Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 24./25. Mai 2025 in Köln |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Jonathan Sieger (KV Köln) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 11.04.2025, 23:38 |
V-12: Menschenrechte sind unverhandelbar - Abschiebestopp nach Bulgarien muss überprüft werden!
Antragstext
Bündnis 90/Die Grünen NRW setzen sich in der Landesregierung dafür ein, dass ein
sofortiger, sechsmonatiger Abschiebestopp von Geflüchteten nach Bulgarien
verhängt wird. Hintergrund sind Berichte von Nichtregierungsorganisationen wie
ProAsyl, Matteo Kirchen und Asyl eV und dem Kölner Spendenkonvoi eV, die die
dramatische humanitäre Lage von Geflüchteten in Bulgarien aufzeigen. Besonders
besorgniserregend ist die Situation im Abschiebegefängnis Busmantsi, in dem aus
Deutschland abgeschobene Geflüchtete unter menschenunwürdigen Bedingungen über
Wochen bis Monate interniert werden.
Darüber hinaus fordern wir die Landesregierung auf, eine Initiative im Bundesrat
zu starten, um eine Neubewertung der Menschenrechtslage für Geflüchtete in
Bulgarien durch den Bund zu erwirken. Die jüngsten Berichte zeigen, dass
Geflüchtete in Bulgarien systematisch Misshandlungen, unzureichender Versorgung
und menschenunwürdigen Haftbedingungen ausgesetzt sind. Zudem werden aus
Deutschland abgeschobene Geflüchtete in Bulgarien vor die Wahl gestellt, 18
Monate in einem Abschiebegefängnis inhaftiert zu werden oder die freiwillige
Rückkehr in ihr Heimatland anzutreten. Daher ist eine Neubeurteilung der
Situation durch die Bundesregierung dringend erforderlich, um eine
menschenrechtskonforme Asylpolitik sicherzustellen. In diesem Sinne fordern wir
die Einhaltung folgender Punkte, die sich in unserem Grünen
Bundestagswahlprogramm vom Januar wiederfinden:
Begründung
Die Situation für Geflüchtete in Bulgarien ist laut vielen NGO-Berichten von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen geprägt. Statt Schutz und Asyl zu gewähren, setzt Bulgarien auf die systematische Entrechtung und Missachtung der Menschenwürde. Internationale Organisationen und Menschenrechtsgruppen dokumentieren immer wieder massive Verstöße gegen grundlegende Rechte (Human Rights Watch, Pro Asyl, Matteo Kirchen & Asyl). Polizeigewalt, fehlende medizinische Versorgung und unzumutbare hygienische Bedingungen gehören zur alarmierenden Normalität von Schutzsuchenden in Bulgarien. Zudem gibt es keine staatlichen Bemühungen, rechtliche Unterstützung zu gewährleisten oder transparente Gerichtsverfahren zu ermöglichen. Flüchtende sind so den willkürlichen und außergerichtlichen Maßnahmen größtenteils schutzlos sowie unwissentlich ausgeliefert.
Das Abschiebegefängnis Busmantsi steht exemplarisch für die systematische Misshandlung und Vernachlässigung von Schutzsuchenden. Die Haftanstalten für Geflüchtete in Bulgarien sind faktisch rechtsfreie Räume, die nicht den nationalen oder internationalen Standards für Gefängnisse unterliegen. Dies betrifft sowohl die unzureichende Unterbringung – einschließlich der stark eingeschränkten Möglichkeit, sich täglich lediglich 30 Minuten im Freien aufzuhalten – als auch die mangelhafte Versorgung mit Nahrung und den eingeschränkten Zugang zu sanitären Einrichtungen.
Wir, die Antragsteller*innen, waren im März im Auftrag des Kölner Spendenkonvoi e.V. in Bulgarien, um uns ein eigenes Bild der Situation vor Ort zu machen. Dabei trafen wir mehrfach auf aus Deutschland abgeschobene Personen, die von den katastrophalen humanitären Bedingungen und systematischen Misshandlungen in bulgarischen Gefängnissen und Camps berichteten. Diese Erfahrungen decken sich mit Einschätzungen und Berichten von Menschenrechtsaktivist*innen und Anwält*innen, die wir vor Ort getroffen haben. Besonders alarmierend war unser Besuch im Abschiebegefängnis Busmantsi, wo sogenannte „voluntary returns“ eingesetzt werden – Dokumente, die Schutzsuchende unterzeichnen müssen, um einer bis zu 18-monatigen Inhaftierung zu entgehen. Diese erzwungene „Freiwilligkeit“ wird genutzt, um Menschen im Rahmen von Kettenabschiebungen in ihre Herkunftsstaaten zurückzuführen.
Die Praxis, Geflüchtete aus Deutschland dorthin abzuschieben, ist daher mit den humanitären und rechtsstaatlichen Grundsätzen von Bündnis 90/Die Grünen nicht vereinbar.
Die Landesregierung NRW muss sich daher sowohl auf Landesebene für einen sofortigen Abschiebestopp einsetzen als auch auf Bundesebene Druck ausüben, um eine Neubewertung der menschenrechtlichen Lage in Bulgarien zu erwirken. Die Gewährleistung von Menschenrechten und einer würdevollen Behandlung von Geflüchteten darf nicht durch rein formale Dublin-Verordnungen unterlaufen werden.
Unterstützer*innen
- Katja Poredda (KV Köln)
- Gilbert Kalb (KV Köln)
- Martin Müller (KV Köln)
- Markus Kuckertz (KV Köln)
- Yasemin Dogan (KV Köln)
- Cornelia Steil (KV Köln)
- Markus Holzapfel (KV Leverkusen)
- Daniel Klump (KV Köln)
- Sabine Yündem (KV Remscheid)
- Jutta Stahl (KV Köln)
- Ella Lambert (KV Köln)
- Cim Kartal (KV Bielefeld)
- Martin Reiher (KV Köln)
- Bettina Stender (KV Köln)
- Thor Zimmermann (KV Köln)
- Alexandra Ehlting (KV Köln)
- Julia Länder (KV Leverkusen)
- Rüdiger Tornow (KV Köln)
- Judith Erichlandwehr (KV Kleve)
- Stefan Hünicke (KV Rheinisch-Bergischer Kreis)
- Sabine Sedlaczek (KV Köln)
- Till van Dyk (KV Köln)
- Anna Daphne Bamidis (KV Köln)
- Janos Buck (KV Köln)
- Lea Naima Kings (KV Köln)
- Franziska Pyko (KV Köln)
- Carmen Humboldt (KV Köln)
- Jürgen Thomas (KV Köln)
- Michelle Achour (KV Köln)
- Robin Will (KV Köln)
- Heike Roebers (KV Köln)