Veranstaltung: | Digitaler Landesparteirat GRÜNE NRW am 15.11.2020 |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | LAG Wald, Landwirtschaft und ländlicher Raum und LAG Ökologie (dort beschlossen am: 31.10.2020) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 31.10.2020, 20:34 |
V-2: Kriterien für die Flächenansprüche der Energiewende: Flächen- und Nutzungsoptimierter Einsatz von Photovoltaik
Antragstext
Zentrales Ziel Grüner Politik ist es, bis spätestens 2040 den gesamten
Energiebedarf Deutschlands mit erneuerbaren Energien (EE) decken zu können (100%
EE), möglichst dezentral produziert und verbraucht. Dazu brauchen wir deutliche
Energieeinsparungen, mehr Effizienz und mehr Produktion Erneuerbarer Energie und
funktionierende flexible Speichersysteme. Dunkelflauten können ggf. EU-weit
ausgeglichen werden.
Neben der Windkraft wird Studien zu Folge der Ausbau der Photovoltaik eine große
Rolle spielen. Dabei gerät Photovoltaik (PV) auf Agrarflächen immer mehr in den
Fokus. Bei Agrophotovoltaik (APV) sollen die Flächen parallel für Agrar- und
Stromproduktion genutzt werden können, bspw. mit vertikalen, horizontalen oder
sich mitbewegenden Anlagen. Bei Freiflächenphotovoltaik (FFPV) ist eine Belegung
flächig vorgesehen und kein Ackerbau /Grünlandbewirtschaftung mit großen
Maschinen ist mehr möglich.
Fläche/Boden ist aber ein begrenztes Gut und auch andere wichtige Grüne Ziele
haben Flächenansprüche: Die Ökologisierung der Landwirtschaft, der Ausbau des
Ökolandbaus, reduzierte Futtermittelimporte aus Übersee, insgesamt mehr Grünland
und Tiere auf der Wiese, mehr Naturschutzflächen/Schutzgebiete, breitere
Gewässerrandstreifen, Wiedervernässung von Mooren, mehr Biotopvernetzung, u.s.w.
Wir Grüne fordern:
- Für den Ausbau mit PV sollte möglichst kein oder nur ein äußerst geringer
Flächenanteil der Landwirtschaft oder dem Naturschutz entzogen werden.
- Das Potential für PV auf Dächern, Fassaden- und Verkehrsflächen,
Parkplätzen, Lärmschutzwänden, ggf. auch auf Wasserflächen (sog. Floating
PV, z.B. Braunkohletagebau geflutet) sollte voll ausgeschöpft werden.
- Gestörte Flächen wie z.B. militärische Konversionsflächen, stillgelegte
Müllkippen, Abraumhalden, Windparkflächen, Flächenstreifen an Autobahnen
und Bahnstrecken, an Siedlungen und Industriegebieten etc. sollten
bevorzugt werden.
Um für Landwirtschaft und Natur negative Eingriffe zu vermeiden, ist es für uns
Grüne unabdingbar die energetische Flächennutzung zielgerichtet zu steuern.
Deshalb muss die o.g. Zielhierarchiedurch die Vergütung im EEG und durch
gesetzliche Verpflichtungen sichergestellt werden. Unter bestimmten
Rahmenbedingungen, die wir im Folgenden erläutern, halten wir den Einsatz von
APV vom landwirtschaftlichen und ökologischen Blickwinkel aus für möglich.
Kriterien für APV auf LW-Flächen
Eine grundsätzliche Privilegierung von APV lehnen wir Grüne ab. Ausnahmen bei
Kleinstanlagen sind möglich z.B. als Viehunterstand. Für die Auswahl der
benötigten Flächen gilt es, klare, nachvollziehbare und standortgerechte
Kriterien aufzustellen. Z.B:
- Die Freihaltung von Flächen für eine regionale möglichst ökologische
Lebensmittel-/Futterproduktion und Naturschutz hat Vorrang.
- Es darf keinen signifikanten negativen Einfluss, auf die Ökologie, die
Artenvielfalt, die landwirtschaftlichen Belange und auf das
Landschaftsbild geben.
- Die breite Akzeptanz in der Bevölkerung, insbesondere der Landbevölkerung,
ist Voraussetzung. Bürger*innen-Informationsveranstaltungen und
Bürgerenergiegenossenschaften zur Finanzierung halten wir dazu für
notwendig.
- Grundsätzlich müssen UVP für größere Anlagen durchgeführt werden.
- Es ist zu klären, wie die Agrarförderung der GAP für Flächen ausgestaltet
wird, die ergänzend zur landwirtschaftlichen Produktion mit APV belegt
werden.
- Betriebliche und regionale Obergrenzen müssen eingeführt werden: Motto:
„überall ein bisschen“. Eine großflächige Bedeckung der Landschaft mit PV
in einer Region (wie bspw. in Teilen von China) wollen wir nicht zulassen.
Bei einigen Kulturpflanzen konnte bei bisherigen Studien ein gesteigerter
Ertrags- und Qualitätsgewinn durch Beschattung in heißen, trockenen
Sommermonaten gezeigt werden, eine Verringerung von Wasserknappheit und der
Schutz vor Erosion. Je heißer und trockener, desto positiver ist der Effekt von
APV-Anlagen auf den Wasserhaushalt. In Frankreich zeigten Studien bis zu 20%
weniger Bewässerungsbedarf. Unter den „Rahmenbedingungen“ einer sich
verstärkenden Klimakrise gilt es solche positiven Effekte durch APV wo möglich
sinnvoll zu nutzen. Daher sollten zusätzliche Studien mit weiteren
Kulturpflanzen, Anbausystemen und verschiedenen Standortbedingungen für eine
Erweiterung und Absicherung der Datenlage durchgeführt werden.
Wie Beispiele zeigen, ist APV insbesondere bei Sonderkulturen zielgerichtet
standortspezifisch einsetzbar. Laut Statistischem Bundesamt betrug die
Gärtnerische Nutzfläche (GN) im Jahr 2016 229.130 ha (Dauerkulturen im Freiland
und unter Glas), das ist rund 1% der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN).
Einsatz von verschiedenen APV-Anlagen
Grundsätzlich halten wir Grüne APV dort für sinnvoll, wo erhebliche Vorteile für
die landwirtschaftliche Produktion durch die Überdachung erzielt werden können,
d.h. Mehrfachnutzen durch Beschattung/ Wind- und Regenschutz für Pflanzen und
Tiere, und dazu Natur und Landschaftsbild nur geringfügig beeinträchtigt.
- Hohe horizontale APV-Anlagen unter denen eine Landbewirtschaftung mit
großen Agrarmaschinen möglich ist, sollten als Anlagen aufgrund einer sehr
starken Veränderung der Kulturlandschaft nur auf siedlungsnahen oder
gestörten Flächen aufgestellt werden. Da die Ständerlinien sich nur
aufwendig bewirtschaften lassen und sich somit ein praktischer
Flächenverbrauch von ca. 8% ergibt, ist eine ökologische Aufwertung der
Streifenbildung weiter zu untersuchen. Ebenso stellt sich die Frage,
inwieweit die Vielfalt im Ackerbau auf den Flächen eingeschränkt wird. Der
Einsatz über zeitweiligen Dauerkulturen wie z.B. Spargel, Erdbeeren oder
Hopfen ist zu bevorzugen und die Vorteile durch weitere Langzeitstudien zu
belegen.
- Vertikale APV-Anlagen werden senkrecht wie Zäune aufgestellt und haben
flächig aufgestellt ebenfalls eine erhebliche Auswirkung auf das
Landschaftsbild, so dass ebenfalls dieselben Einschränkungen wie für a)
gelten. Sinnvoll eingesetzt sehen wir diese z.B. in/an Gewerbegebieten,
Autobahnen, Bahnstrecken, Lärmschutzwänden oder auch als Zaunelemente vor
allem im Grünland nur in Kombination mit Weidehaltung: Hühner, Schweine,
Kühe, etc. Das könnte ein Anreiz für Landwirte sein, wieder mehr Tiere in
Weidehaltung zu halten, da über die PV zusätzliche Einnahmen erzielt
werden könnten. Die Auswirkungen auf die Tiere sind vorher zu ermitteln.
Die Anordnung der PV-Zaunelemente sollte sich auf die Wind- und
Wetterseite (Ost-West-Aufstellung) begrenzen.
- Niedrigere horizontale APV-Anlagen im Obst- Gemüse- und Weinanbau sind
bzgl. der Eingriffe in die Kulturlandschaft wohl am ehesten da umsetzbar,
wo in den Dauerkulturen oft schon mit Folien, Schutznetzen, o.ä.
gearbeitet wird, so dass der optische Unterschied nicht sehr groß ist.
Durch betriebliche und regionale Obergrenzen wollen wir eine zu starke
Veränderung der Kulturlandschaft vermeiden.
- PV-Anlagen in Südausrichtung flächig aufgestellt (FFPV) haben erhebliche
Auswirkungen auf das Landschaftsbild und entziehen der Landwirtschaft
Nutzfläche, deshalb sollten sie nur unter einer strengen
Einzelfallbetrachtung genehmigungsfähig werden. Einzeln aufgestellt
könnten sie allerdings schutzbietende Unterstände für Tiere in
Weidehaltung sein, so dass in Kombination mit Weide-/Freilandhaltung eine
dünn verteilte Belegung landschaftlich und landwirtschaftlich vertretbar
und zudem sinnvoll ist.
Inwieweit bei welcher Bauform die einzelnen APV Anlagetypen einen negativen,
oder wie oftmals berichtet, vor allem positive Auswirkungen auf Biodiversität,
Wasserhaushalt, Boden etc. haben, gilt es durch eine breitere Studienlage zu
verifizieren.
Unterstützer*innen
- Volkhard Wille (KV Kleve)
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