtschaft nachzukommen
und den Zukunftsstandort NRW zu sichern. Um diesen naturverträglich zu
gestalten, wollen wir den NRW-Leitfaden „Umsetzung des Arten- und
Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen“
fortschreiben.
- Wir begrüßen das Vorhaben der Bundesregierung für einen Bund-Länder-Pakt
Planungsbeschleunigung und fordern Tempo für seine zeitige Umsetzung. Für
den Pakt wollen wir in NRW die nötigen Strukturen auf Landesebene
schaffen.
- Leistungsfähige und gut ausgestattete Verwaltungen sind ein wichtiger
Faktor für schnelle und rechtssichere Genehmigungsverfahren. Wir werden
uns daher weiter für die angemessene personelle und finanzielle
Ausstattung der Umweltverwaltung einsetzen.
Windenergie
- Windenergie braucht Fläche. Diese wollen wir naturverträglich zur
Verfügung stellen. Dafür haben wir uns in Regierungsbeteiligung das Ziel
gesetzt, bereits 2025 1,8 Prozent der Landesfläche für Windenergie
auszuweisen und das Windenergieflächenbedarfsgesetz ganze sieben Jahre vor
der Zielvorgabe des Bundes (2032) umzusetzen. Die naturverträgliche
Ausweisung erfolgt hierbei auf Basis der vom Landesamt für Natur, Umwelt
und Verbraucherschutz erarbeiteten Analyse geeigneter Windflächen, gerecht
aufgeteilt auf die sechs Planungsregionen NRWs. Diese werden im Zuge der
Änderung des Landesentwicklungsplans verpflichtet, entsprechende
Windenergieflächen auszuweisen.
- Wir wollen darüber hinaus den Naturschutz in der breiten Fläche ausweiten
durch die Ausweisung von Go-to-Gebieten für den Natur- und Artenschutz und
zusätzlich neue Schutzgebietskategorien ausweisen, in denen wiederum die
Windenergienutzung möglich sein soll. So stellen wir für bestimmte
Flächen, die bisher keinen rechtlichen Schutzstatus hatten, eine Win-Win-
Situation her: Der Arten- und Biotopenschutz wird gewährleistet und
gleichzeitig die Nutzung der Windenergie ermöglicht. Natur- und
Vogelschutzgebiete sowie FFH-Lebensräume bleiben dem Naturschutz
vorbehalten und weiterhin frei von Windenergienutzung. Das gilt auch bei
der Festlegung der Go-to-Areas für Erneuerbare Energien, für die
Naturschutzgebiete und Natura2000-Gebiete nicht infrage kommen.
- Wir wollen Windenergie kombinieren mit Zahlungen der Betreiber in
Artenhilfsprogramme, die den Schutz von Populationen bedrohter Arten
stärken. Dabei sollen Planungserleichterungen ermöglicht werden, wenn
Populationen stabilisiert werden. So haben Betreiber*innen ein Interesse
daran, den Artenschutz zu fördern (sie bekommen Erleichterungen) und
Artenschützer*innen ein Interesse am Ausbau der Erneuerbaren (Stärkung des
Populationsschutzes). Um für eine sinnvolle Reinvestition in Artenschutz
zu sorgen, wollen wir als Land zusätzliche Schutzflächen erschließen und
sichern.
- Beim Ausbau von Windenergie auf Kalamitätsflächen oder Nadelholzflächen
achten wir darauf, die Zuwegungen und Kabeltrassen möglichst
naturfreundlich zu halten. Dabei denken wir die Fragen des Wasserhaushalts
mit. Der Wasserhaushalt des Waldes darf nicht gefährdet werden.
Biomasse
- Wir setzen uns dafür ein, eine Biomassestrategie für NRW zu erarbeiten.
Zentrale Eckpunkte dabei sind der Vorrang der Mehrfachnutzung, die
Kreislaufführung von biogenen Stoffen, der Vorrang der Nutzung des
Biomasseanteils an biogenen Abfallstoffen und die Einführung einer
Verpflichtung zur kostenlosen Bio-Tonne in NRW. Die Eckpunkte der
nationalen Biomassestrategie des Bundes begrüßen wir.
- Das Bauen mit erneuerbaren und nachwachsenden Baustoffen (NawaRo) spielt
eine große Rolle im Strukturwandel zum nachhaltigen Bauen. Wir wollen es
stärker fördern.
Photovoltaik
- Photovoltaikanlagen bieten für Nordrhein-Westfalen aufgrund der dichten
Bebauung ein großes Potenzial an Erneuerbarer Energie. Wir brauchen aber
auch den Strom aus Freiflächen-Photovoltaikanlagen (FFPV), der möglichst
im Doppelnutzen gestaltet wird - also zusammen mit Biodiversitätsmaßnahmen
oder landwirtschaftlicher Nutzung wie etwa Schafsbeweidung. Um fruchtbaren
Boden zu schützen, sollte FFPV mit Einfachnutzung (nur zur
Energiegewinnung) nicht auf Äcker, sondern auf ungenutzten Brachflächen
oder benachteiligten Flächen installiert werden. Freiflächen-PV auf
Weideflächen sehen wir als Chance, wenn die Weidefunktion erhalten bleibt.
Projekte mit bis zu 300 MW pro Jahr können in NRW nach einem Erlass der
Landesregierung aus dem vergangenen Sommer auf benachteiligten
landwirtschaftlichen Flächen über das EEG gefördert werden. Die laut EU-
Agrarpolitik vorgeschriebenen Flächenstilllegungen von vier Prozent der
Fläche sind hiermit ausdrücklich nicht gemeint, denn sie müssen als
Biodiversitätsflächen freigehalten werden.
- Freiflächen-Photovoltaikanlagen lassen sich so gestalten, dass die
Artenvielfalt gesteigert werden kann. Dabei wollen wir sie in Kombination
mit Biotopen fördern und an naturschutzfachliche Kriterien koppeln, damit
Doppelnutzen auf der Fläche entstehen. So können diese Anlagen durch bspw.
Mahdgutübertragung, Hecken, Steinhaufen, Beweidung mit Schafen/Ziegen,
etc. auch zu Biodiversitätsflächen werden.
- Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat uns auch vor Augen
geführt, wie wichtig die Ernährungssicherheit ist. Landwirt*innen
wirtschaften auf etwa 40 Prozent der Fläche in Nordrhein-Westfalen und
haben besondere Verantwortung für Umwelt, Landschaft und Artenvielfalt.
Das durch die Bundesregierung geänderte EEG erleichtert Agrar-
Photovoltaikanlagen, also solche, die eine gleichzeitige energetische und
landwirtschaftliche Nutzung einer Fläche ermöglichen, auf vielen Flächen.
Im Rahmen der Änderung des Landesentwicklungsplans werden wir diese
geänderten Regelungen auch für die Regional- und Bauleitplanung
klarstellen. Baurechtliche Hindernisse wollen wir deutlich reduzieren und
Agri-PV grundsätzlich stärken. Mit Pilotprojekten sollen mögliche dabei
entstehende Konkurrenzen der Flächennutzung untersucht und gelöst werden.
- Wir wollen möglichst viele Anlagen in bäuerlicher Hand, da Agri-PV auch
regionale Wertschöpfung für die Landwirtschaft bedeutet. Insbesondere
kleine und hofnahe Agri-PV bieten die Möglichkeit, die Energieautarkie der
Höfe voranzubringen. Kleine Agri-PV-Anlagen sollten gezielt gefördert
werden. Wir unterstützen die Forderung nach einer degressiven Staffelung
zur gezielten Unterstützung kleiner Betriebe. Bei horizontaler und
vertikaler Agri-PV wollen wir baurechtliche Hindernisse beseitigen und die
Agri-PV insgesamt stärken.
- Die Nahrungsproduktion unter Agri-PV hat viele Vorteile und bringt eine
Minderung negativer Klimaeffekte auf Wachstum und Qualität von
Nutzpflanzen mit sich, z. B. durch Schutz gegen Starkregen, Beschattung,
Effizienzgewinne in der Bewässerung, Vermeidung von Plastiklandschaften,
Vorteile für den Einsatz mit Nützlingen, weniger Insektizide, etc.Agri-PV-
Projekte für den Obst- und Gemüseanbau und Sonderkulturen wollen wir
verstärkt unterstützen und eine wissenschaftliche Begleitung fördern. Die
Beratung und den Wissenstransfer für Agri-PV in den Landwirtschaftskammern
und in den Kommunen wollen wir entsprechend ausbauen. Das stärkt auch die
regionale Versorgung mit gesunden Lebensmitteln.
- Extensive Weidehaltung von Rindern, Schafen, Hühnern kann in Kombination
mit PV wieder eine große Chance für bessere Einkommen für die
Landwirtschaft und für die Artenvielfalt sein. In Verbindung mit der
Weidetierhaltung sind vertikale Anlagen (als Zäune) und Überdachungen
(Schutz der Tiere) sinnvoll.
Geothermie
- Im dicht besiedelten Nordrhein-Westfalen mit teilweise schon sehr gut
ausgebauten Wärmenetzen kann Geothermie einen wichtigen Beitrag für die
kommunale Wärmewende leisten. Wir wollen, dass der Geologische Dienst mit
weiteren Messkampagnen die Erkenntnisse über den Untergrund und die
geothermischen Potenziale beschleunigt erweitert. Mit einem Masterplan
Geothermie wollen wir die verstärkte Nutzung der Geothermie vorantreiben
und ambitionierte, landesbezogene Ausbauziele definieren.
- Wir schließen den Einsatz umweltschädlicher Verfahren und
Geothermiebohrungen grundsätzlich in den Zonen I und II von
Trinkwasserschutzgebieten aus. Wir werden die Fachexpertise aus
Umweltverbänden und Wasserwirtschaft, Kommunen, Versorgungsunternehmen und
Wissenschaft einbeziehen. Mit wissenschaftlichen Begleitstudien der ersten
Projekte werden wir dafür Sorge tragen, dass die Nutzung von Geothermie
ökologisch verträglich sowie sozial und ökonomisch verantwortlich erfolgen
kann.
Wasserkraft
- Eine Förderung von Wasserkraft ist nur dort sinnvoll, wo damit
Verbesserung der Gewässerökologie (z. B. Mindestwasserführung,
Durchgängigkeit und Fischschutz) erreicht wird. Vorhandene Wehre sollen
überall dort, wo das mit der Gewasserökologie und Nutzungen vereinbar ist,
zurückgebaut werden. Hierbei ist es sinnvoll, dass der Bund dazu
Fördermittel auch an Private zu Verfügung stellt. Dort, wo Wehre aufgrund
anderer Nutzungen auf absehbare Zeit nicht beseitigt werden können, wollen
wir den Ausbau der Wasserkraft fördern und das Energiepotential heben.
Begründung
erfolgt mündlich