Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 03./04. Juni 2023 in Münster |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | LAG Energie NRW (dort beschlossen am: 28.03.2023) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 17.04.2023, 16:47 |
V-02: Wärme ins Zentrum rücken, Wärmeplanung starten, ausgewählte Begleitmaßnahmen zur Sanierung und zum Fachkräftemangel in Gang setzen.
Antragstext
Im Zentrum der energie- und klimapolitischen Diskussionen stehen meistens
Anlagen, welche Strom erzeugen. Der Wärmesektor hingegen fristet da eher ein
Nischendasein – völlig unberechtigt: schließlich ist der Wärmesektor für weit
mehr als 50% des CO2 Ausstoßes im Endenergiesektor verantwortlich, im
Privathaushalt sogar für über 80%.
Dem trägt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) endlich
Rechnung und arbeitet derzeit unter anderem an diversen Gesetzesentwürfen,
welche den Wärmesektor betreffen.
Gleichzeitig sind auch die Bundesländer gefordert, ihren Teil dazu beizutragen,
um lange Jahre Versäumtes bzw. Blockiertes endlich anzugehen.
Wir appellieren daher an die GRÜNE NRW-Landtagsfraktion sowie an das NRW-
Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE), sich mit
allem Nachdruck entsprechend einzubringen.
Die Sanierung von Gebäuden und die Identifikation und Nutzung der
kosteneffizientesten und risikoärmsten Wärmequellen trägt unmittelbar zur
Kostenreduktion bei Mieter*innen und Eigentümer*innen bei und muss
handlungsleitend sein. Das sorgt nicht nur für eine nachhaltig sichere
Wärmeversorgung, sondern ist auch einer von mehreren Bestandteilen zur
Berücksichtigung sozialer Belange im Rahmen der Wärmewende!
Im Einzelnen plädieren wir dafür:
- im III. Quartal 2023 einen NRW- eigenen Gesetzesentwurf zu einer
verpflichtenden kommunalen Wärmeplanung zu erstellen und spätestens zum
Jahreswechsel 2023/2024 zu verabschieden (unabhängig von der
Verabschiedung eines Bundesgesetzes), um- Kommunen und Bürgern so schnell wie möglich eine klare Perspektive
zu geben; - NRW zeitnah an knappen Beratungskapazitäten bundesweit tätiger
Beratungsbüros teilhaben zu lassen; - die Bundesregierung in ihrem Vorhaben für ein Bundesgesetz zu
unterstützen, indem das bevölkerungsreichste Bundesland vorangeht; - die notwendigen Finanzmittel verbindlich festzulegen und in den
kommenden Jahren im Haushalt einzustellen.
- Kommunen und Bürgern so schnell wie möglich eine klare Perspektive
- die im Landeshaushalt 2023 vorgesehenen Mittel für den Aufbau der
kommunale Wärmeplanung zur Entwicklung einer digitalen Plattform und eines
einheitlichen Geoinformationssystems zu nutzen, damit alle Kommunen darauf
zurückgreifen können. Offene Schnittstellen und open source software
sollte genutzt werden. Diese Maßnahme birgt hohe Potentiale für die
Einsparung von Kosten und Zeit.
- grundlegende Themen, wie Fragen zum Datenschutz und zu
Datenlieferverpflichtungen für die Erstellung von Wärmekatastern, für alle
Kommunen schnellstmöglich eindeutig und rechtssicher zu klären.
- einen eigenen Technikkatalog für NRW zu erstellen, der so weit wie möglich
und sinnvoll auf dem bereits vorhandenen Technologieatlas aus BaWü
aufbaut,
- eine überwiegend mit Wasserwirtschafts- und Energiewirtschaftsexperten
wissenschaftlich besetzte Kommission zu gründen zu den Themen
„Wasserstoff“ und „Tiefengeothermie“ und Biogas im Wärmesektor von NRW.
Fachkundige NGOs sind mit ihrem Sachverstand einzubeziehen. Hierzu ist
kurzfristig eine Studie in Auftrag zu geben, die die Technischen
Grundsätze einstuft und bewerten soll, um daraus Handlungsempfehlungen
abzuleiten,
- das Thema „Wärme“ durch die Bildung einer eigenen Abteilung in der
Organisation des MWIDE signifikant zu stärken und damit nach dem Vorbild
des BMWK das Know How zur Wärme zu bündeln, damit die Wärmethemen zentral
gesteuert werden können.
- aufbauend auf den ersten verfügbaren Ergebnissen der aktuell in der
Vergabe befindlichen LANUV Studie „Potentialstudie zur zukünftigen
Wärmeversorgung in NRW“ eine eigene „Landesplanung Wärme“ zu erstellen und
diese im Landtag zur Abstimmung zu stellen. Die Sektorenkopplung ist dabei
zu berücksichtigen und die Netzentwicklung für alle Medien (Strom, Gas,
Wasserstoff und Fernwärme) überregional zu planen und Synergien bei der
Trassenverlegung zu heben.
- Hilfestellungen und Kriterien zu erstellen, wie regionale
Kooperationsmöglichkeiten zur Nutzung von Wärme von kommunaler Seite aus
berücksichtigt werden können.
- eine Studie in Auftrag zu geben und die Frage zu klären, ob nach dem
Vorbild von BaWü die Gründung einer Gesellschaft mit Landesbeteiligung
sinnvoll ist, die zum Ziel hat, neue überregionale Fernwärmetrassen zu
planen und zu bauen.
- eine Task Force „Abwärme-Potentiale“ zu bilden, die innerhalb von 6
Monaten alle Hindernisse zur Nutzung von Abwärme identifiziert und
Vorschläge zur Beseitigung unterbreitet und die Umsetzung der Vorschläge
vorbereitet. Außerdem sollte innerhalb von „energy4climate“ ein
Kompetenzzentrum Abwärme gegründet werden.
- im Rahmen eines kurzfristig einzurichtenden Projektes sollte innerhalb von
6 Monaten ein „Masterplan Sanierung in NRW“ entwickelt werden.
Schwerpunkte:- „Schlimmstes zuerst!“
- Öffentliche Gebäude
- Wohnbaugesellschaften mit hohem schlecht sanierten
Mietwohnungsbestand - Serielles Sanieren
- die Einführung eines „freiwilligen Sozialen Handwerkerjahres“ zu prüfen,
das nach einem Jahr den Übergang in ein reguläres Lehrverhältnis
ermöglicht, bei Anrechenbarkeit des ersten Jahres.
- ein Reallabor „Großwärmepumpen in Industrie und Energiewirtschaft in NRW“
einzurichten (angelehnt und aufbauend an das Förderformat des Bundes-
Reallabors „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen“). Ziel ist es,
herstellerübergreifend Großwärmepumpen in NRW zu errichten, zu testen,
Erfahrungen und technische Daten zu sammeln, auszuwerten und diese zu
teilen, um den Markt und die technische Entwicklung zu stimulieren.
Begründung
Eins der wichtigsten Themen im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg und dem Umstieg auf Erneuerbare Energien ist die Zukunft des Wärmesektors.
Der Wärmesektor ist für weit mehr als 50% des CO2 Ausstoßes im Endenergiesektor verantwortlich, im Privathaushalt sogar für über 80%. Der Gebäudesektor ist für 30% der Emissionen verantwortlich, die Klimaziele werden hier klar verfehlt.
Gleichzeitig ist der Wärmesektor noch immer weit zurückgeschlagen im Gegensatz zum Stromsektor, was die EE-Quoten anbelangt (15 % im Wärmesektor, über 50% im Stromsektor).
Es ist daher notwendig, auf allen politischen Ebenen dem Thema Wärme die Aufmerksamkeit zu schenken, die es benötigt, keine Zeit zu verlieren und Maßnahmen im Wärmesektor stärker in den Fokus der Fraktion und der Landesregierung zu stellen.
Klimaschutzminister Habeck hat auf Bundesebene mehrere Gesetzesinitiativen für den Wärmebereich in der Bearbeitung. Doch leider ist mit politischen Störmanövern innerhalb der Regierungskoalition zu rechnen. Daher sollten wir in NRW parallel selber aktiv werden.
Neben der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung muss mindestens gleichrangig auch die Gebäude-Sanierung angegangen werden. Auch Fragen der Suffizienz dürfen wir uns nicht verschließen.
Die geplanten Gesetzesänderungen des Bundes (65% Erneuerbare bei allen neuen Heizungen und kommunale Wärmeplanung) sowie die stark gestiegenen Kosten für Endverbraucher im Wärmesektor, die wohl im Laufe des Jahres deutlicher spürbar werden, machen den Wärmesektor zunehmend zu einem sensiblen politischen Thema.
Umso wichtiger ist es daher, soziale Belange in die Überlegungen einzubeziehen.
Auch dürfen die Kommunen nicht alleine gelassen werden, weil diese sich in der Vergangenheit jenseits der Konzessionsverhandlungen kaum um den Wärmesektor kümmern mussten und aktuell nur wenig Know How vor Ort vorhanden ist.
Insgesamt eine Riesen-Herausforderung, der wir GRÜNE uns gerade im Energieland NRW stellen werden!