Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 29./30. Juni 2024 in Oberhausen |
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Tagesordnungspunkt: | 9. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Kreisverband Warendorf (dort beschlossen am: 15.05.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 17.05.2024, 17:07 |
V09: Atommülltransporte von Jülich nach Ahaus verhindern
Antragstext
Die Landesdelegiertenkonferenz (LDK) bestärkt die Landesregierung ausdrücklich
darin, den
Koalitionsvertrag bezüglich des Atommülls in Jülich umzusetzen und den Plan
einer Verbringung
der Castoren nach Ahaus zu verhindern.
Begründung
Der Koalitionsvertrag der schwarz grünen Landesregierung hält fest:
„Wir setzen uns für eine Minimierung von Atomtransporten ein. […] Im Fall der in Jülich lagernden Brennelemente bedeutet dies, dass wir die Option eines Neubaus eines Zwischenlagers in Jülich vorantreiben.”
Für uns GRÜNE ist klar, dass bei Atomkraft immer nur eins sicher ist: das Risiko! Deshalb sehen wir es als unsere Pflicht an, die Risiken zu minimieren wo sie entstehen. Gerade deshalb sind wir erfolgreich aus der Atomenergie ausgestiegen, was bleibt ist allerdings das atomare Erbe. Hier ist es besonders wichtig, Atommülltransporte zu verhindern, wo sie zu verhindern sind.
Drei Generationen haben von scheinbar billiger Energie durch Atomkraft profitiert, für unendlich viele Generationen wird der Atommüll zur Ewigkeitslast. Wir wollen uns nicht der Generationenverantwortung entziehen. Umso wichtiger ist es, dass wir den Standortauswahlprozess für ein Endlager für hochradioaktiven Abfall kritisch, aber ergebnisoffen begleiten. Aktuell verzögert sich der Prozess um den Standort für ein Endlager leider um Jahrzehnte. Gerade deshalb kommt der oberirdischen Zwischenlagerung eine besondere Bedeutung zu. Ein Zwischenlager was wir heute bauen, wird noch mindestens 70 Jahre in Betrieb sein.
152 Castorbehälter warten aktuell auf ihre Zukunftsperspektive im Zwischenlager in Jülich.
Die Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN) hat die Genehmigung für den Transport der Castorbehälter mit hochradioaktivem Müll in das Zwischenlager in Ahaus beantragt. Die Genehmigung für die dortige Zwischenlagerhalle ist 2014 ausgelaufen, weil die Halle die geltenden Bestimmungen zum Erdbebenschutz nicht erfüllte.
2014 sprach die zuständige Atomaufsicht, das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium, eine Anordnung zur unverzüglichen Räumung des Lagers aus. 10 Jahre später stehen sie immer noch an Ort und Stelle.
Die Erdbebengefahr wird nach weiteren Untersuchungen inzwischen nicht mehr angenommen, die Räumungsverfügung bleibt aber gültig. Geplant sind 152 Einzeltransporte, in einem Zeitraum von zwei Jahren, quer durch unser dicht besiedeltes Ruhrgebiet.
Das kann nicht richtig sein! Jeder Atommülltransport birgt unkalkulierbare Gefahren. Umso wichtiger, Verantwortung da wahrzunehmen wo sie entsteht und umzusetzen was richtig ist, nicht was günstig ist.
Wir stärken der Landesregierung den Rücken, sich an allen Stellen für den Neubau einzusetzen und im Zusammenspiel von Bund und Land alle nötigen Schritte einzuleiten.
Die Verbringung der Castoren nach Ahaus ist sachlich nicht nachvollziehbar. Das Zwischenlager in Ahaus hat nur eine Genehmigung bis 2036 und verfügt – im Gegensatz zu Jülich - nicht über die technischen Einrichtungen (heiße Zelle), um die Castoren im Notfall öffnen und überprüfen zu können .
Die JEN argumentiert für die Verbringung nach Ahaus mit finanziellen Gründen und mit der schneller umsetzbaren Variante. Durch die aktuell fehlende Betriebsgenehmigung des Zwischenlagers in Jülich, muss unverzüglich, also die schnellstmögliche Variante umgesetzt werden.
Für den Transport nach Ahaus und die Folgekosten durch Mietzahlungen rechnet die JEN mit ca. 100 Millionen Euro, berechnet auf 50 Jahre. Den Neubau eines Zwischenlagers in Jülich taxiert sie mit Folgekosten auf ca. 400 Millionen Euro, ebenfalls für die kommenden 50 Jahre. Beide Schätzungen könnten fachlich fundiert geprüft werden. Die hohen Kosten für einen Neubau ergeben sich aus den aktuellen Anforderungen für eine Erstgenehmigung, vor allem der Sicherung gegen Terroranschläge und andere Angriffe von außen. Diese Anforderungen erfüllt weder das Zwischenlager in Jülich, noch das in Ahaus. Sachlich wäre also ein Neubau nach den aktuell gültigen Kriterien und mit einer Laufzeit, die die Zeit der Suche nach einem Standort für ein Endlager und dessen Aufbau abdeckt, die richtige Lösung.
Die JEN ist – über die Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH (EWN) – zu 100 Prozent in der Hand der Bundesrepublik und wird finanziert vom Bundesfinanz- und vom Bundesforschungsministerium. Die Ministerien verfolgen die für sie kostengünstigere Lösung und verlangen von Nordrhein-Westfalen die Übernahme der Mehrkosten für eine andere Lösung.
Nicht eingerechnet in den Transport von Jülich nach Ahaus sind die Kosten für die Absicherung durch die Polizei, die das Land tragen müsste. Für jeden Transport wird mit dem Einsatz von mehreren Hundertschaften gerechnet. Der Schutz gilt nicht in erster Linie den zu erwartenden Demonstrationen, sondern möglichen Terroranschlägen. Diese Kosten könnten schnell abgeschätzt und als Beitrag für einen Neubau angeboten werden, da das Land sie sowieso tragen muss. Die Aufteilung der restlichen Kosten müsste politisch verhandelt werden.
Die Räumungsanordnung für das aktuelle Zwischenlager in Jülich könnte zurückgenommen und durch eine Duldung bis zur Bezugsfertigkeit eines Neubaus ersetzt werden. Nachdem die Erdbebengefahr nicht mehr angenommen wird, wird z. Z. an einer erneuten Betriebsgenehmigung für das aktuelle Zwischenlager gearbeitet, die aber noch Nachrüstungen im IT-Bereich voraussetzt und nicht vor 2025 erteilt werden kann. Mit der Duldung für das Zwischenlager in Jülich müssten nicht mehr unverzüglich die Castortransporte nach Ahaus geplant werden. Die Unterstützung der für die JEN zuständigen Bundesministerien vorausgesetzt, könnte der Neubau eines Zwischenlagers in Jülich auf einem bereits vorliegenden potenziellen Baugrundstück vorangetrieben werden.
Die Verbringung der Castoren nach Ahaus birgt ein hohes Gefahrenpotenzial und das Ergebnis kann nicht als Lösung bezeichnet werden. Wir Grüne stehen nicht für fragwürdige Lösungen in diesem sensiblen Bereich und ersuchen die Regierung dringend, ihre Vereinbarung im Koalitionsvertrag umzusetzen.