Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz 24./25. Mai 2025 in Köln |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Norwich Rüße (KV Steinfurt) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 11.04.2025, 18:57 |
V10: Für Artenvielfalt, Klima und Umwelt: Ökolandbau in Nordrhein-Westfalen voranbringen!
Antragstext
Auch wenn die Krise der Artenvielfalt und die Klimakrise aktuell aufgrund
diverser geopolitischer Konflikte weniger im Fokus stehen, so sind sie doch
weiter existent und noch lange nicht gelöst. Seit langem gilt die intensive
Landwirtschaft als ein wesentlicher Treiber insbesondere des Artensterbens. Hier
führt die intensive Nutzung dazu, dass der Artenrückgang in der Agrarlandschaft
signifikant höher ist als in waldreichen Regionen oder in den Städten.[1]
Genauso sind auch die negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf das Klima
hoch: die Nutzung von Mooren, ein überhöhter Viehbestand sowie die Emissionen
synthetischer Düngemittel tragen erheblich zum Gesamtausstoß klimarelevanter
Gase bei. Und mit der Ems fließt bezeichnenderweise einer der „dreckigsten
Flüsse“ Deutschlands nicht durch ein Industriegebiet, sondern durch das
Münsterland und das Emsland – zwei von intensiver Viehhaltung geprägten
Regionen.
Neben diesen Problemen schwelt seit Jahren ein gesellschaftlicher Konflikt um
die Intensivtierhaltung. Die Art und Weise, wie wir Tiere halten, hat laut
Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik der Bundesregierung
zunehmend an Akzeptanz verloren. Schlimmer noch: der Beirat bewertete „die
derzeitigen Haltungsbedingungen eines Großteils der Nutztiere für nicht
zukunftsfähig.“[2] Zehntausende von Hähnchen oder Tausende von Mastschweinen,
die auf engstem Raum gehalten werden, lehnen die meisten Menschen genauso ab,
wie sie sich wünschen, die Tiere draußen auf der Weide zu sehen. Der Wunsch nach
einer Landwirtschaft im Einklang mit Tier, Natur und Umwelt ist für die meisten
Menschen ein Ziel, das nach ihrer Meinung vom Staat angestrebt und umgesetzt
werden soll.
Wir GRÜNE stehen für eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung, einer klaren
Transparenz, für unbelastetes, nicht gentechnisch verändertes Essen und einem
schonenden Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen. Viele Menschen vertrauen
uns GRÜNEN, dass wir uns für eine bessere Tierhaltung, mehr Wasser- und
Bodenschutz, mehr Artenvielfalt auf Feldern und Weiden einsetzen. Sie wollen,
dass wir ihnen ermöglichen, sich nachhaltiger und gesünder zu ernähren, in dem
wir etwa tierische Produkte eindeutig nach Haltung kennzeichnen, oder das
Angebot in Kantinen vielfältiger und flexibler gestalten.
Nordrhein-Westfalen ist ein Land mit einer starken Landwirtschaft, aber auch
dementsprechend mit einer hohen Belastung aus der landwirtschaftlichen
Produktion. Gerade als großes Flächenland mit einer gleichzeitig intensiven und
ebenfalls umweltbelastenden Flächennutzung durch Schwerindustrie und
Energieproduktion ist die Verantwortung besonders groß, eine Wende hin zu mehr
Artenvielfalt, mehr Klimaschutz und eine bessere Tierhaltung zu erreichen.
Dennoch hinkt Nordrhein-Westfalen hier seit Jahren hinterher: Während sich in
Bayern die Fläche des Ökologischen Landbaus zwischen 2010 und 2020 auf aktuell
400.000 ha fast verdoppelt hat, bleibt der Ökolandbau in NRW mit gut 90.000 ha
trotz aller Ausbauziele deutlich dahinter zurück. Dementsprechend werden in
Bayern 15 Prozent der Fläche ökologisch bewirtschaftet, in Nordrhein-Westfalen
sind es nur gut sieben Prozent.[3] Und gerade in den intensiv genutzten
Agrarregionen ist dieser Wert noch einmal schlechter – so werden in den Kreisen
Coesfeld, Heinsberg und Borken keine zwei Prozent der Bauernhöfe ökologisch
bewirtschaftet.
Die Intensivtierhaltung und die intensive Landbewirtschaftung widerspricht aber
nicht nur den gesellschaftlichen Anforderungen nach mehr Tierwohl und einer
intakten Umwelt. Am Ende kommen uns die billigen Lebensmittel aus der
Intensivlandwirtschaft teuer zu stehen: Neben den enormen Umwelt- und
Klimakosten, die zu erheblichen Teilen noch von Generationen nach uns zu
begleichen sind, wenden wir schon jetzt erhebliche Mittel auf, um die
Auswirkungen abzumildern bzw. entstandene Schäden zu reparieren. Zeitgleich ist
Biodiversität die Basis der landwirtschaftlichen Produktivität und eine
Grundvoraussetzung für funktionierenden Pflanzenschutz, Kohlenstoffspeicherung
und Klimawandelanpassung. So schadet ein Teil der Landwirtschaft am Ende auch
allen Bäuerinnen und Bauern, die ökologisch und nachhaltig produzieren
wollen.[4]
Damit ist klar, dass die Agrarproduktion der intensiven Landwirtschaft zwar
billige Lebensmittel ermöglicht, am Ende aber nicht günstiger ist. Das soziale
Argument ist insoweit irreführend – wir brauchen auch und gerade bei
Lebensmitteln eine Vollkostenrechnung, die neben den sichtbaren
Produktionskosten auch die unsichtbaren – zumeist externalisierten und
sozialisierten – Nebenkosten einschließt.
Eine grundlegende Antwort auf die Probleme der intensiven Landwirtschaft bietet
der Ökologische Landbau. So attestiert das Thünen-Institut: Ökologisch
wirtschaftende Betriebe erbringen zahlreiche gesellschaftliche Leistungen für
den Umwelt- und Ressourcenschutz.[5] Er verzichtet auf den Einsatz von chemisch-
synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Stickstoffdünger. Das schützt Böden,
Gewässer und Luft vor schädlichen Belastungen und trägt so dazu bei, dass unser
Wasser sauber und unsere Ökosysteme intakt bleiben. Darüber hinaus enthalten
Produkte aus dem Ökolandbau dementsprechend auch weniger Rückstände.
Indem der Ökolandbau auf synthetischen Stickstoffdünger verzichtet, reduziert
sich der Energiebedarf der Landwirtschaft erheblich. Statt auf „Kunstdünger“
setzen Ökobäuerinnen und -bauern auf Komposte, Mist und Gülle sowie auf weite
und vielfältige Fruchtfolgen, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Und nur ein
fruchtbarer Boden erzeugt genug Nahrungsmittel, bindet Wasser und kann
ausreichend CO2 speichern. Die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit sind wir den
zukünftigen Generationen schuldig!
Und während die intensive Landwirtschaft und die nachgelagerte
Lebensmittelindustrie für den Weltmarkt und den billigsten Preis produziert,
zielt der Ökolandbau auf den heimischen Markt und auf regionale Teilmärkte ab.
Genau hierin besteht eine große Chance auch in Nordrhein-Westfalen, eine
vielfältige Landwirtschaft vor Ort zu erhalten, einen ortsnahen Bezug von
Lebensmitteln herzustellen und gleichzeitig vielen Bäuerinnen und Bauern eine
Zukunft zu ermöglichen!
- Der Ökologische Landbau ist eine bewährte Antwort auf die Krise von Natur,
Umwelt und Klima. Deshalb halten wir einen massiven Ausbau des
ökologischen Landbaus in Nordrhein-Westfalen weiterhin für dringend
geboten. Dazu braucht es die ausreichende Unterstützung des Landes
Nordrhein-Westfalen sowie auch eine regional ausdifferenzierte Förderung.
Wir fordern, dass Nordrhein-Westfalen genauso wie Bayern und Niedersachsen
die höchstmöglichen Fördersätze für den Ökologischen Landbau auszahlt, um
einen weiteren Ausbau zu erreichen.
- Verbraucherinnen und Verbraucher legen zunehmend Wert auf nachhaltige,
umweltfreundliche Lebensmittel. Während das Angebot im
Lebensmitteleinzelhandel permanent wächst und mittlerweile nahezu an jedem
Ort vorhanden ist, gilt dies nicht für den immer wichtigeren Bereich der
Außer-Haus-Verpflegung. In Mensen, Kantinen und Krankenhäusern gilt
oftmals das Diktat des billigsten Preises – oftmals auf Kosten der
Qualität. Das wollen wir ändern!
- Regionalität kann Klima sowie Umwelt schonen und gleichzeitig eine
vielfältige Landwirtschaft vor Ort ermöglichen. Seit Jahren entwickelt
sich die Landwirtschaft und das Lebensmittelhandwerk aber in eine
entgegengesetzte Richtung: Immer weniger kleine Lebensmittelunternehmen
und eine immer größere Spezialisierung der Landwirtschaft stehen der
Regionalität zunehmend entgegen. Diesen Trend wollen wir aufheben und
regionale Wertschöpfungszentren oder sogenannte Food-Hubs unterstützen,
deren Schwerpunkt immer auch auf der Distribution von regionalen
Biolebensmitteln liegen soll. Auch unterstützen wir die Einführung
kommunaler Ernährungsräte.
- Die Preise müssen die Wahrheit sagen! Gerade bei Lebensmitteln werden
entstehende Umweltkosten externalisiert. Wir fordern, dass diese Kosten
transparent gemacht und verursachergerecht getragen werden. Nur so
schützen wir zielführend unsere Umwelt, aber auch alle Verbraucherinnen
und Verbraucher. Damit sich jeder Mensch gute Lebensmittel leisten kann,
setzen wir uns für gerechte Löhne, günstige Energiepreise und die
Einführung des Klimageldes ein.
- Nur wer um die Alternativen weiß, kann auch alternative Wege gehen. Der
Ökologische Landbau ist daher gleichwertig in die Ausbildung oder das
Studium junger Landwirtinnen und Landwirte zu implementieren. Die
Fachschule für Ökologischen Landbau der Landwirtschaftskammer NRW am
Standort Haus Riswick ist langfristig abzusichern und als
Ausbildungsoption zu bewerben. Der Ökologische Landbau muss auch hierdurch
zu einem integralen Bestandteil einer Agrarstrategie des Landes Nordrhein-
Westfalen werden.
- Wir fordern die Umsetzung eines landeseigenen Kantinenprogramms, das der
Ernährungsarmut in Nordrhein-Westfalen entgegenwirkt, indem es allen
Kindern und Jugendlichen in Schulen und Kitas den Zugang zu gesunden,
leckeren, regional und ökologisch erzeugten Lebensmitteln ermöglicht. In
allen landeseigenen Kantinen sollen ökologische Lebensmittel aus NRW in
der Höhe zum Einsatz kommen, die sich das Land selbst als Zielmarke für
den Anteil des Ökologischen Landbaus gesetzt hat.
Unterstützer*innen
- Ophelia Nick (KV Mettmann)
- Jan-Niclas Gesenhues (KV Steinfurt)
- Norika Creuzmann (KV Paderborn)
- Gregor Kaiser (KV Olpe)
- Carolin Köhler (KV Paderborn)
- Christian Böhning (KV Paderborn)
- Sebastian Schürmann (KV Paderborn)
- Ulrich Möhl (KV Paderborn)
- Ulrich Hake (KV Paderborn)
- Hartmut Oster (KV Paderborn)
- Christina Osei (KV Bielefeld)
- Ikram Chemlal (KV Bielefeld)
- Karen Meyer (KV Bielefeld)
- Bettina Keimeier (KV Paderborn)
- Marlene Rathgeber (KV Paderborn)
- Christian Schulz (KV Steinfurt)
- Wiltrud Kampling (KV Steinfurt)
- Kristina Füchtjohann (KV Steinfurt)
- Silvia Vossenberg (KV Steinfurt)
- Christine Marianne Hansen (KV Bielefeld)
- Elke Schuchtmann-Fehmer (KV Steinfurt)
- Astrid Vogelheim (KV Aachen)
- Petra Lippegaus (KV Paderborn)
- Kathrin Horre (KV Steinfurt)
- Inga Gill (KV Paderborn)
- Hedwig Tarner (KV Warendorf)
- Dominik Severt (KV Steinfurt)
- Patrick Motté (KV Krefeld)
- Jens Steiner (KV Borken)
- Roxanne Motté (KV Krefeld)
- Hans-Heinrich Wegener (KV Steinfurt)
- Monika Logermann (KV Borken)