Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 10.-12. Dezember 2021 in Siegen |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Programm zur Landtagswahl 2022 |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | LDK Siegen |
Beschlossen am: | 10.12.2021 |
Eingereicht: | 14.12.2021, 15:28 |
Antragshistorie: | Version 1 |
5- Demokratie in der offenen Gesellschaft
Text
Für ein offenes und vielfältiges Nordrhein-Westfalen engagieren sich tagtäglich
Millionen Menschen in unserem Land. Ob in der Nachbarschaftshilfe, im
Frauenhaus, im Katastrophenschutz oder im Stadtrat. Sie stehen füreinander ein,
heißen Geflüchtete willkommen, demonstrieren für die Rechte queerer Menschen,
kämpfen für globale Gerechtigkeit, gestalten die europäische Einigung und sorgen
so dafür, das Versprechen unserer Demokratie einzulösen: Wir sind verschieden
und dabei gleich an Rechten und Würde.
Demokratie ist nie fertig, sie ist immer in Bewegung. Wir sind schon weit
gekommen und haben gleichzeitig noch viel zu tun. Kinder und Jugendliche sollen
über ihre Zukunft mitentscheiden, statt nur vom Spielfeldrand zuzuschauen –
deshalb senken wir das Wahlalter auf 16 Jahre ab. Frauen steht die Hälfte der
Macht in unserem Land zu, auch in unseren Parlamenten. Wir werden noch viel mehr
Menschen mit Einwanderungsgeschichte den Weg zur Wahlurne bereiten. Und unser
Wahlrecht modernisieren, damit möglichst alle Wählenden repräsentiert werden.
Wir sprechen die Einladung aus, Entscheidungen nicht über den Kopf der
Bürger*innen zu treffen, sondern mit einer neuen Politik der Beteiligung.
In Zeiten von Wandel und Umbruch erneuern wir das Versprechen, dass Politik
Verantwortung auch für schwierige Entscheidungen übernimmt, zu Fehlern steht und
transparent arbeitet. Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren schwere
Krisen erlebt – das Hochwasser, Corona und seine Folgen. In der Krise zeigt
sich, wer wir sind. Ob wir vorausschauend handeln oder Dienst nach Vorschrift
tun – das ist eine Frage von Führung und von funktionierenden Strukturen.
Deshalb ist Vorsorge unser politisches Leitprinzip. Gerade in diesen Zeiten ist
es wichtig zu wissen: Der Staat schützt mich, er handelt vorausschauend und ist
so ausgestattet, dass er auch auf Unvorhergesehenes reagieren kann. Unser
Leitbild ist ein Staat, der seinen Bürger*innen im besten Sinne des Wortes zu
Diensten ist, der es leicht macht, ihn zu verstehen und sich einzubringen. Der
digital, technisch und personell bestens ausgerüstet ist und der Datenschutz,
Privatssphäre sowie Souveränität jeder Person auch im digitalen Raum respektiert
und schützt..
Vielfalt und Nordrhein-Westfalen sind seit langem untrennbar miteinander
verknüpft. Vielfalt ist herausfordernd und gleichzeitig eine Chance. Sie zu
gestalten und Konflikte auszuhandeln, begreifen wir als unseren politischen
Auftrag. Schon viele Male ist unser Land über sich hinausgewachsen, um
Einwander*innen und Geflüchtete willkommen zu heißen. Es wird durch Einwanderung
reicher. Neue Perspektiven bringen neue Ideen, die uns weiterbringen und uns
helfen, mit Herausforderungen fertig zu werden. Wir können Menschen eine neue
Heimat bieten, die ihre alte verloren haben. Sie kommen mit großer Hoffnung auf
Frieden, Freiheit und Sicherheit. Gemeinsam mit ihnen machen wir uns
selbstbewusst die Errungenschaften unserer Gesellschaft neu bewusst. Wir kämpfen
gemeinsam mit ihnen für eine starke Demokratie, in der es gerechte Chancen für
alle gibt und in der Glaubensfreiheit, Geschlechtergerechtigkeit und queere
Rechte eine Selbstverständlichkeit sind.
Nordrhein-Westfalen liegt im Herzen Europas. Als bevölkerungsreichstes
Bundesland mit großer wirtschaftlicher Stärke hat es auch eine führende Rolle
innerhalb der Bundesrepublik. Daraus erwächst der Auftrag, dieses Gewicht auch
in der europäischen und internationalen Politik geltend zu machen. Mit einer
grünen Landesregierung wird Nordrhein-Westfalen dieser Verantwortung nachkommen.
Wir machen in Nordrhein-Westfalen, Berlin, in Europa und auch darüber hinaus
Demokratie, Freiheit, Gleichstellung und die Wahrung der Menschenrechte zur
Richtschnur unserer Politik. Das gilt für internationale Handelsverträge ebenso
wie für die europäische Gesetzgebung. Freihandelsabkommen zu Lasten von
Menschen, Umwelt und Klima in den Partnerländern lehnen wir ab. Und wir fordern
weiterhin eine europäische Flucht- und Migrationspolitik, die das Recht auf
Leben und Unversehrtheit zur obersten Maxime macht.
Wir bauen Beteiligung und Mitbestimmung aus
Neue Politik der Beteiligung und des Dialogs
Demokratie lebt vom Mitmachen! Beteiligung hilft uns, Lösungen zu finden, die
von allen mitgetragen werden. Sie kann politische Entscheidungen verbessern,
weil die Alltagserfahrung und das Wissen der Bürger*innen einfließen. Das ist
gerade jetzt besonders wichtig – denn wir stehen vor großen gesellschaftlichen
Umbrüchen, wollen unsere gesamte Infrastruktur klimafest machen. NRW wird
gleichzeitig immer vielfältiger. Diese Veränderung begleiten wir mit einer
Kultur der Beteiligung und des Dialogs. Wir setzen eine*n zentrale*n
Ansprechpartner*in der Landesregierung für Beteiligung und Dialog ein. Wir
stärken die direktdemokratischen Elemente unserer Landesverfassung deutlich. Wir
berufen Bürger*innenräte zu ausgewählten Zukunftsthemen ein. Denn Erfahrungen
aus Bund und anderen Ländern zeigen, dass Bürger*innenräte stark darin sind,
konstruktive Lösungen im Dialog zu finden. Zufällig und repräsentativ
ausgewählte Bürger*innen beraten über eine konkrete Fragestellung und erarbeiten
Handlungsempfehlungen. Diese muss das Parlament dann beraten. Zudem erleichtern
wir direkte Demokratie, indem wir die Mindestanzahl einzureichender
Unterschriften für Begehren und Initiativen reduzieren, die Bedingungen für die
Unterschriftensammlung vereinfachen und die direktdemokratische Mitbestimmung
bei deutlich mehr Themen ermöglichen.
Versammlungsfreiheit schützen
Unsere Demokratie lebt davon, dass wir frei und ohne Angst unsere Meinung
öffentlich sagen können. Für dieses Recht haben viele mutige Menschen lange
gekämpft. Sich mit Gleichgesinnten auf Demonstrationen oder Kundgebungen für
eine Sache einsetzen zu können ist ein sehr wichtiger Bestandteil unserer
Demokratie.
Wir wollen ein Versammlungsrecht, das Versammlungen in NRW ermöglicht und
schützt. Es soll für jede*n unbürokratisch möglich sein, Versammlungen
anzumelden und rechtssicher durchzuführen. Auch das Recht auf hör- und sichtbare
Gegendemonstrationen schützen wir. Der Schutz der persönlichen Daten ist bei
Versammlungen von besonders großer Bedeutung. Eine Befugnis zur Anfertigung von
Videoaufnahmen, die über das Versammlungsgesetz des Bundes hinausgeht, lehnen
wir ab. Jegliche Form der Datenerhebung hat offen zu erfolgen. Wir orientieren
uns an vielen anderen Ländern und wandeln – wo angemessen – Straftatbestände des
Bundesgesetzes in Ordnungswidrigkeiten um, wie etwa beim Vermummungsverbot. Die
von der Landesregierung betriebene Kriminalisierung der
Klimagerechtigkeitsbewegung sowie antifaschistischer Demonstrationen lehnen wir
ab.
Ernst nehmen, wem die Zukunft gehört: Kinder und Jugendliche
Politik darf nicht auf Kosten der nächsten Generationen gehen. Kinder und
Jugendliche haben das Recht, über die Welt, in der sie leben und über ihre
Zukunft mitzuentscheiden. Wir werden das aktive Wahlalter für die Landtagswahlen
deshalb in einem ersten Schritt auf 16 Jahre senken. So erreichen wir auch, dass
alle politischen Akteure die Belange der Jugendlichen besser in den Blick
nehmen. Auf Basis einer Evaluation des Wahlalters 16 wollen wir das Wahlalter
ggf. weiter absenken. Kinderrechte sind in der Landesverfassung verankert und
müssen gelebt werden. Mit einem verbindlichen Jugendcheck werden wir die
Gesetzesentwürfe darauf prüfen, wie sie das Leben von jungen Menschen
beeinflussen. In den Kitas und Schulen sollen Beteiligungskonzepte verankert und
verlässlich gelebt werden, sodass Kinder Demokratie von Beginn an erfahren und
in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt werden. Auch auf kommunaler Ebene werden wir
der Jugend ein verbindliches Mitspracherecht garantieren. Dazu werden wir den
Gemeinden durch Gesetz verbindlich vorschreiben, für die Interessen von
Jugendlichen besondere Vertretungen oder Beauftragte zu bestellen. Durch die
bessere Einbindung in den demokratischen Prozess muss die Gemeinde die
Interessen der Jugendlichen stärker wahrnehmen.
Ein Vielfalts-Update für unsere Demokratie
Vielfalt ist in Nordrhein-Westfalen gelebte Normalität. Wer hier lebt, soll das
Recht haben, unsere Gesellschaft mitzugestalten und mitzuentscheiden. Wir wollen
die strukturellen und institutionellen Hürden abbauen, die bisher eine
gleichberechtigte Beteiligung verhindert haben. Wir richten das politische
Ehrenamt und die gesellschaftlichen Rahmenbedingunge so aus, dass jede*r
unabhängig von Schulabschluss, Einkommen oder individueller Lebenssituation sich
aktiv am politischen Prozess beteiligen kann. Auch Bürger*innen aus anderen EU-
Staaten sollen das Recht bekommen, an Landtagswahlen teilzunehmen.
Ausländer*innen aus Nicht-EU-Staaten, die seit langem in NRW ihren
Lebensmittelpunkt haben, erhalten das kommunale Wahlrecht. Mehrstaatlichkeit
wird hier gelebt und gehört zu einem modernen Staat. Die von der Bundesregierung
geplanten Erleichterungen im Staatsangehörigkeitsrecht, die
Mehrfachstaatsangehörigkeit und erleichterte Einbürgerungen vorsehen, werden wir
dafür nutzen, um offensiv für Einbürgerungen zu werben. Wer sich eine Meinung
bilden und aktiv mitgestalten will, muss verstehen können und verstanden werden.
Mehrsprachigkeit, Leichte Sprache, Gebärdensprache und Blindenschrift sind ein
ganz bedeutsamer Schlüssel für gleichberechtigte Teilhabe. Wir erweitern die
sprachliche Vielfalt, insbesondere in öffentlichen Institutionen. Wir schaffen
Zugänge, dort wo sie bisher fehlen, um das politische Engagement und die
Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung in politischen Prozessen zu erhöhen.
Wir wollen die Rechte des Kreistages gegenüber Landrat und Verwaltung stärken
und vom Kreistag zu wählende Kreisbeigeordnete einführen.
Zivilgesellschaft und ehrenamtliche Arbeit unterstützen
Demokratie ist nur so stark wie die Gesellschaft, die sie unterstützt. Ob beim
Schwimmtraining, im Kita-Förderverein, bei der freiwilligen Feuerwehr oder in
der Kirchengemeinde: Ehrenamtlich engagierte Menschen in NRW sorgen buchstäblich
dafür, dass der Laden läuft und tragen die Interessen und Anliegen der
Bürger*innen in die Öffentlichkeit. Wir werden dem bürgerschaftlichen Engagement
und der Bürgerbeteiligung einen deutlich höheren Stellenwert in der
Regierungspolitik einräumenHierfür spielt die langfristige Absicherung von
Verbänden, Vereinen und zivilgesellschaftlichen Organisationen eine
entscheidende Rolle. Wir werden die Ehrenamtsstrategie des Landes NRW
weiterentwickeln und so erreichen, dass sich alle Menschen ganz einfach
engagieren können, unabhängig von Wohnort, Alter, Herkunft, Behinderung oder
sexueller Identität. Besonders in ländlichen Gemeinden unterstützen wir
ehrenamtlich Engagierte durch Förderscouts. Sie helfen, Fördergelder für
gemeinwohlorientierte Projekte zu beantragen. Wir bauen den Freiwilligendienst
aus, bei dem viele jungen Menschen sich engagieren und im Rahmen eines
freiwilligen Jahres Erfahrungen sammeln. Wir sorgen dafür, dass Freiwillige
zukünftig bei Kulturangeboten und beim ÖPNV ähnliche Vergünstigungen und
Ermäßigungen bekommen wie beispielsweise Schüler*innen, Azubis und Studierende.
Kommunalpolitisches Engagement erleichtern
Tausende Menschen übernehmen in NRW ehrenamtlich Verantwortung in der
Kommunalpolitik. Wir machen die kommunalen politischen Gremien fit für die
Digitalisierung. Dafür erweitern wir die Gemeindeordnung so, dass sie
demokratische Teilhabe digital möglich macht. Wir werden mit den Kommunen
sicherstellen, dass alle gewählten Vertreter*innen die technischen Möglichkeiten
haben, an digitalen Sitzungen teilzunehmen. Das umfasst Hardware, Software und
Schulungen.
Viele Menschen, z.B. Berufstätige und Menschen mit Verantwortung für Kinder oder
Angehörige, die gepflegt werden müssen, werden von dem derzeitigen hohen
zeitlichen Mehraufwand abgeschreckt. Dabei ist es begrüßenswert, wenn mehr
Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen in der
Kommunalpolitik mitmischen. Wir wollen auf kommunaler Ebene die Teilhabe
stärken, sodass unter anderem Gremien wie Jugend-, Senioren-, Migrations- und
Inklusionsbeiräte geschaffen werden. Mehr Personalmittel für hauptamtliche
Unterstützung für die Fraktionen in kommunalen Gremien entlasten die
Mandatsträger*innen.
Wir machen den Staat effektiv, transparent und
bürgernah
Für einen attraktiven öffentlichen Dienst der Zukunft
Ob in Schulen, bei der Polizei, in Gerichten oder im Gesundheitsamt – gut
ausgebildete und motivierte Mitarbeitende sind das Fundament eines Staates, der
funktioniert und handlungsfähig bleibt. Doch dieses Fundament hält nicht von
allein. Wir müssen handeln um es zu für die Zukunft stärken. Derzeit sind ca.
20.000 Stellen in der Landesverwaltung unbesetzt. Unsere Behörden bestehen den
harten Wettbewerb um die besten Köpfe nur, wenn die Arbeit im öffentlichen
Dienst attraktiver wird. Gemeinsam mit den Interessensvertretungen für die
Beschäftigten und den Gewerkschaften werden wir deshalb einen neuen Rahmen für
einen modernen öffentlichen Dienst mit attraktiven Arbeitsbedingungen schaffen.
Den Kern bildet ein Lebensarbeitszeitkonto, mit dessen Hilfe Beschäftigte eine
flexible wöchentliche Arbeitszeit erhalten, um damit frühere Pensionierungen
oder Auszeiten, zum Beispiel für Sorgearbeit, zu schaffen. Wir werden auch die
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für mobiles Arbeiten überprüfen und
anpassen, damit der öffentliche Dienst auf der Höhe der Zeit bleibt. Nicht
zuletzt werden wir die Gleichstellung im öffentlichen Dienst vorantreiben. Denn
in unseren Behörden gibt es noch viel zu tun um die „gläserne Decke“ für Frauen
zu überwinden und ihnen gleichberechtigte Aufstiegschancen – auch in
Spitzenpositionen - zu garantieren. Dafür werden wir die Instrumente für eine
gleichberechtigte Personalentwicklung nutzen und ausbauen. Bausteine dazu sind:
Mentoringprogramme, bereichsübergreifende Vernetzung, Jobsharing sowie das
Führen in Teilzeit oder Teams.
Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst verurteilen wir. Mit den
Gewerkschaften und den Kommunen wollen wir mit geeigneten Mitteln – wie etwa
baulichen Maßnahmen in Räumen mit Publikumsverkehr sowie Deeskalationstrainings
- dafür sorgen, dass Angriffe und Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen
Dienst auf Landes- und kommunaler Ebene verhindert und besser verfolgt werden.
Ein Staat, der funktioniert
In unseren Behörden geben tagtäglich gut ausgebildete Fachleute ihr Bestes für
unser Gemeinwesen. Und trotzdem ist der Kontakt zur Verwaltung für viele
Bürger*innen und Unternehmen umständlich. Das liegt oft an veralteter Technik
und überholten Strukturen und Abläufen. Wir investieren in den
bürgerfreundlichen, effektiven Staat mit einfacheren, grundsätzlich digitalen
Verfahren. Aber auch der direkte Kontakt und Vor-Ort-Termine bei den Behörden
bleiben für viele Menschen wichtig und müssen deshalb weiterhin möglich sein.
Nur mit einer zukunftsfähig aufgestellten Verwaltung kann der Staat die vielen
an ihn gerichteten Ansprüche und Aufgaben erledigen. Damit überall digital
gearbeitet wird, weiten wir das E-Government-Gesetz vollständig auf die Kommunen
aus. Das Land unterstützt die Kommunen bei der Implementierung digitaler
Verfahren und der entsprechenden Software, damit kein Flickenteppich entsteht,
auf dem jede Kommune sich gezwungen sieht, ihre eigene Lösung entwickeln zu
müssen. Und wir nutzen die Digitalisierung der Verwaltungsabläufe, um
gleichzeitig moderne Arbeitsweisen einzuführen. Die Verwaltung der Zukunft
arbeitet vernetzt und in Teams, mit großer Transparenz, flexibel und mit flachen
Hierarchien. Diese Vision werden wir in ausgewählten Pilot-Behörden mit Ansätzen
von „New Work“und agilen Methoden ausprobieren. Wir schaffen
Verwaltungsinkubatoren, in denen Behörden und ihre Mitarbeter*innen
anspruchsvolle Projekte außerhalb der etablierten Strukturen zur Reife
entwickeln können. So ermöglichen wir einen sanften und erfolgsversprechenden
Übergang in den Betrieb und einen Kulturwandel in der Verwaltung..
Der lernende Staat: gewappnet für die nächste Krise
Unser Land befindet sich seit einigen Jahren im Krisenmodus: Zuerst die
anhaltende Hitzewelle, dann die Pandemie und schließlich im Sommer 2021 das
verheerende Hochwasser: das alles beeinträchtigte und beeinträchtigt noch immer
unser aller Leben. Die Krisen decken aber auch schonungslos auf, wo Politik und
Verwaltung Nachholbedarf haben. Wir wollen aus ihnen lernen, damit unsere
Gesellschaft krisenfester wird. Denn die Herausforderungen werden angesichts der
Klimakrise in Zukunft nicht kleiner, sondern größer. Wir versetzen Politik und
Verwaltung in die Lage, vorausschauend und planvoll zu handeln. Wir machen
Vorsorge zu unserem Leitprinzip. In Nordrhein-Westfalen kommt der
Landesregierung dabei eine Schlüsselrolle zu. Wir brauchen eine bessere Kultur
der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches zwischen den einzelnen
Behörden und Ebenen. Zur vorausschauenden Politik gehören Katastrophenpläne für
den Ernstfall und mehr Investitionen in Forschung. Wer gut vorbereitet ist, kann
planvoll handeln und Schaden abwenden. Deshalb gilt für uns: Eine wichtige
Grundlage für unsere Politik legen Wissenschaft und Forschung, sei es beim Klima
oder in Pandemien.
Transparenzoffensive starten, Korruption bekämpfen
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben ein Recht darauf zu wissen, wer sich
in welcher Weise an einem Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Dafür führen wir ein
verbindliches und öffentliches Lobbyregister für die Landesregierung und den
Landtag sowie einen umfassenden “legislativen Fußabdruck” ein. Dieser macht
transparent, welche Organisationen und Lobbyinteressen Einfluss auf die
Erarbeitung eines Gesetzes genommen haben. Das Abstimmungsverhalten der
Landesregierung im Bundesrat machen wir transparenter und setzen uns dafür ein,
dass dies für den ganzen Bundesrat leicht nachvollziehbar wird.
Nicht allein durch die Maskenskandale der Union ist offensichtlich geworden, wie
schnell Glaubwürdigkeit verloren geht und wie stark dieser Vertrauensverlust dem
Parlamentarismus zusetzt. Wir wollen daher das Abgeordnetengesetz überarbeiten,
sodass Parlamentarier*innen ihre Nebeneinkünfte ab dem ersten Euro angeben
müssen und ihnen bezahlte Arbeit für Lobbyorganisationen verboten ist. Die
Abkühlzeit für Mitglieder der Landesregierung vor einem Wechsel in Lobbyismus
verlängern wir auf die Dauer des Bezugs vom Übergangsgeld, längstens auf 24
Monate.
Wir setzen uns für den wirksamen Schutz von Whistleblower*innen ein. Sie
schützen die Beachtung der Rechtsordnung und damit das Funktionieren des
demokratischen Systems. Whistleblower*innen brauchen Schutzklauseln im
Dienstrecht, damit sie ohne Repressionen auf Missstände hinweisen können.
Hierfür schaffen wir eine unabhängige Prüfstelle und setzen uns für einen Fonds
zur finanziellen Unterstützung von Whistleblower*innen ein.
Korruption, Steuerhinterziehung und Geldwäsche sind Rechtsverstöße mit
verheerenden Auswirkungen auf den Wettbewerb und den freien Markt, für Umwelt
und Menschen. Wir gestalten die öffentliche Beschaffung transparenter und
schaffen Vorkehrungen gegen Interessenskonflikte. Wir wollen die Angebote zur
Korruptionsprävention der öffentlichen Verwaltung ausbauen und unterstützen die
Einrichtung von Ombudsstellen.
Sichere öffentliche IT - Offene und verfügbare Daten und
Software
Wir vertrauen der öffentlichen IT viel an. Ob Schüler*innendaten, Stromnetze
oder Krankenversorgung – ohne IT läuft nichts in unserer Gesellschaft. Jede
Sicherheitslücke kann fatale Folgen haben. Deshalb sichern wir höchste Standards
für IT- Sicherheit und Datenschutz bei Behörden des Landes und den Kommunen
gesetzlich ab. Deutlich mehr Behörden sollten außerdem den IT-Grundschutz des
Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik umsetzen. Wir fördern die
gemeinsame Forschung von Hochschulen, Unternehmen sowie Unternehmensgründungen
im Bereich IT-Sicherheit.
Auf öffentlich zugängliche Informationen zugreifen zu können, ist Grundlage
unseres demokratischen Staatsverständnisses. Land und Kommunen sammeln und
erstellen mit großem Aufwand riesige Datenmengen. Und die können sehr nützlich
sein, etwa für Medien, Bürger*inneninitiativen, die Wissenschaft oder auch
innovative Unternehmen. Wir ermöglichen mehr Teilhabe am “Datenschatz” in Form
von nicht personenbezogenen Daten. Was der Staat finanziert, muss auch allen
zugänglich sein. Wir schreiben in einem Informationszugangsgesetz fest, dass
staatliche Stellen ihre Informationen proaktiv maschinenlesbar und unter
Berücksichtigung der Open Data-Kriterien veröffentlichen. Wir stärken hierbei
die Rechte der Bürgerinnen und Bürger für einen schnellen Informationszugang.
Mit uns werden Open Data, Open Source und Open Access zum Standard für alle
öffentlichen Stellen vom Ministerium bis in die letzte Amtsstube.
Wir begreifen Vielfalt als Stärke
Zusammen unsere Einwanderungsgesellschaft gestalten
NRW ist der Inbegriff von Vielfalt. In unserem Bundesland leben 18 Mio.
Menschen, mehr als fünf Millionen von ihnen haben eine Einwanderungsgeschichte.
Damit verfügt unser Bundesland über eine Einwanderungsgeschichte, die es über
Jahrhunderte hinweg zu dem gemacht hat, was es ist. Die verschiedenen Etappen,
in denen Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern unser Bundesland mit
verschiedensten kulturellen Einflüssen geprägt und bereichert haben, sind Teil
unserer Identität und müssen lebendig gehalten werden. Das Dokumentationszentrum
und Museum über die Migration in Deutschland (DoMiD e.V.) leistet dafür einen
wichtigen Beitrag, was wir auch in Zukunft unterstützen werden. Wir wollen
darüber hinaus die Geschichte der Migration als gesamtgesellschaftliche
Geschichte von NRW stärken.
Wir setzen uns dafür ein, dass alle gleichermaßen sichtbar sind, dieselben
Chancen auf Teilhabe haben und ihre Stimmen Gehör finden. Wir wollen deshalb
Mehrsprachigkeit fördern und ihre Anerkennung in unserer Gesellschaft stärken,
internationale Menschenrechtsbildung ausbauen und Organisationen und
Vertretungen von Menschen mit Einwanderungsgeschichte stärker fördern und
einbeziehen. Ihre angemessene Repräsentation insbesondere in öffentlichen
Institutionen ist eine Aufgabe, die wir mit Nachdruck vorantreiben werden.
Wir sehen NRW auch in der Verantwortung, erinnerungskulturelle Angebote noch
breiter zu fassen und auch die deutsche sowie europäische Kolonialgeschichte und
ihre Folgen bis hin zu wirtschaftlichen Verflechtungen bis in die Gegenwart
systematisch aufzuarbeiten. Hierzu wollen wir ein Konzept entwickeln, das sowohl
die historische Aufarbeitung der Verantwortung in NRW als auch eine
Auseinandersetzung mit dem Thema in Bildungs- und Kultureinrichtungen sowie in
Stadt-Quartieren umfasst.
Gemeinsam gegen Diskriminierung: Antidiskriminierungsgesetz
einführen und Antidiskriminierungsarbeit ausweiten
Jeder Mensch ist unterschiedlich, das macht unser Zusammenleben interessant und
dynamisch. Wir wollen eine Gesellschaft, in der sich alle Menschen mit
Selbstvertrauen und ohne Angst entfalten können. Die Chancen in unserem Land
sind aber immer noch nicht gleich verteilt. Immer noch erleben Menschen wegen
ihres Namens, aufgrund einer rassistischen Zuschreibung ihrer Religion, ihres
Geschlechts, ihrer sexuellen Identität, aufgrund einer Behinderung oder ihrer
sozialen Herkunft Diskriminierungen am Arbeitsplatz, bei der Wohnungssuche oder
in der Freizeit. Oft werden Menschen aufgrund mehrerer Merkmale diskriminiert
und manchmal führt eine Benachteiligung zu weiteren. Benachteiligungen gibt es
in vielen alltäglichen Lebensbereichen, wie in der Schule, Ausbildung oder bei
Behördengängen. Diskriminierung in Institutionen und Behörden findet dabei nicht
unbedingt als absichtsvolle Benachteiligung von Einzelpersonen statt, sondern
hier spiegeln sich noch immer Stereotype und Vorurteile – bewusst oder unbewusst
– wider. Diesen strukturellen Benachteiligungen werden wir mit mehreren
Maßnahmen entgegenwirken.
Wir wollen es allen Menschen ermöglichen, Diskriminierungen in den
Zuständigkeitsbereichen des Landes – wie etwa der Schule oder der Polizei – zu
melden und gegen diese auch rechtlich vorzugehen. Die Möglichkeit für
Betroffene, sich effektiv gegen erlebte Diskriminierung zu wehren, werden wir
mit einer Landesantidiskriminierungsstelle und einem
Landesantidiskriminierungsgesetz ausbauen. Indem wir ein Verbandsklagerecht
einführen, können sich Betroffene auf Wunsch auch von ihren Verbänden vertreten
lassen.
Gleichzeitig braucht es ein engmaschiges und niedrigschwelliges Unterstützungs-
und Beratungsnetz für alle Formen von Diskriminierung. Die bisherigen
Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit wollen wir deshalb flächendeckend
ausbauen. Eine Landesantidiskriminierungsstelle vertritt diese Servicestellen
auf Landesebene und schafft innovative Wege, um die Bevölkerung über
Diskriminierungsformen aufzuklären. Mit eigenen Studien soll die
Landesantidiskriminierungsstelle Diskriminierung und strukturelle
Benachteiligungen offenlegen und gleichzeitig Handlungsempfehlungen für die
Antidiskriminierungspolitik in NRW erarbeiten.
Behörden der Zukunft: Partnerinnen der Vielfalt
Unsere Behörden sollen ein Spiegelbild und Dienstleister unserer vielfältigen
Gesellschaft sein. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind wichtige
Ansprechpartner*innen für Anliegen und Probleme. Egal, ob es um einen neuen Pass
oder um Wohngeld geht, der Gang zum Amt sollte für Jede*n gleichermaßen
zugänglich, verbindlich und verständlich sein.
Unser Ziel ist es, die Verschiedenheit unserer Gesellschaft, die wir in NRW
bereits leben und die uns ausmacht, in unsere Verwaltung zu tragen und sie dort
zu verankern. Darin unterstützen wir unsere Landesbehörden und Kommunen. Daher
intensivieren wir für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst auf Landesebene
Weiterbildungsmaßnahmen, die internationale Menschenrechte, Interkulturalität
und Antidiskriminierung beinhalten und führen verpflichtende Fortbildungsmodule
ein. Mehrsprachigkeit in Behörden, bei der Polizei und in Notdiensten bauen wir
aus, egal, ob der Kontakt online, telefonisch oder persönlich erfolgt. Unser
Ziel ist, dass öffentliche Einrichtungen für die soziale, kulturelle und
geschlechtliche Vielfalt unserer Gesellschaft sensibilisiert sind und diese
selbst abbilden. Dafür entwickeln wir verbindliche und messbare Zielvorgaben in
den Behörden. Auch sollten sich Führungskräfte mit internationaler Biographie in
den Verwaltungen stärker miteinander vernetzen können. Wenn Beschäftigte des
Landes rechtsextremes und menschenverachtendes Handeln an den Tag legen, muss
konsequent mit den Mitteln des Straf- und Disziplinarrechts dagegen vorgegangen
werden.
Barrierefrei leben – Teilhabe ohne Schranken
Jeder Mensch hat eigene Wünsche und Träume. Sie können sich auf die Berufswahl
beziehen, auf Freizeitaktivitäten oder eine bestimmte Wohnform, in der man leben
möchte. Die Chancen, sich eigene Ziele zu stecken und diese zu erreichen, müssen
in einer diversen und inklusiven Gesellschaft gleich verteilt sein. Die UN-
Behindertenrechtskonvention basiert auf dem Menschenrecht auf eine
gleichberechtigte Teilhabe. Ihre Umsetzung werden wir auf Basis des
weiterzuentwickelnden Aktionsplans konsequent voranbringen und gleichzeitig das
Inklusionskataster und die Teilhabeberichterstattung ausbauen. Wir statten die
Monitoringsstelle für die Behindertenrechtskonvention bedarfsgerecht aus und
stärken die Unabhängigkeit der Landesbeauftragten für Inklusion und
Patient*innen. Mehr Teilhabe geht nur, wenn Menschen mit Assistenz- und
Hilfsmittelbedarf schnelle und unbürokratische Hilfe erhalten. Wer eingeschränkt
sehfähig oder im Rollstuhl unterwegs ist, sollte ohne große Umwege und ohne
fremde Hilfe das Ziel erreichen können. Menschen, egal ob mit oder ohne
Behinderung, sollen den Beruf erlernen oder in die Selbstständigkeit gehen
können, für die sie sich interessieren. Sich ehrenamtlich zu engagieren, zum
Beispiel ein politisches Mandat zu bekleiden oder in einem Sportverein
mitzuwirken, soll allen Menschen möglich sein. Auf dem Arbeitsmarkt erleichtern
wir Unternehmen und Ausbildungsbetrieben, ihre Pflicht tatsächlich zu erfüllen,
Menschen mit Behinderung einzustellen und überzeugen sie von den Vorteilen. Wir
planen Barrierefreiheit durch Änderungen im Bauwesen und der
Quartiersentwicklung von Beginn an ein, wenn öffentliche Gebäude oder Wohnungen
gebaut werden. Politische Abläufe und Verwaltungsprozesse kommunizieren wir in
leichter Sprache, in Gebärdensprache, mit Untertiteln oder in Blindenschrift
barrierefrei und für alle Menschen leicht verständlich. Dabei berücksichtigen
wir auch die besonderen Interessen von Menschen mit nicht-sichtbaren
Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Wir tauschen uns im
Inklusionsbeirat auf Augenhöhe mit Betroffenen aus und fördern die organisierten
Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderung stärker. Gemeinsam finden wir
Lösungen für die Bereiche, die noch nicht für alle auffindbar, zugänglich und
nutzbar sind. Nur so garantieren wir echte Teilhabe.
Lernen für religiöse Vielfalt und Toleranz
Ob und was Schüler*innen in NRW glauben, wird immer vielfältiger. Deshalb ist es
wichtig, dass jede*r Schüler*in von der ersten Klasse an wirklich die freie Wahl
hat, am konfessionellen Religionsunterricht teilzunehmen oder nicht. Ab der
ersten Klasse soll flächendeckend Praktischer Philosophieunterricht angeboten
werden. Hemmnisse für den seit 2015 möglichen Umbau von Bekenntnisschulen in
bekenntnisfreie Grundschulen werden wir abbauen. Wir unterstützen den
islamischen Religionsunterricht auf Grundlage unserer Verfassung. Er leistet
einen wichtigen Beitrag für die Gleichberechtigung und Integration muslimischen
Lebens. Dafür wird eine entsprechende akademische Ausbildung des Lehrpersonals
in Deutschland, in unserem Fall in NRW, benötigt. Wir wollen die Stimmen
liberaler Muslime in der Kommission für islamischen Religionsunterricht stärken.
Aus anderen Staaten gesteuerte Verbände gehören nicht in die Kommission.
Mittelfristig wollen wir den Religionsunterricht im Diskurs mit den
Religionsgemeinschaften – auf Basis des Grundgesetzes, in dem dieses Fach
verankert ist – zu einem kooperativ-konfessionellen Unterricht weiterentwickeln,
der auch den islamischen Religionsunterricht mit einbezieht.
Das Recht auf Religionsfreiheit schützen
Religion ist für viele Menschen in NRW ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags
und prägender Teil der eigenen Identität und der Deutung der Welt. Die Freiheit,
den eigenen Glauben zu leben, ist ein Menschenrecht ebenso wie das Recht, keine
Weltanschauung oder Religion auszuüben. Der Staat muss diese Rechte
gewährleisten und schützen. Religionsgemeinschaften sind wichtiger Teil unserer
Zivilgesellschaft. In ihnen engagieren sich viele Menschen für die Gemeinschaft,
sie sind Räume für Engagement und prägen und bieten Heimat. Voraussetzung für
einen positiven Beitrag zur demokratischen Gesellschaft ist, dass
Religionsgemeinschaften die Grundprinzipien der Verfassung achten, sich dem
öffentlichen Diskurs stellen und nicht fundamentalistisch agieren. Das gilt
insbesondere dann, wenn sie mit dem Staat kooperieren. Islamische Gemeinschaften
können und sollen als Religionsgemeinschaften anerkannt werden, wenn sie die
rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllen, denn muslimisches Leben gehört zu
NRW. Die vier großen muslimischen Verbände erfüllen diese Voraussetzungen aber
derzeit nicht. Wir unterstützen die Imam-Ausbildung in NRW und werden
muslimisches Engagement fördern. Jüdinnen und Juden sind ein Teil unserer
vielfältigen Gesellschaft. Gemeinsam mit den jüdischen Gemeinden und
Institutionen wollen wir die Vielfalt jüdischen Lebens noch sichtbarer machen
und Begegnung und Austausch ermöglichen. Antisemitismus in all seinen Facetten
werden wir uns konsequent entgegenstellen.
Verhältnis von Staat und Kirche weiterentwickeln
Die christlichen Kirchen sind für uns ein wichtiger Bündnispartner im Kampf für
Menschenrechte, die Seenotrettung, den Kampf gegen die Klimakrise oder für eine
gerechtere Welt. Das Land und die Kommunen pflegen viele Kooperationen mit ihnen
– etwa in den Bereichen Bildung, Kinder- und Jugendarbeit oder
Gesundheitsversorgung. Diese gewachsene Beziehung wollen wir erhalten und wo
nötig weiterentwickeln, denn der Staat muss selbst grundsätzlich weltanschaulich
neutral handeln. Daher verbietet sich die "Ehrfurcht vor Gott" als allgemeines
Bildungsziel. So plädieren wir für eine Novelle des Feiertagsgesetzes, die an
„stillen“ Feiertagen das bestehende, generelle Verbot von Kultur- und
Tanzveranstaltungen überwindet, sofern sie keinen störenden Charakter haben.
Außerdem wollen wir, dass Allen ein individueller Feiertag im Rahmen der
bestehenden Urlaubsregelungen ermöglicht wird – sowohl in der Schule wie auch im
Arbeitsleben. Wir unterstützen das Anliegen, die Kirchenaustrittsgebühr und mit
dem Austritt einhergehende bürokratische Hürden abzuschaffen und im öffentlichen
Dialog mit den Kirchen dem Auftrag des Grundgesetzes endlich nachzukommen und
die altrechtlichen Staatsleistungen abzulösen.
Wir fördern Selbstbestimmung und Gleichstellung
Die Hälfte der Macht den Frauen
Es ist Zeit für eine feministische Regierung und Politik in NRW, mit der wir uns
alle gemeinsam für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen. Frauen verdienen die
Hälfte der Macht – im Landtag und in den Gemeinderäten genauso wie in
Schlüsselstellen der Verwaltung. Gremien besetzen wir deshalb grundsätzlich
mindestens zur Hälfte mit Frauen. Mit einem Paritätsgesetz sorgen wir dafür,
dass zur Wahl des Landtags 2027 auch in den anderen Parteien deutlich mehr
Frauen auf den Landeslisten und in den Direktwahlkreisen zur Wahl stehen.
Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe, denn sie berührt alle politischen
und gesellschaftlichen Bereiche: die Stadtplanung genauso wie die Planung von
Kitas und Ganztagsbetreuung, die Wirtschaftsförderung oder die Unterstützung
lokaler Projekte und Initiativen. Wir sorgen dafür, dass die Interessen und
Bedarfe von allen Geschlechtern bei allen politischen Entscheidungen
berücksichtigt werden.
Das Land und die Kommunen bewegen Gelder in Milliardenhöhe, planen Straßen,
unterstützen Unternehmen und investieren viel Geld in die kommunale
Infrastruktur. Haushaltspolitik ist aber nicht geschlechterblind.
Finanzentscheidungen haben unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer.
Wir stärken eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik durch die konsequente
Umsetzung eines Gender-Budgeting-Ansatzes und stellen sicher, dass öffentliche
Investitionen und Ausgaben den Geschlechtern gleichermaßen zugutekommen. Für die
echte Chancengleichheit von Frauen und Männern benötigen wir Forschung zum Thema
Geschlechtergerechtigkeit. Wir möchten daher den Wissenschaftsbereich der Gender
Studies fördern und ausbauen, um große Erkenntnislücken endlich zu schließen und
wissenschaftlich fundiert Politik zu machen.
Frauen verdienen – Wirtschaftliche Unabhängigkeit stärken
Unser Ziel: Frauen verdienen für gleichwertige Arbeit den gleichen Lohn, sind
wirtschaftlich unabhängig und im Alter gut abgesichert. Was selbstverständlich
klingt, muss endlich Realität werden! Wir setzen uns ein für eine gleiche
Bezahlung und faire Arbeitsbedingungen in allen Berufsfeldern. Die
systemrelevanten Care-Berufe wie Pflege und Erziehung, die zu über 70 Prozent
von Frauen ausgeübt werden, sollen finanziell und strukturell aufgewertet
werden. Und wir nutzen die Möglichkeiten der Landespolitik, um die
wirtschaftliche Situation von Frauen zu verbessern und Beruf und Familie besser
„unter einen Hut“ zu bekommen. Grundlage dafür ist die Qualität und Quantität
von Betreuungsplätzen in Kindertagespflege, Kita und Ganztagsbetreuung in den
Schulen zu erhöhen.
Queeres Leben in NRW – selbstbestimmt und
diskriminierungsfrei
Wir streiten seit unserer Gründung dafür, dass Lesben, Schwule, bisexuelle,
trans*, inter*, nicht binäre und queere Menschen (LSBTIQ*) mit und ohne
Fluchtgeschichte in NRW selbstbestimmt, ohne Ausgrenzung und Angst leben können.
Vielfalt ist gelebter Alltag in unserem Land und die vielen CSDs und Pride
Demonstrationen haben längst einen festen Platz in unserer Gesellschaft.
Trotzdem gehören Ausgrenzung und Diskriminierung für viele queere Menschen zu
ihren alltäglichen Erfahrungen. Deshalb werden wir Betroffenen und Verbänden das
Recht geben, rechtlich gegen Diskriminierung vorzugehen. Das schreiben wir in
einem Landesantidiskriminierungsgesetz fest. Wir stärken queeres Leben und die
Vielfalt unserer Zivilgesellschaft, indem wir den „Aktionsplan für queeres
Leben“ weiterentwickeln und konsequent umsetzen. Er sorgt für Gleichstellung
durch Aufklärung, Bildung und Schutz, soll in allen Ministerien umgesetzt und
als Querschnittaufgabe dauerhaft verankert werden. Wir bauen das Angebot von
niedrigschwelliger und intersektionaler Beratung, Koordination, Kinder- und
Jugendarbeit, Senior*innenarbeit, psychosozialer Beratung und Selbsthilfegruppen
aus und stärken es. Insbesondere auch jenseits der großen Städte wollen wir
Angebote schaffen und bestehende finanziell absichern. Wir unterstützen das
vielfältige zivilgesellschaftliche Engagement der queeren Community und werden
es auch langfristig finanziell besser unterstützen. Außerdem legen wir ein
wirksames Konzept für die Bekämpfung von Hasskriminalität vor. Dazu gehören
fachlich qualifizierte und lokal verankerte Kontaktstellen für LSBTIQ*, die
Opfer von Hasskriminalität und Gewalt geworden sind und verpflichtende
Fortbildungen in der Polizei zur Sensibilisierung zu LSBTIQ*-Themen und
Hassverbrechen.. Die Geschichte der Diskriminierung und Verfolgung queerer
Menschen in unserem Land werden wir aufarbeiten, Opfer entschädigen und Orte der
Erinnerung schaffen.
Sexarbeiter*innen verdienen unsere Unterstützung
Wir trennen klar zwischen Sexarbeit und Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung.
Letzterer ist ein abscheuliches Verbrechen, das wir mit allen Mitteln bekämpfen.
Sexarbeiter*innen brauchen, wie andere Berufstätige auch, sichere
Arbeitsbedingungen sowie eine Kranken- und Sozialversicherung. Wir sichern
spezialisierte Beratungsstellen, insbesondere im ländlichen Raum, die
Sexarbeiter*innen beraten, unterstützen und bei Bedarf auch Hilfe beim Ausstieg
aus der Sexarbeit leisten. Wir stärken die rechtliche und soziale Lage von in
der Sexarbeit tätigen und wirken Diskriminierung und Stigmatisierung entgegen.
Das geht am besten, wenn wir mit den Betroffenen im Austausch stehen und ihre
Lebensrealität genau kennen. Wir werden den Runden Tisch Prostitution wieder ins
Leben rufen.
Wir schützen Menschenrechte: Humanitär und fair
für Geflüchtete
NRW wird sicherer Hafen: Landesaufnahmeprogramm für
Geflüchtete
Wir wollen jenen Menschen Schutz bieten, die vor Gewalt und Krieg fliehen
müssen. Aber noch immer verharren Geflüchtete dicht gedrängt in provisorischen
Lagern auf den griechischen Inseln oder an den europäischen Außengrenzen. Noch
immer ertrinken jedes Jahr Menschen auf der Flucht im Mittelmeer. Die
europäische Flucht- und Asylpolitik muss menschlicher werden. Statt die Festung
Europa weiter auszubauen und uns abzuschotten, müssen wir neue und verschiedene
Zugänge schaffen und Zuwanderung erleichtern. Wir unterstützen das Engagement
von zivilen Seenotretter*innen. Sie springen dort ein und retten Menschenleben,
wo die Institutionen der Mitgliedsstaaten und der Europäischen Union versagen.
Wir unterstützen die Pläne des Bundes, eine staatlich koordinierte und
europäisch getragene Seenotrettung im Mittelmeer einzurichten. Wir stehen an der
Seite der zahlreichen Kommunen in NRW, die Geflüchteten in Not einen Sicheren
Hafen bieten. Mit einem eigenen Landesaufnahmeprogramm wollen wir diese
Bereitschaft zur Aufnahme von Menschen in besonders prekären Notsituationen, wie
etwa für aus Seenot Gerettete, unterstützen. So soll das Land in Zusammenarbeit
mit den Kommunen die Möglichkeit erhalten, Menschen auf der Flucht bei uns
Schutz zu bieten. Zudem wollen wir erreichen, dass sich NRW mit einem
Sonderprogramm an der Aufnahme jesidischer Frauen aus dem Nordirak beteiligt.
Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten: dezentral,
kommunal und humanitär
Wir brauchen klare Maßstäbe für die Unterbringung und Versorgung von
Geflüchteten hier in NRW. Die individuellen Bedürfnisse, Wünsche und
Möglichkeiten von Kindern, Familien oder chronisch Kranken müssen wir dabei
stets im Blick behalten. Lange Aufenthaltszeiten in Landesunterkünften lehnen
wir ab. Das Konzept von Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) halten wir
für gescheitert. Gemeinsam mit den Kommunen wollen wir weg von übergroßen und
isolierten Einrichtungen hin zu dezentralen und kleineren Wohneinheiten mit
genügend persönlichen Rückzugsorten. Denn gerade zu Beginn brauchen Menschen mit
einer Fluchtgeschichte Ruhe und Privatsphäre in geschützten Räumen, wo sie
ankommen und sich sicher fühlen können. Wir schaffen Schutzräume für Frauen,
Kinder und queere Geflüchtete. Ehrenamtliche, die freie Wohlfahrtspflege und
andere zivile Akteure leisten bei der Beratung und Betreuung der Geflüchteten
einen unerlässlichen Beitrag, den wir hoch schätzen und weiterhin stärken
wollen. Allerdings kann und darf die ehrenamtliche Unterstützungsarbeit die
staatliche Grundversorgung nicht ersetzen. Ebenso ist eine umfassende
Gesundheitsversorgung zentral. Auch hier wollen wir neue Standards setzen, die
helfen, Erkrankungen frühzeitig zu identifizieren und entsprechend zu behandeln.
Auch für psychische Beratungen, besonders für Mädchen und Frauen, wollen wir
einen niedrigschwelligen Zugang schaffen. Geflüchteten Kindern, die in den
Landesunterkünften untergebracht sind, werden wir den Zugang zum Unterricht in
Regelschulen ermöglichen.
Eine gute Flüchtlings- und Integrationspolitik gelingt nur im Schulterschluss
mit den Kommunen. Wir wollen daher den Austausch zwischen den Kommunen, etwa den
Kommunalen Integrationszentren und dem Land in diesem Bereich ausbauen und die
Kommunen dabei unterstützen, gemeinsam verbindliche Standards für
Flüchtlingsunterkünfte zu entwickeln, die die individuellen Schutzbedürfnisse
der Betroffenen beachten. Um die Kommunen hier zu unterstützen, erhöhen wir die
Pauschale im Flüchtlingsaufnahmegesetz, die keine Unterscheidung zwischen
Asylbewerber*innen und Geduldeten macht, sodass die Kosten für die Kommunen
angemessen sind.
Integration von Anfang an ermöglichen und sichere
Bleibeperspektiven schaffen
Wir wollen Integrations-, Teilhabeangebote und Sprachkurse von Anfang an für
alle Geflüchteten ermöglichen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus und der
Bleibeperspektive. Sie schaffen für die Ankommenden die Basis für ein
eigenständiges Leben in unserer Gesellschaft. Der Verbleib in internationalen
Förderklassen soll sich nach den individuellen Bedarfen richten und kann
entsprechend verlängert werden. Damit auch Frauen mit Kindern die Kurse belegen
und erfolgreich abschließen können, bauen wir begleitende
Kinderbetreuungsangebote aus. Als wichtige Partner wollen wir die kommunalen und
zentralen Ausländerbehörden stärker in Integrationsprozesse einbinden. Diese
neuen „Willkommensbehörden“ sollen Migrant*innen, insbesondere Geflüchtete, bei
ihrem Weg zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe und Arbeitsmarktintegration
begleiten und fördern und ebenso die Spielräume für Bleibeperspektiven für
Geduldete weitreichend nutzen. Dieses Modell setzt auf individuelle und aktive
Beratung sowie Zusammenarbeit mit den Klient*innen. Wir setzen uns beim Bund
dafür ein, dass Abschiebehindernisse gewahrt bleiben und besonders zu schützende
Personengruppen wie Sinti*zze und Rom*nja, LSBTIQ* und wegen Gewalt gefährdete
Frauen vor einer Abschiebung in Unrechtsregime und Kriegsregionen bewahrt
werden. Asylverfahren müssen zügiger bearbeitet werden, aber gleichzeitig immer
fair, individuelle Bedürfnisse berücksichtigen und transparent sein. Die
Anforderungen an Asylbewerber*innen müssen sich immer am praktisch Leistbaren
orientieren. Bei einer Aufenthaltsbeendigung müssen Abschiebungen immer das
letzte Mittel sein. Wir setzen uns dafür ein, mildere Mittel zur Abschiebehaft
als Alternative auszuschöpfen und wollen garantieren, dass die Rechte der
Betroffenen geachtet werden. Perspektivisch setzen wir uns für die Abschaffung
der Abschiebehaft ein. Denn die Inhaftierung von Menschen, die sich nichts haben
zuschulden kommen lassen, stellt eine massive Einschränkung ihrer Rechte dar.
Abschiebungen in Kriegs- und Krisenländer, wie aktuell Afghanistan und Syrien,
lehnen wir grundsätzlich ab.
Wir stärken das Vertrauen in den Rechtsstaat
Justiz modernisieren und entlasten
Unsere Gerichte und Staatsanwaltschaften kämpfen schon jetzt mit Personalmangel.
Unbesetzte Stellen in der IT gefährden die Digitalisierung der Justiz. In den
nächsten Jahren werden überdurchschnittlich viele Richter*innen und
Staatsanwält*innen in Pension gehen. Darauf müssen wir frühzeitig reagieren.
Deshalb benötigen wir moderne, flexiblere und familienfreundlichere Strukturen,
die insbesondere für Frauen die Tätigkeit in der Justiz attraktiver machen. Die
Justiz muss zudem ein besonderes Augenmerk darauf richten, die Vielfalt der
Bevölkerung in Ihren Reihen abzudecken - gerade auch in den Führungsebenen.
Migrationsgeschichte oder eine Vielfaltsdimension darf kein Hindernis sein.
Momentan ist die Justiz mit zu vielen Aufgaben betraut. Dadurch dauern Verfahren
viel zu lang. Um die Strafverfolgung effektiver zu machen, werden wir die Justiz
neben einer Personalaufstockung von einigen Aufgaben entlasten. Wir werden die
gesetzlichen Bestimmungen dafür schaffen, dass in Nordrhein-Westfalen niemand
wegen Bagatelldelikten zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Hierzu werden wir
Vereinbarungen mit den Verkehrsverbünden abschließen, um ticketloses Fahren als
nicht anzuzeigenden Vertragskonflikt einzustufen. Zudem wollen wir die NRW-
Richtlinien zum Besitz und Konsum von Cannabis anpassen und den Grenzwert auf 15
Gramm anheben. Ersatzfreiheitsstrafen wollen wir weitgehend abschaffen und durch
ein System der Abgeltung durch gemeinnützige Arbeit ersetzen. Auch den
Jugendarrest, insbesondere den Freizeitarrest, wollen wir auf den Prüfstand
stellen. Sie sind als Mittel der Abschreckung wie auch der Erziehung ungeeignet.
Wir halten individuelle Angebote für sinnvoller. Besonders der so genannte
Warnschussarrest widerspricht dem wichtigen Strafrechtsgrundsatz der
Verhältnismäßigkeit. Wir unterstützen zudem die geplante Verstetigung des Paktes
für den Rechtsstaat zwischen Bund und Ländern und die Erweiterung um einen
Digitalpakt.
Unfaire Geldstrafen durch gemeinnützige Arbeit ersetzen
Wir wollen Ersatzfreiheitsstrafen weitgehend abschaffen und durch ein System der
Abgeltung durch gemeinnützige Arbeit ersetzen. Ein wichtiges Prinzip des
Rechtsstaates ist es, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und Strafen
ohne Ansehen der Person von unabhängigen Gerichten verhängt werden. Das ist
derzeit nicht uneingeschränkt gewährleistet, da verhängte Geldstrafen von
Menschen mit entsprechendem wirtschaftlichem Hintergrund leicht aus der
Portokasse bezahlt werden können, arme Menschen hingegen in manchen Fällen
ersatzweise ins Gefängnis müssen. Das ist nicht nur ungerecht und bestraft
Vermögenslose doppelt, es erzielt auch nicht den erhofften abschreckenden Effekt
bei Vermögenden. Die Abgeltung von (Geld-)Strafen durch gemeinnützige Arbeit
gibt der Gesellschaft etwas zurück und dürfte einen stärkeren
selbstreflektierenden Effekt haben.
Bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen in Haftanstalten
Eine Gesellschaft muss sich auch daran messen lassen, wie sie mit
Straftäter*innen umgeht. Und auch diejenigen, die mit Inhaftierten arbeiten,
haben gute Arbeitsbedingungen verdient. Wir streben eine Verbesserung des
Personalschlüssels an und wollen den Berufsweg im Justizvollzugsdienst insgesamt
attraktiver gestalten. Denn die Beschäftigten in den Haftanstalten kämpfen mit
einer sehr hohen Arbeitsbelastung und Überstunden-Kontingenten. Das führt zu
einem erhöhten Krankenstand und Einschränkungen für die Gefangenen (weniger
Unterricht, Sportangebote, Therapieplätze, Arztbesuche usw.). Einen Schwerpunkt
bei zusätzlich geschaffenen Stellen sollten die Fachdienste im psychologischen,
pädagogischen, seelsorgerischen und medizinischen Bereich bilden. Die Freien
Träger der Straffälligenhilfe sind wichtig für erfolgreiche Resozialisierung.
Inhaftierte haben einen Anspruch auf eine humane Unterbringung. Der jetzige, oft
baufällige Zustand einiger Haftanstalten darf deshalb kein Dauerzustand bleiben.
Zudem birgt er Sicherheitsrisiken, wie zum Beispiel mangelnden Brandschutz. Eine
Modernisierungsoffensive bietet dabei auch Chancen für eine menschenwürdige
Neukonzeption von Haftanstalten in baulicher und architektonischer Hinsicht.
Damit werden Möglichkeiten geschaffen, Vollzugspläne bzw. -ziele
erfolgversprechender umzusetzen und auch den Bediensteten den Arbeitsalltag zu
erleichtern. Damit Menschen seltener erneut straffällig werden, muss auch der
persönliche Umgang mit Inhaftierten respektvoller werden. Zusätzlich braucht es
Modellprojekte nach norwegischem Vorbild mit Vorbereitung und Unterstützung bei
der privaten und beruflichen Wiedereingliederung.
Einfach an dein Recht kommen
Jeder Mensch in NRW muss einfach an sein Recht kommen. Wir wollen, dass
Menschen, die aufgrund ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse
nicht aus eigenen Mitteln den Rechtsweg beschreiten können, noch besser proaktiv
über ihre Rechte und Möglichkeiten zu Beratungs-, Verfahrens- und
Prozesskostenhilfe in einfacher und verständlicher Sprache aufgeklärt werden.
Wir werden mit konkreten Projekten das Vertrauen in unseren Rechtsstaat stärken.
So wird unter anderem nach dem Berliner Vorbild das Projekt „Wir im Rechtsstaat“
auch in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Hier geben Richter*innen und
Staatsanwält*innen halbtägige Kurse, in denen Bürger*innen über ihre Rechte und
Pflichten im deutschen Rechtsstaat aufgeklärt werden. Die Kurse werden z.B. in
Vereinen, Flüchtlingsunterkünften oder Schulen stattfinden.
Jede*r Bürger*in hat in Nordrhein-Westfalen das Recht auf ein faires Verfahren.
Das ist in unserem Rechtsstaat eine zentrale Botschaft, auf die Verlass sein
muss. Vorurteile und Pauschalisierungen sind bestehende Hindernisse, die diesem
Recht entgegensteht. Mit Aktionstagen und Fortbildungen sensibilisieren wir alle
Mitarbeitenden in der Justiz für Vielfaltsthemen wie Migration, Religion,
Behinderung, Gender und LSBTQI*, um individuelle und strukturelle Barrieren
abzubauen und um zukünftig untereinander und im Umgang mit Bürger*innen
möglichst diskriminierungsfrei zu agieren.
Starkes Recht gegen Hass und Hetze
Das Internet und Soziale Medien nehmen immer mehr Platz im gesellschaftlichen
Leben ein. Neben vielen Erleichterungen und neuen Möglichkeiten sich zu
vernetzen sind dort auch Räume für verachtende, beleidigende, rassistische und
diskriminierende Kommentare und Handlungen entstanden. Diese „Hate Speech“ kann
für die direkt Betroffenen auch in der analogen Welt zur echten Gefahr werden.
Zudem ist „Hate Speech“ schädlich für die demokratische Debattenkultur, da
rechtsextreme Akteure immer wieder versuchen, demokratische Positionen, die für
Vielfalt und Minderheitenrechte einstehen, zum Verstummen zu bringen. Zur
Bekämpfung von Hassrede und Gewalt im Netz sind eine effektive Strafverfolgung,
eine zwischen Bund und Land gut verzahnte Meldestruktur, eine personell gut
ausgestattete Beratungsstruktur sowie Öffentlichkeitskampagnen notwendig, die
sich Hass und Hetze entgegenstellen. Wir werden außerdem die Zentral- und
Ansprechstelle „Cybercrime“ in der Justiz sowie das Cybercrime Kompetenzzentrum
bei Landeskriminalamt NRW im Bereich "Hate-Speech" ausbauen und speziell
geschulte Ansprechpersonen für Betroffene bei der Staatsanwaltschaft und in der
Polizei einsetzen.
Wir sichern den Schutz vor Gewalt
Kinder besser schützen
Nicht erst seit den furchtbaren Fällen von Kindesmissbräuchen in Lügde, Münster
und Bergisch-Gladbach wissen wir: Beim Schutz von Kindern vor sexualisierter
Gewalt – im persönlichen Umfeld und im Internet – sowie anderen Formen der
Kindeswohlgefährdung, bleibt weiter viel zu tun. Der Untersuchungsausschuss zu
den Fällen sexualisierter Gewalt in Lügde hat gravierende Mängel in der
staatlichen Struktur zum Schutz von Kindern aufgedeckt. Diese vielschichtigen
Mängel wollen wir mit großem Nachdruck beseitigen. Gemeinsam mit den Kommunen
und den Landesjugendämtern werden wir dafür sorgen, dass überall in NRW die
gleichen fachlichen und personellen Standards in der Jugendhilfe gelten. Wir
stärken die bestehenden Netzwerke des Kinderschutzes vor Ort. So werden wir die
alltagsstabilisierende Soforthilfen nach der Aufdeckung sexualisierter
Gewalterfahrung und anderer Formen der Kindeswohlgefährdung ausbauen. Alle am
Kinderschutz Beteiligten aus Jugendhilfe, Justiz, Polizei, Bildungs- und
Gesundheitswesen arbeiten in Zukunft in verlässlichen und dauerhaften Netzwerken
zusammen. Die Koordination dieses Netzwerkes in der Kommune finanziert das Land.
Wir richten die Stelle eines*einer unabhängigen Landesbeauftragten für die
Belange des Kinderschutzes und der Kinderrechte ein. Bei der Stelle der*des
Beauftragten soll ein Betroffenenrat angesiedelt sein, um Betroffene besser
einzubeziehen. Zu den Aufgaben der*des Beauftragten gehört auch die Aufarbeitung
von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der Vergangenheit, u.a. in
der Kirche und in anderen gesellschaftlichen Institutionen. Wir stärken
kindgerechte Verfahren in Justiz und Polizei sowie die Fortbildung von
Richter*innen und Staatsanwält*innen und in der Polizei. Dort sollen auch
Kompetenzen bei kindgerechten Vernehmungen gestärkt werden. Wir wollen dafür
sorgen, dass den Betroffenen bei der Polizei kompetente Partner*innen zur Seite
stehen.
Gewalt gegen Frauen und genderqueere Personen entschieden
bekämpfen
Jede Frau, die von Gewalt betroffen oder bedroht ist, muss in NRW Unterstützung
und Schutz finden. Das ist unser Anspruch. Dafür stärken wir das bestehende
System der Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen, Notrufe und
Interventionsstellen. Die Frauenhilfestruktur werden wir durch langfristige
Finanzierungszusagen unterstützen. Gleichzeitig entwickeln wir das Schutz- und
Unterstützungssystem mit allen Beteiligten weiter. So wird das Angebot
barrierefreier und richtet sich künftig stärker auch an Kinder, die Opfer von
häuslicher Gewalt sind und gezielte Hilfs- und Unterstützungsangebote brauchen.
Auch für genderqueere Personen wollen wir eine passgenaue Unterstützung
schaffen, die unter anderem durch separate Rückzugsräume und speziell geschultes
Personal gewährleistet wird. Präventive Täterarbeit bauen wir aus. Wir wollen
ein starkes Bündnis gegen Sexismus. Die gerichtsverwertbare vertrauliche
Beweissicherung setzen wir flächendeckend, wohnortnah um. Für trans* Frauen muss
der Zugang zu Frauenhilfestrukturen sowie ihr Schutz in diesen gewährleistet
werden.
Wir entwickeln das Hilfesystem so weiter, dass Opfer von geschlechtsspezifischer
Gewalt die Unterstützung erfahren, die sie brauchen. Dazu werden wir modellhaft
Clearingstellen erproben, die allen Frauen rund um die Uhr offenstehen und sie
dabei unterstützen, die passgenaue Hilfe zu finden. Außerdem setzen wir bei
Polizei und Justiz Schwerpunkte bei der effektiven Bekämpfung von Gewalttaten
gegen Frauen und queere Personen. Das beinhaltet schnelle Ermittlungen, schnelle
Strafverfahren und eine bessere Bewertung von Risikofällen.
Häusliche Gewalt koordiniert bekämpfen
Wir werden die Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und
Männer weiterentwickeln und durch ein Monitoring zum Stand der Umsetzung von
Gewaltschutzmaßnahmen in NRW ergänzen. . Damit setzen wir die Istanbul-
Konvention weiter um, zu der NRW sich bekannt hat. Die Stelle bringt
verschiedenen Hilfsangebote zusammen und unterstützt die Weiterentwicklung der
Gewaltschutz-Einrichtungen und ihrer Zusammenarbeit. Darüber hinaus werden wir
ein Monitoring zum Umsetzungsstand der Istanbul-Konvention in NRW entwickeln. Um
innerfamiliäre Konflikte gar nicht erst eskalieren zu lassen braucht es
präventive Täterarbeit. Diese wollen wir ausbauen.
Auch Männer werden Opfer häuslicher Gewalt. Wir werden die Schutz- und
Unterstützungsstrukturen, die sich an männliche Opfer von Gewalt richten,
ausbauen. Das erfordert zusätzliche Ressourcen und darf nicht zulasten der
bestehenden Frauenhilfeinfrastruktur gehen. Die Interventionsstellen bei
häuslicher Gewalt wollen wir finanziell stärken und als Anlaufstellen für alle
Opfer häuslicher Gewalt, unabhängig vom Geschlecht, weiterentwickeln.
Betroffene unterstützen, die den Gerichtsprozess wagen
Opfer von Sexualdelikten, Stalking und Bedrohungen erstatten in viel zu vielen
Fällen keine Anzeige. Ein Grund dafür ist die hohe Belastung der Opfer im
anschließenden Gerichtsprozess. Das werden wir ändern und uns für eine den
Vorwürfen angepasste Zeugenvernehmung einsetzen. Kein Opfer solcher Straftaten
darf mehr Angst davor haben, die Täter anzuzeigen. Zudem werden wir die
„Childhood“-Häuser in NRW stärken, in denen die notwendige Begleitung von
Kindern und Jugendlichen bei Missbrauchserfahrung in kinderfreundlicher Umgebung
unter einem Dach koordiniert und strukturiert wird.
Neue Wege beim Opferschutz und bei der Resozialisierung
Wir werden neue Wege beim Opferschutz und bei der Resozialisierung straffällig
gewordener Menschen gehen, um für mehr Sicherheit für die Bevölkerung zu sorgen.
In einem neuen Opferschutzgesetz werden wir den Opferschutz stärken und dort,
oder in einem eigenen Landesresozialisierungsgesetz, die Resozialisierung
berücksichtigen. Außerdem werden wir den Übergang vom Strafvollzug in die
Freiheit besser organisieren, so dass ehemalige Straftäter*innen nicht arbeits-
oder obdachlos werden und die nötige Unterstützung erhalten, um gesellschaftlich
Fuß zu fassen..
Oft ist die Haft nicht die gesellschaftlich sinnvollste Strafe, da sie den
Bestraften auch nach der Verbüßung ausgrenzt. Deshalb werden wir alternative
Sanktionsformen im Sinne von Haftvermeidung stärker in den Vordergrund rücken.
Insgesamt werden wir mit der Vereinheitlichung von Gesetzes- und
Verwaltungsvorschriften für mehr Klarheit bei Struktur und Zuständigkeiten
sorgen, so dass mehr Personal und Geld für den effektiven Opferschutz und die
Resozialisierung zur Verfügung steht. Sowohl der Opferschutz als auch die
Verbesserung der Lebenslage straffällig Gewordener stehen dabei für uns im
Mittelpunkt.
Wir stärken die Sicherheit und schützen
Bürger*innenrechte
Mehr Sicherheit mit unserer Polizei: bürger*innenorientiert,
professionell und gut ausgestattet
Dass Nordrhein-Westfalen ein grundsätzlich sicheres Land ist, liegt auch an der
guten Arbeit der Polizei. Als Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols muss sie
gut aus- und fortgebildet, personell gut aufgestellt und angemessen ausgestattet
sein. Wir nehmen das Leitbild der Polizei-NRW ernst und wollen eine
bürgerorientierte, professionelle und rechtsstaatliche Polizei. Die hohen
Einstellungszahlen in der Polizei werden wir aufrechterhalten und dabei die
Vielfalt der Gesellschaft auch in der Polizei abbilden. Trotz der hohen
Einstellungszahlen wollen wir eine hohe Qualifikation der
Kommissaranwärter*innen garantieren. Dazu müssen die Ausbildungsstätten
(LAFP/HSPV) personell und sachlich weiter ausgebaut, die persönliche Betreuung
während der Praktika gewährleistet und gleichzeitig die Qualitätsansprüche an
die Kommissaranwärter*innen gewahrt werden. Wir wollen für mehr Beamt*innen im
Bezirks- und Schwerpunktdienst sorgen, um die wichtige sozialraumorientierte
Polizeiarbeit im „Veedel“ oder Stadtteil zu stärken. Sie sollen auf die
Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren wie z.B. kommunalen Diensten,
Beratungsstellen und Streetworker*innen setzten. Damit leisten wir einen Beitrag
zur Kriminalitätsbekämpfung und erhöhen das Sicherheitsgefühl der Bürger*innen.
Flächendeckende und anlasslose Videoüberwachung, Software zur Erkennung
biometrischer Merkmale und eine weitere Nutzung der Palantir-Software, ohne die
Zustimmung der Landesdatenschutzbeauftragten und eine gesetzliche Grundlage,
lehnen wir ab. Wir stehen für eine rationale, verhältnismäßige Innenpolitik
anstatt Bürgerinnen und Bürger unter einen Generalverdacht zu stellen. Die
Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz wollen wir im Rahmen einer
Überwachungsgesamtrechnung fortlaufend überprüfen. Eine Ausstattung mit Tasern,
außerhalb der Spezialkräfte, lehnen wir aufgrund der gesundheitlichen Gefahren,
des hohen Fortbildungsbedarfes für die Beamt*innen und der beschränkten
Einsatzsituationen ab. Die begonnene Ausstattung des Wachdienstes mit Tasern
werden wir rückgängig machen.
Angesichts der immer größeren Anforderungen beispielsweise in den Bereichen
Kindesmissbrauch, Umweltkriminalität, Geldwäsche, organisierte Kriminalität
(Mafia) werden wir die Kriminalpolizei personell und in der Aus- und Fortbildung
stärken. Dabei ermöglichen wir Spezialisierungen und fördern Fachkarrieren. Die
gesundheitlichen Belastungen im Polizeidienst sollen durch eine Überprüfung der
Schichtdienstmodelle und den Ausbau von Krisenintervention und Supervision
verringert werden. Die Fortbildung, insbesondere der Führungskräfte,
beispielsweise bei der Deeskalationskompetenz, der Sensibilisierung gegen
Rechtsextremismus und Rassismus, bei Hasskriminalität sowie der
Menschenrechtsbildung stärken wir weiter und führen verpflichtende Module hierzu
ein. Wir streben die rechtssichere Einführung einer individualisierten und
anonymisierten Kennzeichnung unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der
Beamt*innen an.
Polizeirecht verfassungsfest ausgestalten
Polizei und Bürger*innen brauchen einfach verständliche und verfassungsfeste
Rechtsgrundlagen. Grundrechtseingriffe müssen auf das unbedingt Erforderliche
beschränkt werden. Weitreichende, aber begrifflich unscharfe Eingriffsbefugnisse
helfen auch den in schwierigen Situationen handelnden Polizeibeamt*innen nicht.
Deshalb wollen wir die Polizeirechtsverschärfungen aus dem Jahr 2018 korrigieren
und die Polizeiarbeit damit auf eine effektive, aber grundrechtssensible Basis
stellen. Präventive Freiheitseingriffe ohne eine konkrete Gefahrenlage lehnen
wir ab. Vorbeugende Ingewahrsamnahmen wollen wir auf eine Dauer von 48 Stunden
begrenzen und den Betroffenen einen Rechtsbeistand beiordnen. Anlassunabhängige
Kontrollen werden wir abschaffen; kontrollierte Personen sollen zukünftig eine
schriftliche Bestätigung (sog. Kontrollquittung) erhalten, mit der sie die
Begründung der Maßnahme später überprüfen lassen können.
Gemeinsam gegen Rassismus in der Polizei
Alle Menschen – unabhängig von Hautfarbe, Religion, Migrationsgeschichte,
Geschlecht oder sexueller Identität – müssen darauf vertrauen können, dass die
Polizei sie schützt und nicht diskriminiert. Daher wiegen die Fälle von
Rassismus und anderen menschenverachtenden Äußerungen in der Polizei schwer.
Alle Rechtsextremismus-Verdachtsfälle müssen lückenlos aufgeklärt werden und der
Entstehung menschenverachtender Einstellungen entgegengewirkt werden. Die
Handlungsempfehlungen der Stabsstelle „Rechtsextremistische Tendenzen in der
Polizei NRW“ werden wir umsetzen und die Maßnahmen fortlaufend weiterentwickeln.
Dazu gehören Präventions- und Reflexionsmöglichkeiten in der Polizei sowie
Regelungen zur Rotation. Zudem wollen wir verpflichtende Fortbildungen zum
Themenfeld Rechtsextremismus und Rassismus und anderer menschenverachtende
Einstellungen einführen und die Meldung von Hinweisen erleichtern.
Führungskräfte müssen besser qualifiziert und sensibilisiert werden, damit sie
Verdachtsfälle besser einschätzen und intervenieren können. Zusätzlich werden
wir eine wissenschaftliche Studie zu rassistischen und anderen
menschenverachtenden Einstellungen bei der Polizei NRW in Auftrag geben.
Ein*e unabhängige*n Polizeibeauftrage*n für NRW
Die Polizei greift durch ihre Maßnahmen zum Teil empfindlich in die
Freiheitsrechte der betroffenen Personen ein. Wie jedes Verwaltungshandeln ist
auch polizeiliches Handeln überprüfbar. Einzelverfahren vor Gerichten oder im
qualifizierten Beschwerdemanagement können aber nicht mögliche strukturelle
Fehlentwicklungen innerhalb der Polizei aufdecken. Whistleblower*innen in der
Polizei müssen deshalb besonders geschützt werden und ihre Anliegen vorbringen
können, ohne irgendwelche Nachteile fürchten zu müssen. Wir wollen daher die
Stelle einer*eines unabhängigen Polizeibeauftragten beim Landtag NRW ansiedeln.
Die Stelle soll sowohl für Bürger*innen als auch für Polizeibeamt*innen
ansprechbar sein, den Landtag bei der Beratung von Themen zur Polizei
unterstützen und einen regelmäßigen Tätigkeitsbericht vorlegen. Die*der
Polizeibeauftragte soll in einem multiprofessionellem Team arbeiten und
Auskunfts-, Akteneinsichts-, Befragungs- und Betretungsrechte erhalten. Wir
wollen überprüfen, wie straf- und disziplinarrechtliche Ermittlungsverfahren,
z.B. bei Vorwürfen unverhältnismäßiger Gewaltanwendung oder menschenverachtenden
Äußerungen, verbessert werden können - im Interesse der Betroffenen und im Sinne
der Polizei.
Effektive Zusammenarbeit bei der Polizei
In keinem anderen Bundesland ist die Polizeistruktur so kleinteilig wie in
Nordrhein-Westfalen. Die Vielzahl der Behörden, ihre unterschiedlichen Größen
und Zuständigkeiten führen zu gravierenden Nachteilen bei der Aufgabenerfüllung.
Gerade der schreckliche Fall sexualisierter Gewalt in Lügde zeigt, dass eine
Polizeistrukturreform dringend erforderlich ist, weil die örtlichen
Polizeibehörden große beziehungsweise komplexe Verfahren strukturell nicht
leisten können. Daher müssen die Aufgaben und Zuständigkeiten der
Kreispolizeibehörden vereinheitlicht und regional gebündelt werden. So wird die
Polizeiarbeit überall in NRW effektiver und komplexe Fälle können besser
bearbeitet werden. Wir werden dafür sorgen, dass die Polizei weiterhin überall
in Nordrhein-Westfalen ansprechbar ist.
Kriminalpolitik auf solider Faktenbasis
Um die kriminalitätsbezogene Sicherheitslage richtig einschätzen zu können,
reichen die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht aus. Diese
betrachtet nur die der Polizei bekannt gewordenen Fälle, bis diese an die
Staatsanwaltschaft abgegeben werden. Das Dunkelfeld, also Taten, die der Polizei
nicht angezeigt wurden, bleibt hingegen unberücksichtigt. Mögliche Veränderungen
von Kriminalitätstrends bleiben so unerkannt. Es wird auch nicht erfasst, ob die
gemeldeten Verdachtsfälle überhaupt angeklagt wurden und ein Urteil erging. Wir
wollen, dass die Sicherheits- und Kriminalpolitik in NRW auf einer rationalen
und evidenzbasierten Grundlage beruht. Wir setzen uns daher für einen
periodischen Sicherheitsbericht unter Einbindung externer Wissenschaftler*innen
ein. So soll eine regelmäßig aktualisierte Bestandsaufnahme der
kriminalitätsbezogene Sicherheitslage erfolgen, die über die bloße Analyse der
Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistiken hinausgeht und
Dunkelfeldstudien, Ursachenforschung und die Sicherheitswahrnehmungen der
Bürger*innen einbezieht.
Vertrag für Demokratie: Entschieden gegen Rechtsextremismus
Wir schließen einen Vertrag für die Demokratie: Die Arbeit gegen
Rechtsextremismus, Rassismus, insbesondere gegen Rom*nja und Sinti*zze,
Musli*innen, Schwarze Menschen und asiatisch gelesene Personen, und
Antisemitismus kann nur gemeinsam mit der demokratischen Zivilgesellschaft
gelingen. Wir wollen die Zivilgesellschaft durch einen Fördertopf unterstützen,
aus dem kleinere Initiativen und Bündnisse unbürokratisch Kleinstfördersummen
beantragen können. Die Beratungsstruktur gegen Rechtsextremismus angefangen bei
der Opferberatung, über die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus bis hin zur
Aussteigerberatung werden wir finanziell deutlich stärken und dauerhaft
absichern. Wir werden das kommunale Förderprogramm „NRWeltoffen“ auf weitere
Kommunen ausweiten und das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus
und Rassismus weiterentwickeln. Das Landesnetzwerk gegen Rechtsextremismus
wollen wir mit einer eigenen Geschäftsstelle stärken. Auch die Arbeit der
Gedenkstätten und anderer Träger der (historisch-)politischen Bildung ist ein
wichtiger Beitrag für die Stärkung der demokratischen Kultur und die
Sensibilisierung für die Gefahren des Rechtsextremismus. Um die politische
Bildung in Nordrhein-Westfalen als wichtigen Bestandteil der Demokratiebildung
zu stärken, wollen wir die Landeszentrale für politische Bildung beim Parlament
ansiedeln und sie durch einen externen wissenschaftlichen sowie
zivilgesellschaftlichen Beirat stärken.
Konsequentes Handeln gegen rechte Gewalt
Die größte Gefahr für unsere Gesellschaft geht vom Rechtsextremismus aus. Die
Sicherheitsbehörden brauchen dringend bessere Analyseinstrumente, um die Gefahr
durch neue Tätertypen erkennen zu können. Offene Haftbefehle gegen
Rechtsextremisten müssen schnell vollzogen werden. Wir werden die
Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses NRW vollständig umsetzen.
Das Wissen über rechtsextreme und rassistische Strukturen und Entwicklungen ist
unabdingbar für den Kampf gegen Rechts. Deshalb werden wir die
Rechtsextremismus-Forschung in NRW stärken und ein Monitoring im Bereich
Rechtsextremismus sowie zu menschenfeindlichen Einstellungen in der Gesellschaft
einführen. Außerdem setzen wir auf Dunkelfeldstudien und ein Lagebild
Rechtsextremismus, um das Verständnis über die Dimensionen von Hasskriminalität
und die Entwicklung im rechtsextremen Spektrum zu verbessern. Zudem werden wir
ein öffentlich zugängliches Archiv zu Rechtsextremismus in NRW fördern.
Neue bzw. verstärkt auftretende Phänomene machen neue Beratungsangebote
notwendig. Wir werden ein Angebot schaffen, dass das Umfeld von
Verschwörungsgläubigen unterstützt. Außerdem werden wir eine personell gut
ausgestattete Melde- und Beratungsstruktur für die Betroffenen von „Hate-Speech“
schaffen. Zur Unterstützung der Kommunen im Umgang mit Rechtsextremismus wollen
wir eine juristische Beratungsstelle auf Landesebene einrichten.
Auch in NRW kommt es immer wieder zu rassistisch und antisemitisch motivierten
Angriffen auf Synagogen, Moscheen oder Kultureinrichtungen. Wir setzen auf
deutlich bessere Schutzkonzepte für diese Einrichtungen und in migrantisch
geprägten Stadtteilen. Wichtig ist dabei die Einbindung der Communities in die
Entwicklung von Maßnahmen des Landes.
Ganzheitliches Handlungskonzept gegen gewaltbereiten
Islamismus weiterentwickeln
Von salafistischen und jihadistischen Netzwerken geht weiterhin eine
ernstzunehmende Gefahr für unsere Gesellschaft aus. Die Sicherheitsbehörden
müssen gewaltbereitem Islamismus konsequent entgegentreten, um mögliche weitere
Anschläge zu verhindern. Aber auch die Präventionsarbeit gegen den
gewaltbereiten Salafismus und Jihadismus als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
haben wir im Blick und möchten diese gemeinsam mit allen gesellschaftlich
relevanten Akteur*innen stärken und ausbauen. Das von uns angestoßene
ganzheitliche Handlungskonzept gegen den gewaltbereiten verfassungsfeindlichen
Salafismus werden wir weiterentwickeln.
Den Verfassungsschutz neu ordnen
Der Verfassungsschutz soll die Feinde unserer freiheitlichen Demokratie und
Gegner unserer vielfältigen Gesellschaft beobachten und dabei einen klaren Fokus
auf verfassungsfeindliche, gewaltbereite Bestrebungen legen. Auf diesen Kern
seiner Tätigkeit werden wir ihn beschränken. Den Einsatz von besonders
grundrechtsproblematischen Befugnissen, wie Staatstrojanern zur Überwachung
elektronischer Geräte, die die IT-Sicherheit aller Bürger*innen gefährden,
lehnen wir ab. Die Befugnisse des Verfassungsschutzes fließen in die
Überwachungsgesamtrechnung ein. Nachrichtendienstliche Befugnisse, darunter
insbesondere den Einsatz von V-Leuten, werden wir auf ihre Verhältnismäßigkeit
überprüfen und auf das Nötigste begrenzen. Zur umfassenden Kontrolle des
Verfassungsschutzes richten wir die Stelle einer/eines ständigen
Sachverständigen beim Parlamentarischen Kontrollgremium ein, um das Gremium bei
der Kontrolle des Verfassungsschutzes, insbesondere bezüglich des Einsatzes von
V-Leuten, zu unterstützen. Zudem schaffen wir mehr Transparenz über die Arbeit
des Verfassungsschutzes, durch öffentliche Sitzungen des parlamentarischen
Kontrollgremiums des Landtags. Wir fördern die Gründung eines unabhängigen
Forschungsnetzwerks, zur Erforschung und Dokumentation von Strukturen und
Zusammenhängen von demokratie- und menschenfeindlichen Bestrebungen. Dazu gehört
auch die Evaluation von Maßnahmen zur Prävention, Intervention und von
Aussteigerprogrammen, die vom Land angeboten oder gefördert werden. Sowohl der
Verfassungsschutz als auch das Forschungsnetzwerk informieren die Öffentlichkeit
und das Parlament über ihre Erkenntnisse und über aktuelle Entwicklungen
verfassungsfeindlicher und gewaltbereiter Gruppierungen und Phänomene, wie die
Verbreitung von Verschwörungsmythen.
Katastrophenschutz: Aus der Pandemie und der
Hochwasserkatastrophe lernen
Aus der Corona-Pandemie und der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021 werden wir
Lehren ziehen und den Katastrophenschutz in NRW so verändern, dass er deutlich
gestärkt wird. Das Engagement der Einsatzkräfte von Feuerwehren, anerkannten
Hilfsorganisationen, Technischem Hilfswerk sowie den Spontanhelfer*innen ist
unverzichtbar. Die Strukturen des Katastrophenschutzes müssen so angepasst
werden, dass Gefahren besser erkannt werden und die Einsatzkräfte schneller das
tun können, wofür sie für den Ernstfall ausgebildet werden: anderen zu helfen.
Zur Katastrophenvorsorge führen wir verbindliche Katastrophenschutzbedarfspläne
auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte ein. Im Katastrophenfall soll die
Landesebene Verantwortung übernehmen und die Kreise und kreisfreien Städte
unterstützen. Um die Vorsorge zu unterstützen und im Krisenmanagement
Verantwortung zu übernehmen, benötigen wir ein eigenes Katastrophenschutzamt auf
Landesebene. Die Aktivierung des Krisenstabes der Landesregierung werden wir
verbindlich regeln, damit die Kommunikation mit den unterschiedlichen Behörden
effektiv, schnell und einheitlich gelingt. Wir stärken die Koordination zwischen
Bund, Ländern und Hilfsorganisationen, um auf europäischer Ebene einen
effektiven grenzübergreifenden Katastrophenschutz zu erreichen. Im
Katastrophenfall müssen Warnsysteme so gestaltet sein, dass sie möglichst alle
Menschen erreichen und für diese auch einfach verständlich und nachvollziehbar
sind. Gemeinsam mit den Kommunen und den Akteuren im Katastrophenschutz werden
wir die Selbsthilfefähigkeit der Bürger*innen stärken.
Wir werden auch die Forschung für den Katastrophenschutz und das
Krisenmanagement in NRW stärken. Alle bisherigen Berichte und Evaluationen zu
Katastrophenszenarien werden wir auf den Prüfstand stellen, um den
Verbesserungsbedarf für NRW zu ermitteln. Außerdem braucht das Land eine eigene
Katastrophenschutzplanung, um sich auf die Möglichkeit weiterer Katastrophen,
beispielsweise einen großflächigen langanhaltenden Stromausfall oder einen
Angriff auf die digitale Infrastruktur, vorzubereiten. Auch die Prävention und
Bekämpfung von Wald- und Naturflächenbränden müssen deutlich verbessert werden,
wie die Brandereignisse der letzten Jahre eindrücklich zeigen.
Ehrenamt im Brand- und Katastrophenschutz in seiner Vielfalt
stärken
Die Arbeit von Ehrenamtlichen im Brand- und Katastrophenschutz ist
unverzichtbar. Das verdient Anerkennung, Unterstützung der Feuerwehren und der
anerkannten Hilfsorganisationen sowie gute Bedingungen zur Vereinbarkeit von
Beruf, Familie und Ehrenamt. Der enge Austausch mit den Akteuren im Band- und
Katastrophenschutz ist uns wichtig. Wir wollen die Ehrenamtskarte weiter
ausbauen, beispielsweise auch durch kostenlose Fahrten mit Bus und Bahn. Wer
einen Führerschein für Rettungsfahrzeuge erwirbt, macht das im Dienst der
Gesellschaft und bekommt deshalb in Zukunft mehr finanzielle Unterstützung. Wir
werden außerdem eine Feuerwehrrente nach dem Thüringer Modell prüfen.
Unsere Gesellschaft ist vielfältig – wir wollen, dass sich das auch bei
Feuerwehren und im Katastrophenschutz widerspiegelt. Projekte zur Stärkung der
Sichtbarkeit von Vielfalt und für Antidiskriminierungsarbeit unterstützen wir.
Gemeinsam mit den Organisationen wollen wir den Anteil von Frauen sowohl im
Haupt- wie auch im Ehrenamt deutlich erhöhen. Die Kinder- und Jugendarbeit bei
den Feuerwehren und Hilfsorganisationen unterstützen wir. Die
Brandschutzerziehung und die Verankerung von Schulsanitätsdiensten unter
Beteiligung der Kinder und Jugendlichen sowie Erste-Hilfe-Kurse an Schulen
werden wir ausweiten.
Wir fördern Kultur, Medien und Sport
Verlässliche Förderung für einen neuen Kultur-Aufschwung
Die Kunst- und Kulturszene in NRW bietet uns allen eine große Dichte
verschiedenster Museen, Clubs, Konzertsäle, Bühnen und freier Angebote. Kultur
und die Künste unterhalten nicht einfach nur. Sie sind das Lebenselixier unserer
Demokratie, sie geben Impulse und halten der Gesellschaft kritisch den Spiegel
vor. Wir Grüne stehen daher für eine transparente, beteiligende und vielfältige
Kulturpolitik. Wir geben Nordrhein-Westfalens einmaliger Kulturlandschaft
Sicherheit und stehen für ihren Erhalt und Ausbau. Wir Grüne setzen uns auch
künftig für eine deutliche Erhöhung der Kulturförderung im Land ein. Dabei
werden wir neben den „etablierten“ Kunstformen auch weiterhin die freie
Kunstszene und Soziokultur fest im Blick haben. Unser Ziel ist, dass die NRW-
Kulturszene nach der Corona-Krise wieder als Nährboden unserer offenen und
vielfältigen Gesellschaft auflebt. Künstler*innen, Bühnentechniker*innen, Bühnen
und Kulturvereine brauchen dafür finanzielle Sicherheit. Bis die Auswirkungen
der Pandemie abklingen, setzen wir weiterhin auf spezielle Förderungen. Für eine
bessere und verlässliche Kulturförderung stärken wir außerdem die Finanzen der
Städte, Gemeinden und Kreise. Denn sie sind wichtige Geldgeber für die Kultur
vor Ort. Mittelfristig entwickeln wir die Förderlandschaft des Landes weiter und
machen sie krisenfest. Dafür untersuchen wir die Förderstrukturen und beziehen
vor allem die Erfahrungen der Corona-Krise mit ein. Wir achten besonders darauf,
dass die Verwaltungen von Bund, Land und Kommunen in der Kulturförderung besser
zusammenarbeiten und Kreativität nicht im Bestimmungs- und
Zuständigkeitswirrwarr verpufft.
Kulturschaffende und Künstler*innen besser absichern
Wenn wir eine freie und vielfältige Kultur wollen, müssen wir auch die
Bedingungen dafür schaffen, dass Menschen kreativ werden können. Viele Kultur-
und Medienschaffende arbeiten mit großem Engagement unter prekären Bedingungen,
verdienen wenig oder unregelmäßig und sind nicht ausreichend für das Alter
abgesichert. Die Kunstförderung darf deshalb nicht allein am Output orientiert
sein, sondern muss auch die soziale Sicherung der Künstler*innen zum Ziel haben.
Von Seiten des Landes NRW werden wir bis zum Ende der Pandemie die
Stipendienprogramme fortsetzen und dann evaluieren, welche Elemente zu einer
dauerhaften Kulturförderung gehören können. Über eine Gagenuntergrenze für
öffentliche Theater für Solo-Beschäftigte auf und hinter der Bühne verbessern
wir außerdem die Arbeitsbedingungen von Künstler*innen.
Mehr Raum für Kultur
Kultur braucht Platz! Sie gedeiht in Erfahrungs- und Freiräumen – und zwar am
besten mitten unter uns, dort wo die Menschen leben und arbeiten. Wir schützen
und schaffen Kulturräume in ganz NRW und machen unsere Städte und Dörfer damit
lebenswerter. Wir unterstützen Kommunen, die eine kulturelle Zwischennutzung
leerstehender Gebäude ermöglichen wollen, etwa durch die Übernahme von
Versicherungen. Wir unterstützen die Kommunen finanziell in der Organisation von
Reallaboren, in denen Visionen für die Entwicklung konkreter Maßnahmen
entwickelt werden.Um NRW als Standort der Kunst und Kulturproduktion zu stärken
fördern wir Produktionsräume für die Kunst, die gemeinsam und kostengünstig
genutzt werden können. Nach dem Konzept des „Werkkunsthaus NRW“ und dem Vorbild
der Werkstätten des Kulturwerks des Berufsverband Bildender Künstler*innen
Berlin werden wir flexibel nutzbare Werkstätten schaffen, um Künstler*innen eine
bessere Infrastruktur für ihre Produktion zur Verfügung zu stellen. Auch
Landesgebäude und freistehende Flächen des Landes eignen sich für solche
kulturellen Projekte oder Zwischennutzungen. Dafür machen wir den Weg frei. Wir
werden NRW Urban und den Bau - und Liegenschaftsbetrieb NRW dafür in die Pflicht
nehmen, mit den Kommunen zu kooperieren. Wir passen die Anforderungen zum
Lärmschutz so an, dass zwischen dem berechtigten Ruheinteresse von
Anwohner*innen und den Anforderungen an lebendige Kulturräume ein fairer
Ausgleich stattfindet. Dass Clubs erstmals auch rechtlich als kulturelle Orte
anerkannt sind, begrüßen wir sehr und werden in NRW dafür sorgen, dass dies
rechtlich entsprechend umgesetzt wird und Clubs vor Verdrängung geschützt
werden.
Kultur ist für alle da – Zugang zu Kultur erleichtern
Kunst und Kultur unterstützen Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung. Wer
früh und möglichst intensiv die eigene Kreativität entwickeln kann, wird sich
sozial, kulturell und menschlich auch später im Leben deutlich besser
zurechtfinden. Kunst und Kultur sensibilisieren auch für die Umwelt und das
menschliche Miteinander über alle Grenzen hinweg. Deshalb wollen wir Grüne in
NRW gut begonnene Projekte wie „Kultur und Schule“, „Kulturrucksack NRW“ oder
auch „JeKits – Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“ klug und modern
weiterentwickeln. Wir werden die Förderangebote bedarfsgerecht, bürokratie- und
barriereärmer gestalten. Wir wollen die musischen Fächer in den Schulen wieder
stärken, Theater-, Museums- und Konzertbesuch sollten künftig auch zum
schulischen Kanon kultureller Bildung gehören. Dabei sollen auch grundsätzliche
Überlegungen wie ein „KulturTicket-NRW“ oder vor Ort der „freie Eintritt für
Schulklassen“ sowie insgesamt eine weitreichende sozialverträgliche Teilhabe an
Kultur und Kunst in NRW künftig eine noch wesentlich größere Rolle spielen. Hier
wollen wir entsprechende Modellprojekte vorantreiben. Auch Kooperationsmodelle
zwischen Freier Szene und öffentlichen Kultureinrichtungen sollen verstärkt
gefördert werden. Wir werden einen Kulturpass für Jugendliche und junge
Erwachsene erproben, wie es beispielsweise in Frankreich bereits praktiziert
wird.
Erinnerungen bewahren und aus ihnen lernen
Die Verbrechen des Nationalsozialismus prägen uns und unser Land weiter. Wir
alle tragen Verantwortung dafür, die Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit wach zu
halten und aus dieser Erinnerung heraus für unsere Demokratie und unsere
gesellschaftlichen Freiheiten einzutreten. Es gibt nur noch sehr wenige
Zeitzeugen, die von ihren Erlebnissen berichten können und längst nicht jede
Familie im Einwanderungsland NRW hat einen biografischen Bezug zur NS-
Geschichte. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass die Erinnerung für alle
Menschen lebendig und erfahrbar gemacht wird und sichern daher die Arbeit der
Gedenkstätten finanziell weiter ab. Wir sind außerdem offen dafür, neue
Erinnerungsorte zugänglich zu machen und mit entsprechenden Angeboten
auszustatten – auch um an die Opfer des Rechtsextremismus in der
Nachkriegsgeschichte zu erinnern. Wir setzen uns weiterhin für den Ausbau und
die Weiterentwicklung der Gedenkstätte STALAG 326 in Schloss Holte-Stukenbrock
ein. Rechtspopulistischen und anderen Kräften, die einen Schlussstrich unter das
Gedenken setzen wollen, stellen wir uns entschieden entgegen.
Denkmalschutz in Nordrhein-Westfalen stärken -
baukulturelles Erbe erhalten
Denkmäler zu schützen heißt, unsere kulturelle Identität zu schützen und zu
bewahren. Es bedeutet gleichermaßen Geschichte und Zeitgeist an authentischen
Orten der Erinnerung lebendig zu halten. Der Schutz und die Pflege des
kulturellen Erbes in der Bundesrepublik Deutschland ist ein länderübergreifender
gesellschaftlicher Auftrag, den wir Grüne in NRW stärken wollen. Mit dem
geplanten Denkmalschutzgesetz der schwarz-gelben Landesregierung droht dieser
Schutz zu bröckeln und macht insbesondere die Baudenkmäler zum Spielball
politischer und wirtschaftlicher Interessen. Wir Grüne wollen deshalb die
Stellung der bei den Landschaftsverbänden angesiedelten Denkmalfachämter für
Baudenkmalpflege mit ihrer fachlichen Expertise erhalten und die bewährte
Zusammenarbeit zwischen den unteren Denkmalbehörden und den Fachämtern belassen.
Gleichzeitig gilt es in intelligenter Weise, ökologisches und klimagerechtes
Bauen mit dem Denkmalschutz zu vereinbaren. Hierzu wollen wir in einen Dialog
mit den Fachverbänden und Denkmalschutzbehörden eintreten.
Den Kunstbetrieb vielfältiger und ökologischer machen
Gesellschaftliche Vielfalt ist ein kultureller Schatz. Das sollte sich auch in
den Kultureinrichtungen Nordrhein-Westfalens widerspiegeln. Vielfalt wird mit
uns Programm – und zwar besonders dort, wo das Land und die Kommunen die Kultur
finanziell fördern. Öffentlich geförderte Einrichtungen werden wir unterstützen,
die gesellschaftliche Vielfalt und Barrierefreiheit stärker zu berücksichtigen –
etwa im Programm, bei der Besetzung von Künstler*innen oder Leitungspositionen
oder Jurys. Bei der Besetzung von Intendanzen müssen endlich Frauen stärker zum
Zuge kommen. Neue Leitungs- und Organisationsformen als Alternative zum
überkommenen, stark hierarchischen Intendanz-Modell, sollen nicht die Ausnahme,
sondern die Regel werden. Machtmissbrauch und Diskriminierung in kulturellen
Institutionen muss entgegenwirkt und die Mitwirkung und künstlerische Freiheit
der Künstler*innen gestärkt werden. Durch die Förderung von Modellprojekten
regen wir die Entwicklung neuer kollektiver und partizipativer Strukturen an.
Kunst und Kultur spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Klimakrise.
Zum einen können sie selbst ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern, zum
anderen wichtige Impulse für eine nachhaltige Transformation unserer
Gesellschaft geben. Immer mehr Initiativen, Festivals, Filmproduzierende und
Spielstätten versuchen mit großem Einsatz, ressourcenschonender zu arbeiten. Wir
unterstützen diese Bemühungen ebenso wie die Einrichtung einer „Green Culture
Desk“-Beratungsstelle und eines „Green-Culture-Fonds“ des Bundes.
Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk für alle
Unsere Demokratie lebt davon, dass wir uns eine Meinung bilden und demokratisch
um den besten Weg streiten können. Dafür brauchen wir Journalist*innen, die
unabhängig und kritisch arbeiten können. Und wir benötigen ein vielfältiges
Angebot an Zeitungen, Online-, Radio- und Fernsehsendungen. Wir stehen zu einem
pluralistischen, von staatlichen Institutionen unabhängigen und kritischen
öffentlich-rechtlichen Rundfunk, denn er sichert unabhängigen, allen
zugänglichen Journalismus. Wir verteidigen den WDR entschieden gegen
populistische Attacken von rechts und sichern weiterhin seine Finanzierung ab.
Gleichzeitig wirken wir darauf hin, dass der WDR sich mit der Gesellschaft
weiterentwickelt und relevant bleibt. Wir unterstützen ihn, auch jene
Zielgruppen zu erreichen, bei denen er sich bisher schwertut, also etwa bei
Jugendlichen oder Menschen mit Migrationserfahrung. Ebenso wie die Formate und
Inhalte müssen auch die Gremien des WDR in Zukunft die gesellschaftliche
Vielfalt unseres Landes besser abbilden. Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass
die Mediatheken aller öffentlich-rechtlichen Sender zu gemeinsamen Plattformen
weiterentwickelt werden.
Demokratie braucht Medienvielfalt und Lokaljournalismus
Eine offene Gesellschaft braucht vielfältige Informationsquellen und Medien, in
denen Meinungen ausgetauscht und Entscheidungen kritisch hinterfragt werden.
Doch gerade vor Ort schrumpft die Vielfalt an lokalen Zeitungen und
Radiostationen. Damit sich keine “Informationswüsten” ohne unabhängige
Berichterstattung zu Politik, Kultur und Gesellschaft bilden, unterstützen wir
die lokale Medienvielfalt und werden dies über eine neue, gemeinsame
Medienanstalt der Länder absichern. Wir geben der Idee des gemeinnützigen
Journalismus Rückenwind, so dass Bürger*innenmedienvereine und
Redaktionsnetzwerke ihre wichtige Arbeit leichter über Spenden finanzieren
können. Gerade dort, wo sich der herkömmliche Lokaljournalismus zurückzieht,
sind diese Initiativen wichtig, um vor Ort kritischen Journalismus aufrecht zu
erhalten. Wir Grüne stehen zum „NRW-Zwei-Säulen-Modell“ und für eine starke
Lokalradioszene. Die NRW-Landesmedienanstalt leistet hier bereits gute
Unterstützungsarbeit, die wir fortsetzen werden. Wir unterstützen die Forderung
der Landesmedienanstalten nach einem Update des Medienkonzentrationsrechts, das
zukünftig alle relevanten Mediengattungen und -märkte - insbesondere auch auf
dem Feld der digitalen Medien - in den Blick nehmen muss.
Medienkompetenz für alle – gegen Fake News
Frei zugängliche Informationen sind der Rohstoff für unsere Meinungsvielfalt und
Demokratie. Wenn sie gefälscht und manipuliert werden, ist das ein Angriff auf
unsere freie Gesellschaft und kann Menschenleben kosten, wie wir in dieser
Pandemie erleben. Gerade das Internet und die sozialen Medien beinhalten beides
und bedürfen stärkerer Selbstkontrolle und Regulierung. Deshalb ist es so
wichtig, dass alle Bürger*innen in NRW lernen, kompetent mit Informationen und
Medien umzugehen – von klein auf, bis ins hohe Alter. Wir unterstützen
Bürger*innenmedien-Kompetenzprojekte, die Bürger*innen und insbesondere auch
Schüler*innen in NRW befähigen, Falschmeldungen und Fake News zu erkennen, zu
kontern und selbst als Faktenchecker*innen zu arbeiten. Die wichtige Arbeit des
2020 neu gegründeten „Landesverbandes Bürger*innenmedien NRW“ unterstützen wir.
Dabei richten wir unseren Blick nicht nur auf deutschsprachige Medien, sondern
auch auf internationale. Denn es ist bekannt, dass zunehmend auch ausländische,
autokratische Strukturen versuchen, mit Desinformationskampagnen die politische
oder gesellschaftliche Willensbildung hier zu beeinflussen.
Demokratiefeindlichen, desinformierenden und hetzerischen Inhalten schieben wir
einen Riegel vor. Wir fördern Medienkompetenz und Faktenchecks. Das Recht auf
Gegendarstellung wollen wir ausweiten, eine konsequente Strafverfolgung
sicherstellen und unsere Sicherheitsbehörden entsprechend sensibilisieren und
ausstatten. Gleichzeitig setzen wir uns für eine deutliche Wiederausweitung des
mehrsprachigen Angebots des WDR ein, so dass unabhängige Medienangebote auch
alle Menschen in NRW erreichen.
Medien-, Film- und Kreativwirtschaft fördern
NRW ist ein Film- und Medienland. Die Branche ist ein eigenständiger, wichtiger
Wirtschaftsfaktor, dessen Innovationskraft auch für andere Branchen immer
bedeutsamer wird. Wir stärken ihn weiter durch Förderung und kluge Vernetzung
mit anderen, auch internationalen Förderzusammenhängen. Auch das „Mediennetzwerk
NRW“ soll weiter gestärkt werden. Dabei spielen Ausbildungs- und Förderangebote
wie die „internationale Filmschule Köln“, das „Mediengründerzentrum NRW“ und das
„GamesLab Cologne“ eine zentrale Rolle. Ebenfalls unterstützen wir nach wie vor
ganz besonders die erfolgreiche Arbeit der Film- und Medienstiftung NRW. Die
Gründerförderung in Kreativwirtschaft und Kultur wollen wir in Kooperation mit
den Fach- und Kunsthochschulen in NRW weiter ausbauen und zusätzlich auch eine
effektive Popkulturförderung in NRW etablieren. Wir wollen das fotografische
Erbe in größtmöglicher Vielfalt erfassen, erforschen und bewahren. Wir
unterstützen daher die Initiative des Bundes ein Deutsches Fotoinstitut in NRW
anzusiedeln.
Sport für alle in nächster Umgebung
Mit seinen vielen ehrenamtlich Engagierten ist der organisierte Sport
wortwörtlich die größte Bürger*innenbewegung in NRW, die Werte einer offenen und
solidarischen Gesellschaft vermittelt und jüngeren Menschen vorlebt. Fairness,
Respekt, Teamgeist und Vielfalt stehen dabei im Vordergrund. Auch jenseits von
Vereinen und Verbänden finden sich Menschen zusammen, um gemeinsam Sport zu
treiben und in Bewegung zu bleiben. Deshalb werden wir Bewegungsmöglichkeiten
für alle Generationen in die Wohnumgebung integrieren. Frei zugängliche
Sportmöglichkeiten erfreuen sich großer Beliebtheit, fördern das Zusammenleben
in den Quartieren und stärken die Gesundheit. Deshalb werden wir das Thema
„Bewegungs- und Sportflächen in Quartieren“ in zukünftigen Städtebauprogrammen
des Landes als Förderkriterium mit aufnehmen. Das Miteinander im Sport, das
gemeinsame Bewegen, die vielfältige Bildungsfunktion gerade des organisierten
Sports und die aktivierende Förderung von Bewegung braucht aber neben der
nahegelegenen Infrastruktur Menschen, die - vielfach ehrenamtlich - anderen und
der Gesellschaft den Sport erst ermöglichen. Wir schätzen und wissen um die
existenzielle Bedeutung von Trainer*innen, Übungsleiter*innen,
Vereinsverantwortlichen oder Stadtteilakteuren. Gerade in der Post-Corona-Zeit
wollen wir mit Kampagnen und Maßnahmen auch in Abstimmung mit dem organisierten
Sport und seinen Bildungswerken dieses Engagement neu beleben, denn auch die
beste Sportstätte braucht Übungsleiter*innen für Bewegungsangebote.
Sport braucht eine intakte und nachhaltige Infrastruktur
Sport ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wichtig. In den Vereinen, auf
Sportplätzen, in Hallen und Schwimmbädern kommen Menschen verschiedener
Herkunft, unterschiedlichsten Alters und unterschiedlichster Lebenserfahrungen
zusammen. Sport hält uns fit und fördert unsere Gesundheit. Wir Grüne
unterstützen deshalb den Sport im Land aus voller Überzeugung. Viele
vereinseigene Sportstätten werden zurzeit durch das Programm “Gute Sportstätten
2022” instandgesetzt. Den Erfolg des Programms werden wir evaluieren und das
Programm weiterentwickeln. Auch die finanzielle Unterstützung der Kommunen für
den nachhaltigen und klimagerechten Umbau der Sportstätten jeglicher Art (auch
jenseits der Norm) muss gewährleistet werden. So bedarf es im Bereich der
Kunstrasenplätze plastikfreier Alternativen, im Bereich der Quartiersentwicklung
auch der Umnutzung von früher anderweitig genutzten Flächen. Wir setzen uns
insbesondere für eine gute Bäderinfrastruktur ein und stärken den
Schwimmunterricht an Schulen und in Vereinen. Unser Ziel ist es, dass jedes Kind
bis zum Ende der Grundschulzeit die Möglichkeit hat, schwimmen zu lernen.
Sportförderung und Sportgroßveranstaltungen, von denen alle
profitieren
Wir Grüne sehen Sportgroßveranstaltungen als integratives und einendes Element
an. Außerdem profitieren sowohl der Leistungs- als auch der Breitensport von
solchen Events. Um ihre Akzeptanz zu fördern sollen sie in Nordrhein-Westfalen
unter der Maßgabe von Nachhaltigkeit und Kostentransparenz und unter Beteiligung
der Bürger*innen in Zukunft begleitet und vorangetrieben werden.
Sport und Bewegung leisten wichtige Beiträge zur gesundheitlichen Prävention.
Wir werden den Präventionsgedanken noch stärker in die Sportförderung
integrieren. Prävention und Gesundheitsförderung sind ein Mehrwert für alle,
aber insbesondere auch für ältere Menschen. Unser Ziel ist es, die Förderung der
guten, eigenverantwortlichen Arbeit des LSB NRW nach „Good-Governance“-Kriterien
transparent und rechtssicher zu gestalten und gleichzeitig die Wünsche von
Sportler*innen ohne Zugehörigkeit zu einem Verein ausgewogen zu berücksichtigen.
Hierfür ist es richtig, sich in einer neu zu schaffenden Landessportkonferenz
mit allen wichtigen Sportakteur*innen an einen Tisch zu setzen. Wir legen mit
einem Sportfördergesetz die Grundlage, dass alle Menschen in NRW die Möglichkeit
haben, entsprechend ihren Wünschen und Fähigkeiten Sport zu treiben.
Wir stärken den Kampf gegen physische, psychische und sexualisierte Gewalt und
entwickeln das Programm ‚Schweigen schützt die Falschen‘ gemeinsam mit dem
Landessportbund weiter. Wir bauen darüber hinaus eine unabhängige Anlaufstelle
auf.
Dialog im Sport fördern, eSport unterstützen
Wir Grüne werden dem Sport ein verlässlicher Partner darin sein,
Sportveranstaltungen zu dem zu machen, was sie sein sollten: ein Ereignis, an
dem die ganze Gesellschaft teilnehmen kann. Dafür sollen regelmäßige
Dialogformate und Fan-Hearings die Kommunikation und Kooperation zwischen allen
Beteiligten verbessern und das Engagement gegen Gewalt, Diskriminierung,
Ausgrenzung und Hass im Sport stärken. Wir setzen dabei ausdrücklich darauf, die
organisierte Fanszene als aktiven Teil der Zivilgesellschaft einzubeziehen.
Ebenso gehören die Polizei, die „Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze“, die
Ordnungsbehörden, Vereine und Verbände sowie Fanprojekte und Fanbeauftragte zu
den Gesprächspartner*innen.
Wir unterstützen Gaming-Kultur und eSport. Wir setzen uns dafür ein, dass
eSport-Vereine als gemeinnützig anerkannt werden. Um Austausch und Verständigung
zwischen beiden Welten zu fördern, unterstützen wir gemeinsame Projekte von
eSport und klassischem Sport. Ähnlich wie beispielsweise beim klassischen
Fußball die Themen Rassismus und Vielfalt, machen wir auch beim eSport
gesellschaftliche Themen zum Gegenstand von Förderung und Austausch.
Wir gestalten gemeinsam Europa und die Eine Welt
NRW vernetzt Europa – global denken, lokal handeln
NRW liegt als bevölkerungsreichstes Bundesland im Herzen Europas und profitiert
als starke Wirtschaftsregion von der europäischen Integration. Wir sind
überzeugt, dass wir die sozialen und ökologischen Herausforderungen des
Klimawandels nur auf internationaler Ebene bewältigen können. Ganz besonders
zählen wir dabei auf unsere europäischen Partner*innen. Wir streben die
Schaffung einer europäischen föderalen Republik an. Mit diesem Ziel unterstützen
wir aktiv die Konferenz zur Zukunft Europas.
Wir gründen eine Europa-Stiftung, die die europäischen Werte und die
unterschiedlichen Facetten einer lebendigen Demokratie in der schulischen und
außerschulischen Bildung fördert. Damit schaffen wir eine Koordinierungs- und
Ansprechstelle für die zahlreichen dezentralen Angebote in NRW. Indem die
Stiftung ebenfalls den europaweiten Austausch zwischen Kommunen und Regionen
stärkt, erneuert sie den europäischen Zusammenhalt und macht die
Errungenschaften der Europäischen Union für die Bürger*innen vor Ort erlebbar.
Auch die EU-Programme Erasmus+ und Horizon Europe wollen wir so umsetzen, dass
sie möglichst viele erreichen. Wir setzen uns von NRW aus für die Einhaltung der
Menschenrechte und Rechtsstaatsprinzipien innerhalb der EU ein, wollen weitere
Austritte nach dem Brexit verhindern und halten entschieden gegen
antidemokratische Angriffe.
Wir kämpfen weiter für ein echtes Lieferkettengesetz
Viele Jahre haben Grüne im Bundestag und im Europäischen Parlament für ein
Lieferkettengesetz gekämpft, welches Arbeitnehmer*innenrechte und
Umweltstandards auch in Drittländern schützt und deutsche und europäische
Unternehmen für Verstöße ihrer Lieferanten in die Verantwortung nimmt. Das 2021
beschlossene Gesetz ist für uns Grüne eine herbe Enttäuschung. CDU, CSU und SPD
haben ein Gesetz beschlossen, dass zwar eine Lieferantenhaftung vorsieht, die
Ausnahmen aber zur Regel macht. Maßgebliche Teile der deutschen Unternehmen
werden vom Gesetz nicht erfasst. Bis es ein echtes Lieferkettengesetz gibt,
werden wir vorangehen und die öffentliche Beschaffung in NRW durch ein neues
Tariftreue- und Vergabegesetz nach nachhaltigen und sozialen Kriterien
ausrichten. Darüber hinaus werden wir die Kommunen im Land bei der Umsetzung
einer nachhaltigen Beschaffung unterstützen.Städte und Gemeinden unterstützen
wir auf Wunsch bei Ausschreibungen in Bezug auf Nachhaltigkeit, Tariftreue und
sozialen Kriterien. Pilotkommunen sollen ihr Wissen an andere weitergeben
können.
NRW arbeitet für eine nachhaltige Entwicklung in der EU und
global
Die Umsetzung der Agenda 2030 und der Klimaziele gehen zu langsam voran. Wir
setzen die Ziele im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie NRW um, indem wir die UN-
Nachhaltigkeitsziele als festen Bestandteil in allen Landesressorts etablieren
und auch die Kommunen dahingehend unterstützen. Außerdem führen wir einen
verpflichtenden Nachhaltigkeitscheck ein, um bei Gesetzentwürfen und bei der
Vergabe öffentlicher Aufträge zu prüfen, ob soziale und ökologische Standards
eingehalten werden, Der Europäische Grüne Deal stellt für uns einen klaren
Handlungsauftrag dar, bis 2040 klimaneutral zu sein. Wir wollen in NRW
vorangehen und uns dieser Verantwortung stellen und möglichst vor 2040
klimaneutral werden. Grundlage dafür ist auch ein fairer und nachhaltiger
Handel. Die Handelsabkommen CETA und Mercosur lehnen wir deshalb in ihrer
jetztigen Form ab. Unser Ziel muss sein, unseren Kindern einen Planeten zu
hinterlassen, der lebenswert ist.
Neben fairer Entlohnung und Arbeitssicherheit ist die Kreislaufwirtschaft ein
wichtiger Baustein. Um die begrenzten Ressourcen der Erde zu schonen und Energie
einzusparen, müssen so viele Produktionsverfahren wie möglich im Kreislauf
geführt werden. Hierfür brauchen wir beispielsweise nachhaltiges Produktdesign
und mehr recyclingfähige Rohstoffe. Die dafür nötigen Maßnahmen möchten wir
gemeinsam mit Branchenvertreter*innen, Verbänden, Gewerkschaften und der
Zivilgesellschaft umsetzen. Das Land muss hier als Partner auftreten und die
Industrie bei dieser Aufgabe finanziell unterstützen. Branchenverträge können
dafür den geeigneten Rahmen bilden.
Zivilgesellschaft für die Eine Welt stärken
Viele Menschen engagieren sich in unserem Bundesland ehrenamtlich für den
globalen Süden. Sie bauen gemeinsam mit ihren Partner*innen dort Projekte auf.
Immer mehr Verbraucher*innen kaufen fair gehandelte Produkte und sie alle
leisten damit einen ganz persönlichen Beitrag. Diese zivilgesellschaftlichen
Aktivitäten wollen wir unterstützen durch den Ausbau des „Eine Welt Netzes“ als
Dachverband entwicklungspolitischer Vereine und engagierter Personen in NRW
sowie durch verstärkte Kampagnen für „Fairen Handel“. In unserem Land existiert
eine gute Struktur von Angeboten zur Nachhaltigkeitsbildung. Diese bestehenden
Strukturen wie die Stiftung „Umwelt und Entwicklung NRW“ und das Programm
„Entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit“ wollen wir ausbauen,
um mehr Menschen damit zu erreichen. Auch die internationale Zusammenarbeit mit
den beiden NRW-Partnerländern Südafrika und Ghana wollen wir intensiven. Wir
fördern globale Partnerschaften von Vereinen, Verbänden, Kommunen, Wissenschaft
und Betrieben aus NRW. Einen wichtigen Aspekt bilden hierbei der beiderseitige
Austausch und Kooperationsprojekte von Studierenden, Schüler*innen und
Auszubildenden.
Städtepartnerschaften für Nachhaltigkeit
Viele unserer Städte und Gemeinden haben enge Beziehungen mit ihren
Partnerregionen überall auf der Welt und führen gemeinsam Projekte aus, auch in
der kommunalen Entwicklungspolitik. Wir wollen deshalb gemeinsam mit unseren
Kommunen ein Konzept entwickeln, um die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele,
Menschenrechte und Fairen Handel zu zentralen Aspekten bestehender und
zukünftiger Städtepartnerschaften macht.
Auch ist Nordrhein-Westfalen Mitglied der internationalen „Under-2-Coalition“,
die mit regionalen Maßnahmen die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius
begrenzen will. Kommunale Klimapartnerschaften sollen dabei eine tragende Rolle
spielen, um auf kommunaler Ebene einen Beitrag zu den globalen Herausforderungen
zu leisten. Denn es sind maßgeblich unsere Städte und Gemeinden, die europäische
und internationale Vereinbarungen umsetzen und mit Leben füllen.
Klimapartnerschaften helfen ihnen dabei, sich untereinander zu vernetzen,
Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Projekte umzusetzen. Damit die Kommunen
Ansprechpartner*innen haben, wenn sie eine Klimapartnerschaft aufbauen wollen,
schaffen wir eine Koordinierungs- und Beratungsstelle auf Landesebene, die sie
bei ihrem Vorhaben unterstützt und begleitet. Außerdem stellen wir Finanzmittel
für kommunale Entwicklungszusammenarbeit im Gemeindefinanzierungsgesetz zur
Verfügung.
NRW als Standort für Internationales verankern
NRW ist mit seiner Bundesstadt Bonn ein wichtiges Zentrum für internationale und
Eine-Welt-Politik. Wir stehen zum Bonn-Berlin-Gesetz und werden diesen
besonderen Standort mit einer vertraglichen Zusatzvereinbarung weiter
unterstützen. Allein die UN sind hier mit 20 Einrichtungen vertreten, hinzu
kommen noch über 150 weitere internationale Institutionen, Vereine und
Hilfswerke der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Bonn ist
ebenfalls Standort des „Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung“, des „Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik“, der
„Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ oder dem „Bonn International
Center for Conversion“. Mit dieser breiten Struktur aus Wissenschaft,
internationalen Organisationen und NGOs soll das Land NRW Vorreiter in der
Entwicklungszusammenarbeit sein. Wir wollen NRW als wichtigen Stand- und
Konferenzort für Menschenrechte und Friedensbildung, Nachhaltigkeitsstrategien,
und Demokratisierungsprozesse etablieren.
NRW: Hafen für Menschenrechte und Teil der Einen Welt
Wir leben in einem funktionierenden Rechtsstaat, dessen Aufgabe es ist, die
Rechte seiner Bürger*innen zu schützen. Was für uns so selbstverständlich
klingt, ist es für viele Journalistinnen, Abgeordnete, Wissenschaftlerinnen und
Menschrechtsverteidiger*innen, Frauen, LGBTTIQ, Menschen mit Behinderung,
Angehörige von Minderheiten in vielen Ländern dieser Erde nicht. Sie werden von
Unrechtsregimen als Regimegegnerinnen und -gegner angesehen und wegen ihrer
Arbeit oder lediglich aufgrund ihres Glaubens, ihres Aussehens oder ihrer
Orientierung im eigenen Staat unterdrückt, bekämpft, verfolgt.
Wir wollen diesen Menschen in NRW einen sicheren Hafen bieten, in dem sie ihre
Arbeit fortsetzen können und vor Repressalien geschützt sind. Im Bundestag
verabschiedeten Abgeordnete bereits 2003 das Programm „Parlamentarier schützen
Parlamentarier“; aus dem schon 100 Patenschaften hervorgegangen sind. Die
Abgeordneten nutzen dabei ihr Netzwerk, um bedrohte Parlamentarierinnen und
andere Menschenrechtsaktivisten aufzunehmen. Ein solches Programm wollen wir
auch für NRW schaffen und die bisherigen Erfolge in der Verteidigung von
Menschenrechten weiter nach vorne zu bringen.